Heinrich Zeller-Horner (1810-1897)
Heinrich Zeller-Horner ( 1810-1897 ) Auch das Leben des am 15. Oktober 1810 in Hirslanden, damals noch Vorort von Zürich, als Sohn eines Seidenfabrikanten geborene Heinrich Zeller verlief in geregelten Bahnen. Verheiratet mit einer Tochter des berühmten Okulisten und Weltreisenden Hofrat Horner, pflegte er neben der Musik vor allem die Zeichen- und Malkunst als Liebhaberei, da ihm ein Augenleiden den Malerberuf, den sein älterer Bruder Conrad mit Erfolg ausübte, versagte. Bei seinen vielen und ausgedehnten Alpenreisen wurde er insofern zu einem Pionier der Alpenforschung, als er wenig bekannte Gebiete aufsuchte und diese topographisch und kartographisch auszuwerten verstand. Die Liste seiner Gipfelbesteigungen im Zeitraum von 60 Jahren, d.h. von 1825 bis 1884, ist recht ansehnlich. Die am 3. August 1839 mit Führer J. M. Tresch zusammen ausgeführte Tour auf den Bristenstock über den Nordostgrat war gar eine Erstbesteigung, die Zeller-Horner in der « Alpina » 1894 ausführlich geschildert hat. Seine zweite bemerkenswerte hochalpine Leistung war die Besteigung des Piz Tschierva von 1861 mit seiner jüngsten Tochter und Führer Enderli. Die Beschreibung dieser Tour hat er mit einem Panorama in der 2. Sammlung von « Berg- und Gletscherfahrten in den Hochalpen der Schweiz » von 1863 veröffentlicht, dem Werk, das eine neue Epoche alpiner Literatur eröffnete.
Die Höhen der von Zeller-Horner bestiegenen Gipfel sind verhältnismässig bescheiden. Vergessen wir aber nicht, dass er die Berge als Zeichner und Topograph aufsuchte. Ausser Gipfeln und Gebirgsgruppen sind seine Sujets idyllische Punkte, wie Kapellen, Schutzhütten und alte Gaststätten, ferner eigenartige Naturerscheinungen oder technische Details von Besteigungen. In der Wahl des Standortes und in der Bildanlage zeigt sich der Künstler, der nicht bloss, wie dies Müller-Wegmann tut, auf topographisch möglichst exakte Umrisslinien ausgeht, sondern bewusst « Bilder » 7Die Alpen - 1963 - Les Alpes97 schafft. Darum genügt ihm auch der Zeichenstift allein nicht, sondern greift er zum Pinsel. Nicht von ungefähr sind unter den 201 Bildern des Verzeichnisses, das er anlegte, 38 in Tuschmanier und 130 gemalt.
In der Kunst gemalter Panoramen war Zeller-Horner nicht nur Bahnbrecher, sondern auch führender Meister seiner Zeit. Nach dem Urteil des Winterthurer Kartographen J. M. Ziegler sind sie « einzig in Auffassung und künstlerischer Vollendung ». Ein Grossteil seiner Panoramen, darunter Meisterstücke wie die vom Bristenstock, Drusberg ( 3 m lang !), Titlis und Faulhorn, hat er durch letztwillige Verfügung der Sektion Uto vermacht. Die Ehrenmitgliedurkunde erwähnt neben Zeller-Horners Verdiensten um die Erforschung des Silvrettagebietes und des Titlis ausdrücklich auch seine Panoramen.
Man muss es füglich bedauern, dass so wenige Zellersche Panoramen in die « Artistischen Beilagen » des « Jahrbuchs » aufgenommen wurden. Immerhin finden sich doch welche darunter, die für seinen Stil charakteristisch sind, so z.B. die Panoramen zu den Jahrgängen 1875 und 1876 mit Touristen oder einem Panoramenzeichner als belebenden Figuren im Vordergrund. Am bekanntesten geworden ist sein Titlispanorama von 1832, das von H. Keller vervielfältigt wurde. Auch sein Speerpanorama vom gleichen Jahr liegt gedruckt vor. Als Beilagen zum « Jahrbuch » erschienen in Farbdrucken, die leider weder den gezeichneten noch gemalten Originalen gerecht werden, die Panoramen vom Piz Tumbif, Piz Linard, Rheinwald- und Güferhorn, Bärenhorn, Piz Cavel, Grassenpass, Bristenstock, Wildstrubel und als grösstes dasjenige vom Balmhorn ( 22:88,5 cm ).
Auch in seinen vier literarischen Beiträgen zum « Jahrbuch », betitelt « Excursionen im Valserthal und Rheinwald » von 1872, « Piz Cavel oder Ramosa » von 1874, « Plankengrat und Bärengrube » von 1875 und « Eine Eiswand der Klariden » von 1877 erweist sich unser Panoramenmaler als ebenso begnadeten Erzähler wie als erstaunlich gut beschlagenen Geologen.
Als Zeller-Horner am 2. Dezember 1897 nach kurzer Krankheit im hohen Alter von 87 Jahren starb, ist mit ihm der letzte Panoramenzeichner alter Schule dahingegangen. Paul sieber