© Bernard van Dierendonck
Kunst für das Klima Laurence Piaget-Dubuis, Ökokünstlerin
Seit 2014 stellt die Walliser Fotografin die Klimaerwärmung ins Zentrum ihres künstlerischen Schaffens. Sie öffnet für uns die Türen zu ihrem Atelier in der Ferme-Asile in Sion.
Eine Offenbarung. Das erlebte die Ökokünstlerin Laurence Piaget-Dubuis aus Savièse 2014 beim Anblick des Rhonegletschers, der mit Schutzplanen abgedeckt war. Damit soll das Abschmelzen verlangsamt werden und die Eisgrotte für Touristen erhalten bleiben. «Diese Planen erinnerten mich an das Motiv des Faltenwurfs, das in der Kunstgeschichte wichtig ist», erzählt sie. «Ich sah in dieser Landschaft ein Renaissancegemälde und eine Gelegenheit, mein Können in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.»
Sie beschliesst, sich mit ihrer Kamera der Umwelt zu widmen und die Botschaft zu vermitteln, dass «der Klimawandel stattfindet, hier und jetzt». Das Ergebnis sind «hässliche Bilder» oder Bilder, die «die Schönheit des Hässlichen» evozieren. Sie unterscheiden sich radikal von den Postkartenansichten des Wallis. «Zu anderen Zeiten widmeten sich die Künstler der Romantik. Ich befasse mich mit dem Thema des Wechsels», erklärt sie. «Das wollte ich mit dem Projekt Agony of a glacier zeigen.» Das zentrale Bild dieses Werks zeigt ein urbanes, in Schwarz gekleidetes Paar, das sich auf die Eisgrotte zubewegt – eine kleine schwarze Öffnung vor einem Hintergrund, der an eine graue, zerschlissene Theaterkulisse erinnert –, als wollte es einem sterbenden Verwandten die Ehre erweisen.
Die Zwischenräume erkunden
Auch wenn Laurence Piaget-Dubuis «Emotionen im Zusammenhang mit dem eher wissenschaftlichen Begriff des Klimawandels wecken» möchte, beschränkt sie sich nicht auf den Aspekt des Verlusts. Im Rahmen ihres aktuellen Projekts im botanischen Garten in Champex hat sie sich vorgenommen, den Klimawandel als einen Übergang zu betrachten, der «auch positiv» sein kann. «Ich habe mich mit den drei Strategien befasst, mit denen die alpine Pflanzenwelt auf den Klimawandel reagiert: Abwanderung, Anpassung und Aussterben. Daraus können auch wir Menschen Lehren ziehen», sagt die Walliserin. Sie hat um die Mittagszeit die Temperatur der Pflanzen, des Bodens und der Steine in allen Ecken des botanischen Gartens erhoben. «An einer Stelle habe ich 2 °C gemessen, an einer anderen 60 °C, das ist ein Temperaturunterschied von 58 °C auf einer Entfernung von kaum 100 Metern.» «Ich glaube, dass die Fähigkeit zur Anpassung in den Zwischenräumen liegt. Man muss begreifen, wo sich Spielräume verbergen.» Dieser Gedanke ist für die Ökokünstlerin zentral. Sie engagiert sich für eine Vision, die von Mitgefühl geprägt ist. «Was fangen wir mit dem Gelände an, das durch den Rückzug des Aletschgletschers frei wird? Siedeln wir Klimaflüchtlinge darauf an?», fragt sie.
Kunst als Bindeglied
Die Fotografin hütet sich jedoch davor, Lösungen zu präsentieren. «Jeder interpretiert auf seine Weise. Wir halten selbst die Fäden in der Hand, um unsere Arbeit, unseren Konsum oder unsere Entscheidungen zu ändern», sagt die 50-Jährige. Sie verzichtet auf ein eigenes Auto und wohnt in einem möblierten Ministudio: «Das sind kleine Taten. Ich persönlich setze darauf.»
Ein politisches Engagement schliesst Laurence Piaget-Dubuis aus: «Das geht zu langsam, und ich habe nicht die nötigen Fähigkeiten.» Ist die Kunst besser geeignet, für den Klimawandel zu sensibilisieren? «Kunst ist ein grossartiges Ausdrucksmittel der Menschheit. Sie verbindet die Menschen, und sie stiftet Sinn», sagt Laurence Piaget-Dubuis. «Ich sage nicht, dass es die beste Option ist, die wir haben, aber es ist die einzige, die ich habe.»
Dem SAC liegen aktuelle Umweltthemen am Herzen. Bereits 2019 hat er beschlossen, die Gletscher-Initiative zu unterstützen, die zum Ziel hat, dass die Schweiz bis 2050 netto null Treibhausgase ausstösst. Einige von uns tragen bereits dazu bei, sei es in ihrer Freizeit oder beruflich. Ihnen ist diese Serie gewidmet.