Wenn die Hitze lebensgefährlich wird Sonnenstich und Hitzschlag: ein gefährliches Duo
Die Auswirkungen der beiden nicht immer einfach zu unterscheidenden «Zwillinge» werden oft unterschätzt. Bei einem Hitzschlag drohen gar Bewusstseinsstörungen und Lebensgefahr.
Die Sonne brannte, von Schatten auf dieser Seite des Gebirgszuges war weit und breit keine Spur. Der Hut mit breiter Krempe blieb – aus im Nachhinein unerklärlichen Gründen – den ganzen Tag im Rucksack. Bis sich Patrick mit rotem, schmerzendem Kopf und von der Sonne gezeichneter Nackenpartie hinlegen musste. Der Rest ist schnell erzählt: Flüssiges und verspäteter Hutschatten halfen wenig, die Erholung liess auf sich warten. Schliesslich wurde der Rettungshelikopter alarmiert. Zu Recht, wie sich herausstellte: Patrick hatte einen lebensbedrohlichen Hitzschlag.
«Ein klassischer Verlauf und eine richtige Schlussfolgerung der Kameraden am Berg», bilanziert der Gebirgsmediziner Martin Walliser. Er ist leitender Arzt der Unfallchirurgie am Kantonsspital Glarus und Vizepräsident der Schweizerischen Gesellschaft für Gebirgsmedizin (SGGM). Er weiss: «Wer über längere Zeit zu viel Sonneneinstrahlung auf den Kopf bekommt, riskiert vor allem im Sommer einen Sonnenstich und im Extremfall einen lebensbedrohlichen Hitzschlag.» Dieser entsteht, wenn hohe Temperaturen über längere Zeit auf den Körper wirken und er nicht mehr in der Lage ist, sich durch Schweissproduktion ausreichend abzukühlen. Es kommt zu einer gestörten Wärmeregulation, die Körpertemperatur steigt. «Eine Kopfbedeckung gehört deshalb unterwegs zwingend dazu» sagt Walliser.
Hitze reizt die Hirnhaut
Bei zu viel Sonne lässt sich der Weg zu einem Hitzschlag (Hyperthermiesyndrom) nach Walliser in drei Stufen aufteilen. Eine erste Phase der Überhitzung führt zu einem Sonnenstich. Dieser entsteht aus einer übermässigen Sonnenbestrahlung des Kopfes, was zu einem Wärmestau und einer Reizung der Hirnhaut führt (aseptische Hirnhautentzündung).
Ein Sonnenstich ist die Vorstufe einer Hitzeerschöpfung mit einer Körpertemperatur von bis zu 40 Grad. Die Hitzeerschöpfung ist meist mit einer Dehydration und zu geringer Flüssigkeitszufuhr verbunden. Beide Stufen gehen einher mit einem Hitzegefühl, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Leistungsabfall und unter Umständen auch mit Schwindel. Der Patient bleibt aber ansprechbar, und der Kreislauf ist intakt.
Delirium und Krämpfe
Anders, noch intensiver, zeigt sich die dritte Stufe: Der eigentliche Hitzschlag ist eine übermässige Erwärmung des Körpers mit einer Temperatur von über 40 Grad und eine Störung des zentralen Nervensystems. Die Folgen sind weitreichend und gefährlich: Delirium, Bewusstseinstrübung, Halluzinationen, Erregung und Krämpfe. «Spätestens bei solchen Symptomen sind rasches Handeln und schnelle professionelle Hilfe nötig», erklärt Martin Walliser, «denn es drohen Komplikationen wie Atembeschwerden, Hirnschwellung oder sogar Nieren- und Leberversagen.» Bei einem längeren Kreislaufkollaps und Sauerstoffmangel droht zudem eine Hirnschädigung.