Pfingstfahrt mit Sommerski
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Pfingstfahrt mit Sommerski

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von Toni E. Müller

Mit 1 Bild ( 23Sektionen Bern und St. Gallen ) Vor uns steht der mächtige Bau des Hotels Eggishorn. Zur Zeit der Erschliessung des Berner Oberlandes war dieser Fleck Erde Zeuge des Aufbruches so mancher Expedition in das gewaltige Gletschergebiet oder der Rückkehr von erfolgreich durchgeführter Besteigung. Auch wir wollten auf diesem Wege der Pioniere in das Herz des Oberlandes eindringen. Der Aufstieg von Fiesch in der herrschenden Nachmittagshitze hatte uns stark zugesetzt. An solche Temperaturen waren wir uns dieses Jahr aber noch nicht gewöhnt, sassen wir doch die verflossene Woche fröstelnd in unsern Büros und dachten ans Heizen.

Nach kurzer Rast beugen wir uns aufs neue unter unsere schweren Lasten, der Anstieg geht weiter dem noch so entfernten Ziele — der Konkordiahütte — zu. Das nun folgende Wegstück zum Thälligrat war der langweiligste Teil des ganzen Aufstieges. Beide fochten wir auf dieser Strecke den stillen, aber zähen Kampf zur Überwindung des sogenannten « kritischen Punktes » aus; sogar der Blick in das wilde Gebiet des Fieschergletschers konnte uns nicht mehr begeistern. Das in leichtem Auf und Ab der Berglehne entlang-ziehende Weglein quert ein Tobel nach dem andern; nach jedem Rank hofft man, dass dies der letzte gewesen sei, aber weiter geht dieses Spiel, unzählige Male. Sogar einem Leslie Stephen scheint diese Gegend nicht gerade genehm gewesen zu sein, schreibt er doch in seinem « Spielplatz Europas »: « Es ist eine bekannte geographische Tatsache, dass das Eggishorn aus einer Unzahl von Rücken und Schultern besteht, die so aufgebaut sind, dass man jedesmal meint, es wäre die letzte, bis man herausfindet, dass es nur das nichtssagende Glied einer langen Kette ist. » Auf der Nordseite des Thälligrates können wir für kurze Zeit in die Bindung unserer kurzen Brettli schlüpfen, womit die Periode unseres gemeinsamen « Astes » vollständig überwunden ist. Zwischen Felsblöcken und apern Grasflecken wechseln wir hinüber auf den Sonnenhang, wo das Sommerweglein streckenweise schon ausgeapert ist. Während wir wieder zu Fuss dem Märjelensee zustreben, beobachten wir schon die längste Zeit ein eigenartiges Wolkengebilde vor uns. Wie Nebelschwaden hangen diese Wolkenfetzen in den Flanken der gegenüberliegenden Fusshörner. Das Ganze passt einfach nicht in diesen sonst ringsherum so herrlichen, wolkenlosen Abendhimmel hinein. Wie aber das westliche Ende des Sees erreicht ist, wird es uns sofort klar: der Aletschwald brennt, und als riesige Wolke hängt der Rauch über der ganzen Gegend. Trotz der grossen Distanz, die uns vom Brandherd trennt, sehen wir immer wieder gewaltige Feuersäulen stichflammenartig emporschiessen. Mit Wehmut denken wir an die herrlichen Arven im Natur-schutzreservat.

Um 21 Uhr 45 — nach fast siebenstündigem Aufstieg — ist unser heutiges Ziel erreicht.

Um 3 Uhr 20 klingelt mein Taschenwecker mit seinem bescheidenen Glöcklein los und unterbricht dadurch jäh unsern tiefen, traumlosen Schlaf. Doch keiner von uns rührt sich. Jeder hofft im stillen, der andere werde sich zuerst aufraffen und aufstehen. Als Max nach einiger Zeit aber immer noch keinen Wank tut, flüstere ich zu ihm hinüber: «'s isch Zyt. » Doch auch damit habe ich keinen Erfolg, und so muss ich denn mit dem guten Beispiel voran und schäle mich aus dem « Deckengenusch ». Ich würde lügen, wollte ich behaupten, mich mit Rasse und Schwung vom Lager erhoben zu haben. Mir geht 's nicht anders wie allen Bergsteigern nach einem Steiss und kurzer Nachtruhe: man verwünscht bei diesen « Aufstehprozessen » die ganze Bergsteigerei ins Pfefferland. Kaum ein Morgengruss kommt über die ungesprächigen Lippen. Sobald wir aber in die herrliche, frische Morgenluft hinaustreten, ist dieser Rappel vorbei. Wie könnte man anders als froh werden beim Anblick der eindrucksvollen Hochgebirgslandschaft, aus der die Schatten der Nacht unmerklich entfliehen vor dem im Osten erscheinenden Lichte des neuen Tages. Es ist schon vollständig Tag, wie wir um 4 Uhr 15 über die Hütten-leiter zum Skidepot hinunterklettern und uns dann der Grünhornlücke zuwenden. Bald müssen wir einen Moment stehen bleiben und rückwärts schauen, denn die aufgehende Sonne zieht über die Gipfel des Aletschhorns, der Ebnefluh und des Gletscherhorns den rosigen Mantel des pfingstsonn-täglichen Morgenlichtes in einer Pracht, die nicht mehr gesteigert werden kann.

Wie sich unsere Skispitzen mählich über den letzten Hang zur Lücke emporschaffen, schreiten wir aus dem Schatten in das gleissende Morgenlicht. Ich halte sofort scharf links, und damit betreten wir für uns Neuland. Über steile Firnhänge arbeiten wir uns unter den Felsen des Grünhörniis in genau nördlicher Richtung aufwärts. Dann bringt uns eine kleine Abfahrt zwischen Abbrüchen hinunter in die Firnmulde, die sich zum Südwestgrat des Gross Grünhorns hinaufzieht. In derselben steigen wir über immer steiler werdende Firnhänge empor, bis der Bergschrund Halt gebietet. Direkt über uns liegt der Sattel zwischen Gross Grünhorn und Grüneckhorn, unser nächstes Ziel. Ski und Rucksäcke bleiben hier zurück. Max übernimmt die Führung und spurt im steilen Firnhang zu den Felsen hinauf, nachdem uns die Überwindung des Bergschrundes keine Schwierigkeiten bereitet hat. Heiss brennt die Sonne trotz der frühen Morgenstunde auf diese Flanke. In den Felsen halten wir links und gewinnen die linksseitig begrenzende Rippe eines schwach ausgeprägten Couloirs. In vorsichtiger Kletterei arbeiten wir uns höher, bis wir gezwungen werden, unter einer glatten Plattenflucht noch mehr nach links zu queren. Immer leicht ansteigend gewinnen wir einen kaminartigen Riss, der uns ermöglicht, wieder senkrecht anzusteigen. Haben wir bis dahin mit äusserster Vorsicht in den brüchigen Felsen klettern müssen, finden wir hier prächtigen festen Fels, trocken wie im Sommer. Es folgt wieder gut gestufter Fels, eine sehr steile Firnwand, und schon stehen wir auf dem flachen Schneesattel und schauen in das Reich des Ewigschneefeldes. Wie in gestochener Schärfe stehen die Riesen des Jungfraugebietes in plastischem Morgenlicht vor uns. Der Südwestgrat bietet keine Schwierigkeiten. Meistens halte ich mich auf der Gratschneide, wenn ausgewichen wird, auf die Nordseite. Es ist ein richtiggehender Sonntagsspaziergang, ein Klettern, das uns nicht ermüdet, sondern unterhält und erfreut. Es ist 8 Uhr 50, wie wir den 4043 m hohen Gipfel des Gross Grünhorns betreten.

Wir schauen all die vielen Bekannten und Unbekannten in der umfassenden Gipfelschau, doch immer ist es wieder das Finsteraarhorn, das den Blick anzieht, wuchtet es doch in fast « handgreiflicher » Nähe uns gegenüber in den wolkenlosen Himmel. Nicht minder imponierend ist aber der Tiefblick über die Steilwände auf den Walliser Fiescherfirn. Zwanzig Minuten geniessen wir die Einsamkeit, die Schönheit der Aussicht, und ich gehe mit Hans Fritz v. Tscharner einig, der schreibt: « Wir mussten uns wirklich wundern über die stiefmütterliche Behandlung, die man diesem lohnenden Gipfel widerfahren lässt. » Der Abstieg vollzieht sich auf der gleichen Route. Einzig im Steilhang zum Bergschrund sichern wir, da der stark aufgeweichte Schnee keine Sicherheit vor dem plötzlichen Abrutschen verspricht. Anfänglich haben wir bei der weitern Abfahrt weichen Schnee, unten aber wird 's besser, und in schöner Fahrt — immer am Seil — ziehen wir unsere Spur durch den hier fast spaltenlosen Gletscher. Immer rechts haltend ( im Sinne der Abfahrt ) fahren wir bis zum Abbruch, der die schöne Fahrt abstoppt. Steil fällt hier unser Gletscherarm auf den Hauptgletscher hinab, der von der Grünhornlücke zum Fieschergletscher fliesst. In interessanter, Vorsicht erheischender Fahrt wird dieser Bruch ganz rechts überwunden. Unter dem Bruch schwenke ich nach links und gewinne bald das Tracé der Grünhornlücke, dem wir in sehr schöner Fahrt bis unter die Hütte folgen. 11 Uhr 30 treten wir aus der vor Hitze flimmernden Landschaft in die angenehme Dämmerung und Kühle der Finsteraarhornhütte, und gehörig halten wir Rast.

Bei beginnender Dämmerung — um 3 Uhr 45 — verlassen wir andern Tages die Hütte, fahren in sausender Fahrt quer über den Fieschergletscher hinab zur Aufstiegsmulde zum Gross Wannehorn. Wir sind wieder allein.

Die Alpen - 1945 - Les Alpes8 Kein Mensch stört das Schweigen und unsere Andacht, mit der wir das Erwachen des neuen Tages miterleben, während Schritt um Schritt der Höhe abgerungen wird. In extrem kräftigem Orangerot flammen über uns die Gletscherabbrüche auf, die umliegenden Gipfel lodern im Feuer der aufgehenden Sonne.

Auf dem Sattel zwischen Punkt 3515 und dem Gipfel springt uns ein kräftiger, kalter Nordostwind an. Es ist uns recht so. Denn bei gleicher Temperatur wie gestern würde uns der nun folgende, uninteressante Aufstieg über die monotonen Firnhänge manchen Schweisstropfen kosten. Mit den Brettli unter dem Arm stapfen wir über die vereisten Hänge. Um 7 Uhr 25 lassen wir uns auf dem Gipfel des Gross Wannehorns, 3906 m, zu kurzer Verpflegungsrast nieder. Die Aussicht vermag uns heute nicht stark zu interessieren, beherrscht doch unser ganzes Denken die nun kommende Überschreitung zum Klein Wannehorn. Nirgends habe ich in der alpinen Literatur gelesen von einer Begehung des Südgrates mit den Ski, noch mündliche Kunde vernommen. Bald sind wir daran, die Ski samt den Stöcken auf die Rucksäcke zu basten, natürlich jeder nach seinem « Gring », wie es sich einem aufrechten Schweizer geziemt. In eleganter Linie — wie sie nur ein Schneegrat aufweisen kann — führt uns ein steiler, scharfer Firngrat hinauf zu den ersten Felsen. Und schon turnen wir vorsichtig über den grobblockigen Grat, bis wir vor dem ersten Gendarm stehen, der uns schon lange entgegenschaute. Waren wir bis dahin gemeinsam gegangen, verlangt diese Umgehung in der stotzigen Ostflanke gute Sicherung. In der Fallirne klettere ich steil hinab, bis ich eine Möglichkeit sehe, unter der glatten Plattenflucht durchzutraversieren. Immer leicht absteigend, schleiche ich auf unsichern Tritten durch die Flanke, der gewaltige Sack am Rücken erfordert äusserste Vorsicht. Nun strebe ich steil über ein schon stark aufgeweichtes Schneeband aufwärts; zum Glück bieten die rechtsseitigen Felsen einige Haltepunkte. Mit einigen Stufen in das unter dem weichen Schnee liegende Wassereis traversiere ich einen Schneefleck und finde hinter einem aus der Wand hervorstehenden Felszacken guten Stand. Mit allen möglichen Ba-lancierkünsten entledige ich mich des sperrigen Rucksackes, und arbeite mich in schöner Kletterei durch einen Riss über die Plattenflucht der Südseite des Gratturmes zur Gratscharte. Nun werden mein Sack und die beiden Pickel aufgehisst, und dann kommt Max an die Reihe. Mit dem schweren Sack am Rücken bewältigt er diese Stelle. Da vor uns ein zweiter, kleiner Turm emporsteigt, wechseln wir in die schattige Westflanke. Ohne Schwierigkeiten kommen wir in der Flanke gut vorwärts und stehen bald wieder auf dem sonnebeschienenen Grate. Bizarre Plattenbündel zieren den Grat, den wir nun — meistens gemeinsam gehend — vorsichtig begehen. Wir sind bei bester Laune. Wie könnte es anders sein bei diesem herrlichen Wetter, dem luftigen Blick in die beidseitigen Steilflanken, und vor uns immer der Blick auf die gewaltigen Walliser Bergriesen! Endlich taucht der lang erwartete « Reitgrat » vor uns auf. Er sieht tatsächlich « gerissen » aus, und mit Freude packe ich die Felsen an. Dies ist die schönste Strecke des ganzen Grates, nach deren Überwindung die Schwierigkeiten vorbei sind. Weiter geht 's in abwechslungsreichem Auf und Ab über blockige Grate, dann wieder über scharfe Firnschneiden, bis wir um 10 Uhr 10 den Schneesattel vor dem Klein Wannehorn erreicht haben.

Nach kurzer Verpflegungsrast schnallen wir die Brettli an und greifen mit Freude wieder in die Stockschlaufen. Der vor uns in schönen Stufen hinabfliessende Gletscher besitzt gute Steilheit und wenig Spalten, die gut zu umfahren sind. Wir schwingen am Seil in die Tiefe, bei idealem Schnee, Schwung an Schwung reihend. Wer den Genuss einer Fahrt mit Sommerski nicht aus eigener Erfahrung kennt, der kann sich auch den Genuss nicht ausmalen, mit dem wir mit diesen 130 cm langen Brettern über Steilhänge in die Tiefe stürmen. Allerdings, Steilhänge müssen es sein, je steiler, je lieber, wollen wir den Vorteil gegenüber dem Normalski voll auskosten. Und noch eine Voraussetzung muss vorhanden sein: ideale Schneeverhältnisse. Sonst kann der Genuss leicht in das Gegenteil umschlagen und zu einem Schinder werden.

In der ersten Grateinsenkung im Südwestgrat des Klein Wannehorns stoppen wir die Fahrt ab, um den Weiterweg zu studieren. Wir beschliessen, möglichst hoch unter den beiden folgenden Grattürmen, Punkte 3480 und 3432, zu traversieren bis in die Scharte östlich der Senfspitze, 3354 m. Diese Traverse stellt sich dann als etwas unangenehm heraus. Der Hang unter den zwei erwähnten Türmen ist als mächtiges Schneebrett auf den Wannehorngletscher abgerutscht, der mit Schneeblöcken total übersät ist. Auf der unheimlich hart gepressten Lawinenbahn queren wir in anstrengender Fahrt vorsichtig zur Scharte hinüber, zuletzt den über 1 m hohen Schneebrettanriss überwindend. Die Ski werden wieder auf die Säcke gebunden, zwischen welcher Arbeit wir einen Blick auf die Südseite werfen, in den einsamen, wilden Kessel « In den Disteln ». Ohne Schwierigkeiten erklettern wir den Nordostgrat der Senfspitze, meistens über grobblockige Felsen, nur hie und da unterbrochen durch kurze Schneepartien. Den Gipfel umgehen wir in der Nordwestflanke und erreichen den Grat südwestlich des Gipfels wieder. Der erste Blick über den nun vor uns liegenden Grat macht uns sprachlos. Erstens ist es die Distanz, die wir noch zurücklegen müssen, bis Aussicht besteht, den gesuchten Gletscher auf der Südostseite zu erreichen, dann aber speziell die Form und die Verhältnisse dieses Grates. Im Klubführer ist in diesen Strahlhörnern alles als leicht taxiert. Was wir aber vor uns sehen, sieht alles andere als leicht aus, auf jeden Fall braucht 's Arbeit und Zeit. Der Grat ist mit Türmen und Nadeln förmlich gespickt, wie ein Mont-Blanc-Grat, nur « en miniature ». Das Schlimme aber ist sicher die stark aufgeweichte, trügerische Schneeauflage, die den Grat zwischen den Türmen bedeckt. Wenn immer möglich, halten wir die Gratkante. Die Umgehungsmanöver um diese bizarren Felsnadeln, die oft wie ein tausendmal vergrössertes Sägeblatt in die Luft hinaus starren, stellen ganz verschiedene Anforderungen an uns. Einmal will so ein Zahn auf südseitigem, schmalem, rutschigem Schneeband umgangen sein, ein andermal heisst es, tief in die schattige Nordwestflanke hinab steigen, um uns über vereiste Schneecouloirs oder anstrengende Felsen mit unsern schweren Lasten wieder emporzuschaffen. Dann wieder bleibt uns kein anderer Ausweg, als zu versuchen, zwischen den einzelnen Sägezähnen durchzukommen, da weder nach links noch nach rechts eine Umgehungsmöglichkeit besteht. Ich habe das Gefühl, wir kommen und kommen nicht vorwärts; nach der Zeit getraue ich mir gar nicht mehr zu sehen. Wir bemerken auch kaum, wie auf einmal Nebel uns in ihren Schleier einhüllen, wie im Westen grossartige Kumulusgebirge in den Himmel wachsen, für uns heisst es nur vorwärts, vorwärts. Als uns diese Umgehungsmanöver endlich zu bunt werden, arbeiten wir uns eine grössere Strecke unterhalb des Grates in der Nordwestflanke weiter. Meiner Berechnung nach sollte aber jetzt ein Übertritt auf den südöstlichen Gletscher möglich sein. Max ist einverstanden, wider einmal zur Gratkante emporzustechen, um uns zu orientieren. Haben wir Glück, so ist der Schinder plötzlich vorbei, haben wir aber Pech, so steigen wir halt in Gottes Namen mit einem neuen « Bart » wieder in die Flanke hinab. Beide sind wir gespannt, als wir uns der Gratkante nähern. Klappt's oder klappt 's nicht? Ein letzter Klimmzug und... beide zeigen wir lachende Gesichter: wir haben gewonnen, vor uns liegt der gesuchte Gletscher. Nun sind mit einem Schlag alle Schwierigkeiten vorbei. Nun werden die Reste Süssigkeiten verzehrt, der letzte Schluck Tee getrunken, und Max opfert seine letzte Orange. 13 Uhr 25 stehen wir schon startbereit da. Glück haben wir heute mit dem Schnee, denn auch hier treffen wir ganz ideale Verhältnisse an, so dass wir rasch abfahren können. Schwung an Schwung — möglichst in der Fallirne — kurve ich in unheimlichem Tempo hinab, dass der Sulzschnee hoch aufspritzt. Hinter mir höre ich Max laut herausjauchzen vor Freude. Apere Flecken und Fluhabsätze tauchen vor und neben mir auf, doch ohne mich beirren zu lassen, fahre ich in möglichst gerader Linie die Steilhänge in den Kessel « Hohstock » hinab. Nur an einer einzigen Stelle müssen wir abschnallen und uns über eine niedrige Felsflanke hinablassen. Unter dem Schnee gurgelt es von Hunderten von Bächlein, die in emsigem Lauf dem gemeinsamen Ziele in der Tiefe zustreben. Dazwischen ertönen plötzlich die schrillen Pfiffe der Murmeltiere. Wir bremsen die Fahrt ab, denn gar zu drollig ist der Schnellauf dieser lustigen Kerle, wie sie unbeholfen über die Schneeflächen ihrem Bau zutorkeln.

Von den Alphütten der Märjelenalp führt uns ein Aufstieg bei heisser Sonne auf den Rücken des Thälligrates, wo wir am Samstag zum erstenmal die Ski anschnallten. Der Kreis ist geschlossen, ein herrliches, zum Teil unberührtes und unbekanntes Gebiet haben wir durchstreift. Noch einmal drehen wir uns um, wenden unsere Blicke hinauf zu den Gipfeln des Klein Wannehorns und der Senfspitze, dorthin, wo wir hergekommen. Immer noch treiben die Nebel ihr neckisches Spiel um die Bergspitzen und Flanken. Um 15 Uhr ist das Hotel Eggishorn erreicht, so dass wir uns dort vor dem « Sturz in die Tiefe » eine Viertelstunde sammeln können.

Es folgt der Ausklang dieser einzigschönen Pfingstfahrt. Trotz der Freude ob dem Gelingen der Tour stimmen mich diese Heimreisen immer etwas wehmütig: schon wieder vorbei diese Tour, auf die ich mich so gefreut, auf die ich schon so lange gewartet, schon nur noch Erinnerung!

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