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Die Fusshörner

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Von Oskar Hug.

I.

Wer als unternehmungslustiger Bergsteiger seine Ferientage auf der sonnigen Hochterrasse von Belalp zubringt, der wird sich kaum damit begnügen, der felsigen Zackenreihe der Fusshörner, dem eigentlichen Wahr-bild der Belalp, nur in Wünschen und Gedanken einen Besuch abzustatten. Schon vom Talboden aus, von Brig, sind diese Felsspitzen sichtbar, wenn auch noch teilweise verdeckt und versteckt. Doch lassen sie uns bereits ahnen, dass dort oben die kletterfreudigen Glieder ein fröhlich Spiel vorfinden werden. Zweitausend Meter weiter oben, auf Belalp, wird die Ahnung zur Offenbarung. Turm neben Turm, schön regelmässig aufsteigend gestuft, fein gerippt und vielfach durchschluchtet, die unteren trocken und heiss, die obersten schneebedeckt und kühl, ragen die Fusshörner nun vor unserem entzückten Auge senkrecht gen Himmel empor und rufen und locken den erfreuten Bergsteiger zu sich an ihre Flanken und auf ihre Gräte. Abermals tausend Meter höher oben, auf dem Gipfel des bürgerlich braven Sparr-horns, reift die Offenbarung gar zur Überzeugung aus, zur Überzeugung, die da lautet: das Spiel ist mein, ich lass nicht von ihm ab, ich will es wagenDenn ein Spiel ist dieses Steigen und Klettern dort drüben, ein Spiel voll Lust und Spannung, ein Spiel voll Arbeit und manchmal auch in Not; ein spielerisches Spiel, ein sportliches Spiel, ein kämpferisches Spiel. Doch es gilt nur dem unternehmungslustigen Bergsteiger, und nur der wagemutige und selbstsichere Kletterer hat ein Anrecht darauf.

Die Belalp und ihre Fusshörner sind Gegensätze. Diesen Eindruck haben sie in mir wenigstens erweckt. Die Belalp bot sich mir als gereifte, abgeklärte Landschaft dar, zum mindesten mit ihrem südlichen Ausblick. Hoch oben, auf sonnendurchwärmtem Südhang gelegen, halb Terrasse, halb Hang, nur aus blumenbesäten Weiden gebildet, den Wald und dessen dunkle Schatten tief unter sich lassend, wirkt dieser Ort wie ein Sinnbild sommerlicher Gelassenheit. Ja, es liegt sogar ein gutes Stück Wunschlosigkeit in ihm. Tief unten erblickt man einen Streifen des häuser- und bahnstrangbesäten Tieflandes. Ein kleines Restchen städtischen Lärms dringt manchmal leise an unser nur schwach horchendes Ohr, gerade so viel, dass man den Faden mit dem geschäftigen Leben des Arbeitsalltags nicht ganz verliert. Zur Linken schleicht das wieder stärker sich regende und vielfach durchfurchte Ende des Aletschgletschers seiner Endbestimmung, dem schäumenden Gletscherbach zu, ein Sinnbild des Vergehens des einen und des Werdens des andern, des klug sich auswirkenden Wechsels. Am jenseitigen Talhang zeigen uns flache Bergrücken ihre behäbigen Breitseiten und lassen sogar durch eine Lücke ein Stückchen italienischen Himmels, südliche far niente-Stimmung ahnen. Auch der Abschluss und die Krönung des ganzen Bildes, der flachliegende Kranz der Walliser Bergriesen vom Monte Leone bis zum Weisshorn, passt sich ganz dieser Stimmung an. Genügend weit entfernt, um nur als Ganzes zu wirken, erwecken diese Eisberge den Eindruck unnahbarer Erhabenheit. Der aufsteigende Taldunst zeigt ihre Form häufig getrübt, wie verschleiert, so dass die Tatsache ihrer Anwesenheit gar als Erscheinung, als Schein uns vorgaukelt, und dies um so mehr, als die Wurzeln dieser Berge verdeckt sind. All diese Bilder und Eindrücke erwecken mehr das reife Geniessen als das jugendliche Wünschen, sie lähmen das Wollen und Werden und fördern das Sein und Gewesensein.

Ganz anders der Blick nach Norden, der Ausblick auf die scharf und eng begrenzte Kette der Fusshörner! Hier liegt Leben und Rasse, Jugend und Übermut zugleich. Die Wunschlosigkeit beim Anblick des südlichen Wallis wird angesichts dieser aufreizenden Zacken zur Begehrlichkeit, die Gelassenheit zu Übermut, die Abgeklärtheit zu jugendlichem Leichtsinn.

Ein jedes dieser 13 Hörner besitzt übrigens die ihm eigenartige Formung. Zu hinterst und zu oberst thront das grosse Fusshorn. Es gibt sich eine « air », weil es am weitesten gen Himmel reicht; doch ist es im Grunde genommen harmlos. Bis zum Hals hinauf reicht das leichtfallende, oben schön schneeweiss schimmernde Kleid, und auch der Kopf ist, von nahem betrachtet, artig und brav. Das zweite bildet einen vierbuckligen, flachen Kamm oder Rücken, unscheinbar an Höhe, doch gezogen in die Länge. Man hält es für zahm und gelassen. Die dritte, vierte, fünfte und sechste Spitze reichen sich eng die Hände; sie stehen beisammen und halten zusammen. Zwei davon recken sich, die andern zwei ducken sich. Der eine der zwei Recken ist vierschrötig, übrigens von oben bis unten gespalten, der andere mehr spitz und naseweis nach oben lugend. Nach diesen vieren folgt ein Alleingänger, der siebente Zacken. Er will 's dem ersten, dem Grossen nachmachen, überragt wohl seine nächsten Nachbaren, reicht dem Grossen aber nur bis an den Kragen. Dafür ist er weniger harmlos; deshalb wohl ist er völlig trocken gelegt. Nr. 8 und 9 gebärden sich wie ein Pärchen. « Er » ist hager uns spitz, auch länger; « sie » breit und stumpf, dafür borstig und zackig, auch zankig. Im übrigen drücken sie sich eng aneinander und bilden wie in jeder guten Ehe aus zweien fast eins. Das zehnte Fusshorn hat sich weitgehend selbständig gemacht; es steht auf gespreizten Beinen da und verdeckt den unteren die Aussicht auf die oberen Nachbarn. Ein richtiger Junggeselle. Auch das zwölfte tut das Gleiche, doch wirkt es etwas wie Nachahmung; ich glaube, es selbst hat diesen Eindruck von sich; das wirkt verärgernd, und deshalb streckt es einige Haarborsten-büschel gar garstig geradeaus in die Luft. Zwischen beiden drin, dem zehnten und dem zwölften, liegt das elfte. Das ist ein ganz raffinierter Bösewicht. Es verdeckt sich von vorn im Bilde der andern; steht man aber seitlich neben ihm, dann entpuppt es sich als ein bolzgerader, bitterböser Turm. Das dreizehnte Fusshorn ist das niedrigste, aber ja nicht etwa das harmloseste; das hat sogar ein berühmter Bergsteiger schon vor 30 Jahren geschrieben. Auch andere haben das zu kosten bekommen.

Bei einer solch vielgestalteten und zum Teil recht persönlich geformten Gesellschaft wäre es fast ein Wunder, wenn der ein reges Gespräch und auch ein kleines Kämpflein suchende Bergsteiger sich nicht zu ihr gesellen wollte. Mir wenigstens ist es so ergangen. Gleich bei meiner Ankunft auf Belalp — es war ein sommerlich heisser Julitag mit prächtig klarer Abendstimmung — hatte die Fusshörnertarantel mir einen « zarten » Stich versetzt. Ich wähnte mich zwar immun, war ich doch gedeckt und gewappnet durch die Anwesenheit meiner engeren Familie. Und wirklich, die ersten vier Tage dort oben verflossen in philosophischer Gelassenheit und kontemplativem Sinnen und Schauen, in artigen Mattenwanderungen und fröhlichem Baden im sonnendurchwärmten Seelein. Ich fühlte mich schon halb als biederer C. Papa mit goldenem Rändlein am leuchtenden Clubabzeichen. Auch gab ich bereits meinem kleinen Kletterknirpsen deutliche Verwarnungen, sich nicht auf die rauhen Felssteine zu wagen. Doch diese Tugend — oder ist 's eine Untugendwährte nicht sehr lange. Am Frühmorgen des fünften Tages trugen meine vom Gift zuerst angesteckten Beine den noch nicht ganz vergifteten Rumpf auf dem schmalen Bergpfad am Osthang des Sparrhorns zum Oberaletschboden und demgemäss an den Fuss der Fusshörner hinauf und stellten ihn dort oben am Moränenrand auf einen flach geborstenen, weissen und prächtig grobkörnigen Granitblock. Nun war die Krankheit daOder war 's eine Genesung?

Eigentümlich, wie die Zeiten ändern! Zwei Jahrzehnte vorher war ich auch einmal über diesen Gletscherboden hinaufgepilgert und hatte die Hörner an dessen Ostrand betrachtet. Doch sie waren mir als unmöglich vorgekommen, als ein Noli-me-tangere. Und an diesem jetzigen Julimorgen beschlich ich mit meinem kleinen Taschen-Zeiss Kanten und Schluchten, Absätze und Bänder. Und schon in kürzester Zeit, ohne Gefühlserregungen und lange moralische Formeln, nur auf Grund kurzabgewogener Erfahrungsregeln, war ich mir klar: dort greife ich euch an, alte Gesellen, und dort wird es gehen. Und es ist gegangen.

Mein Angriff galt nämlich dem niedrigsten und nächstgelegenen der 13 Fusshörner zuerst; denn dass man mit dem Kleinen anfangen muss, dieser Grundsatz besteht bei mir auch heute noch aufrecht. Dreieinhalb Stunden später erkletterten meine Füsse den Gipfelfelsen. A propos, ich habe bis jetzt gar nicht von meinen Kameraden geredet! Diese waren nämlich in meinem Rucksack verstaut und hiessen: ein 14 m langes Stück Seil, ein etwas kürzeres Stück Reepschnur, 2 Mauerhaken und eine alte Wadenbinde. Letztere war ganz zufällig und ungewollt anwesend. Sie hat aber fast die wichtigste Rolle gespielt. Für den Aufstieg nahm ich die Hilfe meiner Genossen nicht in Anspruch, denn alles ging fast wie auf Wunsch. Nicht so aber beim Abstieg. Eigentlich hätte ich an der Südecke dieses Gipfelstockes anfangen sollen, wenn ich gemäss « Dübi » dem « ordentlichen » Weg nachgegangen wäre. Aber da einem das Sonderbündeln, wenigstens in den Bergen, recht ordentlich in den Gelenkspalten steckt, und da eine alte geometrische Regel sagt, dass die gerade Linie der kürzeste Weg sei, so entschloss ich mich kurzerhand, die vor mir aufragende Wand dort anzugreifen, wo sie Risse und Griffe in anständiger Zahl und Form aufwies. Wohl hatte ein berühmter englischer Bergsteiger etwas weiter südlich an dieser Wand kehrt gemacht; das hielt mich aber nicht ab, die Geschichte etwas weiter nördlich doch zu probieren. Und eigentümlich, der Gang in den Felsen war weniger bös, als er sich von unten den Anschein gegeben hatte. Nur beim Beginn der oberen Hälfte, als die Gratfelsen sich prächtig zu stufen begannen, verwehrte ein kleinhaushoher Plattenaufschwung den Weiterweg. Versuchen, umkehren; wieder versuchen, abermals umkehren; ein drittes Mal ansetzen und dann obenaus gelangen, war auch hier der Vers, der manchem Bergsteiger wohl geläufig ist. Sonst bot der Aufstieg nichts Besonderes als schöne Tief blicke, überraschende Felsauftürmungen, da und dort ein an die Felsen sich klammerndes rotes, gelbes oder weisses Bergblümchen, dazwischenhinein auch etwa einmal etwas Herzklopfen und ein ganz leise dem tiefsten Inneren entströmendes: Ist das wohl klug?

Den Abstieg versuchte ich dem ordentlichen « Weg » entlang. Das ging sehr gut bis zum südlichsten Vorgipfel; aber hier fand ich den Rank nicht weiter, und eine Stunde später sass ich abermals neben dem Gipfelstein-mannli. Im richtigen Abstieg, der die Linie des Aufstieges innehielt, bekamen endlich meine Kameraden etwas zu tun. Den einen liess ich einfach oben stehen und hieb ihm vorher noch ein paar ganz Tüchtige auf den Kopf. Das war der eine Mauerhaken. Am zweiten liess ich mich bei der Platte herunter: das war das Seil. Den dritten wollte ich benützen, um wieder in den Besitz des zweiten zu gelangen: das war die Reepschnur. Nur war sie leider fast vier Meter zu kurz. Und so musste ich denn zum Schluss den verachteten vierten, die Wadenbinde, aus einer Rucksackecke herausgraben — und diesem habe ich es eigentlich zu verdanken, dass ich samt meinen Kameraden wieder hinunter gekommen bin. Kameradschaft ist doch was wert, geltUnd hier haben wir wieder einmal den Beweis, dass man in diesem Erdenleben doch von mancherlei Dingen abhängt und an mancherlei Dingen « hängt », gelegentlich sogar mal an einer Wadenbinde.

Die erste Bekanntschaft mit den Fusshörnern, d.h. vorderhand mit deren niedrigster Zacke, hatte meine Bergsteigerseele mit Genugtuung erfüllt und meinen Sinn zu weiteren Unternehmungen angespornt. Daneben wirkte, wie schon oben bemerkt, das Tarantelgift zusehends weiter. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als einige Tage später abermals von Frau und Bub für 12 Stunden Abschied zu nehmen und wieder bei der lieblichen Moräne am Westrand des Oberaargletschers — ihr habt sie doch alle in bester Erinnerung, ihr lieben Oberaletschhüttenwanderermeine Visitenkarte abzulegen. Doch wohin ging es diesmal? Ehrlich gesagt, die Auswahl war schwer! Wohl winkten die stolze Hopkinsonnadel und der rassige Yeld-Peak; es lockten der zackige Pilkingtonkamm und der versteckte Pic des Genevois, und auch das höchste Fusshorn sandte mir ein vielverheissendes Frühsonnenscheinlächeln zu. Doch bescheiden soll der Mensch sein und sich nicht ungerufen in die würdige Gesellschaft der Hohen und Hehren begeben. Aus diesem Grunde, also « aus reiner Bescheidenheit », wandte ich mich einem scheinbar braven und kleinen Türmchen zu, das an der Sonnenseite der Hopkinsonnadel Wache hält und dafür sorgt, dass diese Nadel von ihrem südlichen Nachbarn, dem etwas ruppigen und holprigen Yeld-Peak, nicht allzu aufdringlich angeschmust wird. Dieser Wachtturm und Polizeimann der Tugend hatte es mir angetan — vielleicht gerade wegen seiner tugendhaften Aufgabe! Doch mir ist passiert, was schon die Studenten wissen: Mit Gendarmen ist nicht gut anbändeln. Abgeblitzt bin ich, und dies trotzdem ich die Sache ganz besonders schlau eingefädelt zu haben glaubte. Dieser Polizeimann zeigt nämlich auf der Rücken- oder Schattenseite seiner Uniform eine von unten bis oben offene Naht — in der Bergsteigersprache nennt man das Couloir —, die direkt am Kragenrand mündet. Dieser Naht entlang bin ich emporgeschlichen, sorgfältig und leise, bald in kecken Steigschritten, bald mit vorsichtigen Arm-zügen. Ich lachte mir schon ins Fäustchen und war meiner Sache so sicher, wie damals in Lausanne, wo wir als Studenten vor dem Polizeiposten den roten Zylinder eines Hutmachers abgeschraubt und ihn der würdigen Statue eines grossen Staatsmannes aufgesetzt hatten. Unversehens sass ich dem Turm auf dem Nacken. Doch, o weh! der Gendarm gehörte der älteren Generation an. Ein hoch aufragender, glattpolierter Kragen schützte den letzten Aufschwung zum reichlich gefurchten und durchfalteten Hinterhaupt und spottete jeder zarten oder derben Annäherung. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als wieder dort hinabzuwandern, woher ich gekommen war, denn auch nach den anderen zwei Seiten sah die Sache mehr als ungemütlich aus. Auf der jenseitigen Seite war der Rock meines Gendarmen fein und glatt gebügelt und fiel in einem Schuss zu den weissen Schuhen hinunter. Und auch dort, wo die liebe Hopkinsonnadel hauste, war nichts zu machen. Diese Dame hatte ihrem gesetzeschützenden Nachbarn ein stotziges Gatter vor die Nase gesetzt, das zu überklettern nicht jedermanns Sache ist. Übrigens widerstrebt es mir, bei anständigen Damen über Gitter und Zäune einzudringen. In diesen Fällen ist die Hausflur und der Salon der viel geeignetere Weg. Also Abfahrt und Heimkehr! Übrigens bereute ich meine Wanderung trotz des kleinen Endmisserfolges, 30 m unter dem Gipfel umkehren zu müssen, nicht im geringsten. Diese Kletterei hatte mich ins Herz der Fusshörner hineingeführt, denn die Mittelgruppe vom 7. bis 10. Turm bildet den eigentlichen Kern, den klettertechnischen Höhepunkt und den landschaftlichen Hauptreiz der ganzen Kette. Was südlich davon liegt, ist Einführung, was nördlich lagert, Ausklang der fusshornigen Klettersymphonie.

Diese zwei Anfangsturen waren von mir als Alleingänger ausgeführt worden, allerdings notgedrungen allein. Denn die Belalp ist ein behäbiger Kurort geworden, und dementsprechend sind ihre Gäste.Vorüber die Zeiten, wo Hoteleinwohner und Führer sich gegenseitig aus den Dachfenstern abseilten und solche und andere Kletterkünste vollführten; vorüber die Zeiten, wo die Belalpgäste zu Dutzenden täglich ausrückten, um alle umliegenden Gipfel und Türme, ein jeder für sich und nach seinem Geschmack, zu erklimmen und zu erobern. Heut liegt jener gemächlich träge, vielleicht abgeklärte, vielleicht doch noch still hoffende Sinn über Landschaft und Leuten, der auch in den ersten Tagen über mich gekommen war und vorübergehend mich in seinen Bann gezogen hatte. Doch, trotzdem eine boshafte Tarantel meinen Leib zu wecken und zu jagen begonnen hatte, blieben alle meine Tisch- und Zimmernachbarn ihrem Lebenstempo treu und träumten weiter in zufrieden-ruhigem Genuss und bei fein abgezähltem Schrittegang auf ebengebahntem Wege. Diese lieben Mitmenschen in die fusshörnige Wildnis zu entführen, wäre demnach gerade ein Verbrechen gewesen. Nein, nicht ein Verbrechen, sondern ein Fehler! Und Fehler darf man, gerade wie in der hohen Politik, auch in den Bergen keine begehen, eher noch ein Verbrechen, wie z.B. einem lieben Freund eine schöne Erstlingstur vor der Nase wegschnappen!

Am zehnten Ferientag gab 's eine Besserung, d.h. etwas Blutauffrischung. Kam da ein junger, schusswüchsiger Bursche angefahren, etwas räss geworden durch Tieflanddunst, Stadtluft und Bureausonne und obendrein noch mit schwägerlichen Banden an mich gebunden. « Mein lieber Sohn, Bewegung tut dir not, Bewegung mit Bein und Arm, Bewegung mit Wünschen und Trachten, mit Kunst und auch ein bisschen Gefahr », also lautete mein schwäger-liches Wort, und die Ermahnung fiel auf guten Boden. Übrigens kannte ich diesen Boden schon von früher her. Ich hatte ihn bereits vor Jahresfrist eifrig begossen, mit dem schönen Erfolg, dass die rasch gesprossten Knospen auf Piz Cavestraus Höhen und Piz Courtin-scarvon-giackens Gipfeln zu annehmbarer Blüte sich entfalteten.

Ein solches Mahnwort liess sich diese angehende Kletterwanze nicht zweimal sagen. Schon tags darauf vollführten wir einen Probegalopp vom Sparrhorn zum Beigrat, wobei wir bei einem Grafen, einer Witwe, einer guten und einer bösen Puppe unsere Karten abgaben. Die Prüfung war zur vollen Zufriedenheit ausgefallen. Ein dritter Besuch der Fusshörner, diesmal zu zweit, schien demnach gegeben zu sein. Allerdings geschah dies mit einigen atmosphärischen Hindernissen. Zwei C. Mannen hatten uns zu einer Aletschhornwanderung überredet, ein Plan der sowohl meinem jungen Begleiter als mir durchaus zusagte. Aber der drittletzte Julitag sah uns nicht die oberste Aletschkuppe erklimmen, sondern gemütlich plaudernd und rauchend im heimeligen Hüttenraum der Oberaletschklause ruhen, während draussen Regenschauer auf das schützende Hüttendach niederprasselten. Nur die paar regenfreien Mittagsstunden bewogen uns vier ungeduldig werdende Mannen, dem Grossfusshornwestgrat entlang emporzuklimmen bis dorthin, wo der letzte Gipfelaufbau anhebt. Leider verbarg sich dieser hinter dickstem Wolken- und Nebeltreiben. Wir kehrten also um. Was dieser Halbrasttag aber gesündigt, das wetzte der folgende in vollem Umfange wieder aus. Vor Sonnenaufgang steckte unser Hüttengebiet zwar noch im dicksten Nebel, doch in der sechsten Morgenstunde lüftete ein leuchtender Strahl den Schleier und enthüllte uns das tiefblau schimmernde Firmament. Das wirkte wie Kriegsalarm, und eine halbe Stunde später schlichen zwei felsgierige Seelen die steilen Grashänge empor, die das östliche Knie des Oberaletschgletschers verriegeln, während die andern zwei, mehr wanderlustigen Gemüter in gemütlichem Schritt zum Beich- pass hinüber bummelten. Den ersten Sonnenstrahl empfingen wir hoch oben an der steil abfallenden Westrippe des Pilkingtonkammes — so heisst nämlich das sechste der Fusshörner. Diesen Gipfel liessen wir artig beiseite und hielten direkt auf dessen nördlichen Nachbarn zu. Ein feiner Zacken, meiner Treu! Von oben bis unten in zwei Hälften gespalten, bolzgerade aufstehend, durch regelmässige Gesimslein in Hochstufen gegliedert, gewährte dieser oberste Turmaufbau ein Klettervergnügen, wie ich es selten genossen. Leider war diese Lust nur von kurzer Dauer, denn kaum begonnen, standen wir oben auf dem Flachfirst. Jenseits fiel die Steilwand senkrecht zum Firn hinunter, auf dem der geworfene Stein erst nach 8 Sekunden aufschlug. Eine längere Zeit liess uns die redlich verdiente Gipfelrast mit Kennerempfin-dung auskosten. Dann brachen wir auf zum Besuch der anderen nordwärts stehenden Türme, und jede halbe Stunde sah uns beide um eine Spitze weiter versetzt, bis wir diesem Schaukelklettern auf der obersten Gratwelle des zweiten Fusshorns ein festes Ende setzten. Wir waren mit unserer Arbeit zufrieden und stiegen nach einer letzten längeren Gipfelrast gemächlich zu Tal.

Die folgenden Tage genossen wir in Ruhe und Musse auf Alpenweiden und im Schatten der zu oberst am Hang verstreuten Bergtannen. Dann rückte die Stunde der Abreise heran und sollte auf den zweiten Nachtag der Bundesfeier fallen. Aber ein unerwarteter und willkommener Besuch schob diesen Fortgang plötzlich um einen Sonnenrundgang vor. Eine altbekannte Kletterkatze bester Qualität war ganz wider Erwarten und ungerufen zu uns auf die Alp gestiegen und bekundete in der Folge eifrige Lust, auch mal einen Fusshornabstecher zu unternehmen. Zwar war sie an reichere Mahlzeiten gewöhnt, und es machte ihr keine Mühe, höher hängende Trauben herunterzuholen. Aber für einen Tag konnte man auch mal mit Fastenkost vorlieb nehmen. Diese Kletterkatze mit dem anmutigen Namen « Häus » kam mir eigentlich wie gerufen. Sie sollte mir helfen, blutige Rache zu nehmen an dem unverschämten Gendarmenstöpsel, der mich vor einer Woche so ausgemopst hatte. Gesagt — getan! Zu zweit zogen wir aus, die rassige Kletterkatze voraus und der etwas altwerdende Schutthalden kater, dem jetzt diese Ge-schichtlein aus der Feder rinnen, hinterdrein. Der Angriffsweg war derselbe wie damals als... Na, lieber Leser, du kennst ihn ja schon! Nur im obersten Teil gingen wir etwas anders vor. Zwar unterstützte uns das Wetter in keiner Richtung. Schon beim frühen Weggang fielen schwere Tropfen, und tagsüber in den Wänden beglückwünschte uns ein kleiner Hagelriesel nach dem andern zu unseren Vorhaben. Im übrigen war mein Plan etwas perfid. Nicht dem Gendarmen, sondern seiner südlichen Wittib wollten wir zuerst die Hand, pardon den Gipfelblock drücken. Das gelang auch bestens, doch gebärdete sich die Dame recht spröde. So spröde, dass meine Kletterkatze sogar zu fauchen anfing. Nur dank dieser anspornenden Würze wurde sie unser. Ein Kompliment müssen wir unserer Zackendame aber doch machen. Einen Kamm hat sie sich oben aufgesetzt, von dem man unten keine Ahnung hat und der einem den langen und etwas langweiligen Weg über das schuttige Unterkleid vergessen macht. Auch ihr Brustlatz ist glatt und steif geplättet, und unsere Krallen hatten Mühe, sich fest und richtig einzuhacken. Die Dame wurde also unser, aber ihr Herr, der Gendarm, ist bis heute noch herrenlos geblieben. Zwar war nicht er daran schuld, denn seine sonnseitige Stirn wäre wohl zu bewältigen gewesen, sondern das Wetter und die vorgerückte Zeit. Die Nebel schlugen gar bös an die Wände und schütteten zeitweise harte und zahlreiche Tropfen aus — und unsere geplante Abend-herberge Concordia lag noch recht weit weg. Also machten wir ihm trotz allem eine artige Verbeugung und wünschten ihm Glück zu seiner « splendid isolation ». Denn er ist heute das einzige Fusshorn, das noch keines Bergsteigers Nagelschuh auf seinem Scheitel zu spüren bekommen hat. Dann aber im Eillauf wandab und talaus, bis wir längs des mattigen Nordufers des grossen Aletschstromes bei herrlichster Abendbeleuchtung in Ruhe und gemächlichem Genuss wieder bergwärts wandern konnten. Nach Concordia hat 's dann allerdings nicht mehr gereicht. Gerade auf der Höhe des Märjelensees hat uns der südliche Schwanz jenes gewaltigen Wetters vom 3. August, das unser Tiefland so stark verheerte, erwischt, und in Eilschritten konnten wir knapp noch den Gletscher überqueren, dem See entlang rennen und ein schützendes Dach der Märjelenalp gewinnen, wo das wärmende Herdfeuer und die Nachtstunden unsere nass gewordenen Kleider nur mit Mühe zu trocknen vermochten.

II.

Die Fusshörner, eine zirka 2 km lange, von Norden nach Süden verlaufende Felszackenkette, liegen im südlichen Ausläufer des Grossen Aletschhorns. Sie erreichen Höhen von 3106 bis 3628 m. Nach Südwesten fallen sie in steilen, aber an vielen Orten sehr gut gangbaren Fels-, Schnee- und Schutthängen zum Unterlauf des Oberaletschgletschers hinunter. Der Höhenabstand vom Gletscherboden bis zur Kammhöhe schwankt zwischen 700 und 1100 m. Im Osten, auf der Seite des Triestgletschers, ist ihre Fallhöhe um ein Vielfaches geringer. Die Wand dürfte hier im Mittel 200—300 m nicht überschreiten; doch ist sie fast überall unersteiglich. Nur im unteren Viertel und ganz oben in der Lücke südlich des Grossen Fusshorns sind dank hoch hinauf reichenden Firnzungen und enger Kamine Aufstiegsmöglichkeiten vorhanden. Das Gestein der Fusshörner besteht nach den Angaben des mir befreundeten Geologen R. Wyss aus typischem, zentralen Aaregranit, also einer Felsart, auf der es sich sehr gut klettern lässt. Der Fels ist zwar, besonders in den langen und steilen Rinnen der Westflanke, vielerorts etwas ausgewaschen und plattig. Gegen die Grathöhe zu ist das Klettern auf diesen Blöcken und an diesen Wänden aber ein wahres Vergnügen. Der Fels ist gutgriffig und fest. Steinschlag habe ich nie beobachtet.

Über die Fusshörner ist bis zum heutigen Tag in den offiziellen Blättern des S.A.C. nie etwas Zusammenhängendes veröffentlicht worden. Dübis « Hochgebirgsführer durch die Berneralpen » beschreibt wohl die Aufstiege bis 1910, und auch Gottlieb Studer hat ihrer bereits mit einigen Zeilen Erwähnung getan. Die Angaben sind aber nicht sehr klar, und Verwechslungen sind leicht möglich. Einen guten Aufsatz hat G. Yeld im Februarheft des « Alpine Journal » 1899 geschrieben. Wenn man nicht mehrmals die Gruppe selbst an verschiedenen Punkten erstiegen hat und nicht persönlich anhand der literarischen Notizen einen gründlichen Einblick in dieselbe getan hat, so wird die Kenntnis dieser Zackenreihe eine sehr zweifelhafte sein. Es dürfte deshalb angezeigt sein, besonders zunutzen der gegenwärtig in Bearbeitung liegenden Neuausgabe des « Hochgebirgsführers durch die Berner Alpen », eine kurze und durch Skizzen belegte Übersicht von der Besteigungsgeschichte und von den bis jetzt begangenen « Wegen » zu geben. Ich habe mich diesbezüglich, d.h. wo es noch möglich war, direkt an der Quelle erkundigt und bin besonders Winthrop Young für seine Angaben zu Dank verpflichtet. Andere Besteigungen liegen aber schon 40—50 Jahre zurück, und direkte Aus- künfte sind nicht mehr gut möglich. Da ich jedoch die Kette selbst an fünf verschiedenen Orten erstiegen habe, konnte ich mir einen genügenden Einblick verschaffen, um das vorhandene literarische Material genau zu sichten und zu einer allgemein verständlichen Darstellung zu bringen. Die Fusshörner bilden 13 mehr oder weniger gut markierte, voneinander durch tiefere oder geringfügigere Einschnitte getrennte Gipfel, die wir aus Gründen der Einfachheit von oben ( Norden ) nach unten ( Süden ) mit Gipfel Nγ. 1, 2, 3 etc. bezeichnen. Der höchste Gipfel allein weist im Siegfried-Atlas eine ihm eigene Benennung auf. Diese lautet: Grosses Fusshorn. Seine Höhe ist mit 3628 m kotiert. Auch der niedrigste und südlichste Gipfel, der 13., hat die Ehre einer Höhenbestimmung; diese lautet 3106 m. Bei allen anderen Gipfeln fehlen die Höhenangaben. Nur sehr ungefähre Höhenangaben also kann ich von diesen machen, da ich nicht einmal mit einem Höhenbarometer arbeitete.

Das ganze Massiv ist von Südwesten, z.B. vom Hochstock, gesehen deutlich in drei Abschnitte geteilt, die auch mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden bezüglich der Besteigung recht gut übereinstimmen. Das nördliche Drittel reicht von Nr. 1 bis einschliesslich Nr. 6; die südliche Grenze dieses Teils wird gebildet durch die markante, bis zum Oberaletschgletscher hinunter-fallende Westrippe des 6. Gipfels. Die sechs oberen Fusshörner sind im allgemeinen leicht zu ersteigen. Der Hauptteil des Anstieges erfolgt der Reihe nach über steile Grashalden, Schutthänge und Schneefelder. Auch die obersten Felswände und -kanten bieten keine besonderen Schwierigkeiten dar. Das Gestein ist hier teilweise blockig aufgetürmt und nicht überall sehr fest.

Die Mittelgruppe, die Gipfel 7—11 umschliessend, ist klettertechnisch weitaus die interessanteste. Die Steilheit der Felsen erreicht hier ihren Höhepunkt. Dieselben sind aber überall gutgriffig, zuverlässig und fest. Die Mittelgruppe reicht bis zu dem tiefen Einschnitt südlich des 11. Fusshorns. Dieser Graniteinschnitt setzt sich sowohl westlich als östlich durch tiefe Rinnen auf die entsprechenden Gletscherböden hinunter. Der topographische Atlas lässt dieses orographische Merkmal sehr gut erkennen.

Was südlich dieses Einschnittes liegt, also die Gipfel 12 und 13, zählen wir zur Südgruppe. Diese Gruppe ist ähnlich geformt wie der Mittelteil, vielleicht etwas weniger steil und daher weniger exponiert. Mittel-und Südgruppe haben das gemeinsame Merkmal, dass sie etwa in der Mitte ihres Westhanges durch ein teilweise recht breites, meist von Schneeflecken durchsetztes Schuttband horizontal zweigestuft sind. Dieses Band kann man bestens benützen für die Einstiege zu den verschiedenen Gipfeln. Die Wandstufe unterhalb des Bandes ist sehr unregelmässig und unzuverlässig, weshalb die meisten Bergsteiger die meist sehr glatten und unbequemen Rinnen benutzt haben. Ich habe es vorgezogen, stets den Anstiegsweg zu Gipfel Nr. 13 zu verwenden ( Nr. 15 ) und dann dem Band entlang nordwärts zu gehen bis zum Einstieg der oberen Wandstufe des gewünschten Gipfels. Diese Bandwanderung ist leicht und zudem landschaftlich sehr hübsch.

Als nächstgelegenen Ausgangspunkt für Fusshörnerbesteigungen müssen wir die Oberaletschhütte, 2619 m hoch, bezeichnen. Dieses Bergheim ist zwar nicht sehr komfortabel; seine Lage aber ist sehr schön. Der bequemste Startort ist zweifellos das Hotel Beialp, 2137 m. In 1 1/2 Stunden führt von dort ein bequemer Fussweg zum Oberaletschgletscher, den man dann nur noch zu überschreiten braucht, um am Einstieg der Fusshörner zu sein. Etwas weiter entfernt liegen die Hotels Riederfurka und Riederalp. Auch hat man infolge des Abstieges zum Grossen Aletschgletscher und dessen Uberquerung auf der Höhenquote 1950 einen merklich höheren Anstieg. Man dürfte kaum vor 3 1/2 Stunden zu jenem Punkt gelangen, den wir in zweien bequem von der Beialp aus erreichen. Nach den Turenaufzeichnungen sind fast alle Fusshornbesteigungen von der Beialp aus gemacht worden. Auch ich habe mehrheitlich das Gleiche getan.

Anhand der literarischen Angaben und meiner eigenen Notizen erhalten wir folgende Routenzusammenstellung:

I. Fusshorn 1 = Grosses Fusshorn, P. 3628. Erste Ersteigung durch Miss Brevoort ( die Tante von W. A. B. Coolidge ). W. Litile, Moritz Salzmann, Peter und den Koch von Hotel Belalp am 21. September 1876. ( Alpine Journal XIII, 1888, S. 268. ) 1. Über die Westflanke. Übliche Anstiegsroute. Dieser Weg dürfte von den Erstbesteigern eingeschlagen worden sein. Von Hotel Belalp verfolgt man den üblichen Oberaletschhüttenweg. Nach l 1/2- bis 2stündigem Marsch betritt man etwas nordwestlich P. 2379 den stark schutt- und blockbeladenen unteren Oberaletschgletscher. Dieser letztere wird quer nach Norden ansteigend überschritten. Man verläset ihn direkt nordöstlich des Buchstabens « t » des Wortes Aletsch, dort, wo vom Westgrat des grossen Fusshorns eine markante Sekundärrippe direkt südwestlich auf den Gletscher hinunterfällt. Links dieser Rippe läuft ihr parallel eine tiefe Schlucht. An der Ausmündung derselben lagert meist noch harter alter Schnee von Lawinenüberresten. Diese Schneereste bezeichnen den Ort, wo die nördliche Randmoräne erklommen wird, auf deren Kamm wieder ein gutes Weglein in einer kleinen halben Stunde zur Hütte führt. Dieser Lawinenrest, respektive der südliche Hang der rechts neben ihr liegenden Sekundärrippe, dürfte die beste und bequemste Einstiegsstelle für die Westflanke der oberen Fusshörner sein. Von Belalp bis hierher 2 1/2 Std.; von der Oberaletschhütte bis hierher 1/4 Std. Dann über von Felsen durchsetzte leichte Grashänge, später über Schutthalden, noch weiter oben über steile Schneehänge ansteigend, gewinnt man rasch an Höhe und erreicht nach etwa 2—2 1/2 Std. den felsigen Gipfelaufbau. Durch ein steiles Schneecouloir oder den Schneehang links ( westlich ) desselben ansteigend, erreicht man ohne Schwierigkeit den obersten Teil des Westgrates, über welchen man in leichter Kletterei zum Gipfel gelangt ( 1/2—3/4 Std. ). Einstieg Westflanke bis Gipfel 2 1/2 - 3 1/4 Std.

2. Über den Westgrat. I. Miss Hopkinson, J. und C. Hopkinson 1894 ( keine Angaben ) und II. G. W. Young mit Clemens Ruppen im Abstieg, 3. September 1898. ( A.J., Vol. XIX, 1899, S. 356. ) Von der Oberaletschhütte aus stets dem leichten Grat folgend, erreicht man nach gut 1 1/2 Std. ein ziemlich horizontal verlaufendes Stück des Grates, auf dessen südlicher Seite ein Schneehang der Westflanke fast bis auf den Grat hinauf reicht. Hier verlässt man den Grat, weil nachfolgend steil sich empor-schwingend, und umgeht ihn auf seiner Südseite resp. benützt den erwähnten Schneehang zum weiteren Anstieg. Etwa 1/2 Std. weiter oben wird der Grat wieder betreten und in harmloser doch fröhlicher Kletterei bis auf den Gipfel verfolgt. Hütte bis Gipfel zirka 3 Std. Ob das besagte umgangene Gratstück schon verfolgt wurde, ist nicht bekannt. Die II. Partie Young-Ruppen hat es nicht benützt.

3. Über den Südgrat. G. W. Young mit Clemens Ruppen im Aufstieg, 3. September 1898. ( A.J., Vol. XIX, 1899, S. 356. ) Von der Aletschhütte über die Westflanke des Grossfusshorns ( vgl. Nr. 1 ) bis an den Fuss des Schneecouloirs, welches zum tiefsten Punkt der Einsattelung zwischen Gross Fusshorn und Fusshorn Nr. 2 führt. Durch dasselbe ziemlich steil, im Firn Stufen hackend, empor zum Sattel ( 2 1/2—3 Std. ). Nun einige lose Grattürme überkletternd bis zum Fuss des eigentlichen Grataufschwungs. Man kann auch diese Grattürmchen derweise umgehen, dass man ein mehr nördlich gelegenes als das soeben genannte Schneecouloir benützt, um die Einsattelung vor dem Grataufschwung zu erreichen. Der hier beginnende eigentliche Südgrat ist leichter, als es den Anschein hat. Die einzige Gefahr besteht im etwas losen Felsaufbau. Über Platten, Ecken und einige Kaminchen emporkletternd, werden die untern zwei Drittel der eher einer Wand als einem Grat gleichenden Stufe bewältigt. Im oberen Drittel erfolgt der Anstieg wieder über den eigentlichen Grat. Vom Sattel zum Gipfel 1/2—3/4 Std.

Anmerkung: Route 1 und 2 sind leicht; Route 3 ist mittelschwer. Der empfehlenswerteste Anstieg von der Hütte aus ist der Westgrat. Route 1 eignet sich am besten für rasche Abstiege sowie für Anstiege direkt von der Belalp aus.

II. Fusshorn 2, etwa 3530 m. Dasselbe ist gebildet durch einen etwa 80 m langen, dachfirstartigen, leicht nach Süden abfallenden viergipfligen Kamm. Der höchste Punkt ist der nördlichste.

Erste Ersteigung durch G. A. Solly und J. Maclay, 31. Juli 1899. ( A.J., Vol. XIX, 1899, S. 598. ) 4. Über den Nordgrat: Die Obigen. Zuerst Aufstieg in die tiefste und südlichste Satteldepression zwischen Fusshorn I. und II. Anstiegsroute, bis hierher siehe bei 3. Der Anstieg vom Sattel zum Gipfel ist ziemlich steil; die Felsen sind jedoch sehr gutgriffig, auch gut gestuft, so dass die Kletterei als mittelschwer zu gelten hat. Sattel bis Gipfel 1/2 Std.

5. Von Westen: O. A. Hug und G. Übersax, 30. Juli 1927 im Abstieg. Vom nördlichsten Gipfelpunkt steigt man über die leichte Kante des Westgrates ab und traversiert dann, etwa im unteren Drittel, leicht in die Nordwestflanke hinaus, um das oben erwähnte Schneecouloir, das zum Sattel nördlich vom Fusshorn 2 führt, erst an dessen unterer Ausmündung zu betreten. Leichte Kletterei. Gipfel-Schneefeld 1/2 Std.

6. Von Süden: Die Obigen, 30. Juli 1927 im Aufstieg. Vom Sattel zwischen Fusshorn 2 und 3 in leichter Kletterei ( 10 Min. ) auf den südlichsten Punkt des Dachfirstes, dann in weiteren 15 Min. über die nächstfolgenden kleinen Gipfelchen zum Hauptgipfel. Letztere Strecke haben schon Solly und Maclay im Abstieg erstmals begangen.

7. Von Südwesten: G. A. Solly und J. Maclay, 31. Juli 1899 im Abstieg. Vom Gipfel bis zum südlichsten Punkt des Dachfirstes. Von hier aus wurde über die Westrippe dieses Gipfelchens, weiter unten über die Westwand bis zum Schneefeld abgestiegen. Die recht steile und schwierige Rippe wurde soweit als möglich verfolgt, d.h. bis dorthin, wo sie in eine fast senkrechte Wand sich auflöst. Es wurde daher in das rechts ( nördlich ) liegende Kamin hineintraversiert und durch dasselbe schwierig bis zum Schnee abgeklettert. Abstiegszeit bis hierher 3 Std.

III. Fusshorn 3, etwa 3510 m. Erste Ersteigung durch O. A. Hug und G. Übersax, 30. Juli 1927.

8. Ein sowohl vom nördlich als südlich des Gipfels gelegenen Sattel aus leicht zu erkletternder Felsturm. Übergang 20 Min.

IV. Fusshorn 4, etwa 3500 m. Erste Ersteigung durch die Nämlichen, 30. Juli 1927.

9. Von Norden nach Süden oder umgekehrt leicht zu überschreitender Turm. Übergang 15 Min.

V. Fusshorn 5, etwa 3500 m. Erste Ersteigung durch die Nämlichen von Südwesten, 30. Juli 1927.

10. Von der Aletschhütte in 3 Std. über die Westflanke des oberen Fuss-hörnermassivs an den Fuss der steilen Westwand, welche den Gipfelaufbau der Fusshörner 2—6 bildet. Im Einfallswinkel zwischen dieser Wand und der Nordflanke des Westgrates von Fusshorn 6 erlauben gut gestufte aber recht brüchige Felsen und Felsbänder die untere, steil abfallende Wandstufe von Südwesten her zu überwinden. Die obere Hälfte der Wand ist viel weniger geneigt und ermöglicht ein gutes Vorwärtskommen bis an den Fuss der Gipfeltürme des 6. und 5. Fusshorns. Das 5. Fusshorn bildet einen von oben bis unten gespaltenen sehr steilen Doppelturm. Der nördliche der beiden Türme wurde von der Lücke zwischen beiden in sehr schöner mittelschwerer, aber nur kurzdauernder Kletterei erstiegen. Der Abstieg erfolgte über die Nordseite des Turmes in die Lücke zwischen Turm 5 und 4. Zeiten: Aletschhütte bis Fuss der Wandstufe 23/4 Std.; Fuss der Wandstufe bis Gipfel 1 1/4 Std. Abstieg andere Seite 15 Min.

VI. Fusshorn 6 ( Pilkington-Peak ), etwa 3490 m. Erste Ersteigung durch C. Pilkington, W. C. Slingsbg, E. Carr und G. A. Solly, 13. Juli 1896. ( A.J., Vol. XVIII, 1897, S. 408. ) 11. Von Südwesten. In der Lücke zwischen Fusshorn 6 und 7 beginnt ein sehr markantes, zum Teil leicht schluchtartiges Couloir, welches die ganze westliche Bergflanke von oben nach unten durchzieht und am linken Rand des Oberaletschgletschers endigt. Dieses Couloir und besonders dessen ( im Anstieg ) linksseitig ( nördlich ) gelegene Gras- und Felshänge ermöglichen den raschesten Zugang zu den genannten 2 Gipfeln. Etwas oberhalb der Hälfte der oberen, rein felsigen Wandstufe zweigt von diesem Hauptcouloir ein zweites, bedeutend kürzeres ab und schwingt sich gegen den Westgrat des Fusshornes 6 hinauf. Dieses zweite Couloir ist mehr offen; seine Felsen sind recht glatt und weisen schwärzliche Färbung auf. Die Erstersteiger benutzten zum Anstieg dieses zweite Couloir, betraten resp. überquerten die Grathöhe des Westgrates und gewannen so über zum Schluss sehr steile und lose Felsen den Kamm des Hauptgrates. Der Gipfel des 6. Fusshorns wird, von unten gesehen, durch mehrere flammenartig in die Höhe schiessende Zacken gebildet. Der höchste derselben wurde erklommen, und zwar über dessen Nordwestseite. Anstiegszeit der Erstbesteiger 5 Std.

12. Von Nordwesten. Diese Route wurde von den obengenannten Erstbesteigern im Abstieg benützt. Sie dürfte für den oberen Teil, also die eigentliche Felsstufe, ziemlich identisch sein mit dem unter 10. angegebenen Weg, mit Ausnahme natürlich des obersten Stückes. Auch dieses bietet keine besonderen Schwierigkeiten.

VII. Fusshorn 7 ( Hopkinsonnadel ), etwa 3470 m. Erstbesteigung durch J., E., B. und J. G. Hopkinson, 6. September 1895. ( A.J., Vol. XVII, S. 588. ) 13. Von Nordwesten. Der Anstieg vom Oberaletschgletscher bis zur Lücke nördlich des 7. Fusshorns erfolgt völlig durch das grosse Couloir, das in dieser Lücke seinen Ursprung nimmt. Hierbei benützt man aber, so weit als möglich, die meist trockenen und gut gangbaren, allerdings oft etwas glatten Felsen des nördlichen linken Hanges des Couloirs. Im Couloir selbst liegt sehr oft noch harter Firnschnee, der erst gegen Mittag so weich wird, dass man ohne Stufenhacken ansteigen kann. Von der Lücke aus wird der letzte Gipfelaufbau über dessen Nordgrat erklommen. Zeit: Gletscherboden bis Gipfel zirka 4 Std.

14. Von Südwesten. Die oben genannten Erstersteiger benutzten diesen Weg im Abstieg. Sie stiegen zuerst den recht steilen Südgrat ab bis zur ersten Gratlücke, dann benützten sie zum weiteren Abstieg das dort beginnende Couloir der Westflanke, das zum Teil sehr lohnende und interessante Kletterei bietet. Vom wagrecht verlaufenden Schuttband an erfolgte der weitere Abstieg zum Gletscher über die steilen Fels-, Gras- und Schutthänge der unteren Westflanke.

VIII. Fusshorn 8, etwa 3400 m.

15. Dieser Turm ist noch unbestiegen. Ein erster Besteigungsversuch wurde am 22. Juli 1927 von O. A. Hug im Alleingang gemacht, und zwar über die Westflanke. Doch wurde hierbei nur die Lücke direkt nördlich des 8. Fusshorns erreicht. Von dieser Lücke aus dürfte der weitere Anstieg ganz erhebliche Schwierigkeiten bieten, weil ein zwischen Lücke und Gipfel gelegener, gegen erstere senkrecht abgebrochener Gendarm das Weiterklettern fast verunmöglicht. Der Anstieg zur Lücke war folgender: die untere Stufe der Fusshörner-Westflanke wurde über die von Felsköpfen unterbrochenen Grashänge und eine offene Schuttrinne direkt südwestlich des Felsoberbaus der Fusshörner 12 und 13 erstiegen bis zu dem kleinen Schneefleck an der Mündung des Couloirs zwischen dem 12. und 13. Fusshorn. Von hier aus wurde in horizontaler, leichter Traverse das ganze 12. Fusshorn auf dessen Südwest- und Nordwestseite umgangen, sodann die vom 11. Fusshorn auf dessen Westseite herabkommenden zwei Couloirs überquert und über eine Schutthalde bis an den Fuss der Wandstufe heraufgestiegen, welche als Basis des Oberbaus der Fusshörner 9, 8 und 7 dient. Der Einstieg in diese Wand erfolgte dort, wo das von der Lücke zwischen 8. und 9. Fusshorn herkommende Couloir mündet. Die Felshänge und Bänder zur Linken dieses Couloirs ermöglichten einen relativ leichten Einstieg. Sobald die Felsen steil werden und zum letzten Gipfelaufbau ansetzen, traversiert man nach links ( oft liegen dort in der Flanke noch zwei Schneeflecken ) und steigt in das kaminartige Couloir ein, das zur Nordlücke des 8. Fusshorns führt. Über dasselbe nicht allzu schwierig empor bis zur Lücke, die sehr schmal ist und gerade für eine Person spärlich Sitzgelegenheit bietet. Zeiten: Vom Gletscher zum Wandeinstieg der oberen Stufe 1 1/2 Std.; von hier bis zur Lücke knapp 1 1/2 Std.

IX. Fusshorn 9, etwa 3370 m. Erste Ersteigung durch H. Lauper und O. A. Hug, am 2. August 1927.

16.Von Westen. Zum Anstieg wurde die gleiche Route benützt, die sub 15 beschrieben ist, und zwar bis zum ersten der zwei Schneeflecken im oberen Teil der zweiten, oberen Wandstufe. Statt von hier aus nun nach links zu traversieren, wurde weiter senkrecht empor gestiegen bis an den Fuss eines mit der Spitze nach unten gerichteten schwarzfelsigen Dreiecks. Hier versperrt die fast senkrecht ansteigende, schwarzfelsige Wand das Weiterkommen. Links ist dieselbe fast völlig glatt. Rechts ( südlich ) im Sinne des Anstieges geht sie in eine Art Kante über, die von unten gesehen ein weiteres Vorwärtskommen zu ermöglichen scheint. Der First dieser Kante oder Rippe kann sowohl von links als rechts erstiegen werden. Rechts dürfte der Anstieg eher leichter sein als links. Im Aufstieg stiegen wir links an, im Abstieg seilten wir über die rechts liegenden Felsen ab. Die erstere Felspartie ist sehr griffarm, sehr glatt und sehr schwierig auf etwa 30 m Länge; dann werden die Felsen wieder besser gestuft und leichter, und zum Schluss führt ein kurzer, leichter Kamm in die Lücke zwischen 8. und 9. Fusshorn. Der hier ansetzende, kurze Nordgrat geleitet in sehr luftiger aber sicherer und genussreicher Kletterei auf den Gipfel. Zeiten: Vom Fuss der oberen Wandstufe bis zum Beginn der senkrechten, schwarzen V-förmigen Felswand 1 1/2 Std. Von hier bis zum Gipfel weitere 1 1/2 Std. ( inkl. zwei fehlgeschlagene Angriffsversuche ).

Anmerkung: Von dieser Lücke nördlich des 9. Fusshorns dürfte das 8. Fusshorn besser zu erklettern sein als über dessen Nordseite.

X. Fusshorn 10, etwa 3340 m ( Yeld-Peak ). Erste Ersteigung durch G. und G. Yeld ( Vater und Sohn ) mit den Führern François und Silvain Pession, am 17. August 1898. ( A.J., Vol. XIX, S. 16—21. ) 17. Von Westen. Diese Partie benützte zur Erkletterung der oberen Stufe das Couloir, das in die tief eingeschnittene Lücke zwischen 9. und 10. Fusshorn hinauf führt. Es ist das die gleiche Rinne, welche bei der Besteigung der Fusshörner 8 und 9 in der unteren Hälfte zur Anwendung kommt. Ohne besondere Schwierigkeiten wurde diese Lücke erreicht. Von der Lücke aus beginnt der Nordgrat des 10. Fusshorns zuerst mit einem äusserst steilen Felsaufschwung, der rechts über eine heikle Ecke erklommen wird. Dann verfolgt man die Gratkante bis zu einem zweiten turmartigen Aufschwung, der von den Erstbesteigern nur mit Hilfe des übergeworfenen Seils erklettert wurde.Von hier führt eine kurze Kletterei zum Gipfel. Zeit vom Gletscher bis Gipfel 4 bis 5 Std.

XI. Fusshorn 11, etwa 3190 m ( Pic des Genevois ). Erste Ersteigung durch einige Genfer studenten im Juli 1900.

18.Von Nordwesten. Nach den Angaben von G. W. Young sollen die Erstbesteiger das Couloir der Westflanke, welches nördlich des Gipfels in einer scharf eingeschnittenen Lücke mündet, benutzt haben und von dieser Lücke aus den Turm von Norden erstiegen haben.

19. Von Südwesten. G. W. Young und C. K. Clague am 5. August 1900. ( A.J., Vol. XX, S. 266.Die Route wurde im Abstieg begangen. Von der Lücke südlich des 11. Fusshorns wurde direkt dem Couloir entlang abgestiegen, das von dieser Lücke in einem Zug westwärts bis zum Oberaletschgletscher abfällt. Dieser Abstieg ist nicht schwierig, steinschlagfrei, aber ziemlich lange dauernd. Nahe seinem untern Ausgang, wo das Couloir beträchtlich steiler wird, wurden für den Abstieg die Hänge und Platten unmittelbar zur Linken ( südlich ) benützt. Zeit: Lücke bis Gletscherboden zirka 2 Std.

20. Von Osten. G. W. Young und C. K. Clague, am 5. August 1900. ( A.J., Vol. XX, S. 266.Entsprechend der unter Nr. 15 angegebenen Route erreicht man von Belalp aus ohne Mühe in 3 Std. die Südwestecke der Fusshörnerkette.Von hier aus steigt man dem Fusse der steil abfallenden Fusshörner-Ostwand entlang, zuerst über Schutthalden, dann über den rechten Rand des hier einige grosse Spalten aufweisenden Triestgletschers empor bis zur Ausmündung eines breiten Firncouloirs, das von den tiefen Einschnitten südlich und nördlich des 11. Fusshorns herabkommt. Dieses Couloir, anfangs breit und firnig, teilt sich in der oberen Hälfte und wird vorwiegend felsig. Der rechte ( nördliche ) Arm schwingt sich zur nördlichen Lücke empor. Ein Versuch zu dessen Ersteigung wurde von der Partie Young-Clague gemacht, endigte jedoch an einer unmöglichen Passage nur etwa 6 m unterhalb der Lücke. Der linke ( südliche ) Arm führt in guter Kletterei zur südlichen Lücke.Von hier zeigt der Turm die Seitenansicht eines kurzen, von Ost nach West laufenden Rückens mit einem scharfen Grat, der von seinem Westende herunterkommt. Feste Felsen leiten hinauf zu dieser Schulter, und die letzten 12 m glatten Felsen sind geteilt in zwei Stuf en mit einem Sicherungsplatz halbwegs und guten Griffen. Zeit: Beialp bis Gipfel zirka 8 1/2 Std.

XII. Fusshorn 12, etwa 3220 m ( Young-Peak ). Erste Ersteigung durch G. W. Young, A. M. Mackay mit Clemens Ruppen, am 8. Juli 1899. ( A.J., Vol. XX, 1901, S. 45. ) 21. Von Südwesten. Bis zum Einstieg ins grosse Couloir wird die übliche allgemeine Anstiegsroute für die untern Fusshörner benützt ( siehe 15 ). Das grosse Couloir liegt auf der Südflanke des 12. Fusshorns und endigt oben in der Lücke zwischen Fusshorn 12 und 13. Im Couloir liegt meist noch flecken-weise harter Firnschnee. Die Felsen sind glatt sowie hie und da vereist. Deren Erkletterung ist jedoch nicht schwierig. Man verfolgt dieses Couloir bis etwa 15 m unterhalb der Lücke.Von hier traversiert man am besten nach links in die Südwestflanke und erreicht über plattige, oft noch schneebedeckte Felsen eine recht markante direkt südlich verlaufende Felsrippe, welche vom westlichsten und zugleich Hauptgipfel des dreigipfligen Kammes herunterkommt. Über diese Rippe emporsteigend, gelangt man zum letzten, sehr steilen Gipfelaufbau des höchsten Turmes. Dieser wird von Südwesten durch eine Rinne und später dessen luftige Westkante in interessanter Kletterei erstiegen. Zeit: Couloireinstieg bis Gipfel 1 1/2—2 Std.

XIII. Fusshorn 13, 3106 m des T. A. Erste Ersteigung durch G. W. Young, A. M. Maclay mit Clemens Ruppen, am 10. Juli 1899. ( A.J., Vol. XX, S. 45. ) 22. Über die Südwestwand, O. A. Hug, am 19. Juli 1927. Bis an den Fuss des eigentlichen Gipfelaufbaus ( obere Stufe ) auf dem üblichen Anstiegsweg ( siehe 15 ) 2 1/2 Std. von Beialp. Die Südwestwand des 13. Fusshorns zeigt deutlich drei breite, flache Couloirs, wovon die beiden nördlicheren im untern Teil in Steilwände übergehen. Der Einstieg erfolgt am Fuss des 3. nördlichsten Couloirs. Zuerst nach rechts ( Süden ) ansteigend, kommt man bei einem deutlich abstehenden Felszahn vorbei. Dann traversiert man nach links in die flache Couloirmulde hinein. Von hier in zwei griffarmen Rinnen etwa 30 m empor auf den Kamm der Rippe, welche das 3. Couloir nördlich begrenzt. Dieser Rippe entlang steigt man empor bis zu einem etwa 15 m langen Plattenschuss, welcher in ziemlich schwieriger Kletterei direkt erstiegen werden muss. Weiter oben hält man ein Stück weit nach links in die Rippen-flanke, um bald wieder auf die Rippe zurückzukehren, die direkt am Gipfel mündet. Zeit: 2 Std.

23. über den Südostgrat und die Westflanke. Die Erstbesteiger am 10. Juli 1899. Bis zur Südostecke der Fusshörner auf der bei 15 und 20 angegebenen Route ( 3 Std. von Belalp ). Nun direkt über den steil aufsteigenden Südostgrat empor bis zum sogenannten Vorgipfel ( 1 Std. 20 Min. ). Nördlich desselben leicht absteigend in die Lücke.Von hier klettert man in dem südwestlichen ( 1. ) Couloir etwa eine Seillänge ab, bis man eine deutlich markierte Rinne erblickt, welche auf die Trennungskante von Couloir 1 und 2 emporführt. Das nun gut sichtbare flache 2. Couloir wird schräg ansteigend überquert bis zur nächstfolgenden Rippe, welche Couloir 2 und 3 voneinander trennen. An einer gut überkletterbaren Schulter vorbei steigt man ins 3. Couloir ein, gelangt von hier leicht auf den Haupt(süd)grat und von hier in wenigen Minuten unschwierig zum Gipfel. Zeit: 2 1/2 Std. von der Südostecke bis Gipfel.

Schlussbemerkungen. Die soeben beschriebenen 23 Routen erschöpfen natürlich nicht die praktisch bedeutsamen Ersteigungsmöglichkeiten. Auf meinen Turen in der Fusshörnerkette sind mir mehrere « Wege » aufgefallen, die bis jetzt noch unbegangen sind und sicherlich reizvolle Kletterfahrten darstellen.

Sowohl vom Gipfel des 2. Fusshorns als von der Lücke nördlich desselben kann man ohne Schwierigkeiten auf den Triestgletscher gelangen. Damit erübrigen sich allerdings die noch bleibenden Möglichkeiten der Ostwände.

Dass Fusshorn 8 noch unbestiegen ist, haben wir bereits oben bemerkt. Der Aufstieg von Süden und der Abstieg in die Lücke nördlich davon ( mit Abseilen ) dürfte die gegebene Überschreitungsmöglichkeit sein.

Der ausserordentlich gezackte und zerrissene Südgrat des 10. Fusshorns stellt zweifellos den klettertechnischen Höhepunkt dar.

Fusshorn 12 ist auch von Norden gut erreichbar; das Gleiche können wir nicht bezüglich des 13. Fusshorns sagen. Eine senkrechte, gut 30 m hohe Felswand verunmöglicht den Anstieg.

Überkletterungen mehrerer Gipfel sind in der oberen Hälfte der Fusshörner gut möglich. Vom grossen Fusshorn kann man in direktem Zug die Gratlinie ( oder deren Nähe ) bis in die Lücke südlich des 7. Fusshorns verfolgen. Von hier an allerdings hört die Gratwanderung auf, und man muss tief in die Westflanke absteigen, um die Anstiege zu den nächstfolgenden Spitzen zu erreichen.

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