SAC hält am «Zermatter Kompromiss» fest Gebirgslandeplätze überprüfen
Der Bund will nur noch 40 Gebirgslandeplätze und deshalb zwei bestehende schliessen. Der SAC begrüsst dies grundsätzlich, verlangt aber eine Überprüfung aller Landeplätze: Man müsse dort lenkend eingreifen, wo die Konflikte zwischen Schutz und Nutzung am grössten seien.
Die Zahl der Gebirgslandeplätze (GLP) soll auf 40 reduziert werden. Um auf diese Zahl zu kommen, schlug das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) im Januar vor, die Plätze Rosenegg-West und Gumm im Berner Oberland aufzuheben. Weitere Einschränkungen für die Gebirgsfliegerei sind nicht vorgesehen. Den Prozess, in dem sämtliche GLP hätten überprüft werden sollen, hatte der Bundesrat schon letztes Jahr gestoppt (S. 28). «Der Entscheid zeigt, dass einseitig zugunsten der fliegerischen und touristischen Interessen entschieden wurde, ohne Rücksicht auf den Natur- und Landschaftsschutz», schreibt der SAC in seiner Stellungnahme.
Beim BAZL sieht man das anders: «Es gab grosse Kritik vonseiten der betroffenen Helikopterfirmen der Standortgemeinden, die ihre GLP nicht verlieren wollen», sagt Urs Holderegger, Leiter Kommunikation. Der Vorschlag sei ein Kompromiss zwischen ökonomischen und ökologischen Abwägungen. Er ermögliche zudem jene Menge an Flügen, die es für die Schulung der Piloten brauche. Da ist Gerold Biner, CEO von Air Zermatt, anderer Meinung. Er findet die Reduktion der Landeplätze unverständlich. «Für Ausbildung und Training bessert sich dadurch die Situation nicht wirklich.»
Rotorenblätter verblasen die Ruhe
Der SAC-Zentralvorstand begrüsse zwar die Reduktion grundsätzlich, sagt Ressortleiter Umwelt René Michel. Er hält die Auswahl aber für nur beschränkt nachvollziehbar. Denn der Helikopterlärm sei auch bei mindestens 19 weiteren Landeplätzen ein Problem. Viele GLP liegen in oder in der Nähe von Schutzgebieten: Jagdbanngebiete, Wildruhezonen oder Flächen, die zum Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) zählen.
Dröhnende Rotorenblätter verblasen die Ruhe, wie sie etwa für BLN-Gebiete angestrebt wird. Das BAZL selbst schrieb beispielsweise zum GLP Monte Rosa: «Der Flugbetrieb erscheint aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes problematisch; eine detaillierte Überprüfung ist nötig.»Genau das haben der SAC und Interessenvertreter aus Zermatt gemacht und für die Region Wallis Südost – eine von schweizweit sechs GLP-Regionen – eine Lösung erarbeitet, die alle unterschreiben konnten. Im April 2014 war der Kompromiss geschmiedet. Demnach dürfte der Landeplatz Monte Rosa nur noch von Anfang Dezember bis Ende März für touristische Zwecke angeflogen werden, Alphubel und Äschhorn von Anfang Dezember bis Ende April. Von April bis November wären Ausbildungsflüge generell erst ab 14 Uhr zulässig. So müssten sich Tourenfahrer im Gebiet Monte Rosa während ihrer Hauptsaison nicht mehr über Lärm und faule Helitouristen ärgern.
«Beide Seiten mussten Federn lassen»
Als Kompensation für die Einschränkungen soll ein Landeplatz Trift (in der Nähe des Berggasthauses Trift) in Betrieb genommen werden, wobei Touristen dort nicht abgesetzt, sondern nur aufgeladen würden. So entfiele für sie der letzte Teil der Abfahrt vom Äschhorn nach Zermatt. Sie führt mitten durch eine Wildruhezone. Keine Änderungen gegenüber dem heutigen Betrieb gäbe es für die Landeplätze Unterrothorn und Testa Grigia. Sie liegen in unmittelbarer Nähe von Skigebieten.
«Das ist ein tragbarer Kompromiss. Beide Seiten mussten Federn lassen», sagt Ursula Schüpbach, Bereichsleiterin Umwelt des SAC. «Wir verzichten auf die Forderung, den GLP Monte Rosa zu schliessen, haben dort aber dafür klare zeitliche Beschränkungen und weniger Verkehr.» Auch Gerold Biner, eines der Mitglieder der Zermatter Delegation, hält den gemeinsamen Vorschlag für den bestmöglichen Kompromiss.
Die Freude, aus einer jahrelang verfahrenen Situation herausgefunden zu haben, währte nicht lange: Kaum hatten sich der SAC und Zermatt gefunden, stoppte der Bundesrat die Überprüfung der Gebirgslandeplätze – wegen «unüberbrückbarer Differenzen» zwischen lokalen Interessen und nationalen Verbänden, wie das BAZL schrieb. Wie kam das Amt zu dieser Einschätzung? «Wir wussten, dass sich der SAC und Zermatt nähergekommen waren, aber es gibt noch andere Interessengruppen und weitere Baustellen», sagt Urs Holderegger. «Im Berner Oberland zeichnen sich ebenfalls Jahre dauernde Prozesse mit ungewissem Ausgang ab.»
Karl Schmidhalter, der Präsident der SAC-Sektion Zermatt und Vertreter der Walliser SAC-Sektionen in der Zermatter Delegation, ist da optimistischer: «Wir sind der Meinung, dass die Gruppe des SAC, zusammen mit lokalen Leistungsträgern, für jede Region eine vernünftige Lösung gefunden hätte.»
Ursula Schüpbach teilt seine Zuversicht und findet, eine detaillierte Überprüfung lohne sich. So könne man dort lenkend eingreifen, wo am meisten Konfliktpotenzial zwischen Schutz und Nutzung bestünde. «Das ist besser als eine aus Umweltsicht eher zufällige Schliessung von zwei Plätzen.»
Überprüfung wieder anstossen
Der SAC hat diese Position in seiner Stellungnahme zum Vorschlag des BAZL dargelegt. Sollte der Bund ihm kein Gehör schenken, zieht der Verband rechtliche Schritte in Betracht. Ob er zudem noch andere Schritte unternehmen wird, um den Prozess zur Überprüfung der GLP wieder anzustossen, ist noch offen. «Es gibt verschiedene Instrumente, die wir prüfen», sagt Ursula Schüpbach. Sukkurs erhält der Zentralverband dabei aus dem Wallis: «Wir werden weiterhin versuchen, das mit dem SAC erarbeitete Konzept voranzutreiben», erklärt Gerold Biner.