Klettern im kroatischen Paklenica. Für die ganze Familie
Klettern im kroatischen Paklenica
Wer im Paklenica-Nationalpark an der kroatischen Adria klettern will, reist vorzugsweise im Herbst dorthin: ideale Wetterbedingungen, günstige Unterkunft und jede Menge Kletterfelsen für sich und die ganze Familie in der Velika Paklenica, der grossen Schlucht.
1945 wurde der Nationalpark Paklenica mit den zwei Schluchten Mala ( kleine ) Paklenica und Velika ( grosse ) Paklenica gegründet. Die monumentalen Schluchten sind tief in den verkarsteten Kalkfels des Velebit-Massivs eingeschnitten. Dieses Massiv, das aus alten Kiefern- und Buchenwäldern emporragt, zieht sich nahezu der gesamten kroatischen Küste entlang, von Senj im Norden bis südlich von Paklenica direkt neben dem Meer bis auf eine Höhe von 1700 m. Zum Klettern sind wir in die Velika Paklenica gefahren.
Von familiären Sportklettereien
Starigrad-Paklenica, ein Dorf, das etwa 40 km nördlich von Zadar am Eingang des Paklenica-Nationalparks liegt, empfängt uns mit typisch mediterraner, herbstlich-windiger Trockenheit. Die Strassen und Ferienhäuser sind leer. Aus den Gartenrestaurants dringt einsames Gelächter einiger Einheimischer, das vom Wind fortgetragen wird – Nachsaison. Zeit auch, sich der Musse des Kletterns hinzugeben. Am Eingang des Nationalparks bezahlen wir Eintritt. Dies wirkt im ersten Augenblick etwas befremdend, hat aber durchaus seine Berechtigung, denn die Routen werden regelmässig saniert und der Park wird gepflegt, was nicht selbstverständlich ist.
Die meisten kurzen Sportkletterrouten befinden sich auf beiden Seiten der Schlucht, der « Klanci », bequem am Weg oder am zu dieser Jahreszeit ausgetrockneten Flüsschen. Dort tummeln sich ganze Familien: Sie tänzelt elegant in einer plattigen 5a-Route im Sektor Zawa, er probiert seine im Studio gestählten Bizepse an einer 7b im Sektor Hram, die Kinder kraxeln an « Winnie the Pooh », einer gut abgesicherten 3a, und die Kleinste schläft seelenruhig im Kinderwagen am Wegrand. Hier haben wirklich alle Platz.
Über die Eigenheit von Wasserrillen
Der Sektor Thron bietet Wasserrillen erster Güte, ist südorientiert und, wie der Name des Sektors bereits suggeriert, hoch über dem Tal auf einem Boden mit Meersicht gelegen. Acht Routen mit bis zu 50 m Höhe im Schwierigkeitsbereich 5 c bis 6b entsteigen dem Thron. Grund genug, den Tag hier zu verbringen. Wer die Eigenart der Wasserrillenkletterei kennt, weiss, wie sich die Spezies der Nacktaffen in den Rillen mit den Beinen verspreizt, nur gerade an den Erhebungen der Rillen Halt findet und mit den Fingern presst, sodass die nicht speziell trainierte Daumenmuskulatur zu schmerzen beginnt. In wunderbarem rauem Kalk winden sich die Rillen nach oben. Am Nachmittag sind wir mit den Routen per du, haben sie geklettert und bereits weniger Haut auf den Fingerkup- pen. Aber das ist kein Hindernis, um am legendären Stein in der Schlucht im Sektor Nad Ljuskom noch eine Route zum Ausklettern anzuhängen.
Von langen Routen und dicken Bäuchen
Die Anica-Kuk-Wand ist mit ihren 350 m Höhe die höchste und imposanteste Wand im Park. Dieser breite und hohe Koloss verleitet schnell zur Annahme, dass die hier hochführenden Routen sehr schwierig sein müssen. Das täuscht. Ein Blick in den Kletterführer zeigt viele Routen in « gemässigten » Graden. Der Sektor Stup erinnert beim ersten Anblick an eine wohlgenährte Bauch-partie und wird dementsprechend auch Elefantenbauch genannt. In diesem Sektor versuchen wir uns an der wahrscheinlich meistfotografierten Route Pakleni-cas, der « Domzalski ». Die Einstiegslänge ( 4b+ ) lädt uns mit einer grosszügigen Menge an sehr guten Griffen zum Tanz nach oben ein, wobei dieser in der 2. Seillänge etwas zum Stehen kommt. Weiter auf dem Weg nach oben begegnen wir Weitere Informationen Anreise: Mit dem Auto in Kroatien der Adriaküste entlang über Rijeka, Senj und Karlobag bis Starigrad-Paklenica, ca. 180 km von Rijeka. Zadar liegt 46 km südlich von Starigrad. Unterkünfte/Versorgung: Im Herbst kann problemlos auch kurzfristig eine Unterkunft gesucht werden. Günstige Preise für die Campingplätze und Unterkünfte. Die folgenden Campingplätze, Ferienhäuser und Pensionen sind das ganze Jahr geöffnet: Auto Camp Paklenica, Tel. ( 023 ) 369 202; Auto Camp Marko, Tel. ( 023 ) 369 283. Pension: Hotel Rajna, Tel. ( 023 ) 369 130, dazu Ferienzimmer vor Ort. Klettern: Beste Jahreszeit von April bis Ende Oktober. Im Winter muss mit starken Winden gerechnet werden. Im Frühling regnet es oft, aber dank der Karststruktur trocknet der Fels schnell ab. Im Sommer ist es sehr heiss, allerdings kann man gut auf schattige Wände ausweichen. Routen: Eine Vielfalt! Ca. 150 kurze Sportkletterrouten von 3a bis 8b+ ( meistens im Bereich 5a bis 6b ). Ca. 110 lange Sportkletterrouten von 3a bis 8b, die meisten davon im Bereich von 5a bis 6 c. Dazu ca. 80 lange, nicht fix abgesicherte Routen von 3 bis 7 c ( meistens im Bereich 3 bis 4 c ). Ca. 20 technische Routen von A0 bis A4. Nationalpark: Unbedingt beachten: Alle Kletterrouten befinden sich auf dem Boden des Nationalparks. Die Routen werden laufend saniert und neue eingerichtet. Rettung gewährleistet. Beim Parkeingang wird eine Eintrittsgebühr von umgerechnet 2 Fr./Tag/Per-son verlangt. Es gibt auch Sondereintritts-karten für Kletterer ( 5-Tage-Pass ).
erneut Wasserrillen und erkennen, dass jene im Sektor Thron nur ein Präludium zu dieser Felssinfonie waren. Nach vier Seillängen geniessen wir die wunderbare Aussicht auf den hinteren Teil des Parks. Am Vorabend unserer Heimreise beschert uns der Himmel ein heftiges Gewitter, und am nächsten Tag leuchten die höchsten Gipfel des Velebit-Gebirges winterlich weiss. Zeit zu gehen, um wiederkommen zu können. a Mischu Wir th, Bern Starigrad und im Hintergrund die Velika Paklenica in der Nachsaison: herbstlich-windig ausgetrocknet. Bereits liegt der erste Schnee auf den höheren Gipfeln des Velebit-Massivs.
In einem Meer von grauem Kalk. Nicole de Zeeuw in der ersten Seillänge von « Domzalski » Fotos: Uwe Schädelin