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Der Jura

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VON ADOLF MERZ, ÖLTEN

Der Jura Mit 6 Bildern, 86-91 Im « Jahre der Alpen » darf der Dritte im Dreiklang « Alpen-Mittelland Jura » nicht zurückstehen. Wenn der Jura sich nicht mit seinen Höhen -keine kommt an die 2000-Meter-Grenze- und grandiosen Panoramen mit den Alpen messen kann, so birgt er doch Werte, die ihn uns lieb werden lassen. Wie der Alpenclub seinen Mitgliedern die Alpen zeigen will, so betreut der Juraverein die touristische Erschliessung des Jura. Beide Organisationen dienen vaterländischen Bestrebungen und fördern die Heimatliebe.

Dem Jura fehlt der begeisterte Sänger, wie ihn die Alpen im zwanzigjährigen Haller besitzen. Dafür haben ihn in zwei Weltkriegen ein grosser Teil unserer Soldaten kennengelernt. Hier entstand auch das Lied « Zu Pruntrut im Jura ». Im Jura braucht man nicht zu klettern, im Jura unternimmt man Wanderungen, keine Touren. Das will nun nicht heissen, dass der Jura nur für das « reifere Alter » geschaffen sei. Ob jung oder alt, wer den Jura durchwandert und weiss, Entdeckungen zu machen, dem bleiben die Eindrücke ebenso unvergesslich wie nach einer Hochgebirgstour. Die Poesie einer Landschaft zu erfassen hängt nicht vom Lebensalter ab.

Es ist hier nicht am Platze, über die geologische Struktur des Jura zu sprechen.

In der Schule haben wir gelernt, dass der Jura ein eigenständiges Mittelgebirge sei, das unterhalb Genf von den französischen Alpen abzweige und in nördlicher, dann in nordöstlicher Richtung bogenförmig bis zu den Lägern sich hinziehe. Seine Länge wird mit 200 Kilometern angegeben; die grösste Breite ist zwischen Neuenburg und Besançon mit ca. 70 Kilometern, die schmälste Stelle treffen wir zwischen Brugg und Koblenz, sie misst nur noch 15 Kilometer. Dem Bau und der Form nach lassen sich der Kettenjura und der Tafeljura unterscheiden. Der Kanton Solothurn lässt sich gerne als « Kanton der 5 Juraketten » benennen. Sein nördlicher Teil, das Schwarzbubenland, das Baselbiet und das aargauische Fricktal, bilden den Tafeljura. Wenn wir ganz genau sein wollen, so sind die Freiberge als Plateaujura, also eine dritte Gliederung, anzusprechen.

Unsere Urgeschichtsforscher bezeugen, dass die Bevölkerung im Jura bis in die ältere Phase der Altsteinzeit nachgewiesen werden könne. Die Höhle von Contencher bei Boudry darf wohl in die Jahre um 10 000 v. Chr. datiert werden. Im Magdalénien mehren sich die Jurastationen, wir treffen Höhlen und Freilandstationen im Birstal, bei Schaffhausen und am Hauenstein.

Die ältere Eisenzeit, auch Hallstatt genannt ( 800-400 v. Chr. ), hat im Jura kräftige Spuren hinterlassen.

Mit der Latènezeit treten uns die ersten geschichtlichen Völker unseres Landes entgegen. Sie bewohnten sowohl den Jura wie das Mittelland. Die meisten keltischen Münzfunde stammen aus dem Jura. In der 58 v. Chr. einsetzenden Römerzeit spielte der Jura eine bedeutende Rolle.

Am Jura-Südhang sind auf seiner ganzen Länge Grundmauern und Spuren von Landhäusern und Gutshöfen römischer Siedler ausgegraben worden. In diese Zeit fällt auch die Erschliessung der Juraübergänge. Es sind vorab zu erwähnen: der Strassentunnel der Pierre Pertuis bei Tavannes mit der noch an Ort und Stelle befindlichen Felsinschrift, die vom Bau der Strasse spricht, dann die obere Hauensteinstrasse mit Felseinschnitten und Karrengeleisen bei Langenbruck oder das 11 Die Alpen- 1965 - Les Alpes161 Strassenstück über der riesigen Felsenschlucht der Gorges de Covatannaz bei Ste-Croix. Die Eröffnung des Gotthardpasses, kurz vor der Gründung der Eidgenossenschaft, hatte seine Auswirkungen bis in den Jura. Der untere Hauenstein mit der Strasse Basel—Liestal—Olten—Luzern wurde zur ersten Zubringerverbindung im internationalen Nord—Süd-Verkehr. Bözberg, Staffelegg, oberer Hauenstein, Pierre Pertuis und andere dienten mehr dem lokalen oder zwischenstaatlichen Verkehr. In dieser Zeit hatten sich am oberen und unteren Hauenstein die Froburger, ein mächtiges Grafengeschlecht wie die Habsburger, Lenzburger und Kyburger, niedergelassen. Durch die Gründung der Städte Liestal, Olten, Aarburg, Zofingen und Waldenburg, Klus, Wiedlisbach sicherten sie den Verkehr.

In den folgenden Jahrhunderten hat sich in bezug auf den Jura nichts Wesentliches zugetragen.

Erst im Zeitalter der Aufklärung, im 18. Jahrhundert, ist etwas eingetroffen, das bis heute anhält:

Die Eidgenossenschaft ist zum bevorzugten Reiseland geworden. Damit erhält der Jura eine neue Bedeutung als Durchreiseland und als Kur- und Wandergebiet. Richtig sagt ein Autor, dass die Schweiz schon in den früheren Jahrhunderten den « höheren Kreisen »des Auslandes wohl bekannt war, aber nur als Lieferant einer wehrfreudigen Mannschaft, der Söldner. War es einst der Sold, der als « fremde Devisen » in unser Land floss, so war es jetzt das Geld der reisefreudigen Ausländer.

Es ist bekannt, dass der junge Berner Albrecht von Haller mit seinem 1729 erschienenen Gedicht « Die Alpen » viel dazu beitrug, dass die Schweiz als Reiseland entdeckt wurde. Jura und Alpen waren für die Besucher aus den flachen, nördlichen Ländern furchterregende, schreckliche Gebilde. Dass zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Reise im Jura nicht ohne Risiko war, beweist, dass um diese Zeit der letzte Bär im Hauensteingebiet erlegt wurde.

Zahlreich ist die Reiseliteratur des 18. Jahrhunderts. Wir können deutsche, englische, französische, dänische und italienische Autoren nennen, die ihre Erlebnisse in plastischen Schilderungen niederschrieben. Aus allen Landschaftsschilderungen geht hervor, dass zum Beispiel eine Fahrt über den Hauenstein, mit seinen Felswänden und « überhängenden Berggipfeln », als ein schauerliches und geheimnisvolles Erlebnis dargestellt wird. Dazu kam, dass die Strassen äusserst schlecht waren, verliefen sie doch bis zum 18. Jahrhundert vielfach im Bachbett der Bergbäche. Sowohl am oberen wie unteren Hauenstein mussten schwere Fuhrwerke mittels Seilhaspel hinaufgezogen und hinuntergelassen werden.

Eine der besten Schilderungen einer Reise ist heute noch « Die vergnügte Schweizerreise » von Johann Rudolf Schinz, Anno Domini 1773. Seine Route führte ihn mit seinen sieben Begleitern und zwei Bedienten von Zürich über Aarau und Solothurn nach Basel. Es war eine Bildungsreise, mit dem Zweck, das Vaterland mit seinen Schönheiten, Sitten und Gebräuchen kennenzulernen. Den Durchmarsch durch den Jura von Balsthal nach Liestal beschreibt Schinz recht anschaulich. Dabei hatte er sich am Aufstieg zum oberen Hauenstein als Gepäckträger einen Esel erworben und dafür 13 Gulden 24 Kreuzer bezahlt.

Der Jura war aber nicht nur Reiseland, sein angenehmes Klima und sein Reichtum an Mineralquellen liessen ihn zum bevorzugten Kur- und Feriengebiet werden.

Wohl das bekannteste Bad ist in einem Seitentälchen unterhalb Olten gelegen: das Bad Lostorf mit der stärksten Schwefelquelle Europas. Die am gleichen Ort entspringende Gipsquelle war schon zur Römerzeit bekannt Eingegangen sind die Bäder: St. Laurenzenbad bei Aarau, Bad Ramsach ( heute nur viel besuchter Ausflugsort ), Bad Eptingen ( nur noch Lieferant des Tafelwassers ) Bubendorfbad, Bad Meltingen ( ist wiederum erstanden ), Bachtalenbad bei Grenchen und andere. Mitte des letzten Jahrhunderts entstanden am Südhang des Jura und auf den Höhen Kuranstalten, die bis zum 2. Weltkriege teilweise zu beachtlicher Bedeutung kamen. Es sind zu nennen: die Fro- burg ob Olten, die Friedau ob Egerkingen ( heute Altersheim ), Kurhaus Balmberg und Weissenstein. Im welschen Jura waren es Magglingen, Twannberg, Chaumont, Ste-Croix. 1880 wurde auch auf dem Chasserai ein kleines Hotel errichtet. Das Kurhaus Magglingen, heute Eidgenössische Turn- und Sportschule, hat grosse Zeiten erlebt. « Balkon des Jura » wurde es genannt.

Die Jurakurorte wurden wegen ihrer Molkenkuren bekannt. Molken, ein Nebenprodukt der Käsefabrikation, galten als stärkendes und heilkräftiges Kurmittel.

Aber auch der Stall-Luft wurde heilende Wirkung bei Lungenleiden zugeschrieben. Zum eigentlichen Kurort entwickelte sich Langenbruck. Schon um 1750 sind hier Gasthöfe und Pensionen für ruhesuchende Ausländer und hauptsächlich Basler entstanden. Spitteler hat in seinen « Mädchen-feinden » Langenbruck ein Denkmal gesetzt.

Als nach dem ersten Weltkrieg der Zug an die Seebäder und mondänen Orte einsetzte, hat der Jura an Bedeutung stark abgenommen. Es wurde still in den Bädern und Kurhäusern. Heute ist aber ein Neuaufstieg feststellbar. Gar viele, die dem Lärm und Gehetze entfliehen wollen, finden sich wieder in der ruhigen Abgeschiedenheit der Juragegenden ein. Waadtländer, Neuenburger und Berner Jura, aber auch die Freiberge, Basler, Solothurner und Aargauer Jura erleben an schönen Tagen wahre Invasionen von Besuchern.] Die Erstellung von Weekend- und Ferienhäusern musste gesetzlich in der « Juraschutzzone » verhindert werden ( Kanton Solothurn ). Die lokalen Verkehrsvereine, vorab aber die grösseren verbände wie « Pro Jura », « Solothurnische Verkehrsvereinigung », « Nordwestschweizerische Ve » kehrsvereinigung », « Aargauischer Verkehrsverein » und der « Schweizerische Juraverein », propagieren durch Schriften, Wegebauten, Markierungen usw. das Wandern im Jura.

Hohes Lob verdient der Juraverein, der bereits auf das stattliche Alter von über 50 Jahren zurückblicken kann. Seine Tätigkeit umfasst zur Hauptsache die Erstellung und den Unterhalt des sogenannten « Jurahöhenweges », der von Regensdorf bis zur La Dole markiert ist, und die Herausgabe des sechs Blätter umfassenden Kartenwerkes « Jurahöhenweg ». Dieses Jahr sind nun alle sechs Karten auf der Basis der Landeskarte 1:50 000 fertig geworden. Es ist dies ein wohl einzig dastehendes Kartenwerk. Durch Prospekte und Hotellisten propagiert er auch das « Ferienmachen » in allen Regionen des Jura. Wir dürfen feststellen, dass dies mit wachsendem Erfolg geschieht. Auch die « Schweizerischen Wanderwege » haben ein dichtes Netz von Ausflugsrouten markiert. Die gelben Wegweiser sind überall anzutreffen.

Zum Schluss dürfen die zahlreichen Wanderbücher des Geographischen Verlages Kümmerly und Frey, Bern, nicht vergessen werden. In sechs Ausgaben werden Juraregionen erfasst. Der Jurahöhenweg ist in einer speziellen Ausgabe beschrieben. Die zahlreichen Hinweise in diesen Wanderbüchern auf Geschichte und Naturkunde machen sie zu eigentlichen Heimatbüchern.

Wir möchten unseren summarischen Beitrag zum « Jahr der Alpen » schliessen mit einem Gedicht des bekannten Juraschriftstellers H. Müller:

« Hätt ich die Alpen stets vor mir, unvergleichlich erhaben, sah ich an Wundern und Schönheit zu viel fast der göttlich Schöpfung. Nun aber Jura, bist Du mir vertraut seit frühester Kindheit, Waldtäler* Klüsen und Grat-Heimat, Du gibst mir genug. »

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