Jules Beck (1825-1904)
Jules Beck ( 1825-1904 ) Mit der Gründung des SAC und der nun einsetzenden systematischen Erforschung und topographischen Bestandesaufnahme der Schweizer Alpen ging auch die Entfaltung der Hochgebirgsphotographie Hand in Hand. Ihr Vorkämpfer war der Strassburger Kaufmann Jules Beck, dessen Name bereits im ersten Mitgliederverzeichnis der Sektion Bern vom September 1863 figuriert. Obschon er in Strassburg wohnte und auch Mitglied des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins und des Club Alpin Français war, unterhielt er doch enge freundschaftliche Beziehungen zur Berner Sektion des SAC. Wir finden ihn 1869 am Clubfest in Bern, 1893 an der Feier zum 30jährigen Bestehen der Sektion, und 1903 ist er unter den sechs Veteranen der Sektion Bern, welche die ^jäh-rige Mitgliedschaft im SAC begehen können und an jener prächtigen und fröhlichen Feier im Thalgut geehrt werden. Heinrich Dübi wusste noch zu berichten, wie der 81jährige J. Coaz den 78jährigen Jules Beck auf dem Weg zum Bahnhof Wichtrach sorglich unter dem Arm führte.
lebenden Formen der Neuzeit. Dabei half mit seine Erforschung der noch älteren Funde aus der späten Glazialperiode ( Salève, Thayingen ).
II. Zwischen 1860 und 1880 erschienen seine grossen Monographien über die Naturgeschichte der Rinder, Schweine, Pferde und Hirsche. Rütimeyer ist der Begründer der Haustierforschung.
III. Sein letztes reiches Werk ist die « Monographie der alttertiären ( eocänen ) Säugetierwelt von Egerkingen » ( Solothurn ). In den Tonen des Bohnerzes eingebettet, wurden dort einzelne Knochen, Knochensplitter, Zähne und Zahnreihen gefunden. Rütimeyer konnte 90 verschiedene Arten feststellen, eine Zahl, welche die der heutigen Säugetiere der Schweiz weit übertrifft. Neben Seltenheiten wie Halbaffen herrschen die Huftiere vor, viele in Zwergform ( z.B. Pferdchen von der Grosse eines Fuchses ). Es war eine Leistung sondergleichen, aus Bruchstücken mittels der vergleichenden Arbeitsmethode auf die ganze Gestalt zu schliessen, die Zusammenhänge und Wandlungen klarzulegen. Die Säuger des Bohnerzes sind zumeist ausgestorben; sie beweisen, dass jene Ablagerung eine tropische Festlandbildung gewesen ist.
Trotz seiner wissenschaftlichen Grossarbeit kam die akademische Lehrtätigkeit nicht zu kurz; des Forschers überragende Persönlichkeit prägte sich jedem ernsthaften Schüler ein. Zeit und viel Mühe beanspruchten die Aufstellung und Pflege der naturhistorischen Sammlungen, vorab seine mustergültige Sammlung für die vergleichende Anatomie der Wirbeltiere.
« Die Begeisterung über die Schönheiten der Natur ist ein Grundzug seines Denkens und Empfindens geblieben sein Leben lang. » ( C. Schmidt. ) Daraus erwuchs die Fülle seiner « Nebenarbeiten »; sie zeigen ihn als wahrhaft universalen Naturforscher. Ihm war Bedürfnis, bei aller poetischen Betrachtungsweise den Dingen auf den Grund zu gehen, der Einzelheiten Herr zu werden und sie - zumal bei geologischen Problemen - zum packenden Gesamtbild zu vereinen. So entstanden die Schilderungen « Vom Meer bis zu den Alpen », die Beiträge für die drei ersten SAC-Jahrbücher ( « Die Bevölkerung der Alpen », « Über Berghöhlen », « Literatur zur Kenntnis der Alpen », « Gebirgszeichnungen » ), die Itinerarien für die SAC-Jahrbücher VII bis IX ( « Das Gotthardgebiet », « Das Rheinwaldgebirge », « Die Tessineralpen » ), dann die Monographie des Rigi, worin die einstige Gletscherwelt im Bereich des Vierwaldstättersees veranschaulicht wird, und endlich, unter vielem andern, das 1869 erschienene, bedeutungsreiche Buch « Über Tal- und Seebildung », eine Frucht ungezählter Beobachtungen, gereift auf seinen Reisen und Bergwanderungen. Noch vor hundert Jahren glaubte man die Täler als durch Gebirgsbildung aufgerissene Spalten und Klüfte deuten zu müssen. Im scharfen Gegensatz dazu betont Rütimeyer die Gewalt der Flusserosion; das fliessende Wasser allein grub die Täler aus, und zwar in horizontalen Erdschichten so gut wie im aufgestauten Gebirge. Die Talseen selbst sind nur Episoden einer Talgeschichte; senkende Dislokationen kreuzten die vorhandenen Rinnen und führten so zur vorübergehenden Seebildung. Rütimeyer vertrat nachdrücklich den Begriff des Aktualismus; darunter versteht man die jetzt fast allgemein gültige Anschauung, dass alle geologischen Vorgänge der Vergangenheit durch die Wirkung der gleichen Kräfte stattfanden wie in der Gegenwart ( Lyell-sches Prinzip ), im Gegensatz zur überlebten Katastrophentheorie von Cuvier.
Bewunderung erweckt es, dass Rütimeyer bei aller Arbeitsfülle, deren er Meister wurde, noch Zeit gefunden hat für seine Tätigkeit in unserm Alpenclub, und mit Genugtuung erfüllt uns seine Aussage, von allen Vereinigungen sei ihm der SAC die liebste gewesen. ( Er selbst war Mitglied von mehr als 40 wissenschaftlichen Gesellschaften des In- und Auslandes. ) Über seine offiziellen Ämter im Club orientieren die Daten zu Beginn dieser Darstellung. Als er zum Centralpräsidenten vorgeschlagen wurde, widerstand er mit der Begründung, für eine solche Stellung gezieme ein 108 renommierter Bergsteiger; diese Eigenschaft gehe ihm ab, er repräsentiere nur die wissenschaftliche Tendenz des SAC.
Und diese Tendenz hat er wahrhaft kraftvoll vertreten! Im Jahre 1868 fassten der SAC und die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft den Entschluss, als Gemeinschaftswerk die genaue Vermessung des Rhonegletschers zu unternehmen, zur Feststellung der Schwankungen in der Gletscherbewegung. Ludwig Rütimeyer, als Beauftragter des SAC, wurde zum Präsidenten der Gletscherkommission gewählt; er kämpfte unentwegt für die Durchführung des zeitweise gefährdeten Werkes, erstattete während mancher Jahre Bericht über den Verlauf der Arbeiten und schrieb noch 1895 - kurz vor seinem Ableben - die Geschichte des Unternehmens. Von 1889 an erschienen im « Jahrbuch » und in « Die Alpen » alljährlich die « Rapports sur les variations périodiques des glaciers », heute unter dem Titel « Les variations des glaciers suisses ».
« Was der SAC für die Gletscherforschung getan hat, ist ein nobles Geschenk an die vaterländische Landeskunde », schrieb E. Jenny im Jubiläumsheft der « Alpen » ( 1938 ).
Wir wiesen bereits auf Rütimeyers Beiträge in den SAC-Jahrbüchern hin; dazu gesellten sich sehr viele Referate und 32 Vorträge, die er im Schosse der Sektion Basel gehalten hat. Die Themata waren vornehmlich naturgeschichtlicher und geographischer Art; er berichtete den Clubfreunden von seinen Reisen, machte sie vertraut mit der Morphologie unseres Landes, vertraut mit jener Sprache, welche Gebirg und Ebene, Wildbäche, Flüsse und Seen, Werden und Vergehen eindrücklich reden, und trug so zur Vertiefung des Wissens der Zuhörer bei, zur Vergeistigung des Wanderns und Bergsteigens im reinsten Sinne des Wortes.
Er wusste, wie sehr das Wissen begrenzt und subjektiv bedingt ist; der Materialismus, der später aus Darwins grosser Lehre allzu üppig ins Kraut schoss, war ihm zuwider; hinter den gelösten Problemen des Kopfes gebe es noch ungelöste und höhere des Gewissens. Man muss die unverfälschte Wahrheit sprechen lassen; die Eingliederung der Einzeltatsachen in einen grossen Zusammenhang ist das Ziel jeder Forschung. Wir denken im Hinblick auf Ludwig Rütimeyers Lebensleistung unwillkürlich an ein Wort von Goethe:
Nur immer zu! Euch ist die Welt erschlossen, Die Erde weit, der Himmel hehr und gross; Betrachtet, forscht, die Einzelheiten sammelt, Naturgeheimnis werde nachgestammelt!
R. Suter-Christoffel JULES BECK ( 1825-1904 ) Mit der Gründung des SAC und der nun einsetzenden systematischen Erforschung und topographischen Bestandesaufnahme der Schweizer Alpen ging auch die Entfaltung der Hochgebirgsphotographie Hand in Hand. Ihr Vorkämpfer war der Strassburger Kaufmann Jules Beck, dessen Name bereits im ersten Mitgliederverzeichnis der Sektion Bern vom September 1863 figuriert. Obschon er in Strassburg wohnte und auch Mitglied des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins und des Club Alpin Français war, unterhielt er doch enge freundschaftliche Beziehungen zur Berner Sektion des SAC. Wir finden ihn 1869 am Clubfest in Bern, 1893 an der Feier zum 30jährigen Bestehen der Sektion, und 1903 ist er unter den sechs Veteranen der Sektion Bern, welche die ^jäh-rige Mitgliedschaft im SAC begehen können und an jener prächtigen und fröhlichen Feier im Thalgut geehrt werden. Heinrich Dübi wusste noch zu berichten, wie der 81jährige J. Coaz den 78jährigen Jules Beck auf dem Weg zum Bahnhof Wichtrach sorglich unter dem Arm führte.
109 Als Alpinist vollbrachte Jules Beck nicht sensationelle Leistungen. Aus seinen Berichten erscheint eher ein vorsichtiger, etwas umständlicher, aber humorvoller Mann. Seine Leistung lag auf dem Gebiete der systematischen Aufnahme des Hochgebirges in einer Zeit, als die Photographie noch in den Kinderschuhen steckte. Selbstverständlich rückte Jules Beck jeweils nur mit mehreren Führern und Trägern aus, die ihm die schwere Apparatur an die Aufnahmestandorte schleppten. Der Apparat für grossformatige Plattenaufnahmen wog einiges über 10 kg, dazu kamen Stativ und Zubehör. Fast Jahr für Jahr machte Jules Beck seine photographischen Feldzüge und erstattete in Vorträgen und in den Jahrbüchern des SAC darüber Bericht. Schon 1874 konnte er von seiner Ausbeute der Sektion Bern an die 400 Blätter aus den Berner und Walliser Alpen, dem Gotthardgebiet, Glarus, Graubünden und den österreichischen Alpen schenken. In den 80er Jahren photographierte Jules Beck wiederholt in Italien, am Vesuv und Ätna, in den Pyrenäen und in Nordafrika. Neben seinen eigenen Aufnahmen sammelte er auch systematisch die zum Teil ganz hervorragenden grossformatigen Hochgebirgsphotographien des ihm als Alpinist und Photograph überlegenen Vittorio Sella aus Biella ( Italien ), dessen Leistungen er neidlos bewunderte. So kam beim Tode Jules Becks im Jahre 1904 auch das photographische Œuvre Vittorio Sellas an die Sektion Bern, die damit eine grossartige Sammlung früher Alpenphotographien erhielt, aufgenommen von fast allen bedeutenden Gipfeln, inbegriffen dem Matterhorn, was damals als tollkühne Leistung galt. Jules Beck erwarb sich auch im Ausland Anerkennung mit seinen Bildern; an der Pariser Weltausstellung von 1889 war ein Kasten mit einigen seiner Hochgebirgsaufnahmen zu sehen. Besonders berührt war Jules Beck, als am 12. September 1890 sein Neffe Ed.Goehrs am Matterhorn tödlich verunglückte, und zwar wahrscheinlich deshalb, weil wider den Rat des besorgten Onkels die schwere photographische Ausrüstung mitgeschleppt worden war.Georges Grosjean