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Miroir de l'Argentine

Remarque : Cet article est disponible dans une langue uniquement. Auparavant, les bulletins annuels n'étaient pas traduits.

( Aus einem Briefe. ) Mit 1 Bild.

Von Xaver Kalt

( Lausanne, Sektion Pilatus ).

Der Miroir de l' Argentine gilt als eine der schwierigsten Klettereien im Gebiete der Waadtländer Alpen. Du wirst Dich des Plattenschusses entsinnen, der vom Grat der Argentine in 700 metrigem Absturz hinunterfällt auf die Alp Solalex. Sein Anblick ist wahrlich überwältigend und muss mit seiner Schroffheit den Kletterer locken. Sehr häufig wird er allerdings nicht durchstiegen, und gerade das zieht uns noch mehr an.

Eine Nebelschicht lagert über uns, wie wir um halb 8 Uhr unsere Hütte auf Béroud verlassen, um über Matélon die grossen Alpweiden von Solalex zu erreichen. Eine kräftige Bise vermag den Nebel höher zu treiben und gibt uns den Blick frei auf unsere heutige Aufgabe. Was aber unangenehmer ist: der Morgen ist ziemlich kühl, und mit kalten Händen noch kältere Griffe zu suchen, ist bestimmt nicht sehr ermutigend. Unter dem Geläute der vielen Kuhglocken steigen wir hinauf durch die nun einmal nicht wegzudenkenden, steilen Gras- und Geröllhalden und erreichen um halb 10 Uhr den Schneefleck unter den ersten Felsen.

Um uns ein wenig über die Kälte hinwegzutäuschen, wird eine « Villiger » entbrannt, und mit kalten Pfoten werden die Kletterschuhe genestelt. Hier möchte ich noch einmal voraussetzen, dass der Miroir allgemein als schwierige Kletterei beurteilt wird. Also haben wir uns auch demgemäss vorgesehen. 60 Meter Seil, und sowohl an meinem Kameraden wie an mir baumeln drei Haken, Karabiner und Hammer. Der Einstieg ist ziemlich gut markiert durch die Erinnerungstafel eines erfallenen Kameraden. Gewiss ein grosses moralisches Plus, um mit steifen Knochen die Wand anzugehen! Wir benützen 40 Meter unseres Seiles, und Meter um Meter taste ich mich an der senkrechten Wand hinauf. Teilweise in einem Riss oder aber auf seiner Kante. Das Urteil über die Schwierigkeit scheint gerechtfertigt zu sein, denn die Griffe sind gerundet. Um mit kalten Pfoten auf diesen Kalkfelsen noch irgendwelche Reibung zu erzielen, braucht es schon eine unheimliche Kraft, und so bin ich denn froh, nach 30 Meter, tiefer im Riss, einen angenehmen Sicherungsplatz zu finden, um meinen Kameraden nachkommen zu lassen. Wieder vereint schlagen wir uns gegenseitig einmal die Hände — nicht ins Gesicht — wohl aber um den Körper, um den Blutkreislauf auch in die Fingerspitzen zu treiben. Und etwas wie eine gelinde Wut will uns ergreifen, denn drüben an den Diableretsausläufern ist herrlicher Sonnenschein. Aber wir kommen nicht weiter mit Betrachtungen.

Den Haken habe ich natürlich übersehen, aber er wird jetzt von meinem Kameraden benützt zu meiner Sicherung. Ich folge weiter dem Riss, der sich in senkrechter Fallirne hinaufzieht. Wohin, das kann ich leider noch nicht sehen, da die Wand über uns zurückfällt. Nur allzu oft werde ich hinausgedrängt auf die Kante, und die Griffarmut macht sich zeitweilen bedenklich bemerkbar. Zum Glück ist wieder ein wenig mehr Leben in die Finger zurückgekehrt, und sie tasten mit mehr Sicherheit nach einem versteckten Absatz. Nach weitern 30 Meter bezeugt mir ein eisernes Kreuz, wahrscheinlich die Absturzstelle von Perrin 1933, dass ich auf dem richtigen « Wege » bin. Mein Freund ist mit seinen Gummisohlen nicht sehr zufrieden, und einige Male wird mir sein Ausgleiten mitgeteilt durch einen nicht gerade sehr sanften Ruck am gut gesicherten Seil. Wie er aber klettert, darüber muss ich ihm meine volle Anerkennung aussprechen. Er hat vor drei Jahren am Mont Dolent beide Fusse erfroren, und in der Folge wurden ihm alle Zehen amputiert. Mein lieber Bergkamerad, Du verbringst heute eine Glanzleistung, und die Liebe zu Deinen Bergen kann tatsächlich nicht grösser ausgedrückt werden, als mit Deiner Energie, trotz allem mit ihnen zu ringen!

Ich steige weiter. Ein Überhang im Riss drückt mich erneut hinaus auf seine rechte Kante, v/o der Spiegel senkrecht hinunterfällt. Verdammt exponiert ist die ganze Sache, und ich erachte es als besser, mich wieder in den Riss oder eigentlich mehr Kamin zurückzuziehen. Nochmals lasse ich Paulet nachkommen, bevor ich endgültig den Riss aufgebe und nach links in die Wand hinaus traversiere. Hier sind die Felsen nun nicht gerade schwierig, und die ganze Wand neigt sich aus der Senkrechten ein wenig zurück. Der Blick wird freier nach oben. Das letzte Stück lässt sich allerdings noch nicht übersehen, da sich eine Wandstufe durch die ganze Breite zieht. Die Sicherungsmöglichkeiten sind rar, und so entschliesse ich mich, die 50 Meter durchzuklettern, ohne meinen Kameraden nachkommen zu lassen. Einen Haken zu schlagen, erachte ich in den leichten Felsen als überflüssig. Die Traverse zieht sich bis nahe unter die Gipfelwand der Haute Cordaz, der letzten Erhebung der Arête d' Argentine.

Auf einer herrlichen Plattform ziehe ich das Seil ein, und das Eisengeklimper der umgehängten Haken kommt immer näher. Es lässt sich hier ganz fabelhaft ausruhen, und Ovo Sport knabbernd schauen wir hinaus ins Tal gegen Gryon. Die Sennen drunten in Solalex haben uns erlickt, und ein heller Jauchzer wird mit ihnen gewechselt. Drüben in den Wänden der Ausläufer der Diablerets liegt schon Neuschnee, und ich glaube, dass wir den Zeitpunkt für unseren Durchstieg nicht viel zu früh gewählt haben. Drüben auf der Tour d' Anzeindaz tummeln sich etwelche Gemsen. Nun geht der Blick hinauf mit der Frage, was da wohl noch kommen sollte. Bis jetzt ist alles gut gegangen, und allzu grosse Schwierigkeiten wurden uns nicht in den Weg gelegt.

Die Neugierde lässt uns also wieder aufbrechen. Ich halte mich diesmal nach rechts, um einen Durchstieg der Wandstufe zu erspähen. Der Plattenschuss wird hier durchzogen von vielen Rissen, und ich komme ziemlich rasch vorwärts. Direkt gegen einen Kamin zuhaltend, erreiche ich die Wandstufe.

Der Kamin entpuppt sich leider nur als sehr enger Riss, der genügend Feuchtigkeit enthält, um meine Kletterfinken in Schlittschuhe zu verwandeln. Also hinaus und über sehr schwierige Platten turne ich mich vollends hinauf. Noch auf dem Bauche liegend suche ich die Fortsetzung unserer Route und erblicke auch schon — das Ende! Mein Kamerad kann nachkommen. Ich folge einem Riss noch weiter nach rechts, bis die 60 Meter aus sind. Dann aber habe ich genug von dieser Traversiererei und steige in Fallinie über die nicht allzu schweren Platten direkt auf den Grat. Es ist gerade Mittag, wie mein Freund den letzten Klimmzug reisst.

Beide sind wir ein wenig überrascht und fragen uns, ob dies tatsächlich der berüchtigte Miroir sei. Ein Blick hinunter lässt uns aber daran nicht mehr zweifeln. Es gibt also für mich nur zwei Folgerungen: entweder sind die Berichte von Kameraden ein wenig übertrieben, oder aber habe ich mehr Erfahrung im Kalkfels aus meinen Besteigungen in der Zentralschweiz.

Sei dem, wie ihm wolle, zufrieden sind wir gleichwohl und lassen uns das « Menu » wohlschmecken. Leider zieht wiederum durch das Tal von Solalex sowohl wie auch durch das von La Varraz erneut der Nebel und verdeckt uns die Sicht auf die im Neuschnee liegende Pierre Cabotz, l' Arête Vierge und den Muveran.

Nach ausgiebiger Mittagsrast überklettern wir die Haute Cordaz, und die zweite Nachmittagsstunde sieht uns bei einem Glas Wein im heimeligen Refuge de 1a Tour in Anzeindaz.

Der Ruf der Berge.

In der Tat darf es nicht heissen « Ich und die Berge », sondern muss lauten « Die Berge und ich », wobei das ich klein zu schreiben ist.

Ernst Jenny f.

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