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Kein Freipass für Freiflächen-Photovoltaikanlagen in unerschlossenen Berglandschaften Medienmitteilung
Der Schweizer Alpen-Club SAC ist mit den dringlichen Massnahmen zur Erhöhung der Winterstromproduktion nicht einverstanden. Dem SAC ist es ein zentrales Anliegen, unerschlossene Landschaften zu schützen. Die vom Ständerat beschlossenen Massnahmen zur Förderung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen gehen zu weit. Der SAC erwartet vom Nationalrat entscheidende Korrekturen am Gesetz.
Unter dem Eindruck drohender Stromversorgungsengpässe hat der Ständerat heute dringliche Massnahmen zur Erhöhung der Winterstromproduktion beschlossen. Damit soll eine rechtliche Grundlage geschaffen werden, um die schnelle Realisierung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Umfang von schweizweit insgesamt 2 TWh Jahresproduktion zu realisieren. Dies entspricht ca. 5 km2 Solaranlagen oder 700 Fussballfeldern. Angedacht sind vor allem Anlagen im alpinen Gelände, die sich für die Produktion von Winterstrom eignen. Die Hürden für eine Realisierung einer solchen Anlage würden mit diesem Gesetz so tief angesetzt, dass es lediglich die Bewilligung des Kantons sowie die Zustimmung der betroffenen Standortgemeinde und dem Grundstückseigentümer brauchen würde.
Eine Interessenabwägung mit anderen Gütern wäre nicht mehr vorgesehen. Denn das Interesse an der Realisierung einer solchen Freiflächen-Photovoltaikanlage würde anderen nationalen und kantonalen Interessen vorgehen. «Das würde bedeuten, dass man in Schutzgebieten oder gar im Schweizer Nationalpark eine Photovoltaikanlange bauen könnte», sagt Philippe Wäger, Mitglied der Geschäftsleitung beim SAC-Zentralverband. Auch der Schutz durch das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN), das die wertvollsten Landschaften der Schweiz bezeichnet, würde mit dem neuen Gesetzesartikel ausgehebelt. Für die Biodiversität wichtige Biotope von nationaler Bedeutung (2% der Landesfläche) könnten einer Freiflächen-Photovoltaikanlage zum Opfer fallen. «Eine Planungspflicht und eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) muss unbedingt wieder in den Gesetzesartikel rein», sagt Philippe Wäger. An der UVP-Pflicht müssten auch Investoren interessiert sein, weil diese auch die Themen Geologie und Naturgefahren detailliert miteinbezieht. Deshalb empfiehlt der SAC dem Nationalrat entscheidende Korrekturen am Gesetzesartikel vorzunehmen.
SAC sieht Potenzial entlang von motorisierten Alpenpässen
Trotz der Sorge um Stromversorgungsengpässe im kommenden Winter, gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Selbst wenn man Freiflächen-Photovoltaikanlagen nun alle Steine aus dem Weg räumen will, werden auch sie nicht von heute auf morgen realisiert. Der SAC setzt sich schon länger mit der Thematik Freiflächen-Photovoltaikanlagen auseinander und ist überzeugt: «Es braucht eine gesamtheitliche überregionale Planung, um die geeignetsten Standorte zu finden.» Dezentrale Photovoltaikanlagen sollen in erster Priorität auf bestehender Infrastruktur und in zweiter Priorität auf erschlossenen oder landschaftlich wenig wertvollen Freiflächen realisiert werden. Der SAC sieht bei detaillierter Betrachtung Potenzial für Photovoltaikanlagen entlang den Alpenpassstrassen und in der Nähe der bestehenden Infrastrukturen der Wasser- und Windkraft.
Auch Restwassermengen unter Druck
Weitere Eingriffe drohen den Berglandschaften durch die Revision des Energiegesetzes (EnG) und des Stromversorgungsgesetztes (StromVG). Die beiden Vorlagen werden ebenfalls noch in dieser Herbstsession vom Ständerat behandelt. Die vorberatende Kommission (UREK-S) hat sich dafür ausgesprochen, zugunsten des Ausbaus erneuerbarer Energien die Bestimmungen zu Restwassermengen zu suspendieren und den Schutz der BLN-Gebiete und der Biotope von nationaler Bedeutung massiv zu lockern. Auch dagegen wehrt sich der SAC entschieden.
Der SAC unterstützt die Energiewende und die Gletscher-Initiative und ist sich bewusst, dass neben Stromsparen und Energieeffizienz der Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere der Solarkraft, unumgänglich ist. Dies jedoch nicht um jeden Preis. Der SAC wehrt sich dagegen, dass dieser Ausbau ohne Rücksicht auf alpine Landschaften erfolgen soll. Gleichzeit ist der SAC bereit, sich bei der Suche nach geeigneten Standorten im alpinen Gelände einzubringen.
Für weitere Auskünfte:
Schweizer Alpen-Club SAC (Zentralverband)
Philippe Wäger, Mitglied der Geschäftsleitung, Ressortleiter Hütten und Umwelt
Telefon: 031 370 18 62
E-Mail: philippe.waeger@sac-cas.ch