Testgerät für Verbundhaken Ein Prototyp der überzeugt
Wie gut hält ein Verbundhaken? Das lässt sich nun mit einem neuen Testgerät prüfen. Das Gerät soll vor allem bei Sanierungskursen eingesetzt werden.
Wer in einer Kletterhalle einen Kurs besucht hat, geht möglicherweise davon aus, dass draussen am Fels dieselben Sicherheitsstandards gelten wie in der Halle. Doch weit gefehlt. In den Kletterhallen wird der Unterhalt vom Betreiber garantiert, die Fixpunkte müssen regelmässig kontrolliert werden. Sobald man den Fuss an den Fels setzt, ist das anders. Wer «draussen» klettert, tut dies auf eigene Verantwortung. Einen regelmässigen Unterhalt oder eine Kontrolle von Routeneinrichtungen gibt es nicht. Das wäre auch nicht machbar, denn allein schon in der Schweiz muss mit einer sechsstelligen Anzahl von fixen Sicherungspunkten und Abseilstellen unterschiedlichsten Alters und unterschiedlichster Herkunft gerechnet werden. Diese lassen sich niemals auch nur ansatzweise überprüfen.
Prüfen, nicht zerstören
Auch fehlte bislang eine Einrichtung, mit der sich die Haltekraft von Haken objektiv prüfen liess. Beim Einsatz handelsüblicher, hydraulischer Zuggeräte ergaben sich zwei Schwierigkeiten: Zum einen konnte das Gerät bloss eine radiale Kraft – parallel zur Felsoberfläche – ausüben. Auch musste das Gerät jedes Mal an einem Fixpunkt aufwendig im Fels verankert und gesichert werden. Zum andern bestand die Gefahr, dass der Haken beschädigt, geschwächt oder letztlich ganz zerstört wurde.
Robert Rehnelt, Bergführer und Sportkletterer, befasste sich schon seit einigen Jahren mit dem Gedanken der Entwicklung eines Bohrhakentestgerätes. Im Fokus standen die Verbundhaken, denn hier ist es sinnvoll, bei Sanierungen die einwandfreie Aushärtung der Zwei-Komponenten-Verbundmasse stichprobenweise prüfen zu können. Dies umso mehr, als in Klettergärten und vielbesuchten Klettergebieten zunehmend Verbundhaken Verwendung finden.
Das erste Gerät – ein Balken
Robert Rehnelts Idee eines Verbundhaken-Testgerätes wurde 2007 in der Fachgruppe Sanieren und Erschliessen des SAC aufgegriffen. Im Auftrag der FG S+E entwickelte der Berner Oberländer Bergführer und Sportkletterer Martin Stettler ein erstes einfaches Gerät aus Holz, das nach dem Hebelarmprinzip funktionierte. Wurde der Hebel mit etwa 70 bis 80 Kilogramm, dem «Normalgewicht» eines Menschen, belastet, wirkte eine Zugkraft von 400 bis 500 Kilogramm (5 kN) auf den Haken. Dieses Gerät war jedoch schwer und unhandlich für den praktischen Einsatz. Immerhin liessen sich damit während Sanierungskursen wertvolle Erfahrungen für die Weiterentwicklung sammeln.
Von der Idee zum Prototyp
Dank dem grossen ehrenamtlichen Einsatz aller am Projekt Beteiligten und der je hälftigen Finanzierung durch den SAC-Sanierungsfonds und die Emil-Huber-Stockar-Stiftung stand bald ein völlig neu konzipiertes Gerät zur Verfügung. Das Funktionsprinzip des Gerätes beruht auf einem definierten Drehmoment, das mittels einer Kette in eine axiale Zugkraft umgewandelt wird. Die Lösung ergab sich allerdings nicht ohne Weiteres, da hohe Kräfte wirken. Auch mussten die einzelnen Bauteile möglichst einfach gestaltet sein. Die Abstützung auf dem Fels erfolgt nach dem Dreibeinprinzip. Für die Krafteinleitung wird ein handelsüblicher Drehmomentschlüssel eingesetzt, wie er etwa im Automobilgewerbe verwendet wird. Auch in Bezug auf das Gewicht wurde ein grosser Schritt nach vorne gemacht, 4,1 Kilogramm zeigte die Waage.
Erste Versuchsreihe
Anlässlich des internen Kurses der FG S+E im März 2012 wurde das Bohrhakentestgerät erstmals im Fels getestet. Als Testobjekte dienten Verbundhaken, die absichtlich fehlerhaft im Fels angebracht worden sind. Dabei ging es um folgende Fragen: Lassen sich handwerkliche Fehler beim Setzen von Verbundhaken nachweisen? Erlaubt das Gerät ein rasches und effizientes Vorgehen beim Testen einer grösseren Anzahl von Verbundhaken? Wie hoch ist der Testzeitbedarf pro Haken? Arbeitet das Gerät zuverlässig? Entspricht es dem Pflichtenheft?
Bei allen Verbundhaken, die der Zugkraft nicht standhielten, konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass handwerkliche Fehler für die Schwächung der Verankerung im Fels verantwortlich waren. Die Zuverlässigkeit und Aussagekraft des Testgerätes wurde mit einem hydraulischen Zugsystem geprüft, die Resultate stimmten überein. Bei optimaler Zugänglichkeit und Platzierung des Geräts waren pro Haken für einen Test rund eineinhalb Minuten nötig.
Erfolgreiche zweite Testserie
Nach diesem Test stand die Überprüfung eines ganzen Klettergartensektors auf dem Programm, der speziell dafür eingerichtet worden war. Getestet wurden insgesamt 16 Routen mit durchschnittlich acht Verbundhaken pro Route. Im Durchschnitt waren für eine Route zehn Minuten nötig, wobei jeder Haken mindestens zwei Mal getestet wurde. Nach 347 Krafteinleitungen von 5 kN war klar, dass das Gerät ausreichend dimensioniert ist und das Dreibeinprinzip auf allen Oberflächenformen des Felsens funktioniert.
Gerät für Schulungszwecke
Können nun schweizweit Verbundhaken getestet werden? Ganz klar nicht. Wie erwähnt, wäre es illusorisch, sämtliche Verbundhaken in den Klettergebieten der Schweiz zu testen. Die Anzahl Haken ist zu gross, der zeitliche Aufwand nicht zu bewältigen. Zudem muss das Testgerät von einer Fachperson bedient werden, die auch eventuelle weiterführende Massnahmen an die Hand nehmen kann.
Das Testgerät – von dem zurzeit erst ein einziges Exemplar existiert – ist für Schulungszwecke vorgesehen. Damit kann beispielsweise am Schluss eines Sanierungskurses eine Kontrolle durchgeführt werden, wodurch die Teilnehmer ein Feedback für ihre Arbeit erhalten. Weiter ist vorgesehen, dieses Testgerät Interessierten anderer alpiner Verbände vorzuführen. Doch um das Bohrhakentestgerät nur schon für Kurs- und Demonstrationszwecke effizient einzusetzen, müsste eine Kleinserie in Produktion gegeben werden.