Zustiegsgenehmigung am Mont Blanc: Kontra Debatte
Unfälle, rauer Umgangston, Verstösse... Ist die klassische Route auf den Mont Blanc Opfer seiner Beliebtheit geworden? Würde eine Aufstiegszulassung die Situation 2019 beruhigen? Wir haben Jean-Marc Peillex, Bürgermeister von Saint Gervais-les-Bains, und Philippe Descamps, Co-Autor einer Unfallstudie über die Normalroute, dazu befragt.
"Die aktuelle Debatte über die Normalroute auf den Mont Blanc geht an den wichtigen Fragen vorbei. Sie lauten: Wie können Unfallrisiken und Umweltschäden reduziert werden? Die Behörden haben seriöse Arbeiten in den Bereichen Klima, Geologie und Unfallforschung aber nie ernst genommen. Hingegen lassen sie das Gouter-Couloir, mit durchschnittlich fast vier Todesfällen pro Jahr, wie ein dunkler Punkt in der französischen Bergsteigerbranche erscheinen. Der Mont Blanc, der Alpengipfel schlechthin, hat mehr verdient als Schlagzeilen in den Medien und Wichtigtuereien von Einzelnen.
Entgegen der weitverbreiteten Behauptung nimmt die bergsteigerische Gesamtfrequenz im Mont-Blanc-Massiv nicht zu. Der Gipfel zieht viele Menschen an. Diese Begeisterung hat sich in den letzten 30 Jahren jedoch nur geringfügig erhöht, wie die Übernachtungszahlen in den Hütten zeigen. Es gibt sogar Grund zur Sorge, dass viele klassische Routen nicht mehr begangen werden. Und zwar nicht nur, weil die globale Erwärmung die Bedingungen erschwert.
Grundsätzlich sollte sich das Interesse wieder auf das Gipfelerlebnis richten und nicht auf Dramen und Fehlleistungen. Will man die Zahl der Unfälle verringern, müssen die Bergsteiger noch besser informiert werden. Der Zustrom muss auf die am wenigsten gefährlichen Morgenstunden gelenkt werden, die Bergsteiger müssen sich richtig anseilen und entsprechend ausgerüstet sein. Wenn es dennoch notwendig wäre, den Besucherstrom zu verringern und effektiver zu kontrollieren, wäre der demokratischste Weg, den Zugang physisch oder sogar technisch zu erschweren. Darüber sollte man in einem Berggebiet nachdenken, wo die meisten Zustiege mechanisiert sind.
Warum ein paar Tausend Bergsteiger stigmatisieren, wenn es jedes Jahr fast eine Million Wandertouristen auf den Gipfel der Aiguilles du Midi zieht? Ganz zu schweigen vom Montenvers, der Tour du Mont Blanc oder der Pointe Helbronner. Anstatt sich eine Gipfelpolizei oder aristokratische Zustände zu wünschen, wäre es besser, die Zahl der Unterkünfte in der Höhe zu überdenken. Beginnend mit dem versprochenen Abbruch der ehemaligen Goûter-Hütte."