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Dr. O. Wettstein: Anthropogeographie des Safientals

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Dr. Otto Wettstein: Anthropogeographie des Safientals. Separatabdruck aus dem Jahresbericht der geographisch-ethnographischen Gesellschaft in Zürich 1909/1910. Zürich 1910.

Ich begrüße diese Arbeit als einen wohlgelungenen Versuch, mit Zuziehung verschiedener Wissenschaften und Forschungsmethoden und mit kritischer Einzel-beobachtung an Ort und Stelle, sowie unter gründlicher Durcharbeitung der darüber aufgestellten Theorien die Besiedelungsgeschichte eines eng begrenzten Tales mit typischer Bevölkerung erschöpfend zu behandeln und daraus die einer besonnenen Prüfung sich als möglich und wahrscheinlich ergebenden Schlüsse zu ziehen. Als solche ergeben sich am Schlusse der Untersuchung folgende:

1. Die ständig bewohnten safierischen Siedelungen zerfallen in topographischer, anthropologischer und besiedelungsgeschichtlicher Hinsicht in zwei Höhenzonen, in das schon in vorwalserischer Zeit von alpinen Rätern ( Disentistypus ) besiedelte Gebiet der Talsohle und in das hochgelegene, zur Walserzeit von nordischen Germanen ( Hohbergtypus ) besiedelte Gebiet der Höfe.

2. Das safierische Milieu hat auf die Entwicklung der beiden im Lauf der Zeit nach Safien gekommenen Rassentypen einen günstigen Einfluß ausgeübt.

3. Die Deutschen Safiens sind in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts größtenteils auf dem Umweg über andere Walserkolonien aus dem Oberwallis gekommen und haben das geographische Bild des Safientals durch Besiedelung und Urbarmachung des vorher unbewohnten Gebietes der Höfe stark verändert.

4. Die Alpwirtschaft ist bei vielfach veralteter Betriebsweise die wichtigste Erscheinung der safierischen Wirtschaft; sie ist äußerst konservativ und zum guten Teil noch Eigenproduktion und Naturalwirtschaft.

5. Abgesehen vom alpinen Nomadismus zeigt die Lebensweise nur wenig originelle Züge.

6. Die Bevölkerung ist bei sehr geringer Mortalität dennoch infolge schwacher Natalität und starker Auswanderung in raschem Abnehmen begriffen.

Von ganz besonderem Werte und ausreichender Beweiskraft sind die der Walserfrage speziell gewidmeten Kapitel, pag. 21—48, und ich möchte sie allen, die in dieser Frage interessiert sind, zur Lektüre und, wo es not tut, zur Nachahmung empfehlen. Denn nun kommt wohl die Lötscherfrage an die Reihe, die allerdings mit Hypothesen nicht so überlastet ist, wie es die Walserfrage vor Muoth, Hoppeler und Wettstein war. Die von dem letzteren beigebrachten Analogien zwischen den Wanderungen der Walser und der Lötscher sind instruktiv.Redaktion.

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