Kostbares Nass: Warum der Hüttentee so wertvoll ist
Warum der Hüttentee so wertvoll ist
Welcher Preis ist für einen Liter ( Marsch-)Tee auf SAC-Hütten gerechtfertigt? Wie viel darf ein Liter heisses Wasser kosten? Während diese Frage immer wieder Gemüter erhitzt, verschärft sich in vielen Hütten das Wasserproblem. Frisches Trinkwasser auf der Hütte hat seinen Preis, nicht nur für die durstigen Gäste.
So viel vorneweg: Eine allgemein verbindliche Regel gibt es nicht. Auf den Schweizer Hütten schwanken die Preise für einen Liter Tee zwischen viereinhalb und acht Franken pro Liter, das hat eine kleine Umfrage ergeben. « Die Hüttenwarte sind bei der Festsetzung der Preise frei », sagt dazu Ulrich Delang, Bereichsleiter Hütten beim Schweizer Alpen-Club SAC. Eine allgemein gültige Kalkulation sei nämlich gar nicht möglich. Deshalb gebe es vonseiten des SAC-Zentralverbandes auch keine Preisempfehlung. Von der immer schwierigeren Versorgungssituation beim Trinkwasser seien aber alle Hütten betroffen. Die Klimaerwärmung erschwere die Wasserversorgung auf den Hütten zunehmend, und die Kosten dafür stiegen laufend. Holz und Gas gehen ins Geld « Der Aufwand für die Wasserversorgung wird oft unterschätzt, genauso wie die Arbeit, die bei der Zubereitung von abgekochtem Trinkwasser anfällt », bestätigt auch Ueli Wiesmann, der Präsident der Hüttenwartsvereinigung « Schweizer Hütten ». Vor allem im Winter steigen nach Wiesmann die Kosten für Holz oder Gas in unglaubliche Höhen. Wiesmann, selber Hüttenwart auf der Cavardirashütte, hat kürzlich den Preis für drei Ster Buchenholz auf der Hütte ausgerechnet. « Ich war selber überrascht », meint Wiesmann zum Resultat der Vollkostenrechnung. Der Preis für drei Kubikmeter Holz sei nach dem Ankauf durch die Aufbereitung ( Sägen/Spalten ) und den Transport auf die Hütte auf 1000 Franken gestiegen. « Wenn man bedenkt, dass damit im Winter Schnee für die Wasserversorgung geschmolzen und heisses Wasser gekocht wird, dann ist der Preis für einen Liter Tee auf allen Hütten moderat. » Grundsätzlich gelte es, bei Preisvergleichen immer das Ziel im Auge zu behalten: « Der Hüttenwart muss von seiner Arbeit leben können – sonst gibt es auch keinen Tee mehr. » Dieser Umstand wird nach Ulrich Delang von Hüttengästen immer wieder übersehen. Trotzdem meint er: « Unterschätzt werden die Kosten und der Aufwand immer wieder, aber Reklamationen bleiben die Ausnahme – zum Glück. » Nichts ist mehr wie früher Hinter einer Kanne Tee oder einem Lavabo mit fliessendem Wasser versteckt sich auf den SAC-Hütten ausnahmslos ein aufwendiges und anfälliges Wasserversorgungssystem, das die Verantwortlichen immer stärker beschäftigt. Bau und Unterhalt von Quell- und Wasserfassungen im Gletschereis, aber auch die Installation von langen Transportleitungen stellen Hütteneigentümer und Hüttenwarte laut Delang heute vor grössere Probleme als früher. Quellen und Gletscher lägen aufgrund der Klimaerwärmung immer weiter entfernt und seien somit auch schwieriger zu nutzen. Im Sommer müsse die Infrastruktur nicht selten in immer kürzeren Abständen neu aufgebaut werden, und im Spätsommer versiegten auch starke Quellen je länger, je mehr. Im Winter schliesslich sei die Wassergewinnung vor allem ein personelles Problem. Neben den Energiekosten sei auch der personelle Aufwand immens. « All diese Kosten müssten schliesslich auch mit dem Verkauf von Tee amortisiert werden », fasst Delang zusammen. Vor diesem Hintergrund habe er selber noch nie das Gefühl gehabt, für einen Liter Tee zu viel bezahlt zu haben. Preise sind moderat Dass die Preise für heisses Wasser oder Tee auf den Hütten verhältnismässig moderat angesetzt werden, zeigt auch eine kleine Umfrage. So liegt zum Beispiel der Preis für einen Liter Tee auf der Neuen Monte-Rosa-Hütte wie schon in der alten Hütte bei unverändert fünf Franken. « Bei diesem Preis reklamieren die Gäste nicht », erzählen die Hüttenwarte Manuela und Horst Brantschen und merken gleich an, dass vor dem Bau der neuen Wasserkaverne jeweils eine Person pro Tag alleine mit der Wasseraufbereitung ( Schneeschmelzen ) beschäftigt war. Als Alternative sind auf der Neuen Monte- Rosa-Hütte 1,5-Liter-Mineralwasser-Flaschen für zehn Franken zu haben. « Eine Rechtfertigung dafür brauche ich nicht, in Restaurants und Hotels im Tal beträgt der Preis bis zu zwölf Franken », erklärt der Hüttenwart. Ebenfalls fünf Franken sind auf der Bovalhütte für einen Liter Tee zu bezahlen. Auf der Trifthütte im Berner Oberland ist ein Liter Tee für sechs Franken zu haben, gleich viel wie auf der Cavardirashütte. Zwei Liter schlagen mit neun Franken zu Buche. Und auf der Albert-Heim-Hütte im Urnerland werden für einen Liter Tee sechseinhalb Franken verrechnet. « Sechs bis acht Franken vertretbar » « Alles im Rahmen », konstatiert dazu Bruno Lüthi, der beim SAC für das Hüttenmarketing verantwortlich ist. Preise zwischen sechs und acht Franken pro Liter Tee erachtet Lüthi als angemessen. Lüthi kennt die Teepreisdiskussion, will aber daraus kein Grundsatzproblem machen. Er weist « Teepreiskritiker » darauf hin, dass die Hüttenwarte einen grossen Teil ihres Einkommens über die Konsumation der Gäste verdienen müssen. Um die Diskussion nicht unnötig anzuheizen, plädiert er für regionale Preisabsprachen unter den Hüttenwarten. Das sei sinnvoll, um zu grosse Preisdifferenzen im gleichen Gebiet zu verhindern. Beim SAC-Zentralverband würde es gleichzeitig begrüsst, wenn auf allen Hütten einheitlich bei den Halbpensionspreisen auch ein Liter Marschtee pro Person inbegriffen wäre. Brunnenwasser ist « kein Trinkwasser » Auch die Brunnen vor den Hütten sorgen immer wieder für Unsicherheit. Ist das kühle Nass nun « Trinkwasser » oder bloss « trinkbar »? Diese Frage lässt sich zwar einfach beantworten, « aber es steckt mehr dahinter », wie der Präsident der Hüttenwartsvereinigung Ueli Wiesmann erklärt. Brunnenwasser ist im Normalfall trinkbar. « Wer den Durst damit löscht, ist aber bei einer allfälligen Magen- oder Darmverstimmung selber schuld. » Die Hüttenwarte können nicht verantwortlich gemacht werden, so Wiesmann. Brunnenwasser darf gemäss Lebensmittelgesetz ohne regelmässige Laboranalyse nicht als Trinkwasser angeboten werden. Es geht dabei aber nicht ums Geschäft. Während der Hüttentee hygienisch einwandfrei ins Glas kommt, ist dies beim Brunnenwasser ungewiss. Wer robust ist, brauche aber im Normalfall vor einem Schluck Brunnenwasser keine Angst zu haben.