© Hugo Vincent
« Peut-être que là où il fait plus froid, on a tendance à être plus chaleureux» Entretien avec l’humoriste Vincent Kucholl
Bien connu des Romands pour ses chroniques humoristiques, le Vaudois Vincent Kucholl était ce printemps à l’affiche du film
Vincent Kucholl, im Film Bon Schuur Ticino wird Französisch zur einzigen Nationalsprache. Was halten Sie von dieser Vorstellung?
Das fände ich traurig und dramatisch. Immerhin ist die Mehrsprachigkeit ein wesentliches Element der Schweizer Identität. Die Tatsache, dass man hier vier Sprachen spricht – von den Dialekten ganz zu schweigen – ist ein unermesslicher Reichtum. Egal welche Sprache sich durchsetzen würde: Ginge das alles unter, wäre es ein grosser Verlust.
Der Film hat eine klare Botschaft: Die Pluralität der Schweiz ist unantastbar. Was wäre unser Land Ihrer Meinung nach ohne diese Pluralität?
Es wäre nicht mehr die Schweiz. Der Pluralismus ist eng mit der Schweiz und ihren Bergen verbunden, die einer Vereinheitlichung lange buchstäblich im Wege standen. Er gehört ebenso zur nationalen Identität wie der Föderalismus, die direkte Demokratie, die Banken, die Schokolade und alle anderen Klischees, die mich übrigens ebenso inspirieren. Eine Schweiz ohne Pluralität würde den Tod einiger meiner inszenierten Figuren bedeuten.
Oft stellt man Menschen aus dem Mittelland denjenigen aus den Bergen gegenüber. Was halten Sie als Schweizer Mittellandbewohner davon?
Ich würde nicht das Mittel- und das Bergland miteinander vergleichen, sondern die Stadt und das Land. Das Gebirge – das ist ein Gebiet mit ein paar zusätzlichen Besonderheiten. Die Menschen auf dem Land haben einen anderen Rhythmus und eine andere Art, miteinander umzugehen. Aber es stimmt: Je höher man kommt, desto farbiger wird die Sprache. Die schwierigeren Lebensbedingungen in der Höhe färben wohl auf den Charakter ab. Und vielleicht ist man da, wo es kälter ist, zum Ausgleich warmherziger.
In den Sketchen schenken Sie Ihren Figuren aus den Bergen nichts.
Das stimmt – sie können rau und manchmal auch naiv sein. Aber alle meine Protagonisten haben ihre Fehler. Die reichen Zürcher Finanziers sind niederträchtig, die Waadtländer Bauern ein bisschen unter der Gürtellinie, die Jurassier haben kein Geld oder sind leicht depressiv. Das mag simpel wirken, aber Vereinfachung ist das Wesen der Karikatur.
In den Sendungen 120 secondes und 52 minutes auf RTS thematisieren Sie Nachrichten aus den Bergen oft mithilfe des Zermatter Bergführers Sabine «Skip» Pannatier. Warum gerade ein Bergführer? Und warum Zermatt?
Das erste Mal tauchte Skip 2012 im RTS auf, als es um die Patrouille des Glaciers (PdG) ging. Er war noch kein Führer, er war Waadtländer und hatte an einer Ausgabe der PdG teilgenommen. Als Kleidung für ihn fanden sich in den Schränken des Radiosenders eine rote RTS-Sportjacke, eine alte Mütze und eine Skibrille. Die Figur war geboren. Später gab es eine Nachrichtensendung über Zermatt, und wir haben die Figur weiterentwickelt. Skip Pannatier wurde also Bergführer in Zermatt, auch wenn man dort nicht Französisch spricht und daher der Zusammenhang nicht ganz stimmt. Aber Zermatt ist so etwas wie das Mekka des Wintersports in der Schweiz. An diesem Wintersportort kommen so viele Aspekte zusammen: das Matterhorn, das Hochgebirge, der Luxus. Skip wurde zum Vertreter der Tourismusakteure in der Alpenregion.
Skip Pannatier liebt das Geld, stellt den Profit über alles andere und möchte vom Klimawandel nichts hören. Sind die Tourismusakteure in den Bergen so unverantwortlich?
Ja, manche unter ihnen sind wirklich nicht sehr verantwortungsbewusst gegenüber künftigen Generationen. Wenn man einige Beispiele der Luxusinfrastruktur anschaut, die vermögende Gäste anlocken sollen, ist das etwas beunruhigend. Sie sind nicht sehr nachhaltig. Aber meine Figuren sind gewollt übertrieben. Sie geben das extreme Gegenteil der beschönigenden Rhetorik mancher Leute von sich. So stellen sie wieder etwas Gleichgewicht her. Humor ermöglicht es, die Realität zu hinterfragen, sie in eine andere Perspektive zu rücken. So kann man lachend mit dem Finger auf die Missstände zeigen.
In eine ähnliche Richtung geht Ihre Figur des Waadtländer Jägers Bernie Sarrasin. Er liebt es, Naturschützer zu ärgern, und steht für all jene, die sich von aussen nichts sagen lassen. Ist das ein Charakterzug der Bergbewohner?
Bernie Sarrasin verkörpert den Walliser, der stolz darauf ist, Walliser zu sein. Das mag ein wenig lächerlich erscheinen. Aber auch das ist eine Art und Weise, sich zu unterscheiden und sein Erbe zu bewahren.
Wie reagieren die Walliser auf die Parodie?
Die Reaktionen sind meist positiv. Amüsant ist, dass die Schweizer geschmeichelt scheinen, wenn man sich über sie lustig macht. Sie lachen tatsächlich gerne über sich selbst. Ich glaube, dass sie sich viel weniger ernst nehmen als beispielsweise die Franzosen. Sie haben mehr Sinn für Selbstironie, auch wenn sie in einem Sketch oft eher ihren Nachbarn wiedererkennen als sich selbst ...
Auch das Gebirge machen Sie in Ihren Sketchen zum Thema. Meist spielt es eine düstere Rolle.
Ja. Die Berge sind gefährlich. Es wird gesagt, dass dort vielleicht Seelen umherirren. Oft stehen sie für Kälte, das harte Leben. Dort oben gibt es nichts zu essen, nur Geröll und Eis. Es ist unwirtlich. Aber zugleich sind sie auch prachtvoll. Die Berge machen Angst, ja, aber sie haben auch eine gewisse Anziehungskraft, sie faszinieren und bewegen. Sie sind vielfältig – wie die Schweiz.
Was verbinden Sie persönlich mit den Bergen?
Für mich strahlen die Berge Ruhe aus, und sie inspirieren mich. Mit Schauspielkollege Vincent Veillon mache ich oft einen Ausflug in sein Chalet in Plans-sur-Bex, wenn wir über ein neues Projekt sprechen wollen.
Manche Berggänger werden von den Bergen zu Rekorden animiert. Sind die Alpen auch für Sie ein Ort, wo man über sich hinauswachsen kann?
Die Berge verleiten mich nicht zum Schwitzen, sondern eher zum Träumen. Gipfelrekorde – so etwas ist mir völlig fremd. Wer Gipfel erobert, ist ausserirdisch. Das ist so weit entfernt von meiner Realität. Leistung um jeden Preis, das inspiriert mich nicht. Mein Ansatz ist eher das Beschauliche.
Klettern, Bergsteigen, Skitouren – ist das etwas für Sie?
Wenn ich auf Skitouren gehe, dann für einen Dreh. Wenn ich klettere, dann für einen Dreh. Wenn ich wandere oder Heliboarding betreibe, dann ebenso. Ich habe oft Bergspezialisten gespielt, verkörpere aber bei Weitem keinen. Bei Dreharbeiten in Anzère für eine Serie, die im September startet und in der ich einen alten Freeride-Star spiele, musste ich ein bisschen klettern. Ich fühlte mich nicht wirklich sicher, denn mir war echt schwindlig.
Betrachten Sie die Berge also lieber von unten?
Für mich als Weinliebhaber sind der Bergfuss und das, was dort wächst, sehr attraktiv (lacht). Aber ich liebe den Ausblick, den die Berge bieten. An meinem derzeitigen Wohnort habe ich Blick auf den See und die Berge. Wenn ich wegziehen müsste, würde ich diese Kulisse weiterhin brauchen. Ich könnte nicht in einem ganz flachen Land leben.