Richard Armin Baltzer (1842-1913)
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Richard Armin Baltzer (1842-1913)

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Richard Armin Baltzer ( 1842-1913 ) Professor Dr. Richard Armin Baltzer gehört zu den bedeutenden wissenschaftlichen Alpenpio-nieren der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Als Geologe steht er zwischen der frühen Pionierzeit eines Bernhard Studer und Arnold Escher, von dem er entscheidende Impulse empfing, und der Hochblüte der schweizerischen Alpengeologie, die durch Albert Heim verkörpert war, der in der Mittelschule Baltzers Schüler war und von ihm für die Geologie begeistert wurde. Diese Zwischenstellung ist für Armin Baltzer charakteristisch. Mit seinem minutiösen Studium der Faltungen am Glärnisch und vor allem mit seinen in vielen strapaziösen Hochtouren gewonnenen Erkenntnissen über die Natur des Kontaktes zwischen Gneis und Kalk, den er als eine Folge von mechanischen Schubvorgängen und nicht als Ergebnis vulkanischer Intrusion erklärte, löste er sich vom geologischen Alpenbilde vor allem Bernhard Studers und bereitete den Weg zum modernen Bilde vom Deckenbau der Alpen, ohne dass es ihm vergönnt war, selbst diesen Durchbruch zu vollziehen. Nur widerstrebend und langsam, aber zuletzt doch mit voller Überzeugung, schloss er sich der neuen Auffassung an, die von einer Jüngern Generation getragen war. Auch sein äusseres und inneres Leben war ein fortwährendes Ringen nach dem richtigen Weg und der richtigen Erkenntnis. Als Sohn einer durch die Stürme der 1840er Jahre auf die Wanderschaft getriebenen deutschen Theolo-genfamilie, musste er in der Schweiz neu Anker werfen und sein Leben in neuem Umkreis aufbauen. Die Naturwissenschaft, die Begeisterung für die Hochalpen und die im SAC gewonnenen Freundschaften wurden bestimmend.

Armin Baltzer wurde am 16. Januar 1842 als Sohn eines Pfarrers in Zwochau bei Merseburg in der preussischen Provinz Sachsen geboren. Nach unstäter Wanderzeit seit den Ereignissen von 1848/49 liess sich die Familie 1855 in Zürich nieder, wo Armin, ohne ein Maturitätszeugnis zu besitzen und ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben, im Jahre 1860 an der Universität zu studieren anfing. Die Naturwissenschaften standen, dem rationalistischen Zuge der Zeit entsprechend, im Vordergrund, doch neigte Armin Baltzer auch immer wieder zu Kunst und Philosophie, von der er Hilfe in seiner innern Auseinandersetzung erwartete. In Bonn promovierte er dann 1864 in Zoologie zum Doktor und kehrte nach Zürich zurück, wo er im Naturwissenschaftsunterricht an höhern Mittelschulen ein seiner Begabung und seinem Schwung entsprechendes dankbares Arbeitsfeld fand. Albert Heim schilderte später seinen damaligen Lehrer als einen sympathischen, starken, blonden und frischen Jüngling, der einigen seiner Lieblingsschüler privatim Unterricht in Geologie und Mineralogie erteilte und in ihnen den Funken für die Alpengeologie zündete. Aus diesem Verhältnis erwuchs ein herzliches Freundschaftsverhältnis zwischen Armin Baltzer und Albert Heim, das sich in zahlreichen Touren und Forschungsreisen in der Schweiz, in Italien, in England und im Kaukasus erhärtete. Besonders erfolgreich war seine Tätigkeit an der Industrieabteilung der Kantonsschule Zürich vom Jahre 1869 an. Von diesem Jahre an finden wir auch seine Spuren in der Sektion Uto und im SAC in Tourenberichten, wissenschaftlichen Vorträgen und Abhandlungen in den « Jahrbüchern » des SAC. Ins Jahr 1869 fällt auch die Erstbesteigung des Monte Adamello vom Val Salarno her, die Armin Baltzer mit Gustav Siber-Gysi, damals Präsident der Sektion Uto und Vizepräsident im Central-Comité des SAC, ausführte.

In diesen frühen Zürcher Jahren brach bei dem kräftigen Bergsteiger unter dem Einfluss Arnold Eschers die Geologie als Lebensaufgabe endgültig durch. Jahrelang kletterte Armin Baltzer an den Wänden des Glärnisch herum und veröffentlichte 1873 seine erste grosse geologische Arbeit « Der Glärnisch, ein Problem des alpinen Gebirgsbaues ». Im selben Jahre habilitierte er sich mit einer Antrittsrede über Steinkohlen an der Universität und am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich. Noch einmal stand er am Scheidewege zwischen seiner frühern Heimat und seiner neuen Wahlheimat, als Preussen ihm 1874 die Stelle eines Landesgeologen anbot. Allein, obschon Armin Baltzer als Wissenschafter im Mittelschulunterricht nicht mehr volle Befriedigung fand, siegte doch die Liebe zu den Alpen und ihren gewaltigen tektonischen Problemen über die Aussicht, inskünftig nur im nordischen Diluvium arbeiten zu können. 1880 wurde er Schweizer, indem die Stadt Zürich ihm ehrenhalber das Bürgerrecht schenkte. Im selben Jahre erschien das Werk über den Kontakt zwischen Gneis und Kalk in den Berner Alpen, und im selben Jahre gründete Armin Baltzer als 38jähriger seine Familie, in der er Harmonie und Freude fand, bis ihm nach 22 Jahren am 24. Oktober 1902 seine vortreffliche Gattin entrissen wurde und er wieder vereinsamt dastand.

Mit der Berufung auf den ordentlichen Lehrstuhl für Geologie und Mineralogie an der Universität Bern erfüllte sich im Jahre 1884 Armin Baltzers Wunsch, sich ganz der wissenschaftlichen Laufbahn hingeben zu können. Es folgten nun noch gut zweieinhalb Jahrzehnte fruchtbaren und vielseitigen Schaffens, zunächst immer wieder im Aarmassiv, über dessen Natur noch in den letzten Lebensjahren bedeutende Erkenntnisse durchbrachen, dann arbeitete Baltzer im Diluvium der Umgebung Berns, im Ausland, er beobachtete 1892 eine Eruption des Aetna, machte Beobachtungen am untern Grindelwaldgletscher. Das Verzeichnis der veröffentlichten Arbeiten führt 184 Nummern auf. Im Arbeiten war Baltzer bedächtig und äusserst gewissenhaft, selbstkritisch, oft von Skru-peln geplagt, immer von hohem Ethos getragen. Seine Schüler empfanden Ehrfurcht vor der wuchtigen Gestalt des grossgewachsenen bärtigen Mannes, der für den Aussenstehenden etwas Unnahbares hatte. Die Freunde kannten Armin Baltzer als einen Mann von vornehmer Liebenswür- digkeit, tiefem Gemüt und treuem Charakter. Ein schweres Leiden, das schon 1867 aufgetreten war, verursachte 1893 und vor allem 1908/09 dunkle Zeiten, in denen Armin Baltzer von Kopfschmerzen und auch seelischen Depressionen geplagt wurde. Am 4.November 1913 starb Armin Baltzer in Hilterfingen am Thunersee in seinem 71. Lebensjahr. Ein Hirnschlag hat sein Leben und sein Leiden plötzlich und schmerzlos ausgelöscht.Georges Grosjean

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