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Rund um den Bachtelberg

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VON ERNST OTTO MARTI, AATHAL ( ZH )

Mit 5 Bildern ( 2-6 ) Es ist eine müssige Streitfrage, welchem Gipfel im hehren Alpenkranz die Krone gebühre. Soll's der höchste, der schwierigste, der lieblichste sein? Erlassen wir uns die Entscheidung darüber! Jahrelang hätte ich auf den St. Anton hoch über dem sanktgallischen Rheintal geschworen. Ich kenne keinen Voralpenberg besser als diesen einen, zu jeder Tagesstunde und Jahreszeit, bei jedem Wetter, in jeder seelischen Verfassung, in der ich ihn aufsuchte. Es war ja oft so: Man entfloh ( warum nicht einmal auch sich selber ?), suchte Stille und Einsamkeit und wähnte sich glücklich, weil allein. Manchmal war 's ein arglistiger Wahn: Man kehrte als Sieger und Überwinder in den menschlichen « Schafstall » zurück, bergehoch überlegen über « Sippe und Masse ». Doch die nachhinkenden Albträume ( seltsam, bis weit in meine Jahre herauf hatte dieser Ausdruck immer etwas mit einem bangen Traum auf einer Alp zu tun!... ) korrigierten alle Überheblichkeit und stutzten ihre Wasser-schosse gärtnergerecht zurück: Die schweigende Predigt der Berge bewirkte das. Dass aber einer seine Leidenschaft für schwere und schwierigste Bergfahrten jemals verlieren, preisgeben könnte ( die erste Führerbesteigung des Saula-Ostwandkamins wenige Tage nach der ersten Bezwingung darf dazu gezählt werden ?), nein, das glaubte man damals noch nicht, als der bejahrte Bergsteigerfreund, der längst zu Grab Getragene, mit frohem Lächeln davon berichtete, wie er jetzt seelenruhig, ohne jede Anfechtung und heimliche Versuchung, die schmalen Wiesenwege gehen könne, während hart am Pfad die jungen Felskletterer Türme, Risse und Scharten bezwingen. Diesen stillen Wiesenweg unter dem absoluten Tiefpunkt der Ewigschneegrenze geht man nun selber und gibt mild lächelnd zu: Man altert, man verzichtet, gern oder nicht gern, man bescheidet sich. In den Bergen zu ,erfallen ', in « seinen heissgeliebten Bergen... » wie es nicht selten in den Todesanzeigen verunglückter Bergsteiger zu lesen stand schien damals die Erfüllung eines echt bergsteigerischen Wunsches. Liebt man etwas zu sehr dieses gesicherte bürgerliche Leben, mehr als den Kampf um den Berg, dieser Schule des harten Lebens, der wirklichen Erfahrung?

Der inzwischen zum zürcherischen Regierungsrat emporgestiegene Franz Egger hatte mir beim Antritt meiner neuen Stelle verheissen: « Sie werden das Zürcher Oberland bald ins Herz schliessen !» - Im Spätherbst des Jahres 1947 stand ich erstmals auf dem Bachtel, an einem späten Sonntagabend, der den Höhen das letzte schwache Sonnenlicht gewährte.Verloren lag das schweizerische Mittelland unter einer schweren, grauen, unbewegten Nebeldecke. Einige wenige Voralpenberge stachen gespenstisch aus diesem furchterregenden Meer. Leicht vorzustellen nun das: So hat es ausgesehen, als vom Alpenkamm herab die gewaltigen Gletscher der Eiszeit weit ins heutige Mittelland herausstiessen. So unmittelbar muss es der einsame Jäger einst gesehen und vielleicht auch empfunden haben. Doch dort drüben war auch gleich das tröstlich überwältigende Gegenstück: Das machtvolle Bild der Alpenkette, majestätisch hingezogen vom Mürtschenstock ( wo später in der Nähe der liebe Bergfreund und Liedersänger Ehrismann aus unserm Seegräben sein Leben aushauchen sollte ) bis weit nach Westen, weiter als das Dreigestirn des Berner Oberlandes. Eine feste, sichere Mauer, unverrückbar, wuchtig, zu tiefst beruhigend, ja, beinahe lieblich jetzt in der warmen Gloriole des Abendlichtes unter dem schon schwächer blauenden Himmel, an dem eben der erste Stern zu erglänzen begann... Wir waren die letzten vor dem Abstieg ins Nebelland. Je stiller und je einsamer es um uns wurde, desto mehr griff uns dieses Erlebnis ans Herz. Über uns nur noch die schweigenden Wipfel des Bergwaldes, die höchsten Weiden mit ihrem verblichenen Gras, keine Blume mehr als das Nachgeschenk jenes warmen Sommers 1947. Der Boden feucht vom frühnächtlichen Tau, die Luft streng und abweisend kühl. Doch vielleicht gerade darum auch immer wieder der hilfe- und trostsuchende Blick nach den zum Greifen nahen Bergen im Süden. Dort blühten sie fort; ihre Eisfelder und Firnhänge schienen gering und ungefährlich; denn das Abendrot, das aus dem Bergge-stein herauszuleuchten schien, hatte die Wärme eines lebenden Wesens. Plötzlich aber erlosch das Licht, und wir wurden der tiefen Dämmerung rund um uns bewusst, erschraken. In solchen Augenblicken sucht man gern ein gastliches Haus, eine Hütte, wo man sich geborgen wissen darf. War's nicht wie einst so oft dort drüben, wenn der lange Anstieg sich allzusehr in die hereinbrechende Nacht hin erstreckteRascher schritten wir zu Tal. Der Nebel nahm uns auf, und jetzt war es, er berge und sichere uns.

Dieser erste Besuch hatte die Liebe zum Zürcher Oberland geweckt. Fürwahr keine Liebe auf den ersten Blick; erstens, weil man zu solch raschem Leichtsinn nun doch etwas zu alt geworden war, und zweitens, weil das Zürcher Oberland nicht gefallsüchtig aufzuprunken weiss mit erlauchten Namen wie beispielsweise die vielbesungenen und frühberühmten Rigiberge. Es besitzt kein junges Land-schaftsgesicht mit seinen tief in die Berggrate eingefurchten Bach- und Tobelgraben. Beinahe ältlich und faltig ist es zu nennen, so jung diese Berge auch sein mögen. Meist gewöhnliches Nagelfluhge-stein, grossbollig und kleinbollig oder auch hart felsig. Es sind alles Ablagerungen aus jüngerer Erd-geschichtszeit. Die Erdkrume darüber ist selten tiefgründig. Tannen, vor allem die ernste Rottanne, bekleiden die Hänge und wehren aller Wetterunbill. Lieblich und angenehm ist diese Landschaft nur im Berglenz und Sommerbeginn. Unbeschwerte Tage und Nächte sind ihr spärlich geschenkt. Nach der weiten Reise über das Mittelland stossen hier die tieferen Wolkenschichten an, ehe sie Säntis-

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gebirge und Churfirsten anzupeilen vermögen. Äcker und Berge bleiben meist in den schützenden Talsohlen zurück; im einzigschönen Tösstal sind auch sie klein und bedürfen gütiger Pflege, um den Menschen aufwarten zu können. Nicht zu Unrecht halten viele Besucher das Oberland, im Töss-gebiet auch « Chelleland » geheissen, als ein ausgesprochenes Waldgebiet. Dazu ist es in den letzten Jahrzehnten auch immer mehr geworden. Mit dem Niedergang der Hausindustrie, der Heimweberei und mit der damit auffallend starken Entvölkerung der Bergdörfer - wir denken da vor allem an das dem Himmel so nahe Sternenbergsank die Zahl der Bergbauern. Manche Hofe gingen überhaupt ein, gingen sogar unter und erlagen dem Wald. Wenn man ja unser Land sich selber über-liesse, müsste es wieder Wald und Urwald werden. Doch man findet im ganzen Bereich des Zürcher Oberlandes keine verwilderten Wälder. Der Kanton Zürich als grösster Waldbesitzer hat hier in weiser Voraussicht, und nicht nur aus der Not, eine Tugend gemacht: Er hat die verwaisten Berghöfe übernommen und, wo keine Möglichkeit mehr bestand, diese abgelegenen Güter zu bewirtschaften, weite Strecken, die sich höchstens zu kargem Weideland eignen, in den Urstand des Waldes zurückversetzt. Damit hat er aber gleich die früher so gefürchteten und gefährlichen Hochwasser weitgehend gebannt. Sind es nicht recht gewaltige Bergstöcke mit überaus steilen Flanken und Abstürzen, über welche sich so oft kräftige Niederschläge ergossen, Grund genug, in den engen Tälern sich vor den jäh entfesselten Wassermassen zu fürchten, die manchmal bis weit hinab und bis zur Einmündung der Thur in den Rhein sich mit allen Schrecken bemerkbar machtenFreilich wurden diese Wasserkräfte im Aufbruch des Industriezeitalters gern und willig genutzt; man braucht sich nicht zu wundern, dass in diesem abgelegenen Gebiet unvermittelt kleinere und grössere Fabrikanlagen und Werkstätten stehen. Manche Dörfer sind im Laufe eines Jahrhunderts zu eigentlichen Industriegemeinden geworden, wo es sich, dem Gesicht und Aussehen dieser Gemeinschaften nach zu schliessen, recht wohlbestallt leben lässt, wenn schon noch manche eigentlich trostlos errichteten Fabriklerhäuser und kleinfenstrige Fabriken an bösere Tage erinnern, wo es für das Industrievolk kein Schleck war, um eine bessere Lebensordnung zu kämpfen. Heute blüht der Wohlstand ordentlich auf, ohne dass man ins Prahlen verfällt.

Es geht heute der grosse Zug der Stadtflucht durch die Menschen. Er macht sich auch überall im Oberland, ja auf seinen entlegensten Höhen bemerkbar. Der stille Wanderer mag diesen Zustrom, der an schönen Sommer- und Wintertagen bereits zu einem eigentlichen Ansturm auf unsere Oberländer Berge geführt hat, bedauern. Mit der einstigen sonntäglichen Stille wäre es schon heute weitgehend dahin, wenn nicht diese grossen Waldungen Lärm und Umtrieb weitgehend verschluckten. Denn trotz der kleinen Feste, die auch hier mit grosser Anteilnahme gefeiert werden - Heuhahnen im Frühsommer, Strahleggertag ( den man sich ohne Huggenberger kaum vorstellen kann, aber der einstige Strahleggerschulmeister Otto Schaufelberger schaut schon zum Rechten !), Bachtelschwinget, Walder « Märt » u.a., überbordete das lebhafte Oberländer Völklein selten. Im Gegenteil, sie wohnen in stillen, schlichten Dörfern. Sie haben alle ihren gewissen Ernst. Sie blieben eigenwillig und etwas weltfremd. Suchten nicht hier oben die öffentlich gebrandmarkten Wiedertäufer ihr letztes Asyl? Sind nicht hier zahlreiche Grüppchen und manche anderswo ganz unbekannten Sekten und Gemeinschaften daheim? Irgendwie musste diese hügelige, zerfurchte Landschaft, die besonders im eigentlichen Tössquellgebiet den nackten Fels abwehrend sehen lässt, zum Refugium versponnener Menschen werden. Die Römer siedelten lieber in der Nähe des lieblich in seine Rieter und Moore eingebetteten Pfäffikersees, bei Irgenhausen und Kempten. Wir halten es nach den jüng- 2 Die Alpen -1964 -Les Alpes17 sten Forschungen altertumsverliebter Einzelgänger und antiquarischer Gesellschaften wie jener von Pfäffikon, Wetzikon, Hinwil und Wald als durchaus möglich, dass dieses gegen das Glattal und den Greifensee sanft auslaufende Moränenland zwischen Kyburg und Batzberg prähistorisch bewohnt gewesen sei, ganz abgesehen von der reichlich belegten und wissenschaftlich erforschten Besiedelung der Seeufer in der Pfahlbauerzeit mit dem Glanzstück des Robenhausener Rietes, das der spätere Ehrendoktor Messikommer aus Seegräben ans Tageslicht gezogen hat.

Eine grosse geschichtliche Rolle hat das Zürcher Oberland hingegen kaum gespielt. Es war ein beliebtes Durchgangs- und Durchzugsland für Heerscharen und lange Pilgerzüge weit aus dem Elsass und von Süddeutschland gegen Einsiedeln, Heimat für religiöse Sonderlinge und den Johanniterorden mit dem einzigartig gepflegten Johanniterhaus von Bubikon, Heimat auch einiger bekannter Volksdichter und Sänger, von denen Jakob Stutz, Nägeli und der wildgeniale Dichter Heinrich Leuthold über die Landschaft hinaus bekannt geworden sind. In die Verkehrsgeschichte eingegangen ist Guyer-Zeller, der Vater der Rigibahn, dem zu Ehren ein wildromantischer Wanderweg benannt geblieben ist. Und heute? Liess sich nicht verhindern, dass nun im Tal von Oberholz ein Skilift auf den Farner und aus dem hintern Goldingertal ein zweiter auf den Atzmännig gebaut wurden, um dem Wintersport, wie man so schön sagt, auch hierzulande mehr Auftrieb zu geben? Der Mensch wird immer mehr der blosse Konsument aller Bequemlichkeiten und Umtriebe, um seine innere Leere wettzumachen, ohne dabei zu merken, dass er bei diesem Feilschen um seine Gunst bestimmt auf der Verliererseite stehen muss!

Wanderung ins abgeschlossene Tal von HintergoldingenDie Fahrstrasse ward zuletzt zum schmalen Fahrweglein, noch breit genug, um im Mai die Herden zu Berg auffahren zu lassen. Zuhinterst, wo der Weg Stotzig zu steigen begann, stellten wir den Wagen mit der Erlaubnis eines freundlichen Bauern an den Wegrand und schauten noch etwas den kräftigen Holzknechten zu, die eben ein Fuder langer schlanker Bergtannen kunstgerecht wegrichteten, das ihnen am Tag zuvor in den frischen Bergbach abgerutscht war. Vor dem kleinen, schindelbedeckten Bergbauernhaus lachte ein farbenfroher Garten, reiften einfache Gemüse und heilsame Kräuter. Der Fussweg verlor sich rasch in der geäzten Wiese, kam dann wieder zum Vorschein und mündete zuletzt in ein grobsteini-ges Wegbett, das bei jedem Regenguss und vorab im Frühling bei der Schneeschmelze zum eigentlichen Wildbachbett werden muss. An der Halde glöckelten ein paar Geissen; der Knabe, der sie hirtete, war das genaue Ebenbild des jungen Buben, der später zum berühmten Mann aus dem « Tockenburg » werden sollte. Das Toggenburg wollten wir ja von der zum heutigen Wanderziel bestimmten Höhe der Kreuzegg aus sehen. Reife Disteln und Brombeeren lockten. Wir hatten genug Zeit, an jeder Wegbiegung stillzustehen und den Blick zurückzuwenden ins verträumte, beinahe sonntäglich feierliche Goldingertal, zu den vielen Höfen an hellen Bergsträsslein, die kehrenreich an den Hügeln hinaufstiegen. Einmal ein Ferienhaus auf dem schmalen Bergaltan, in wenigen Jahren braun gebrannt von der Sonne; nicht weit davon stand eine Ruhebank. Dort machten wir den ersten schicklichen Halt. In der westlichen Tiefe schimmerte der Zürichsee, getrennt durch den schmalen Seedamm, der wie ein dünnes Band die beiden ungleichen Landzungen von Rapperswil und Hürden verband. Die Berge standen im Gutwetterdunst; schwach glänzte das Eisschild auf dem Vrenelisgärtli. Auf der Alp wuchsen ein paar Sommerblumen, leuchtend wie späte Lichtlein jetzt, wo der Blumenjubel des Sommers vertan war... Irgendwoher drangen zwei frohe Stimmen an unser Ohr. Zwei Frauen im rechten Wanderkleid und mit dem richtigen Schuhzeug versehen, wie man es auch im Voralpengebiet braucht, schritten an uns vorüber. Kurzer Gruss. Durch den in der satten Nach-mittagswärme brümelnden Wald mit seinem starken Duft nach Harz und Holz, Dornstrauch und vermodernder Rinde ging 's bergan. Endlich lichtet sich der spärlich gewordene Wald. Von der freien Bergkuppe darüber öffnet sich der Blick in die weite Runde. Wir gaben uns schweigend diesem Bilde hin. Dass darauf Brot und Frucht ganz anders schmecken als am lauten Wirtshaustisch, dass so eine Mahlzeit unter dem Himmelsgewölbe und inmitten einer unverdorbenen Landschaft ganz anders schmeckt, erfuhren wir auch heute. Dass die Erde dann selber zur unvergleichlichen Tafel und das Tafeln zur wirklichen Tafelfreude werden darf, sollten wir uns nicht an diesen gastlichen Tisch setzenDie vom Strauch gepflückte Beere, das in der Wildnis blühende Kraut, das auf freier Wildbahn lebende Geschöpf, sei 's Vogel, Falter, Mücke, Adler oder Grattier, pflegen uns dort einen ganz anderen Eindruck zu machen als das vom Menschen gezähmte und durch ihn zur Entartung gezwungene Tier, auch wenn es die für uns unerlässliche Nahrung liefert. Wohl uns, solange wir noch die wildwachsende Blume und das wirklich freie Tier betrachten und bewundern dürfenIn den Lüften zog ein Raubvogel seine ruhigen Kreise. Friedlich gaukelte der grosse Fuchs-falter über die Alp. Bienen, Hummeln, Mücken schwirrten und sangen durch die Luft. Die Gemsen, die hier oben tatsächlich beheimatet sind, erblickten wir nicht. Der alte Nimrod, den wir nach der ihm auferzwungenen Jagd antrafen, weil von Staates wegen ein paar überzählige Tiere abgeschossen werden mussten, hatte uns zwar wenig Rühmenswertes über diese halt doch sichtbar entarteten Gemsen im Tössgebiet erzählt. Mag es sich auch zu Beginn um ein Ausweichen versprengter Tiere aus höheren Regionen ins Alpenvorland gehandelt haben - man muss sich mit allem Recht fragen, ob diese typischen Grattiere, die wir uns eben nur im eigentlichen Alpengebiet als an der richtigen Stelle vorstellen können, hier die ihnen zukommende biologische Aufgabe zu erfüllen vermögen. So waren wir eigentlich froh, keinen « Gamsbock » zu erblicken, freuten uns aber dann um so kindlicher über den unversehens auftauchenden Fuchs, der nah vor uns von einem Tal ins andere hin-überstrich.

An einem Auffahrtstage, zwar bereits sommerlich warm, bevor noch die eigentliche Zeit des Berg-heuets angebrochen war, stieg ich mit meinen Zöglingen aus der lauten, frechen Stadt am langgestreckten See zum Hörnli hinauf. Zuerst schritten die Buben wacker aus; aber bald hatte ich die Spitze des Zuges eingeholt und blieb fortan dort, musste sogar froh sein, dass sich einige Nachzügler nicht arg verspäteten. Der immer steiler werdende Weg führte grösstenteils durch schattigen Wald. Das laute Reden und Rufen hinter mir verstummte allgemach. Rucksäcke wurden mit der Aussicht auf eine rasch versprochene Abgeltung gewechselt, zu meinem leisen Ärger; denn ich halte dafür, dass jeder Bubenrücken einmal ein paar Stunden lang so einen ordentlich befrachteten Rucksack tragen müsste, um zu erfahren, was es heisst, in solchen hogerigen Gegenden das für das Leben Notwendige aus dem Tal heimzutragen. Eine Aufgabe, die den Bergbewohnern von klein auf beinahe alltäglich gestellt ist, auch den Kindern, die oft einen stundenlangen Schulweg zurückzulegen haben, auch im Winter, in Sturm und bitterer Kälte. Auch in diesem Bergland gibt es ein paar abgelegene Schulmeistereien; die bekanntesten und einst auch aus manchem Grund gefürchtetsten sind jene vom Hörnli und Schnebelhorn. Hier herrschen wahrhaft patriarchalische Zustände, wenigstens für den ersten Augenschein. Meine Stadtbuben aber jammerten, murrten und seufzten und suchten mich auf jede mögliche Art zu erweichen, nachzugeben, den Aufstieg zu unterbrechen, Ess-ware und Tranksame an den Mann zu bringen. Ich gab nicht nach. So blieben die Säcke bis auf das Hörnli ungeöffnet und verloren nicht an Gewicht mit Ausnahme des einen, wo beim Wechsel eine Flasche in die Brüche gegangen und ihr klebriger Inhalt ausgeronnen war. Droben auf dem Plateau machten wir Marschhalt.

Der Hunger schien gering, der Durst um so grösser geworden zu sein. Zum Glück gab es keinen laufenden Brunnen, und Geld, um in die nahe Bergwirtschaft zu rennen und eines dieser modischen Wässerlein zu kaufen und in den erhitzten Magen zu stürzen, gab es zum Leidwesen meiner Schar auch nicht. Eigentlich fürchte ich solche Bergwanderungen mit Halbwüchsigen. Wir Erwachsenen glauben, mit solchen Wanderungen der Jugend immer eine Freude zu bereiten, und müssen uns mit Enttäuschungen abfinden. Warum? Viele junge Menschen betrachten jeden Ausflug als eine gesuchte Gelegenheit, ausgelassen zu werden. Von der Schönheit der wechselnden Landschaftsbilder, von der so oft ergreifenden Aus- und Fernsicht hält die Jugend vorerst noch nicht viel. Der Sinn für diese Erlebnisse muss erst geweckt werden. Dazu sind Massenausflüge kaum angetan. Ja, ich beginne langsam jenen Sonderling zu verstehen, der wider Willen durch ein Missgeschick, in das er unterwegs geraten war, gezwungen wurde, meinen Rat zu erbitten, und der mir dann, als seine spröde Schale aufgesprungen war, offen gestand, dass er die Menschen samt und sonders, obwohl er selber auch in der Stadt wohne, nirgends so sehr ins Pfefferland wünsche, als wenn die menschliche Gattung vor ihm auftauche. « Ich möchte ein Insulaner sein! » bekannte er. « Der Bau von Einsiedeleien ist heute verboten! » versetzte ich. « Sind Sie katholisch? » fragte er etwas verlegen. « Nein, aber warum? » Er begann sofort über das nahe Kloster Fischingen zu schmälen: « Man hat es mir zu farbig, zu modern restauriert! » - « Ich bin nicht Sachverständiger », musste ich gestehen. « Aber ich glaube, es wäre irrig, anzunehmen, man hätte bei der Wiederherstellung grobe Fehler begangen! » Er sah fragend nach meinen Buben: « Ja, und dann hat man gleich an zweihundert schwererzieh-bare Buben und ein paar missratene Mädchen in das einstige Kloster gesteckt; man sieht es den Kindern ja an, wie unzufrieden sie sind und wie unerquicklich das sein muss, darüber zu wachen! » Ich lachte: « Nichts für ungut - ich betreibe dieses unerquickliche Geschäft, wie Sie dem sagen, schon seit fünfzehn Jahren !» - Er zweifelte: « Das sieht man Ihnen aber nicht an !» - « Ich weiss es nicht, ob man es mir ansieht - aber wenn ich dabei eines gelernt habe, dann ist es dies: Jeder gute Weg ist ein unbequemer Weg, umso besser, je anstrengender er nach oben führt, auf einen Berg wie diesen da zum Beispiel. Unterwegs mag einem wohl der Verleider ankommen; aber wenn man diesen überwindet, ist die Gipfelfreude geschenkt! » Er mass mich fragend. Meine Buben hatten zugehört und schwiegen. Vielleicht war es die beste Bergpredigt, die ich je halten kann...

Auf dem Niederstieg nach Steg ins oberste Tösstal musste ich an ähnliche Begebenheiten denken. Dieses Ergriffenwerden gibt es im Leben glücklicherweise nicht allzuselten und doch selten genug. Wie ergreifend war es damals an der SAC-Generalversammlung, verbunden mit einem Zentralfest, in Pontresina drin im Bergland von Montebello! Und damals die Auffahrtszusammenkunft auf dem Schlachtgelände vom appenzellischen Stoss? Und gibt es nicht ungezählte wackere Mannen in unserem SAC, die jeweilen mit der Auffahrtszusammenkunft begeistert den Bergsommer einleiten? Und andere, die ins Innerste bewegt bei der Einweihung einer neuen SAC-Hütte teilnehmen? Zumeist aber sind es doch Männer mit Erfahrung, die bereits ein tüchtiges Stück Leben hinter sich haben, die ersten Stürme des Lebens heil überstanden, das rechte Mass im Alltag und in der Bergsteigerei zu finden wussten, wenn auch auf Umwegen, und die jetzt weiser und abgeklärter als die ewig Unruhigen und Rastlosen den Sinn des Bergsteigens in den wahren inneren Werten gefunden haben.

Die ersten Berge, die wir bestiegen, waren für die meisten unter uns zahme Hügel. Schelten wir die Jugend nicht, die oft auf für uns geweihten Berggipfeln ihrer Lebenskraft etwas geräuschvoll Ausdruck zu geben versucht! Es sind spontane, gesunde Äusserungen eines wenn auch hin und wieder überschäumenden Lebensmutes, nicht zu vergleichen mit dem oft einfältigen und widerlichen Verhalten sogenannter Erwachsener an Orten, die andern zur Einkehr und Besinnung werden durften. Wir hörten von Bergtagungen, die richtige Alkoholleichen hinterliessen, die man am besten an einer entlegenen Stelle begraben hätte. Andererseits entsinnen wir uns aber auch einer Pfingst-tagung irgendeiner weltanschaulichen Gemeinschaft, die gerade den vorher noch so stillen Bachtelgipfel an einem herrlichen Frühsommertag gepachtet zu haben schienen. Sie redeten meine Frau als « Schwester » an, von der Frage begleitet, ob wir also auch zu den « Erweckten » gehörten. Ja, die Berge können Orte seltsamster Begegnungen werden. Als das Schönste aber halte ich immer, wenn eine ganze Familie sich irgendwo auf einem Hügel oder Voralpengipfel sich friedlich niederlässt, fleissige Wanderstunden mit einer bekömmlichen Rast unterbricht und die Kinder nach einer kurzen Verschnaufpause sich in der gefahrlosen Umgebung umtun, ohne den Frieden zu stören, der zur Besinnung einlädt.

Das schönste Oberländererlebnis schenkte mir ein Wandertag mitten zur Zeit der Heuernte drunten im flachwelligen Drumlingland. Im « Rosinli », einem nur sommersüber betriebenen Bergwirtshaus oberhalb des idyllischen Adetswil, war nichts mehr aufzutreiben gewesen als ein vertrockneter Landjäger und ein hartes Stück Brot, freilich, ein Glas Wein dazu. Ich war allein; die ältliche Wirtin machte sich drinnen in der verlassenen Gaststube über das Sonntagsgeschirr her. Ich trat an die Mauerbrüstung. Das rotweisse Flaggentuch hing schlaff an der Fahnenstange. Im warmen Sonnenglast entbreitete sich das Bauernland mit den vielen eingestreuten stattlichen Dörfern zwischen Rüti und dem fernen Dübendorf. Von den hellen und dunklen Wiesen- und Waldzeigen hoben sich die kleinen Seespiegel des Greifen- und PfäfBkersees ab, und über ein paar kleineren Seen, die man besser nicht nennt, damit sie nicht auch noch überlaufen werden, zogen die leichtfüssigen Schatten leichter Gutwetterwolken, während sich über dem heute scheinbar weiter entfernten Alpenkamm die kleinen Wächterwolken rundeten und auch wieder rasch, wie sie sich gebildet hatten, ins Nichts auflösten.

Unvergleichlich diese Sommertage auf den Zürcher Oberländer Bergen! In den Tiefen waren alle Einzelheiten genau auszumachen, die langen Flarzhäuser kleiner Hausbesitzer, die stattlichen Bauernhöfe angestammter Menschen, kleine und grosse Orte, Wälder und Obstbaumgärten, weite verträumte Rieter, einzelne charakteristische Baumgruppen, die vielen Hügel einstiger Grundmoränen. Wie es noch wärmer wurde, verzog ich mich in den kühlschattenden Bergwald, wo sauber auf-gerüstetes Schlagholz an schmalen Strässlein auf die Abfuhr wartete. Aufs Geraten hin durchstreifte ich die weiten Wälder, verlor mich ganz in unbekannte Gebiete, bis sich dann doch der Bergwald lichtete und einen Ausblick freigab hinunter ins Tösstal und seiner östlichen Bergkette, die aus dem Gebiet des Tanzbodens und der Wolzenalp her, erst noch etwas zögernd, nach Nordwesten hin-schwingt, langsam an Höhe und Bergähnlichkeit verlierend, um in der Gegend des Schauenbergs hart am Rande des eigentlichen Mittellandes wie eine letzte kraftvolle Geländewelle zu verebben.

Wie klein ist doch unser Schweizerland, wenn man mit einem einzigen Blick seine ganze Breite überschauen kann! Aber wie gross ist dieser kleine Reichtum an Form und Bewegung, den das Auge liebend umfasstWir wissen dieses gesegnete Land geschützt durch seine natürlichen Grenzen, wenn sie auch in der Gegenwart nicht mehr jene strategisch bedeutsame Rolle zu spielen vermögen. Aber gerade jene kluge Bescheidung, freiwillig oder auf erzwungen, ist es gewesen, die den Charakter dieses Volkes zu bilden vermochte, feind aller ungeordneten Ansprüche auf fremde Lebensformen und ratlose Verlorenheit, die leicht zur ungezähmten Unersättlichkeit entarten können. Indem wir den engen Raum unseres Eigens zu überblicken vermögen, sei uns mahnend aufgetragen, Sinn und Gehalt dieses Besitzes auszumessen, ehe wir vielleicht eines Tages in einem grossen und dann auch hoffentlich gesicherten organischen Zusammenhang grösseren Ausmasses aufgehen, dem wir das reiche Vermächtnis als eine Morgengabe mitbringen dürfen...

Ich gelangte in den stolzen Hochwuchs kräftig duftender Bergwälder, fand die ersten Erdbeeren auf einem kleinen Stockschlag, liess mich nieder und belauschte die kleine Lebewelt. Nach den grossen Fahrten ins Reich des Ewigen Schnees und der gnadenlosen Kargheit von Fels und Eis, tut die Einkehr auf bescheideneren Bergwanderungen doppelt gut. Das zumeist kämpferisch errungene Gefühl der Kraft und Bewährung in Fels und Stein oder in den feindlichen Wüsten von Gletscher und Eisschrund wird gemildert und besänftigt. Geben wir unumwunden zu: Die meisten unter uns gehören in die Gemeinschaft des gemeinsam bewältigten Lebens. Jene restlose Verlorenheit an die unvergleichlichen Hochstunden kühner Bergfahrten kann nicht ewig anhalten: das Hochgebirge vermittelt uns nur ein paar leuchtende Höhepunkte des äusserlichen Lebensablaufes, derer wir uns frohgemut und dennoch bescheiden erinnern sollen, weil jede heile Heimkehr eine sichere Gnade war, die beim Auszug nicht verbürgt werden konnte.

Wer nur mit Mauerhaken und Hammer, Pickel und Seil zu hantieren weiss, dem wachsen über seine grossartigsten Werkzeuge, seine Hände, unförmige Handschuhe, ungeschickt, eine Pflanze zu hegen; den Himmelsblick einer offenen Blüte zu sehen, ist er nicht mehr imstande. Kennen wir ihn nicht auch, den verhärteten Bergkamerad, der Blume, Fisch und Vogel nicht mehr zu sehen vermag, den süssen Duft der Blumenweide und des sommerlichen Bergwaldes nicht mehr wahrzunehmen vermag? Er ist gar nicht so selten, dieser Mensch in extremis, unduldsam, angriffig, zu ewigem Widerspruch neigend, früh gemieden und gefürchtet zugleich, selbst in'der eigenen Familie, und letzten Endes unzuverlässig, weil er die Treue im Kleinen, auf die es bekanntlich zuerst und immer ankommt, nicht mehr zu üben vermag?

In einer windlauten Sturmnacht zwischen Herbst und Winter stieg ich über den Berg, allein.

Fetzen wilden Gewölkes trieben am glanzlosen Himmel. Auch die Lichter der menschlichen Siedlungen und Gehöfte waren voller Unruhe wie der Wind, der seine harten Stösse gegen mich warf. Ich war ihnen wehrlos ausgeliefert, einer, der seine Heimat nahe wünschte, die vertrauten Stimmen von Frau und Kind. Ich hatte mich verspätet; der stundenlange Heimweg gefiel mir nicht. Nicht, dass ich mich gefürchtet hätte; aber ich kam mir grenzenlos verlassen vor, wie ein Bergsteiger,der zu einer unguten Stunde noch unterwegs sein muss. In solchen Stunden wird selbst der ungefährliche Weg fremd und abweisend. Jedes Licht wird begrüsst wie eine Seemarke vor der längst ersehnten Küste. Die Monotonie des unablässig brausenden Windes war eine Marter.

Schlug da nicht ein böser Hund an? Andere antworteten ihm. Eine fremde Stimme rief. Und wieder die Stille zwischen weit auseinanderliegenden Häusergruppen. Nachtschwarz das Land. Jetzt noch eine ganze, noch eine halbe Stunde. Und dann hatte ich die letzte Terrasse erreicht, unter der die vielen Lichter der Oberländer Dörfer aufglänzen sollten. Als ich den Altan erreichte, erkannte ich die Bergmauer im Süden, ferner denn je an einem irgendwann gewesenen Tage. In einem seltsam auf ihnen liegenden Licht des bleichen Mondes, Glärnisch und Böser Faulen, die beiden Mythen, die Wäggitaler Windgällen, Urner- und Unterwaldnerberge, selbst ein paar Gipfel des Berner Ober- landes glaubte ich erkennen zu können. Der Anblick dieser geschlossenen Bergkette ward jetzt zum tief beeindruckenden Bild und Anruf, wie ich sie bis heute noch nie empfunden haben konnte. Wohl wären mir Sonne und Tag lieber gewesen; denn dieses Licht wirkte kalt und fröstelnd. Aber ein geheimnisvoller Bann zog meine Augen an. Wenn die Sonne nicht mehr käme... wenn nun ewig dieses schwache Licht bliebe, der Himmel sich schliesslich ganz überzöge, aus den Höhen ein ewiger Winter einfiele, abermals eine Eiszeit begänne... sinnloses Überlegen bloss?

Epilog Um die Jahrhundertwende gab es einen gewissen Kreis von schriftstellernden Menschen, die eine Art heidnischer Bergphilosophie zu begründen versuchten. Damals waren Superlative an der Tagesordnung, berauschende Schilderungen der Bergwelt, eine Art pathetischen Jugendstiles, den dann zwei Weltkriege und Menschenniedergang jämmerlich zerbrachen. Nur widerwillig vermögen wir jene dithyrambischen Ausbrüche zu lesen. Wir sind bescheidener und kritischer geworden. Zuviel Wasser ist von unsern Himmelsbergen in die trüben Tiefen geflossen, als dass das spurenlos an uns vorbeigehen konnte: Wir rechnen heute mit realen Wirklichkeiten und achten auf die uns auferlegten Bedingungen. Aber auch das darf nicht das letzte sein! Der Mensch suche einen Standort in der total veränderten Welt! Er rette sein Menschentum, damit er nicht zur seelenlosen Maschine, zum blossen geschäftigen Mechanismus, zum Roboter des nackten Geniessens und das zum Tode verurteilte Opfer der Automation werde! Steigen wir immer wieder zu Berge! Wir glauben nicht an den Untergang des wahrhaften Menschen. Wir glauben nicht daran, denn wir Bergsteiger sind alle einmal ganz bestimmt auf einem Berge gestanden, der uns zum geweihten Orte werden durfte. Unsere Bergfahrten sind, wenn sie nicht bloss kalten Hochmut und Leere und Müdigkeit hinterlassen sollen, Stunde und Gelegenheiten eindrücklicher Predigten. Nicht umsonst bekennen wir uns zur Bergpredigt, nicht umsonst erwarten wir an jeder Bergfeier ein kraftvolles, männliches Wort der Einkehr und Besinnung. Wo anders vermöchten wir die Grösse und grenzenlose Allmacht unseres Schöpfers zu erkennen als auf den natürlichen Gipfelpunkten seines Werkes! Ahnungsvoll nannte ich in meinem längst vergriffenen Bergführerroman « Der Bergführer Jöri Madji » die Berge die Gedanken Gottes. In allen Gebilden Gottes Gedanke und Fingerspur zu erkennen, das bleibe uns aufgetragen; dem wird auch das zahme Voralpenland, wo immer es sei, zum Gleichnis jener ewig wirkenden Kräfte, dessen Urheber wir froh Gott nennen, und dann mag uns der franziskanische Gedanke der Bruderschaft aller sichtbaren Geschöpfe ganz zu beeindrucken als das schönste Geschenk, das uns die Liebe zu den Bergen und all ihren Gebilden und Geschöpfen zu geben vermag!

Eh ich mit den Abendschatten still getrost mich will bescheiden, will ich über lichten Matten von des Bergaltanes Weiden noch einmal zum Berg mich wenden, froh mich lassen mit ihm ein und mit klettersel'gen Händen greifen zum vertrauten Stein!

Noch einmal im grossen Frieden eines Mittags feiernd sehen, wie die Wasser berggeschieden nach dem gleichen Meere gehen, froh des Himmels Glanz verspüren und des Glückes Bruder sein, Sehnsucht still zu Klarheit führen und vom Niedern mich befrei'n.

Steig ich auch zum letzten Male in die Tiefen, wo die Greise lächelnd sich im Abendstrahle rüsten auf die lange Reise: Wer auf Gipfeln froh gestanden, trägt den ew'gen Widerschein, Charon mag am Ufer landen, sei getrost, Gott holt dich ein!

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