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Himalaya-Chronik 1964

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VON O. DYHRENFURTH, RINGGENBERG BE

Mit Nachträgen aus früheren Jahren Mit 2 Bildern ( 97/98 ) 1964 waren die Wetterverhältnisse im Himalaya und Karakorum oft ungünstig, nicht nur im Frühsommer, sondern auch nach dem Monsun. Die vielen schweren Schneefälle haben so manchen Fehlschlag verursacht. Die Zahl der Expeditionen in Hoch-Asien ist jedoch allmählich so gross geworden, dass auch von einer schlechten Saison allerlei zu berichten, ist, darunter auch einige schöne Erfolge.

I. Im August 1964 hatten Dr. Michael Ward und Fred Jackson Gelegenheit zu einer Reise ins West-Bhutan, die zwar keine bedeutenden bergsteigerischen Ergebnisse hatte, aber eine Kartenskizze und einige bemerkenswerte Photos lieferte.

Quelle: AJ 1965, Nr. 310, S. 106-119.

Kangchendzönga-Gebiet 2. Die « Deutsche Himalaya-Expedition 1964 » war von mir auf Kabru-Kamm und Talung Peak ( 7349 m ) aufmerksam gemacht worden. Die Teilnehmer waren: Richard Hechtel ( Leiter, z.Zt. Kalifornien ), Ruth und Erhard Erdmann, Franz Lindner ( Österreich ), Dieter Mardicke, Lee Dona-ghey ( USA ) und Dr. Bernhard Kubanek ( Expeditionsarzt ); dazu Khem Bahadur Karki als nepalischer Begleit-Offizier. Von Jogbani, der Bahnstation an der indisch-nepalischen Grenze, ging es per Auto bis Dharan Bazar, wo 72 Träger angeworben wurden. Die Himalayan Society in Kathmandu hatte 8 Sherpa geschickt, darunter Ang Tsering als Sirdar, ferner 15 « Sherpa-Kulis » mit einem Obmann. Es war also eine mehr als hundertköpfige Kolonne, die den Anmarsch über Taple-jung-Taplethok antrat, dann nicht durch die Simbua Khola, weil deren Schluchten für eine grössere Expedition fast unpassierbar sind, sondern den weiteren Weg nach Ghunza. Von dort konnte man nicht Sinon La ( 4150 m ) und Mirgin La ( 4560 m ) benutzen, weil diese Pässe im April noch zu lawinengefährlich waren, sondern man musste den sehr viel höheren Lapsong La ( 5330 m ) überschreiten, ein noch im Winterschnee begrabenes Joch. Das kostete mehrere Etappen, mit Zwischenlagern bei 4000 m und 5100 m.

Am 27. April wurde das Basislager ( 4850 m ) neben der rechten Seitenmoräne des Yalung-Glet-schers bezogen, und am 1. Mai stand das « vorgeschobene Basislager » ( ca. 5000 m ) auf der linken Talseite, am Westfuss des Talung Peak, an dem drei Hochlager errichtet wurden: Camp 1 ( 5650 m ), 2 ( 6250 m ) und 3 ( 6690 m ). Von dort aus unternahmen Lindner-Kubanek am 13. Mai den ersten Gipfelvorstoss, der bei ungewöhnlich schlechten Schneeverhältnissen auf der grossen Wächte des Talung-Südgipfels ( 7181 m ) endete. Sehr instruktiv war der Blick auf Kabru IV ( 7353 m ), Kabru III ( 7341 m ) und den 1935 bestiegenen K. NE ( 7338 m ).

Erkrankungen von drei Sahibs und zwei Sherpa erschwerten die Lage. Trotzdem traten am 19. Mai vier Mann von Lager 3 zum Schlussangriff an, bei bitterer Kälte und starkem Wind. Die schnelle Seilschaft Franz Lindner-Sherpa Tensing Ningda erreichte den Talung-Hauptgipfel ( 7349 m ) über seine SW-Flanke um 13 Uhr, kurz bevor der übliche nachmittägliche Schneefall einsetzte. Es war ein schöner Erfolg. Dagegen mussten sich Hechtel-Mardicke gegen 15 Uhr in 7225 m Höhe wegen zunehmender Wetterverschlechterung zum Rückzug entschliessen; gemeinsam mit den beiden anderen stiegen sie nach Lager 3 ab.

In den folgenden Tagen wurden alle Hochlager planmässig geräumt. Ein Versuch am Kabru selbst kam nicht mehr in Frage. Am 10. Juni, bei Beginn des Monsuns, war die Expedition wieder in Dharan.

Quellen: « Der Bergsteiger » 31. Jg., S.590, 762, 836-37. ÖAZ 1964, S.149. BK ( der bergkamerad ) 25 Jg., S.529, 773-74. « Alpinismus » 10/64, S.44-45, 74. BW ( « Berge der Welt » ) 1964/65.

Besonders hingewiesen sei auf Sasuke Nakao: « Living Himalayan Flowers » ( Tokyo 1964 Mainichi ). Dieses herrlich illustrierte farbige Werk ist für alle botanisch interessierten Wanderer in der Blütenpracht des Himalaya geradezu eine Offenbarung.

3. Kabru Dome ( 6600 m ), ein südlicher Vorgipfel des Kabru-Kammes, wurde im Mai 1964 erstmalig von einer indischen Expedition unter Leitung von B. Biswas erstiegen. Das Unternehmen war von einem Bergsteigerklub in Calcutta organisiert worden.

Quelle: HC ( Himalayan Club ) Newsletter 21, p. 6/7.

Rathong Peak ( 6679 m ), im SW von Kabru-S, wurde im Oktober 1964 von einer indischen Expedition unter Leitung von B. S. Jaswal bestiegen. Es handelte sich um die Auswahl der Mannschaft für die Indische Everest-Expedition 1965.

Quelle: HC Newsletter 22, p.2.

5. ( Nachtrag ). Wichtige geographische Ergebnisse hatte die japanische Sharphu-Expedition 1963/64, besonders im Lumba Samba Himal ( zwischen Kangchendzönga- und Everest-Gruppe ).

Quelle: Sangaku LIX 1964, p. 3-9,59/61,82,92/93 und « Map of North-Eastern Part of Nepal Himalaya 1:100000 ».

Everest-Gebiet 6. Gyachung Kang ( 7922 m ), der stolzeste Gipfel zwischen Everest und Cho Oyu, wurde von einer grossen japanischen Expedition erobert Die « Federation of AU Japan Mountaineering Unions » umfasst etwa 3000 Klubs mit rund 500 000 Bergsteigern, lässt also alle westeuropäischen und amerikanischen bergsteigerischen Vereine zusammen weit hinter sich. Diese unerschöpflichen japanischen Reserven geben auch bei der Erschliessung des Himalaya immer wieder den Ausschlag.

Die Expedition zum Ngojumba-Gletscher hatte K. Kohara als Leiter, 9 japanische Alpinisten und 12 Sherpa unter Pasang Phutar III von Darjiling. Das Sturmlager, Camp 6, wurde bei 7680 m erstellt. Von dort aus erreichten K. Sakaizawa-Y. Kato-Pasang Phutar am 10. April in vier Stunden den Gipfel. Am nächsten Tage wurde die Besteigung von zwei anderen Japanern wiederholt. A. Otaki glitt aus und stürzte über die Nordwand des Berges ab; er war offenbar im Augenblick des Unfalls nicht angeseilt gewesen.

Quellen: « Die Alpen » 1964, S. 140. « Alpinismus » 7/64, S.47; 2/65, S.35.

7. Weniger Erfolg hatte ein japanisches Unternehmen im Barun-Gebiet. Die Klein-Expedition der Rikkyo-Universität unter H. Fukuda musste an dem 1954 bezwungenen schwierigen Baruntse ( 7220 m ) aufgeben. Der Besuch des schon wiederholt bestiegenen Pethangtse ( 6724 m ) war nur ein unvollkommener Ersatz. 1962 hatten die Tiroler Siegfried Aeberli und Hubert Schriebl für das Forschungsunternehmen Nepal-Himalaya auf der Höhe des Pethangtse eine fotogrammetrische Standlinie angelegt.

Quellen: « Alpinismus » 8/64, S.45; 10/64, S.55; 2/65, S.35.

8. Die « Deutsche Himalaya-Ski-Expedition Cho Oyu 8153 m » unter der Leitung von Rudi Rott ist in der ganzen Welt traurig berühmt geworden. Die anderen Teilnehmer waren: Sepp Gschwendtner, Georg Huber, Fritz Stammberger und Dr. Alois Thurmayr ( Arzt ), dazu Khagda Bahadur, ein nepalischer Begleitoffizier, Sirdar Dawa Tensing und einige Sherpa.

Von bergsteigerischen Erfolgen meldete die Expeditionsleitung zunächst « Nupche Himal ( 6600 m ) », am 6. April 1964 bestiegen von Fritz Stammberger mit dem Sherpa Aila, « nahe Cho Oyu ». Nupche Himal bedeutet westliches Schneegebirge, was für eine kleine Firnkuppe ( etwa 6500 m ) unmittelbar östlich des Nanga La ( 5716 m nach Neuvermessung Erwin Schneider ) nicht gut passt. Am 11. April erreichten Huber und Stammberger, mit einem Biwack, den Westgipfel des Jasamba Himal ( ca. 6720 m ), über dem Rastplatz Jasamba, im SE des Nangpa La. Der Name « Mount Zlatnik » kommt gar nicht in Betracht, da ja seit hundert Jahren Gipfeltaufen nach Personennamen - mit einziger Ausnahme des Mount Everest - im Himalaya streng verpönt sind und vom Survey of India grundsätzlich mit vollem Recht abgelehnt werden. Übrigens besteht die Be- Ziehung des polnischen Bergsteigers Zlatnik zum Himalaya nur darin, dass er mit Rott zum Cho Oyu gehen wollte, aber vorher im Berninagebiet tödlich verunglückte.

In der zweiten Aprilhälfte gingen Stammberger, Huber und Thurmayr mit drei Sherpa den Cho Oyu selbst an. Es wurden drei eigentliche Hochlager erstellt, das oberste ( IV ) bei etwa 7200 m. Nach Stammbergers Bericht war er am 25. April zwischen 16 und 17 Uhr allein auf dem Gipfel ( 8153 m ); nach dem Bericht von Sherpa Phu Dorje II waren sie zu zweit oben. Die « Gipfelfotos » von Stammberger sind kein Beleg dafür, dass der höchste Punkt des Cho Oyu tatsächlich erreicht wurde. Der als Fahnenstange dienende Skistock steckt offenbar auf dem 20 bis 25° geneigten Westhang des Berges. Der unverkennbare Shisha Pangma ( 8013 m ) am linken Bildrand hat die Richtungslinie 289° ( Vollkreis-Winkelmessung ) oder N 71° W, der über der Fahne sichtbare, durch die Wolken stechende Gipfel, den ich zunächst für den Cho Rapzang hielt, ist in Wahrheit ( wie zuerst E. Sternbach entdeckte ) P. 23,092 ft. = 7038 m im Lapche Kang, mit der Richtungslinie 315° oder N 45° W. Die Sonne stand zur Zeit der Aufnahmen noch sehr hoch, wie man aus dem Schatten der Fahne sieht, etwa 14 bis 14.30 Uhr entsprechendgeographische Koordination des Cho Oyu 28° 5'N .Br., 86° 40'E .L. ). Sehr auffällig ist auch, dass Stammbergers Fahnen-Aufnahmen nicht auf dem ziemlich horizontalen Gipfel-Plateau des Cho Oyu gemacht wurden, sondern auf dem WNW-Hang. Bedenkliche Unstimmigkeiten.

Diese nicht einwandfreie « dritte Besteigung des Cho Oyu » ist kaum als « Skitour » zu bewerten, wenn auch ein Paar Skier hoch hinaufgetragen wurde und streckenweise zur Abfahrt benutzt werden konnte. Offenbar ist auch « der leichte Achttausender » kein richtiger Skiberg.

Am 25. April kämpften sich Huber und Thurmayr - beide in sehr schlechter Form - mühsam bis zum « Quarzband » ( ca. 7500 m ) hinauf und wollten dort übernachten, um die 300 Höhenmeter nicht mehr preiszugeben. Erst als sie in den Schatten kamen, begriffen sie, wie unsinnig dieses Biwak ohne Zelt und Schlafsack wäre. Sie stiegen also zusammen mit Stammberger und Phu Dorje nach Lager IV ( 7200 m ) ab. Nach schlechter Nacht wurden dort die nächsten beiden Tage verschlafen, gewartet und in Wahrheit vergeudet, denn eine neuerliche Besteigung des Cho Oyu, wovon die beiden Kranken träumten, erwies sich als völlig unmöglich. Die letzte Butangas-Kartusche war ausgebrannt, man hatte nichts mehr zu trinken und konnte auch keinen Schnee schmelzen... und das in einer Höhe von 7200 m, wo auch der Gesunde nichts so dringend braucht wie Flüssigkeit, immer wieder Flüssigkeit in jeder Form und - Sauerstoff! Am 27. April wurde Phu Dorje hinunter gesandt, um neue Lebensmittel und Kartuschen herauf zu holen. Ein völliges Nichtverstehen der todernsten Lage, eine unbegreifliche Rücksichtnahme des einzigen Gesunden - Stammberger -auf zwei anscheinend nicht mehr zurechnungsfähige Kranke!

Erst am 28. April stieg Stammberger ab, um Hilfe zu holen. Unterwegs, in Lager 2 oder 1, trank er in seinem Durst irgendeine Flüssigkeit, die zum Teil aus Benzin bestand, was ihm sehr schlecht bekam. Gegen Mitternacht traf er im Hauptlager ( 5600 m ) ein, meldete, wie schlimm es oben in Lager 4 stand, und « dann fiel auch er für drei Tage aus ». Was nun? Rudi Rott vertrug die Höhe so schlecht, dass er am 1. April, bei 5200 m, zusammengebrochen war, fünf Tage ohnmächtig blieb und seitdem keinerlei körperliche Anstrengungen aushalten konnte. Der « richtige » Expeditions-leiterGschwendtner, 47jährig, « Hauptlagerverwalter », kam als Bergsteiger offenbar ebenfalls nicht in Frage. Es blieb also nur der 61jährige Sirdar Dawa Tensing, der sich am 2. Mai allein bis Lager 4 ( 7200 m ) hinaufarbeitete, aber die beiden Todkranken nicht abtransportieren konnte und wieder abstieg. Khagda Bahadur, der Begleitoffizier, holte Hilfe aus Thami. Die « RettungsmannAuf den erstaunlichen Widerspruch zwischen Stammbergers Zeitangabe und seinen Aufnahmen machte Baron Eduard Sternbach ( Mareit bei Sterzing ) mich bereits im August 1964 brieflich aufmerksam.G.O.D.

schaft », der Stammberger, Phu Dorje, Dawa Tensing und noch ein Sherpa angehörten, erreichte erst am 5. oder 6. Mai ( die Angaben widersprechen sich ) Lager 4. Georg Huber war bereits tot, Alois Thurmayr starb beim Abtransport.

Über diese ganze Expedition - Organisation, Leitung, Eignung der Teilnehmer usw. kann sich jeder sein Urteil selbst bilden. Wirklich « eines der traurigsten Kapitel im deutschen Alpinismus »!

Quellen: « Bunte Illustrierte » 1964, Nr. 29 und 30.BK 25. Jg., S.4O3,719-725,905-909,969-971. « Alpinismus » 4/64, S.48; 6/64, S.60; 10/64, S.30-34; 2/65, S.37; 4/65, S. 10-15.

9. Der dänische Bergsteiger Jesper Trier machte Mitte Mai 1964 die dritte Besteigung des Island Peaifc-Hauptgipfels ( 6189 m ), eines Inselberges im Imja-Becken. Er war von drei Sherpa begleitet.

Quelle: « Alpinismus » 12/64, S.37.

10. Die siebente Arbeitsgruppe des Forschungsunternehmens Nepal-Himalaya setzte im Frühjahr und Sommer 1964 die zoologischen Forschungen im Khumbu Himal erfolgreich fort. Im Spätherbst brachte Dipl.Ing. Erwin Schneider ( Lech am Arlberg ) die kartographischen Aufnahmen durch terrestrisch-photogrammetrische Feldarbeiten zum Abschluss. Gemeinsam mit Dipl.Ing. Peter Aufschnaiter, der seine grossen Orts- und Sprachkenntnisse gern zur Verfügung stellte, wurden viele umstrittene Namen neu festgelegt. Im Spätsommer 1965 soll das erste grosse Himalaya-Blatt 1:50 000 im Achtfarbendruck herausgebracht werden.

Quellen: « Khumbu Himal » ( Springer-Verlag 1964, 65 und if. ). « Die Alpen » 1964, S.123. « Alpinismus » 10/ 64, S.35-38; 4/65, S.43. « Der Bergsteiger » 31.Jg., S.431 und 651; 32. Jg., S.691-694.

11. Die von Sir Edmund Hillary organisierte « Schulhaus-Expedition » hatte ein reichhaltiges Programm: Nicht nur wurden im Sherpaland zwei Schulen gebaut, sondern es wurde sogar bei Lukla, einen guten Tagesmarsch unterhalb Namche Bazar, eine Piste für leichte Flugzeuge hergerichtet, die im Herbst 1964 in Gebrauch genommen werden konnte. Endlich gelang die Erstersteigung des Thamserku ( 6623 m ), eines stattlichen Zweizacks östlich über Namche. Es war eine schwierige Sache, die sogar 1200 m fixe Seile und eine Strickleiter erforderte. Am 4. November erreichten L. Crawford, P. Farrell, J. Stewart und R.M.cKinnon den Gipfel.

Quellen: « Alpinismus » 11/64, S.37; O. Roberts in « Alpinismus » 2/65, S.36; 3/65, S.42; AJ 310, p.90-95.

12. In der Nachmonsunzeit 1964 wurde der berühmte und gefürchtete Gauri Shankar ( 7145 m ) zum ersten Male ernsthaft angegriffen, und zwar von einer kampfstarken britischen Expedition. Organisator war Dennis Gray, bergsteigerischer Leiter Don Whillans, die anderen Teilnehmer T. Burnell, J. Clough, D. Hadlum und J. Howell. Am 9. September marschierten sie mit drei Sherpa von Kathmandu ab. Für ihren Versuch wählten sie die NW-Seite des Berges, der aus dem Urwald aufsteigt. Das Basislager musste in nur etwa 2400 m Meereshöhe aufgestellt werden, und der Lastentransport noch unterhalb der Waldgrenze war unglaublich mühsam. Schon der Gratsockel ist so steil, dass fixe Seile an Bäumen gespannt werden mussten. « Das vorgeschobene Basislager » wurde bei 4700 m erstellt, Camp 5, das oberste Lager, bei 6550 m. Am 1. November machten Whillans-Clough einen entschlossenen Angriff, gelangten aber nur bis etwa 6760 m. An einem 60° steilen Eishang gingen Lawinen ab, die ein langes Stück des Geländerseiles fortfegten. Glücklicherweise wurden die Kletterer nicht verletzt, aber der Rückzug war unvermeidlich geworden.

Quellen: « Alpinismus » 7/64, S.48; l 1/64, S.46; M. Roberts in « Alpinismus»2/65, S.36; 3/65, S.42; AJ 1965, Nr. 310, p. 96-105.

Nachtrag zu Himalaya-Chronik 1961 und -Chronik 1962: Die « Pumori-Story » von Wilhelm Schloz ( « Alpinismus » 4/65 ) bringt etwas Licht in das Dunkel der « Dezember-Expedition 1961 » unter der Leitung von Gert Mehl, einem deutschen Sportjournalisten. Der Schweizer Kameramann Werner Stäuble, ein erfahrener Bergsteiger, und der Sherpa Phurba Lobsang scheinen tatsächlich am 7. Dezember 1961 bis etwa 7100 m vorgedrungen zu sein, also bis dicht unter den Gipfel des Pumori ( 7145 m ). Wie es zum Absturz kam, ist nicht bekannt. Ihre Leichen wurden am Fusse der SE-Wand gefunden. Ihre Route ist keine eigentliche Direttissima, aber jedenfalls sehr viel « idealer » als Lensers Route 1962. Mehls Bilder bis etwa 6600 m hinauf- gegen Everest und auch gegen Gyachung Kang - sind gut, aber was das Allerwichtigste wäre, fehlt leider: Die Kameras von Stäuble und Lobsang, die beide zuletzt fotografiert haben, sind bei dem Absturz verlorengegangen. Mehl selbst und der Sherpa Annulu erlitten schwere Frostschäden an Händen und Füssen, die zu Amputationen führten.

Dieses tragisch verlaufene Unternehmen wird von Gerhard Lenser, dem erfolgreichen Nachfolger ( 1962 ), ganz verächtlich abgetan ( « Pumo Ri », S. 179-181 ). Richtig ist wohl, dass die Mehl-Ex-pedition nur Filmaufnahmen aus dem Sherpaleben machen sollte und keine Bewilligung für eine Pumori-Besteigung hatte - also eine Lizenz-Überschreitung, die nicht zu billigen ist. Trotzdem ist die Tonart Lensers wenig sympathisch. Noch erstaunlicher ist sein « vernichtendes » Urteil über die Everest-Karte 1:25 000 von Erwin Schneider und Fritz Ebster ( 1957 ), die in Fachkreisen sehr hoch eingeschätzt wird und zum Besten gehört, was im Himalaya bisher in terrestrischer Photogrammetrie geleistet worden ist. Gegenüber einem solchen Pamphlet gibt es nur « niedriger hängen »!

Quellen: G. Lenser: Pumo Ri, der schönste Berg der Erde ( Zürich 1963 ). « Alpinismus » 4/65, S.28-32.

Langtrang und Jugal Himal 14. Shisha Pangma ( 8013 m ), in Indien Gosainthan genannt, der 14. und letzte Achttausender, war an der Reihe. Bereits 1963 hatten die Chinesen gründliche Vorarbeiten geleistet und waren an der Nordflanke bis 7160 m vorgedrungen. Zu Beginn des Jahres 1964 wurde eine Gross-Expedition von 195 Teilnehmern zusammengestellt, unter der Leitung von Hsu Ching. Auch eine starke wissenschaftliche Gruppe schloss sich an. Das Basislager ( ca. 5000 m ) « war eigentlich eine kleine Stadt » 18 Grosszelte für je 20 Personen, 10 kleinere Zelte, alle mit elektrischem Licht ausgestattet; Küche und Kantinen, Krankenhaus, Radio- und Wetterstationen, ein Hörsaal usw. Im Laufe des April wurden 6 Hochlager vorgeschoben, das oberste bis 7700 m. Dort traten am 2. Mai um 6 Uhr früh Peking-Zeit, also 4 Uhr Ortszeit, zehn Mann zum Schlussangriff an, und um 8.20 Uhr Ortszeit wurde der Gipfel erreicht. Die technischen Schwierigkeiten waren offenbar nicht sehr gross, das Wetter war strahlend. Wichtiger als die Gipfel-Formalitäten ( Büste von Mao Tse-tung, Nationalflagge Chinas usw. ) sind für uns die wohlgelungenen Aufnahmen, insbesondere das Panorama gegen ESE, im Mittelgrund links Mount Molhamongjim = Phola Gangchen ( 7661 m ), in der Ferne Lapche Kang, Everest-Gruppe und Rolwaling Himal. Dieses Bild ist ein einwandfreier Beleg der chinesischen Erstbesteigung.

Quellen: « Der Bergsteiger » 32. Jg., S. 374-382, 576-581. « Die Alpen » 1964, S.165, 258-262. AJ Nov. 1964 p.211-216. « Alpinismus » 7/64, S.50; 10/64, S.25-29; 2/65, S.36.

75. Der früher « Langtang Lirung » genannte Gangchhen Ledrub ( 7245 m ), der schon wiederholt vergeblich angegangen worden ist, war das Hauptziel einer Expedition der Universität Osaka: Leiter T. Suzuki, 6 japanische Teilnehmer, 7 Sherpa. Auch diesmal gelang es nicht. Trostpreise waren 13 Die Alpen - 1965 - Us Alpes193 zwei kleinere Erstbesteigungen: Gang Chhenpo oder « Urkingman » ( 6397 m ) und Kyungka Ri ( 6979 m ). Nach Bericht der Japaner waren die Italiener im Herbst 1963 nicht auf dem Kyungka Ri, sondern sie machten versehentlich die zweite Ersteigung des 1959 ersterstiegenen Shalbachum ( 6745 m ). Vgl. « Die Alpen » I/1965, S.2-3.

Quellen: HC-Newsletter 21 und 22. M. Roberts in « Alpinismus » 2/65, S.35.

16. Lord Shaftesbury wollte mit drei Walliser Bergführern - M. Darbellay, A. Giroud und M. Rey - die dritte Besteigung des Ganesh Himal ( 7406 m ) machen, worüber sich in Kathmandu jedermann wunderte. Infolge politischer Bedenken kam es jedoch nicht dazu, und das Unternehmen wurde auf Langtrang und Jugal Himal umgestellt, wo es lohnendere Ziele gab. Aber auch hier blieb der Erfolg aus: An dem noch unerstiegenen Dorje Lhagpa ( 6988 m ) kam man in schwieriger Kletterei nur bis etwa 6300 m, und am « Fluted Peak » ( 6397 m ), womit anscheinend der von den Japanern bezwungene Gang Chhenpo gemeint ist, blieb man 100 m unter dem Gipfel stecken.

Quellen: « Die Alpen » 1964, S. 192. M. Roberts in « Alpinismus » 2/65, S.35 und 37.

17. Im Herbst 1964 versuchte es eine australische Expedition wieder einmal mit dem Gangchhen Ledrub ( 7245 m ). Es waren fünf Teilnehmer, Peter Taylor als Leiter, zwei Frauen, zwei Männer, mit sechs Sherpa. Diesmal wurde der Angriff von Westen angesetzt, wo sie - nach ihrer Schätzung -bis über 6700 m gekommen sein sollen. Dann wurden sie durch die Schwierigkeiten dieser Route und durch die geringe bergsteigerische Erfahrung einiger Teilnehmer zum Rückzug gezwungen.

Quellen: HC-Newsletter 22, p.2. M. Roberts in « Alpinismus » 2/65, S.36; 3/65, S.42. AJ 310, p. 138-139.

Gurkha Himal 18. Die « Nederlandse Himalaya-Expedition 1964 » unter Jan Boon, der auch der österreichische Bergführer Hubert Schriebl angehörte, wandte sich im September dem Himlung Himal ( 7126 m ) zu. Die Zugänge von SW waren aber so lawinengefährlich, dass man bei etwa 5350 m aufgab und über den Larkya-Pass nach dem - durch die japanischen Manaslu-Expeditionen bekannt gewordenen - Dorf Sama im Buri Gandaki-Tal ging, um den Manaslu-« North Peak » anzugreifen. Über ihn und seine Höhenfrage gibt es eine kleine Spezial-Literatur: 7154 m? oder 6862 m? Gleichsetzung mit dem dubiosen « Granit Peak », dessen Kote 7361 m bestimmt viel zu hoch gegriffen ist? Oder existiert der « Granit Peak » überhaupt nicht? Und North Peak misst etwa 7000 m? Nun hat sich herausgestellt, dass es doch zwei verschiedene Gipfel sind, aber « Granit Peak » hat nur etwa 6700 m, also gut 600 m weniger, als die Karten angeben, und North Peak hat etwa 7050 m. Seine Spitze erreichten H. Schriebl, F. Driessen, J. de Lint und die Sherpa Ila Tsering und Nima Tensing am 25. Oktober von Lager 4 ( 6500 m ).

Quellen: AAC ( American Alpine Club ) News 82. « Alpinismus » 8/64, S. 50; 2/65, S. 36; 3/65,2.42. Besprechung mit H. Schriebl. AJ 310, p. 122/123.

Annapurna-Gruppe 19. Ein nicht sehr selbständiger Gratgipfel zwischen « Roc Noir » und Gangapurna wurde seinerzeit von J. Roberts als « Glacier Dome » bezeichnet und auf 7255 m geschätzt. Der provisorische Arbeitsname hat sich - obwohl nicht sehr glücklich - eingebürgert. Dieser Zwischengipfel war das Ziel einer Expedition der « All Japan Mountaineering Unions ». Teilnehmer: Dr. Sumio Shima als Leiter, weitere sechs japanische Bergsteiger, sechs Sherpa, etwa 100 Träger, Abmarsch von Pokhara ( Flugplatz ) am 10. September. Durch das Modi-Tal ging man zum S-Annapurna-Gletscher ( auch westlicher Annapurna-Gletscher genannt ). Die Route führte durch einen sehr schwierigen Eisfall zwischen 5500 m und 5800 m. Camp 5, das oberste Lager, wurde bei 6220 m erstellt. Von einem Biwak ( etwa 6525 m ) machten M. Nishimura und Dorje Sherpa am 16. Oktober den Schlussangriff zum Gipfel, dessen Höhe durch Aneroid auf etwa 7150 m bestimmt wurde.Vom 29. September ab war das Wetter gut.

Quellen: AAC-News 82, November 1964, p.2. J. Roberts in « Alpinismus » 2/65, S.36; 3/65, S.42.

20. Zur gleichen Zeit war ganz in der Nähe noch eine andere japanische Expedition tätig, organisiert vom Alpine Club der Universität Kyoto: H. Higuchi als Leiter, weitere fünf Japaner und vier Sherpa. Ziel war der Modi Peak ( 7196 m ), der früher « Annapurna South » oder « Ganesh » genannt wurde. Dieser letzte Name war besonders unglücklich gewählt, weil er zu Verwechslungen mit dem Ganesh Himal ( 7406 m ) führen musste. Gegen « Annapurna South » spricht, dass wir sowieso schon vier Annapurna-Gipfel auseinanderzuhalten haben; überdies stehen Annapurna IV ( 7524 m ) und Annapurna II ( 7937 m ) südlicher als P. 7196. Darum war ich früher dafür eingetreten, diese Spitze « Moditse » zu nennen. Tse = Spitze ist jedoch ein tibetisches Wort; das Modi-Tal ist aber ethnographisch Gebiet der Gurung. Deshalb ist der neutrale Name Modi Peak wohl der beste.

Die Erstersteigung wurde von Osten gemacht, aus dem Gletscherbecken über dem Modi River. Den Gipfel erreichten zwei Gruppen: am 13.Oktober H. Yoshino - M. Kumara - Y. Ageta, am 15. Oktober H. Higuchi, S. Uyeo, Karma Sherpa und Mingma Tsering.

Quellen: HC-Newsletter 22, p.3. J. Roberts in « Alpinismus » 2/65, S.36; 3/65, S.42.

West-Nepal 21. John Tyson, der bereits 1961 im Khan Jerowa Himal topographisch gearbeitet hatte, setzte 1964 seine Vermessungen in dieser orographisch komplizierten Gebirgsgruppe fort. Mit vier Teilnehmern seiner Mannschaft bestieg er dabei den Bhulu Lhasa ( etwa 6400 m ). Auf seinen Expeditionsbericht warten wir mit Interesse, vor allem auf die Karte, welche die Ergebnisse seiner Forschungen zusammenfassen wird.

Quellen: J. Roberts in « Alpinismus » 2/65, S.36; 3/65, S.42. « Die Alpen » 1965, S.91.

Garhwal 22. Die schöne Gruppe der Panch ChuliFünf himmlische Herdfeuer ) war das Ziel einer indischen Expedition unter Leitung von A. K. Chowdhury. Von den fünf Spitzen wurden drei ersterstiegen: V ( 6437 m ), IV ( 6333 m ) und III ( 6312 m ), aber der Hauptgipfel II ( 6904 m ) blieb infolge schlechten Wetters noch unbezwungen.

Quellen: HC-Newsletter 22, p.5. Vgl. auch M. Kurz: Chronique Himalayenne 1959, mit Tafel 22/23.

23. Nanda Devi ( 7816 m ), der höchste Gipfel von Garhwal, wurde 1964 zum dritten Mal bestiegen, und zwar von einer indischen Expedition unter N. Kumar. Den Gipfel erreichten am 20. Juni Nawang Gombu ( Sherpa-Instruktor in Darjiling ) und Dawa Norbu.

Quelle: HC-Newsletter 22, p.5. AJ November 1964, p.290. HJ XXV, 1964, p. 107-112.

24. Weniger Glück hatte diesmal die indische Expedition unter M, S. Kohli, die an dem noch unerstiegenen Tirsuli ( 7074 m ) und auch am Nanda Devi-Ostgipfel ( 7434 m ) bei schlechtem Wetter aufgeben musste.

Quellen: « Die Alpen » 1964, S. 140. HC-Newsletter 22, p.5.

Eine Gruppe von indischen Mädchen unter der Führung von Mrs. J. Dunsheath bestieg am 10. und 12. Oktober den Mrigthuni ( 6855 m ).

Quellen: Tages-Anzeiger Zürich 22.10.1964. HC-Newsletter 22, p. 5.

26. Eine indische Expedition unter A.J.unglewalla machte einen vergeblichen Versuch auf Ka-nawar Kailas ( 6474 m ).

Quelle: HC-Newsletter 21, p.6.

27. Eine Gruppe von Bombay unter L. R. Chari wurde am Nar Parbat ( östlich Badrinath, 5855 m ) durch Schlechtwetter abgewiesen.

Quelle: HC-Newsletter 21, p.6; 22, p.5.

28. Eine Schülergruppe der Doon School unter Leitung von H. Dang ging in West-Garhwal ( Uttarkashi ) zum Janoli Peak ( 6632 m ). Man kam bis Lager 4 ( 5880 m ) und wurde durch Schlechtwetter zum Rückzug gezwungen.

Quellen: HC-Newsletter 22, p.5.

Panjab Himalaya 29. Eine kleine indisch-französische Expedition, ebenfalls von H. Dang geführt, wollte in Zen-tral-Lahul die Besteigung des hübschen Mulkila wiederholen, kam aber infolge schlechter Verhältnisse nicht durch. Zum Trost wurde wenigstens M 5 ( 6370 m ) ersterstiegen.

Quellen: HC-Newsletter 22, p.5. Vgl. HJ XIII, 1946, p.54-61.

30. Ein schöner Gipfel am Bara Shigri Glacier, dem Schreckhorn etwas ähnlich, ist P. 21,500 ft., jetzt Kulu Pumori ( 6553 m ) getauft. Bereits 1961 vergeblich bestürmt, wurde er am 6. Juni 1964 von R. Pettigrew mit dem Ladakhi Wangyal erobert. Drei Tage später wurde die Besteigung von Fr. Mohling mit dem Ladakhi Ang Chook wiederholt. Die Route folgte im wesentlichen dem SW-Grat, nur einmal in die Südflanke ausweichend.

Quellen: HC-Newsletter 22, p.5/6. Vgl. HJ XXIII, 1961, p.56-61. « Alpinismus » 9/64, S.49. « Die Alpen » 1/65, S.60-66. AJ 310, p.74-85. HJ XXV, 1964, p. 113-119.

31. Lehrer und Schüler des Himalayan Institute of Mountaineering in Manali erstiegen in Lahul die Gipfel CB. 10 oder Tara Pahar ( 6227 m ), CB. 50 ( 6096 m ) und auch den bereits genannten M 5 ( 6370 m ), ferner am Beas-Kund-Ri-Dhar den Muker Beh ( 6068 m ).

Quelle: HC-Newsletter 22, p.6.

Nanga-Parbat-Gruppe 32. Die vom « Deutschen Institut für Auslandsforschung » in München organisierte Deutsche Rupal-Expedition 1964 hatte die Teilnehmer: Dr. Karl M. Herrligkoffer als Gesamtleiter, R. Hang, E. Hoffmann, G. Lapp, P. Müller, R. Obster, G. Plangger, K. Reinhold, W. Schloz jun. Diese kampfstarke Mannschaft war vom 28. Februar bis 5. Mai im Rupaltal bzw. an der Rupalflanke des Nanga Parbat ( 8125 m ). Das Hauptlager ( 3600 m ) wurde am Fuss des SSE-Pfeilers eingerichtet, der die berühmte Rupalwand durchteilt und ziemlich gerade zur Südschulter ( 8042 m ) hinaufzieht, also eine « Direttissima » des gewaltigen Berges. Camp 1 wurde bei 4600 m erstellt, Camp 2 bei 5300 m. Der höchste erreichte Punkt lag bei 5800 m auf einem Gratrücken, der unschwierig zum nächsten Lagerplatz ( etwa 6000 m ) geführt hätte. Aber dazu sollte es nicht mehr kommen:

Die Wetterverhältnisse waren sehr ungünstig, häufige Schneefälle verursachten grosse Lawinengefahr, vier Teilnehmer wurden sogar von einem abgehenden Schneebrett 500 m weit mitgerissen -ohne ernsthafte Verletzungen davonzutragen. Obendrein intrigierte der seiner Aufgabe gar nicht gewachsene pakistanische Begleitoffizier in jeder Weise gegen die Deutschen und veranlasste schliesslich, dass der Expedition die Erlaubnis entzogen wurde. Damit war dieses kühne Unternehmen für diesmal gescheitert.

Quellen: BK 25. Jg., S.403 und 566. « Alpinismus » 7/64, S.44-46; 4/65, S.20-22, 36-37.

33. Die « Bayerische Karakorum-Expedition 1964 » war tatsächlich nicht im Karakorum tätig, wie ursprünglich geplant, sondern sie wurde von den pakistanischen Behörden in das Rupaltal umgeleitet, also in das Nanga-Parbat-Gebiet, das ja zum eigentlichen Himalaya gehört. Die Teilnehmer waren: Philip Rosenthal als Organisator und Leiter, M. Dannegger als Expeditionsarzt, Bergführer F. Walcher, K. Höfler, H. Reiter und R. Vidoni.

Der Versuch auf einen der Mazeno Peaks ( ca. 7100 m ) zwischen Rupal- und Diamir-Tal scheiterte schon in den Anfängen. Man beschränkte sich darauf, das bereits bekannte Rupaltal zu « erkunden » und auf dessen Südseite drei kleine Fünftausender zu ersteigen. Beim sogenannten « Turpin Peak » scheint es sich um eine Verwechslung zu handeln.

Quellen: Mitt. DAV 1964, S.108. « Alpinismus » 8/64, S.51; 11/64, S.28-29; 4/65, S.16-19.

Karakorum 34. Die « Berliner Karakorum-Kundfahrt 1964 » ging von der Jungmannschaft der Sektion Berlin des DAV aus. Die Teilnehmer waren: Peter Lipp als Leiter, Ulrich Roloff, Dieter Hilliges und Norbert Körbler. Sie wandten sich dem Kondus-Gebiet zu und griffen von Ende April ab eine Spitze an, die sie für K 6 ( 7281 m ) hielten, die aber in Wahrheit K 7 ( 6934 m ) war, also nicht Kulminationspunkt dieser Gruppe, sondern rund 350 m niedriger und volle 5 km weiter gegen NE verschoben. Ein sorgfältiges Studium der Karte von J. F. Noxon, die den Berlinern nicht bekannt war, und ihr Vergleich mit den Skizzen von P. Lipp zeigen diesen Irrtum deutlich. Nicht P. 23,890 ft. = 7281 m ( K6 bzw. Peak 27/52 A ), auch nicht der neue Siebentausender P. 23,100 ft. = 7040 m, sondern P. 22,750 ft. = 6934 m ( K 7 bzw. Peak 26/52 A ) war das Ziel der Berliner. Diesen Gipfel tauften sie « Link Sar » = Jägerplatz, d.h. sie verwendeten diese Sammelbezeichnung der Einheimischen.

Am 23. April wurde das Basislager am Kondus-Gletscher errichtet, am 7. Mai Camp 1 ( 4850 m ), am 28. Mai Camp 2 ( 5700 m ), am 1. Juni Camp 3 ( 6300 m ). Als das technisch schwierigste Stück erwies sich eine etwa 100 m hohe Felswand ( Gletscherschliffe ), die den Zugang zum Link-Sar-Glet-scher sperrt. Hier wurde eine Strickleiter mit 163 Sprossen fixiert. Später wurden nur noch Steigklemmen an dem 8 mm-Seil benutzt. Die Wetterverhältnisse waren trostlos. Von 62 Tagen am Berg hatten die tapferen Jungmannen nur insgesamt 6 Tage ohne Schneefall. Auch der Juni, der im Karakorum als Schönwetter-Monat gilt, war so miserabel, dass sie sich bei Lager 2 durch teilweise brusttiefen Neuschnee wühlen mussten. Camp 3 musste zurückgelassen werden, die anderen Hochlager wurden geräumt, und am 1. Juli trat man den Rückmarsch nach Skardu an.

Dabei wurde noch eine Seiten-Exkursion in das Khorkondus-Tal gemacht, weil die Berliner glaubten, dort Neuland finden zu können. Von der Expedition J.Waller-J.Hunt-R.Brotherhood-J. S. Carslaw im Jahre 1935, die in Khorkondus gewesen waren und Sherpigang-, Dong Dong- und Likah-Gletscher erkundet hatten, wussten sie nichts. Auch die y4-Zoll-Karte Nr. 52A des Survey of India war ihnen nicht bekannt. Es kommt leider immer wieder vor, dass Expeditionen historisch und geographisch ganz unzulänglich vorbereitet werden, was zu Fehldispositionen und bitteren Enttäuschungen führt.

Quellen: BK 25. Jg., S.971-73. « Alpinismus » 8/64, S.60; 11/64, S.25-27; 4/65, S.23-27. Vgl. auch: AJ 251, Nov. 1935, p. 282-287 und HJ VIII, p. 14-24. AAJ ( American Alpine Journal ) 1964, p. 121-123. Ferner die Karten von K. Mason am Schluss von AJ 251 und HJ VIII, p. 16; J. F. Noxon in AAJ p. 122/123; Survey of India 52A 1 inch to 4 miles; HJ XXIII, 1961, p.86/87. Korrespondenz mit W. Axt und Photos von ihm.

55. Die « Erste Steirische Karakorum-Himalaya-Expedition 1964 » umfasste: Hanns Schell junior als Leiter, Rudolf Pischinger, Horst Schindlbacher, Leo Schlömmer und Rolf Widerhofer. Am 3. Mai war man in Nagar ( 2300 m ). Das Hauptlager ( ca. 4600 m ) wurde unter dem Südgrat des Momhil Sar ( 7342 m ) an der gleichen Stelle errichtet, wo 1960 das Basislager von Wilfrid Noyce gestanden hatte. Bis 6200 m hinauf leisteten Kurzskier gute Dienste. Camp 3 ( ca. 6500 m ) befand sich etwa 50 m unter dem Sattel zwischen Momhil Sar und Trivor ( 7720 m ).

Der erste Angriff auf den Momhil Sar scheiterte auf dem stark verwächteten Ostgrat bei beginnendem Schlechtwetter. Auch der zweite Versuch - diesmal über die « Rampe » der Südflanke -musste bei Lawinengefahr wegen des Wetters aufgegeben werden. Erst am 28. Juni klarte es endlich auf, und der 29. Juni war der grosse Tag: Start in Camp 3 um 0.30 Uhr, Rampe, Sérac-Zone, Steilhang, sehr steile Rinne, um 14.30 auf dem SW-Grat, kurze Rast, und um 16.30 Uhr waren alle fünf auf dem Gipfel, bei strahlendem Wetter, so dass ein geographisch sehr wichtiges Panorama gut aufgenommen werden konnte. Auch ein kleiner Steinmann wurde gebaut.

Nach etwa einstündiger Gipfelrast traten sie den Abstieg an, durch die Rinne seilten sie sich etwa 120 m ab, und um 22.30 Uhr erreichten sie die Zelte von Lager 3. Es war ein überaus anstrengender Tag gewesen, aber ein prächtiger Erfolg.

Am 9. Juli bestieg Schell im Alleingang noch die Gharesa-Spitze ( 5341 m ) über ihren langen Ostgrat, wobei sich ein instruktiver Einblick in die Nordflanke des Malubiting-Massivs ( 7453 m ) ergab.

Quellen: « Alpinismus » 2/64, S.43; 10/64, S.46-48. BK 25.Jg., S.566 und 930; 26.Jg., S.207-08. Korrespondenz H. Schell jun. Siehe auch P. Meciani: Regione del Ghiacciaio Hispar 1:250000 ( 1959 ). W. Kick: Der Chogo-Lung-ma-Gletscher im Karakorum. Zeitschrift für Gletscherkunde; Innsbruck 1964, S. 1-59. AJ 1965, No. 310, p. 69-73.

36. Diran oder Minapin Peak ( 7266 m ), 15 km östlich des Rakaposhi, ist bereits 1958 und 1959 vergeblich angegriffen worden. 1964 war er das Ziel einer Salzburger Kleinexpedition: Heinz Eggert und Walter Frisch, denen sich später noch Herbert Edtbauer anschloss. Wie bisher stets ging man den technisch nicht besonders schwierigen, aber ziemlich gefährlichen Berg von NW an und gelangte beim dritten Versuch bis etwa 5930 m ( Camp 3 ). Wetter und Schneeverhältnisse waren so schlecht, dass man hier aufgeben musste.

Quellen: BK 25. Jg., S.931.HC-Newsletter 22, p.4. « Alpinismus»2/64, S.43.ÖAZ 1964, S.72; 1965, S.48-50.

37. Die « Erste Irische Karakorum-Expedition 1964 » unter P.O'Leary versuchte den Rakaposhi ( 7788 m ) über den NW-Grat, eine nicht sehr empfehlen werte Route, wie schon W. Tilman feststellen musste. Dazu schlechtes Wetter, Lawinen und Streik der Hunza-Träger. Bei etwa 6100 m gaben die Iren auf.

Quellen: « Die Alpen » 1964, S. 140. HC-Newsletter 22, p. 3. Vgl. auch BW 1960/61, S. 30-40.

38. Die « Erste Kanadische Karakorum-Expedition 1964 » unter der Leitung von Dr. Fred Roots ging via Gilgit in den Batura Mustagh. Das Basislager wurde nordwestlich von Baltit ( Hunza ) im Hassanabad Nullah bei etwa 3650 m errichtet. Von hier aus wurde Sang-e-Marmur ( 6950 m ) in An- griff genommen, ein relativ sanft geformter Gipfel mit einem auffälligen gelben Marmorband. Obwohl die Kanadier hier fünf Hochlager erstellten, gelangten sie nur bis etwa 6300 m. Schlechtwetter und grosse Lawinengefahr verwehrten den Enderfolg. Batura I ( 7785 m ) durfte nicht versucht werden, weil der Hauptkamm in der politischen Sperrzone liegt. Quellen: HC-Newsletter 22, p.4. « Alpinismus » 4/65, S.42.

Hindukusch 39. Der « Norwegischen Tirichmir-Expedition 1964 » gehörten an: Prof. Arne Naess als Leiter, Dr.med. Kjell Friis-Baastad als Arzt, Ralph Höibakk, Anders Opdal und Per Vigerust. Am 26. Mai wurde das Hauptlager « Idyllen » ( 3300 m ) bezogen, am 6. Juli Camp 4, das « Vorgeschobene Basislager » ( 5200 m ) am Fusse der Südwand. Dort entstanden Camp 5 ( « Rabennest » ) bei 6000 m, Camp 6(«Integral»)bei 6500 m und 7(Biwaklager)bei 7000 m. Der Blitzangriff begann am 22. Juli, und am 25. Juli erreichten Hoibakk und Opdal den noch jungfräulichen Tirichmir-Ostgipfel ( 7692 m ). Die Bezwingung seiner 2500 m hohen Südwand gehört zum Besten, was bisher an den grossen Bergen Hochasiens geleistet wurde - eine schöne Ergänzung zu der ebenfalls norwegischen und von Arne Naess geleiteten Erstersteigung des Tirichmir-Westgipfels ( 7706 m ) im Jahre 1950.

Quellen: « Alpinismus » 5/64, S.45; 10/64, S.40-43.

40. Die « Deutsche Wakhan-Expedition 1964 » unter Dietrich von Dobeneck machte die Erstersteigung des Koh-i-Langar ( 7061 m ), ausserdem hangar N(ca. 6750 m ), Langar SE ( ca. 6850 m ) und Koh-i-Bay Quara ( 5420 m ), NW-Pfeiler der Pamir-i-Wakhan-Kette. Ausser der topographischen Erkundung wurde auch geologisch und botanisch gearbeitet.

Quellen: Dr. A. Diemberger, Salzburg. « Alpinismus » 7/64, S.51; 11/64, S.40. ÖAZ 1965, S.56.

4L Von der « Steirischen Hindukusch-Expedition 1964 » unter Gerald Gruber ist zu melden: Erstersteigung des Shachaur ( 7116 m ); erste und zweite Ersteigung des Udren Zorn = Shachaur II ( 7131 m ); zweite Besteigung des Koh-i-Nadir-Shah ( 7125 m ).

Quellen: A. Diemberger - « Die Alpen » 1964, S.273. « Alpinismus » 12/64, S.40-42. ÖAZ 1965, S.56/57.

42. Die « Cambridge Chitral Expedition 1964 » unter M. H. Day setzte die von H. Braham 1962 begonnene Erkundung des Siri Dara-Plateaus in Swat fort, östlich von Mankial.

Quellen: HC-Newsletter 21, p.6; 22, p.4. ÖAZ 1964, S. 137-143; 1965, S.57.

43. Die italienische « SUCAI » unter C. A. Pinelli arbeitete 1964 in Swat westlich des Ushu-Tales. Quelle: ÖAZ 1339, S.19.

44. Die « Münchener Hindukusch-Kundfahrt 1964 » setzte die grosse Münchener Arbeit von 1963 im Mittleren Khwaja-Muhammad-Gebirge fort. In der Rakhuy-Gruppe wurden 14 Fünftausender bestiegen. Leider war das Ende tragisch: Zwei als Träger getarnte afghanische Banditen ermordeten und beraubten die beiden jungen Deutschen Erwin Rinkl und Walter Straass. Der nur angeschossene Ernst Haase und sein Bruder Wolfgang, der gerade im Hauptlager war, kamen mit dem Leben davon. Die Verbrecher wurden von Hirten ergriffen, gefesselt zu Tal gebracht und den Behörden übergeben.

Quellen: BK ( Bergkamerad ) 25.Jg., S.566, 931; 26.Jg., S.43, 76-77. « Der Bergsteiger » 32. Jg., S.529-539. ÖAZ 1965, S. 19-25.

Die « Kempten-Münchener Hindukusch-Kundfahrt 1964 » unter der Leitung von B.Diepol-der war im Gebiet des oberen Munjan-Tales und Ramgul-Sattels tätig. Es wurden mehrere Gipfel um 5000 m herum erstmalig erstiegen. Dann ging man nach Nuristan.

Quelle: HC-Newsletter 21, p.ll. ÖAZ 1965, S.55.

46. Die « Norddeutsche Hindukusch-Expedition 1964 » unter Sepp Ruf meldete die Besteigung von 18 Gipfeln um 5000 m im Zebak-Gebiet, nordöstlich vom Koh-i-Bandakor ( 6600 m ).

Quellen: A. Diemberger. « Alpinismus » 12/64, S.37. ÖAZ 1965, S.54/55.

Am 19. März 1965 meldete die Agentur Reuter aus Kathmandu, dass die Regierung von Nepal Bergbesteigungen im nepalischen Himalaya auf unbestimmte Zeit verboten habe. « Es könne sich dabei um mehrere Jahre handeln. Die Massnahme wurde offiziel nicht begründet. Es ist aber bekannt, dass einzelne frühere Himalaya-Expeditionen illegal die Grenze nach Tibet überschritten oder auf andere Weise gegen die Besteigungs-Vorschriften der nepalischen Regierung verstossen haben. » Das ist die Quittung für die Taten von solchen irregeleiteten, egoistischen und verantwortungslosen Mdtf-Bergsteigern wie dem Schotten Patterson ( Mustang-Gebiet ) und dem Amerikaner Woodrow Wilson Sayre ( Rongphu-Gletscher ). Viel Schuld haben auch die Illustrierten und die Buch-Verleger, die solche unverantwortlich handelnden Abenteurer verherrlichen und ganz gross herausbringen! Nun sind die gewissenhaften Himalaya-Bergsteiger und -Forscher die Leidtragenden. Nur die Expeditionen, die im Besitz von Bewilligungen jetzt bereits draussen sind, fallen nicht unter den grossen Bann.

Am schwersten werden die Japaner durch die neuen Bestimmungen getroffen. Man darf nicht verschweigen, dass die Flut von japanischen Anträgen vielleicht zusätzlich die Expeditionssperre ausgelöst haben könnte. Wurde ein Gesuch z.B. für 1963 abgelehnt, so erschien es 1964 und dann 1965 wieder. Dazu kamen immer neue Kandidaten. So stieg die Zahl der Bewerber von Jahr zu Jahr. Man kann es verstehen, dass die Regierung von Nepal eine Atempause braucht. Das Hochgebirge soll nicht überfüllt werden. Die Vermassung ist sogar im Himalaya bereits zur Gefahr geworden.

Quellen: « Die Alpen » 1965, S.90. « Alpinismus » 7/65.

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