Wie gross ist eine grosse Lawine? Das SLF passt Lawinengrössen an
Damit Skitourengänger das Lawinenbulletin richtig interpretieren können, braucht es für die Lawinengrössen Bezeichnungen, die dem Empfinden der Wintersportler entsprechen. Die Europäischen Lawinenwarndienste haben die bisherigen Begriffe deshalb korrigiert.
Wir querten in den unverspurten Nordhang und freuten uns schon auf den stiebenden Powder. Plötzlich ein lautes Wumm, und fast zeitgleich setzte sich der ganze Hang vor uns in Bewegung. Wir hatten eine riesengrosse Schneebrettlawine ausgelöst, gewiss 300 Meter breit und 150 Meter lang … Riesengross? Bis vor Kurzem wäre das gemäss offizieller Definition gerade einmal eine «mittlere» Lawine gewesen. Und viele der tödlichen Unfalllawinen waren als «klein» zu bezeichnen.
Wie gross eine Lawine eingeschätzt wird, ist oft subjektiv und von den Umständen abhängig. Die Europäischen Lawinenwarndienste haben zwar die Lawinengrössen definiert, die bisherigen Benennungen sind aber zu wenig bekannt und entsprechen nicht dem Empfinden der meisten Wintersportler. Wenn die offiziellen Begriffe nicht richtig verstanden werden, erschwert dies die Verständlichkeit des Lawinenbulletins. Zudem sind Rückmeldungen an den Lawinenwarndienst schwierig zu interpretieren, wenn die Beschreibung der Grösse subjektiv ist. Diese Unstimmigkeiten sollen ab diesem Winter mit einer neuen Benennung der fünf Lawinengrössen bereinigt werden. Mit den neuen Namen würde die besagte Lawine als «gross» gelten.
Die Lawinengrösse ist mitbestimmend für die Lawinengefahr
Für die Bestimmung der Gefahrenstufe werden nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Lawinenauslösung und die Verbreitung der Gefahrenstellen, sondern auch die Anzahl und die Grösse der zu erwartenden Lawinen berücksichtigt. Die Anzahl der Lawinen nimmt mit zunehmender Gefahr markant zu. Am häufigsten sind «kleine», «mittlere» und «grosse» Lawinen. Die typischen «Skitourenlawinen», in denen die meisten Personen tödlich verunfallen, werden neu als «mittel» bezeichnet. Früher nannte man sie «klein». Sie sind typischerweise 150 Meter lang, wobei die Anrissfläche etwa 50 mal 80 Meter und die mittlere Höhe des Anrisses rund 50 Zentimeter beträgt. Dies entspricht einem Anrissvolumen von etwa 2000 Kubikmetern Schnee oder zwei Einfamilienhäusern. Lawinen der Grösse «sehr gross» und «extrem» sind typisch für die Gefahrenstufen 4 (gross) bzw. 5 (sehr gross).
Angabe zur Lawinengrösse im Lawinenbulletin
Im Gefahrenbeschrieb des Lawinenbulletins wird vor allem dann speziell auf die Lawinengrössen eingegangen, wenn sie von der üblichen Situation nach unten oder oben abweichen:
Bei Gefahrenstufe 1 (gering) werden manchmal kleine Lawinen aus oberflächennahen Schichten erwähnt. Für eine Verschüttung sind diese Lawinen oft zu klein, doch können sie in extremem Steilgelände Personen mitreissen und zum Absturz bringen.
Bei Altschnee finden sich oft Hinweise auf «gefährlich grosse» Lawinen. Gemeint sind damit «mittlere» und «grosse» Lawinen, die von Personen ausgelöst werden können und grösser sind als typische «Skifahrerlawinen». In einer solchen Situation ist die Wahrscheinlichkeit, eine Lawine auszulösen, relativ klein, aber die Konsequenzen können gravierend sein.
Bei Gefahrenstufe 4 (gross) sind meistens viele spontane Lawinen zu erwarten. Sie können «sehr gross» werden und bis in Tallagen vorstossen. Auslösungen durch Personen sind häufig. Dieselbe Gefahrenstufe ist aber auch möglich, wenn die spontane Lawinenaktivität nur klein ist, Personen aber sehr leicht «mittlere» oder «grosse» Lawinen auslösen können.