Niemand besitzt irgendetwas

Die Leserbriefdiskussion in der Aprilnummer der Zeitschrift «Die Alpen» beschränkt sich meines Erachtens in gefährlicher Weise weitgehend auf juristische Belange. Aber: Letztlich besitzt niemand die Erde, die Natur, die Berge. All das ist uns als Leihgabe zur Nutzung überlassen. Besitz ist eine Konstruktion menschlicher Gesellschaften. Wer nun meint, einen bestimmten Bewegungsraum wie seinen Besitz benützen zu können, muss diesen zwangsläufig mit Gesetzen – sprich Konventionen einer Gesellschaft – verteidigen und verhindert damit das Verständnis eines Weges als Leihgabe.

Als langjähriges SAC-Mitglied bin ich seit über 20 Jahren auch mit dem Mountainbike unterwegs. Dabei habe ich viele Wandernde überholt oder gekreuzt. In den allermeisten Fällen hat die Kommunikation nicht nur sachlich geklappt, sondern sich auch oft zu einem kurzen Gespräch ausgeweitet, mit gegenseitigen Hinweisen zu den bevorstehenden oder zurückliegenden Streckenabschnitten. Gelegentlich auch mit guten Wünschen für den weiteren Verlauf des Vorhabens zum Abschied. In diesem Klima der Achtsamkeit und des Bewusstseins des Weges als Leihgabe bei unterschiedlicher Nutzung braucht es keinen Artikel 43 des eidgenössischen Verkehrsgesetzes.

Mir ist klar: Es gibt Rüpel auf Rädern, die nicht kommunikationsfähig oder -willig sind. Es gibt offensichtlich auch wandernde Egoisten, die Waldwege absichtlich mit groben Hölzern verbauen, um Biker zu stören. Das ist mir vor Jahren mal passiert. Als ich das Holz wegräumte, musste ich feststellen, dass die nicht sichtbare Unterseite dick mit Wagenschmiere belegt war und ich mit meinen nun schwarzen, schmierigen Händen nur noch schlecht weiterfahren konnte. Dennoch wehre ich mich dagegen, menschliches Zusammenleben wegen des Extremverhaltens einiger weniger auf Gesetze zu reduzieren. Vielmehr setze ich mich dafür ein, den Gedanken der Leihgabe zu stärken, was letztlich auch der viel genannten Ökologie zugutekommt.