Durchs Land der grosse, weissen Wolke
Durchs Land der grosse, weissen Wolke
Peter Donatsch, Mastrils
Ka u ki matanuku,
Ka u ki Matarangi; Ka u ki te nei when uà.
Hei whenua, Mau e kai t manawa o tauhou!
Ich setze meinen Fuss auf unberührte Erde, Ein neuer Himmel wölbt sich über mir; Dies Land, ein Ort der Ruhe nimmt mich auf; Oh Geist der Erde!
In Demut bietet Dir ein Fremder Sein Herz als Nahrung ani Sir Hepi Te Heuheu Chief of Maoris Nach einem heftigen Gewitter bricht die Sonne durch ( Ngauruhoe im Tongariro National Park ).
Fiordland -Wasser und Berge Steile Berge ragen zweitausend Meter aus dem Meer und bilden damit ein gewaltiges Hindernis für die vor der Tasman Sea anbrandenden Schlechtwetterfronten. Eng steht Berg an Berg, und zwischen steilen Flanken und Wänden ducken sich die Täler. Diese Landschaft ist im Laufe von Jahrmillionen organisch entstanden: Land wuchs aus dem Meer, die weicheren, vulkanischen Gesteine wurden wegerodiert, harter Gneis blieb stehen, Gletscher zogen sich zurück, das Meer drang kilometerweit ins Innere vor, schuf Fjorde, die Fjorde schlössen sich zu Seen. Fiordlands Seen sind Spiegel einer absolut intakten Natur: Hier kann man noch auf dem Bauch liegen und mit beiden Händen kristallklares Wasser trinken. Wunderschöne Baumfarne, Moose und Silberbuchen überwuchern gleich einem immerfrischen Teppich die Hänge in den verschiedensten Grüntönen. Auf Fiordlands Gipfeln regnet und schneit es mehr als sonstwo in Neuseeland. Hoch- und Tiefdruckgebiete entstehen in der Wetterküche der ( Roaring Forties ) und prallen anschliessend auf die Berghänge der Westküste, wo sie sich ausregnen. Diese hohe Niederschlagsmenge ist sozusagen das Lebenselixier für eine Regenwald-Vegeta-tion, die sich dadurch praktisch bilderbuch-artig entwickeln kann, üppig und zäh zugleich, undurchdringlich bis zur Gletscherregion hinaufreichend. Fiordland ist Neuseelands Hinterland, und das heisst etwas in einem Land, das achteinhalbmal so gross ist wie die Schweiz, aber nur über halb soviel Einwohner verfügt. Der Fiordland National Park umfasst 1,2 Millionen Hektaren, was 5 Prozent der Fläche ganz Neuseelands entspricht. Fiordland bedeutet kilometerlange Täler ohne Strassen, ohne Weg und Steg; Hunderte von Seen, in denen auch in zwei Dutzend Metern Tiefe Kieselsteine glitzern, und Gletscher, die von dreitausend Meter hohen Gipfeln herkommend fast zum Meer hinabstossen.
Urtümliche Welt Zuvorderst am Long Reef liegen Pelzrobben auf den Steinen. Für uns, die wir diese Tiere nur im Zoo hinter Gitterstäben bewundern können, erscheinen sie beinahe als Lebewesen von einem fremden Stern. Wir sehen uns an, Gastgeber und Gast. Wir dürfen bleiben - als Besucher -, wenn wir uns an ihre Regeln halten. Nachdem im letzten Jahrhundert skrupellose Pelzjäger die Tiere beinahe ausgerottet hatten, ist unter dem Schutz eines rigorosen Nationalpark-Geset-zes die Fiordland-Population inzwischen wieder auf etwa 15000 Tiere angewachsen. Im Oktober steigen die Bullen aus dem Wasser und suchen sich ihr Territorium aus, im November folgen die trächtigen Weibchen. Nur wenige Tage später kommen die jungen Seals zur Welt, gehätschelt, gefüttert und behütet von ihren Müttern. Deren erneutes Werben beginnt meist wenige Tage nach der Geburt und dauert nur kurze Zeit, die Weibchen sind schnell entschlossen. Nach der Paarung bleiben die Bullen noch einige Monate an Land, um dann mit einem eleganten Rutscher im Meer zu verschwinden. Toitu he kainga, whatunga rongaro he tangata; das Land bleibt bestehen, wenn die Menschen die Erde längst verlassen haben, sagen die Maori, die Ureinwohner Neuseelands: Hier, an diesem fast mystischen Tag am Long Reef, kann ich es glauben. Vergangenheit und Unendlichkeit treffen sich; die Gegenwart scheint zu verblassen, die Szenerie ist voller unbekannter Stimmen und Gefühle. Salziger Wasserstaub hängt in der Luft. Dazu das Rauschen sich brechender Wellen: leise, als Hintergrundsmusik, bei Ebbe, donnernd und fordernd bei Flut. Die Felsbrocken entlang der Küste sind rund, von der Meeresbrandung in Millionen von Jahren aus unge-schlachtem Granit geschliffen und geformt. Es regnet, und am Long Reef, wo die Welt und Neuseeland zu enden scheinen, vermischt sich der Regen mit Salz. Ebenso in der Martins Bay, wo das Gletscherwasser vom Mount Tutoku und das Süsswasser des Lower Hollyford River ins Meer fliessen.
Der Kontrast zwischen dieser Welt und jener, aus der wir kommen, ist so gross, dass wir immer wieder stehenbleiben, uns umdrehen und zurückblicken müssen: Befanden wir uns nicht erst noch vor kurzem da oben, in den gletschereisgefüllten Hochtälern der Darran Mountains? Ganz frisch ist die Erinnerung an muskelzermürbendes Stolpern über Baumwurzeln und moosig-glitschige Steine. Haben wir nicht unsere Spuren im groben Ufersand des Lake McKerrow zurückgelassen? In drei Tagen vom Gebirge bis ans Meer; den Hollyford Track im Fiordland National Park begehen und sterben; lautet es nicht so, das Dichterwort?
Die Zivilisation ist weit Als einziges Zeichen menschlicher Anwesenheit duckt sich die Nationalpark-Schutz-hütte zwischen Steinblöcken und wasser-glänzendem Blattwerk. Tosender Regen. Schlechtwettereinbrüche vermitteln hier den Eindruck eines Weltuntergangs, es kracht und donnert, die Erde bebt unter den Ein- Die Gezeiten des Tas-man-Meeres haben im Laufe von Jahrtausenden das Gestein zu riesi- Schafe in Überzahl: 18 Millionen Schafe und V 3,5 Millionen Menschen leben auf Neuseeland.
Alpine Szenerie im Aufstieg zum Ruapehu, dem höchsten Gipfel der Nordinsel Folgende Doppelseite: Wenn über dem Tasman Valley die Wolken zerrissen sind und ein heftiger Fallwind im Flussbett meterhohe Staubfahnen aufwirbelt, giesst es hinten im Mount Cook Village wie aus Kübeln.
gen Kieseln rundgeschliffen ( Long Reef/ Martin's Bay, Fiordland National Park ).
schlagen zahlreicher Blitze. Jetzt fühlen wir die von uns gesuchte Natur .
Zu fünft sitzen wir ums offene Feuer und halten an Drähten aufgespiesste Pauamu-scheln in die Flammen. Wir zwei sowie Jürgen und Christoph aus Deutschland haben uns gestern eingefunden, während Neil, der Engländer, es noch kurz vor Einsetzen der Sintflut trotz erschwerter Umstände geschafft hat. Da sich auf den letzten Kilometern zwischen dem Lake McKerrow und der Hütte die Sohlen seiner beiden Trekkingschuhe gelöst hatten, musste er auf seine Er-satz-Turnschuhe zurückgreifen. Diese aber waren den Strapazen noch weniger gewachsen und hängen ihm nun in schlammig-drek-kigen Fetzen von den Füssen. Nicht ganz ungefährlich, wenn man bedenkt, dass uns ein über zwanzigstündiger Marsch auf rauhen Wegen von der Zivilisation trennt... Draussen rauscht der Regen eimerweise herunter, wenigstens spült er die Sandfliegen, dieses gnadenlose, unausweichliche neuseeländische Übel, gegen das weder pflanzliche noch synthetische Gifte gewachsen sind, mit vom Himmel. Neil betrachtet seine zersto-chenen Arme und zitiert würdevoll seinen prominenten Landsmann, Captain James Cook, der schon zweihundert Jahre früher über dieses ( unheilbringendste und lästigste Übel, dem er je begegnet sei>, geflucht hat. Was sind schon zerschlissene Schuhe gegen Millionen von Sandfliegen!
Wir sitzen am Feuer und reden vom alten Europa, wo gerade Mauern fallen und Grenzen sich öffnen. Unendlich weit entfernt scheint alles, hier am Long Reef, zweiunddreissig Flugstunden, sechshundert Autokilometer und drei Tage Fussmarsch durch den Dschungel von der Berliner Mauer und dem Bundeshaus entfernt. Und später liegt dann jeder auf der Pritsche und hängt seinen Gedanken nach, während der Regen aufs Blechdach trommelt und die Brandung an die Küste schlägt. Unsere Welt besteht aus den vier Hüttenwänden, dem Feuer im Kamin und dem warmen Schlafsack. Was morgen ist, wissen wir nicht—wollen es auch nicht wissen.
Mount Cook, Westland: Gletscher bis ans Meer Zum Copland Pass Eine pfeifende Amsel macht noch kein Schönwetter. Klitschnass ist ihr Gefieder, und ihre Laute klingen kläglich; sogar unter dem Vordach tropft ihr das Regenwasser unbarmherzig auf den Kopf. Der Vogel zwitschert die Töne eines Dire Straits Song - ich erinnere mich an Mark Knopflers Worte: Daniel Martig hat sich bis heute nicht ganz an den Regen gewöhnt. Kein Wunder, über 4000 Millimeter Niederschlag pro Jahr ist nicht jedermanns Sache. Seit drei Jahren lebt und arbeitet der Bergführer aus Kandersteg im Mount Cook National Park; seine Frau Janine ist Neuseeländerin, und sie versteht sein Gejammer nicht ganz. Daniels Herz ist drüben an der Westküste, wo sein kleines Häuschen steht. Dort aber regnet es noch mehr, über 5000 Millimeter jährlich. Wenn er dann von der Westküste zu erzählen beginnt, kommt er ins Schwärmen: Die Natur sei einfach schöner als irgendwo sonst und die Leute freundlicher. Wir werden sehen...
Wir sind wegen Aoraki gekommen, doch wir haben den Berg bis heute nicht gesehen. Geduld ist eine Tugend, die man als Wanderer und Alpinist bereits mitbringen sollte, wenn man in New Zealand einreist. Der Berg versteckt sich seit einer Woche hinter Regenwolken, es herrscht Nordwestwindwet-ter: Starke Winde lassen die feuchten Luftmassen an die Flanken der neuseeländischen Alpen prallen. Dort und entlang des Hauptkammes regnet es - und wie. Nur wenige Kilometer entfernt auf der windabgekehrten Ostseite, wo sich der Mount Sealy gegen den Lake Pukaki absenkt, oder drüben im benachbarten Tasman Valley scheint die Sonne. Dort hängen Lenticulariswolken am Himmel, lässt böiger Wind den feinen Staub aus dem Flussbett aufwirbeln: Föhn. Aoraki, der Berg; so nennen die Maori den höchsten Gipfel Neuseelands. Später erhielt er den Namen Mount Cook, nach James Cook, der zwar die Inseln für Grossbritannien entdeckte, den 3764 Meter hohen Berg aber möglicherweise gar nie zu Gesicht bekam.
Trotz Schlechtwetter schmieden wir Pläne -was bleibt uns anderes übrig? Daniels Geheimtip heisst ( Copland Pass>: zu Fuss in drei bis vier Tagen von den Wiesen aus braunem Bis ans Meer reichen die Gletscher auch im Südwesten der Südinsel ( Mount Tutoko, Fiordland National Park ).
Tussock-Gras durch geröllgefüllte Moränen-täler, über schäumende Gletscherbäche hinauf in die Höhe ewigen Schnees. Vorbei an der eisgepanzerten Nordostwand des Mount Cook, über eine scharfe Felsrippe zum 2150 Meter hoch gelegenen Passübergang.
Zweihundert Meter vor dem höchsten Punkt thront am Fuss des Gletschers die Copland-Schutzhütte. Mancher Bergsteiger dürfte die Biwakschachtel schon im Geiste umarmt haben; das Wetter kann blitzartig umschlagen am Hauptkamm - schneller noch als in unsern Alpen. Das silbriggraue Unding steht auf einer künstlich geschaffenen Plattform, ein Fass aus Blech. Vier Pritschen ohne Matratzen, eine Schneeschaufel und ein Funkgerät sind der ganze Komfort.
Auf dem Pass, zwischen Gletschern und Meer Copland-Passhöhe, 19. Januar, 8 Uhr morgens. Bei Tagesanbruch war der Himmel noch wolkenlos. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen, es ist dunkel wie in einem Verlies. Eisigkalte Nebelfetzen treiben von Westen her über die Gratschneide, lassen die Feuch- tigkeit in Sekundenschnelle an Felsen und Kleidern gefrieren und die Gesichter erstarren. Auf kaltes Wetter sind wir nicht vorbereitet, dachten, es sei Sommer. Überlebenskampf. Die dünnen Handschuhe sind steifgefroren, die Finger darin gefühllos. Keiner kennt den genauen Routenverlauf, Sicht gleich Null. Zwei Polen sitzen apathisch unter einem Felsblock. Sie wollen warten, bis es aufklart. ( Nur zurück !) rufen die Australier vor uns entsetzt und rutschen durch die eisverkrustete Felsrinne abwärts, ( zurück in die Schutzhütte. » Vermummte Gestalten tasten sich an uns vorbei, gleiten weiter über glasig gewordene Granitplatten. Eisen scheppert, ein Pickel entgleitet der frosttauben Hand und verschwindet in der Tiefe. Der Pickelbe-sitzer flucht. Doch inzwischen haben wir den höchsten Punkt erreicht. Vorsichtig tappen wir Schritt für Schritt abwärts. Wenn es in diesem zähflüssigen Tempo weitergeht, erreichen wir in drei bis vier Tagen die erste Hütte! Sturmböen fegen um die Felszacken, Griffe und Tritte sind mit Eis gefüllt. Wir haben Glück. Mitten im schlimmsten Sturm treffen wir auf Dave. Wie klein die Welt ( der Berge ) doch ist: Noch vor zwei Tagen tranken wir mit ihm zusammen bei Daniel Kaffee. Dave kennt den Copland Pass und auch das Wetter. Er lächelt, den Standardspruch vieler Neuseeländer auf den Lippen, don't worry, es wird schon wieder besser werden. Und wir haben erneut Glück. Nur wenige hundert Meter müssen wir uns in das Gletscherbecken auf der Westseite hinabtasten, dann schiebt eine unsichtbare Riesenhand die Nebelschwaden auseinander - so schnell, wie sie gekommen sind, lösen sie sich jetzt auf. Ein Dutzend Jahre Bergsteigen in den Alpen - um in New Zealands Bergen das Staunen zu lernen, so komme ich mir in diesem Moment vor. Und was genauso schön ist: Von nun an geht es nur noch abwärts. Abwärts über Eis, Schnee und Geröll zu den ersten, von buntem Efeu bewachsenen Talhängen. Abwärts durch glasklare Flüsse, über block-gefüllte Runsen, in denen Unwetter regelmässig Sturzbäche in die Tiefe schicken. Abwärts über moosbewachsene Wurzeln, durch schillernde Sümpfe und vorbei an heissen Quellen. Abwärts durch einen der schönsten Regenwälder der Erde. Tausend Grillen zirpen vereint ein ohrenbetäubendes Konzert, unsichtbare Vögel trillern, pfeifen, krächzen.
Auf der Nordinsel -Tongariro: Rastloses Land 1887 machte der Maori-Häuptling Horo-nuku Te Heuheu Tukino IV der Regierung des Staates New Zealand ein besonderes Geschenk: die Vulkanlandschaft von Tongariro. Tongariro wurde zum zweiten Nationalpark der Welt, fünf Jahre nach der Unterschutzstellung von Yellowstone in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Maori hat gewusst, dass die einmalige Vulkanlandschaft im Zentrum der Nordinsel nur unter der Aufsicht der Nationalpark-Behörden dauerhaften Schutz vor willkürlichen Eingriffen aller Art geniessen würde. Selbstverständlich gaben sich - und geben sich noch heute - prominente Vulkanologen hier ein Stelldichein. Sie fanden heraus, dass Tongariro Teil der sogenannten Pazifischen Platte ist, zusammen mit den Kermadec-Inseln, Tonga und Samoa. Eine rastlose Spur hinterlassend, zieht sich die damit verbundene tektonische Grenzzone auf New Zealands Nordinsel von Taranaki an der Westküste zu den Tongariro-Vulkanen, über den Lake Taupo und den Mount Tarawera zur Ostküste. Nur wenige Dutzend Kilometer von der Küste der Hauptinsel entfernt liegt dann White Island, New Zealands aktivster Vulkan.
Vor rund 1800 Jahren erschütterte eine gigantische Eruption die Nordinsel. In deren Mitte entstand ein gewaltiger See, 600 Quadratkilometer umfassend: der Lake Taupo, heute der grösste See des Landes. Der Ausbruch riss Löcher und Spalten auf, warf ver-sprühende Lava und Asche so hoch in die Luft, dass sie sich über Hunderte von Kilometern verteilte ( die Schicht am Ufer des heutigen Sees ist etwa 50 m dick ), und löschte zugleich alles Leben in der Umgebung aus. Eine neue Vegetation, wurzelnd in vulkanischem Untergrund, konnte sich danach weitgehend frei von menschlichem Einfluss entwickeln.
Im Windschatten des rund 80 Kilometer vom Tauposee entfernten Mount Ruapehu, des höchsten Berges der Nordinsel, wächst hingegen heute noch die ursprüngliche Flora, denn dorthin trieb die Aschenwolke nicht. Im Vulkan Ruapehu, was soviel heisst wie ( explodierendes Loch ), schlummert wie im Nachbarberg Ngauruhoe noch glutheis-ses Leben: Beide sind 1975 letztmals ausgebrochen. Tongariro - Land der Gegensätze: blaues Gletschereis, blendendweisser Schnee sogar im Sommer und ein Kratersee, der beinahe stündlich seine Farbe wechselt auf dem Ruapehu - ein konisch runder, aus teils schwarzer Lava aufgeschütteter, typischer Vulkanberg mit einer weissen Dampfwolke, der Ngauruhoe. Und immer wieder Wasser: Auch das Herz der Nordinsel erhält viel Niederschlag. Die herabstürzenden Fluten reissen tiefe Rinnen und Runsen ins weiche Vulkangestein, speisen die Schneefelder auf den Gipfeln, stürzen von den Höhen und überschwemmen die Tiefebenen. In Tongariro entsteht und stirbt die Erde jeden Tag neu. Die Umgebung der Vulkane, Flüsse und Kraterseen von Tongariro war den Maori immer heilig.
Ketetahi heisst das Zauberwort für Tonga-riro-Wanderer. Dieser Rundgang um die Vulkane Ruapehu, Ngauruhoe und Tongariro lässt sich beliebig ausdehnen. Hütten der Nationalparkverwaltung bieten Schutz bei Regen, Sturm oder Schneefall, und unterwegs lassen sich ( brennende ) Fusssohlen in heissen Schwefelquellen wohltuend und wirkungsvoll baden.
Die Bewohner von Rotorua, dem überlaufenen neuseeländischen Touristenzentrum, leben auf einer natürlichen Zeitbombe. Ihre Weil er sich mit Taupo, der Frau des mächtigen Ruapehu, eingelassen hatte, steht der Taranaki heute weit entfernt an der Westküste. So wenigstens wird in den Erzählungen der Maori die isolierte Lage dieses neuseeländischen Fujiyama erklärt.
Stadt liegt auf vulkanisch recht bewegtem Grund, so dass jener, der ein Loch in die Erde bohrt, kochendes Wasser . Wann ein neuer Vulkan ausbricht oder Gey-sire entstehen, weiss niemand, aber natürlich trägt man diese Tatsache mit Fassung: Never mind - es wird schon gutgehen. Wer weiss, wann sich in der einsamen Urweltlandschaft von Tongariro die Vulkane wieder einmal in die Haare geraten und sich ihrer ungeheuren Kräfte erinnern, wie schon einmal...
Vor vielen, vielen Jahren, so erzählt eine Maori-Legende, liess sich der Vulkan Taranaki in ein ( Techtelmechtel ) ein mit Taupo, der Gemahlin des grossen Ruapehu. Als Ruapehu dessen gewahr wurde, blies er erregt seine Bergspitze in die Luft, begleitet von Feuer, Rauch und Asche. Taranaki suchte sein Heil in eiliger Flucht, einen mächtigen Graben hinter sich herziehend, den heutigen Wanganui River. Das erklärt die isolierte Lage des Berges Taranaki, den der Engländer James Cook 1770 nach seinem Sponsor, dem Earl of Egmont, neu benannte. Auch dieser Berg ist ein ( schlafender Vulkan ), wie die Experten sagen: Er explodierte zuletzt vor rund 250 Jahren. Aber was ist das schon in den Dimensionen der Natur. Wer weiss, wann...
An extrem regenreichen Orten der Südinsel misst man im Durchschnitt bis zu 10 m Niederschlag im Jahr; urgewaltig ist dann auch die Kraft der Flüsse ( Dart River, Mount Aspiring National Park ).