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Sonnige Stunden am Ruwenzori

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

Matthias Schnyder, Frauenfeld

Endlich in Afrika Langsam löst sich die feine Horizontlinie aus der Schwärze der Nacht. Ein zuerst blauer, dann immer intensiver werdender gelbroter Streifen kündet den neuen Morgen an. Kurze Zeit später steigt glühend rot der Sonnenball auf, während 10000 Meter unter uns die Erde noch im Schatten liegt - unser erster Tag in Afrika.

Sonntagmorgen auf dem Flughafen in Entebbe: Ohne Geduld und Einfallsreichtum läuft zunächst gar nichts. Endlich aber, nach langem Verhandeln, gelingt es uns, ein Taxi aufzutreiben, das uns nach Kampala, der Hauptstadt Ugandas, bringt. Dort verhilft uns ein glücklicher Umstand dazu, in einer katholischen Kirchgemeinde Aufnahme zu finden. Eine sichere Unterkunft ist hier wahrlich nicht mit Gold aufzuwiegen! Während der Nacht wirkt die Stadt wie ausgestorben. Niemand wagt sich auf die Strasse, und oft hören wir in der näheren und weiteren Umgebung Schüsse fallen.

Die nächsten Tage widmen wir uns primär dem Einkauf. Wir müssen für 16 Träger und für uns Nahrungsmittel für fast zwei Wochen erstehen. Dabei haben wir bei der Aufstellung unserer Einkaufsliste jeweils mit Kilogrammen Blumen, die so gross sind wie Bäume, Moospolster, die den Untergrund mit einem meterdicken Teppich überziehen, Regen, der den Boden zu ausgedehnten Sümpfen aufweicht, und in den Bergen Nebel, der sich in Form imposanter Reifgebilde niederschlägt. Das sind die Mond- oder Ruwenzori-Berge -der Regenmacher - wie man sie bei den Einheimischen nennt. Und regnen tut es viel. Es heisst, in normalen Jahren regne es an 365 und in einem Schaltjahr an 366 Tagen, insgesamt rund 5000 Millimeter pro Jahr. Nur selten kann man deshalb ein paar sonnige Stunden auf den Gipfeln dieses Massivs geniessen.

So oder ähnlich wurde mir über jene märchenhafte Berge berichtet. Und das wiederum weckte in mir den Wunsch, diese exotische Gebirgswelt zu besuchen. Bis es soweit war, verstrich dann allerdings noch einige Zeit, gab es doch noch zahlreiche organisatorische Probleme zu lösen. Wer machte - damals im Dezember 1983 - schon Ferien in einem Land wie Uganda, das immer noch unter der Schreckensherrschaft von Idi Amin und Milton Obote litt!

( bzw. Grammen ) gerechnet, und müssen nun feststellen, dass die Händler auf dem Markt alles nach abmessen. Man kann sich deshalb vorstellen, wieviel Zeit verstreicht, bis z.B. nur endlich etwa 170 Kilo Maniokmehl den Besitzer gewechselt haben.

Den Bergen entgegen Zwei Tage später verlassen wir Kampala in Richtung Westen, wobei uns eine achtzehn-stündige Bahnfart quer durch das Land zum 330 Kilometer entfernten Kasese bringt. Hier wird uns dann erneut die politisch angespannte Lage des Landes hautnah vor Augen geführt. Im Rift Valley, mitten in einem Papy-russumpf, hält der Zug an. Lange wissen wir nicht, was los ist. Dann eilen plötzlich Soldaten durch den Zug, worauf wir gezwungen werden, auszusteigen und uns in Einerkolonne aufzustellen. Einer nach dem andern wird von Central Ruwenzori den bis an die Zähne bewaffneten Militärs kontrolliert, und erst als der Spuk nach langer Zeit vorbei ist, kann die Fahrt fortgesetzt werden. In Kasese organisieren wir ein Taxi, d.h. wir erkundigen uns beim Besitzer eines grossen Autos, ob er bereit sei, uns und unser Gepäck nach Ibanda-Ruwenzori zu transportieren. Hier suchen wir dann sofort John Matte auf, den inoffiziellen Chef des Uganda Mountain Club. Er engagiert die benötigten 16 Träger, und bereits am nächsten Morgen können wir losziehen, hinauf zu den Bergen des Ruwenzori.

Im Land der Lobelien und Senecien Schon bald lassen wir das bebaute Land hinter uns und tauchen in den Urwald ein, wo der Pfad nun vielfach einem von Farnen und anderen tropischen Pflanzen gebildeten Tunnel gleicht. Die Suche nach dem Weg erweist sich oft als schwierig, wobei man sich jeweils am besten an den Grundsatz hält, stets den lichtesten Stellen zu folgen. Spuren am Boden sind kaum sichtbar. Man erahnt sie höchstens, weil der Untergrund selbst ebenfalls dicht überwachsen ist. Plötzlich, als wir uns wieder einmal durch dichtes Unterholz kämpfen, stossen wir auf ganze Heerscharen mächtiger Ameisen, die derart aufdringlich unsere Nähe suchen, dass wir uns nach dieser Passage ausziehen müssen, um jedes dieser Tierchen einzeln vom Körper zu klauben. Zu spät kommen wir auf die einfachen Tricks, die unsere Träger gegenüber diesen lästigen Biestern anwenden - denn nur schon indem man Hosenbeine und Hemdsärmel mit Bananenfasern abdichtet, lässt sich vieles erreichen. Endlich, nach langem, anstrengendem Marsch im Dschungeldickicht, erreichen wir die Nyabitaba-Hütte, einen aus Wellblech zusammengebauten Unterstand.

Am nächsten Tag lernen wir dann zum ersten Mal das Ruwenzori-Wetter kennen. Es regnet in Strömen und alles, was nicht wasserdicht verpackt ist, trocknet in der Folgezeit nicht mehr. Unser nächstes Etappenziel ist die Bigo-Hütte. Langsam ändert sich jetzt auch die Vegetation. Wir lassen das Buschwerk und den Bambusurwald hinter uns und gelangen ins Land der Lobelien und Senecien. Die bei uns bekannten Erikastauden entwickeln sich hier zu Bäumen von bis zu 15 Metern Höhe, während der Boden von einem dichten, mächtigen Moospolster überzogen wird. Oft müssen wir eine Pause einschalten, um diese Herrlichkeiten der Natur zu bestaunen. Fast erdrückend wirkt dieser Gigantismus der Pflanzenwelt. Doch zugleich entdecken wir auch immer wieder kleine Details, die sich im Laufe der Entwicklung ausgebildet haben, um das Überleben in diesem sehr spezifischen Klima zu sichern.

Durch endlose Sümpfe von Grasbüschel zu Grasbüschel springend, geht es heute zur Bujuku-Hütte empor. Eine mühsame Etappe -vor allem, wenn der Fuss die einzig einen gewissen Halt bietenden Büschel verfehlt. Wohl versuchten wir die Technik der Träger zu erlernen, doch ungenügende Erfahrung und mangelnde Körperbeherrschung lassen uns immer wieder scheitern - statt auf dem anvisierten Ziel landen wir daneben. Entsprechend triefend nass und schmutzbedeckt erreichen wir Im Senecien- und Lobe-lienwald auf 4000 m Höhe die Hütte von Bujuku. Endlich, gegen Abend, reisst die Wolkendecke erstmals auf, so dass wir wenigstens einen Blick auf die jetzt tiefverschneiten Gipfel der Stanley-Gruppe werfen können.

In den Eisregionen Steil führt das Weglein in engen Serpentinen zur Elena-Hütte ( 4542 m ) empor; Ausgangspunkt für die Besteigung der höchsten Gipfel des Ruwenzori-Massivs. Bereits frühmorgens verlassen wir die Unterkunft, um zu unserem grössten Ziel, dem 5109 Meter hohen Gipfel der Margherita, aufzubrechen. Im diffusen Mondlicht suchen wir uns einen Weg durch den spaltenreichen Elena-Glacier, so dass wir - als es zu tagen beginnt und die Nebel sich unter den wärmenden Strahlen der Sonne auflösen - schon am Stanley-Plateau stehen und zum Margherita-Glacier absteigen können. Hier müssen wir jedoch feststellen, dass sich die Normalroute wegen des starken Rückgangs des Gletschers nicht mehr begehen lässt. So entschliessen wir uns, den Sattel zwischen den beiden höchsten Gipfeln anzupeilen, wo uns dann bloss noch eine kurze, aber steile Eisflanke vom Gipfel trennt. Und nur wenig später können wir uns auf dem höchsten Punkt Ugandas die Hände reichen.

Als zweites Ziel haben wir die etwas niedrigere Alexandra gewählt. Doch als wir am nächsten Morgen aus den warmen Schlafsäcken kriechen, empfängt uns mit dichtem Nebel und heftigem Schneetreiben wieder einmal richtiges Ruwenzori-Wetter. Ein paar Stunden später klart der Himmel jedoch etwas auf, und noch ohne feste Absichten bewegen wir uns in Richtung Stanley-Plateau. Je höher wir dabei kommen, desto heftiger bläst der Wind die Nebelfetzen über den Hauptkamm des gleichnamigen Massivs. Erstaunlicherweise wird es jetzt zunehmend schöner, und schon bald stehen wir auf dem Gipfel des Möbius ( 4927 m ). Die zur Orientierung auf dem Plateau zurückgelassenen Fähnchen bilden nun beim Abstieg eine willkommene Hilfe, denn unverhofft hat das schlechte Wetter erneut die Oberhand gewonnen.

Unser letzter Tag in den alpinen Regionen des Ruwenzori bringt uns nochmals eine prächtige Tour. Bei Sonnenaufgang stehen wir bereits am Beginn des Südgrates zur Alexandra. Die Route führt über mächtige Rauhreifgebilde. Doch plötzlich versperrt eine drei Meter hohe, senkrechte Wand aus Eis und Reif den Weiterweg. Ob dieses Gebilde auch wirklich hält? Ich versuche das Hindernis mit grösstmöglicher Vorsicht zu überlisten. Es gelingt. Ich bringe ein Fixseil an und kann nun meine Kameraden nachsichern, womit der Zugang zum 5098 Meter hohen Gipfel der Alexandra frei ist. Lange geniessen wir die einmalige Aussicht. Bloss die Südgipfel, das Baker-Massiv und der Mount Speke überragen in diesem Moment noch den Nebel. Aber allmählich beginnt ein Gipfel nach dem anderen in der brodelnden Suppe zu versinken - bis auch wir vom Nebel vertrieben werden.

Bei der Elena-Hütte warten bereits die Träger auf uns, und noch am selben Abend steigen wir bis zur Kitandara-Hütte ab; einer Hütte, die auf 4000 Metern an einem der schönsten Seen der Welt inmitten eines Sene-cienwaldes liegt. Hier, an diesem herrlichen Ort, erholen wir uns von den Mühen der vorangegangenen Tage, bevor wir über den Freshfield-Pass und die Mubuku-Route in wärmere und trockenere Regionen absteigen.

elix

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