«Klettere nie hinter einer Seilschaft» Tipps vom Expeditionsteam
Damit sich die Gefahren beim Eisklettern in Grenzen halten, gilt es vieles zu beachten. Mitglieder des SAC-Expeditionsteams erzählen, worauf sie besonders schauen.
Für Nicolas Hojac ist das Eisklettern mehr mit dem Bergsteigen vergleichbar als mit Sportklettern oder Bouldern, da es sich meist auch im alpinen Gelände abspielt. Deshalb ist für ihn klar, dass er zur Tourenplanung auch das Lawinenbulletin und den Wetterbericht studiert.
Leadguide Denis Burdet erklärt: «Bevor ich in einen Eisfall einsteige, achte ich immer auf die vorherrschende Temperatur.» Vorsicht sei vor allem auch bei grossen Temperatursprüngen geboten, ergänzt Hojac. Das Eis ist eine Materie, die sich stets wandelt. «Wenn an einem Tag gute Bedingungen in einem Fall herrschen, heisst das noch lange nicht, dass dies am Tag darauf auch so ist», so Hojac weiter.
Nicht in besetzte Routen einsteigen
Gerade in stark frequentierten Gebieten kommt es häufig vor, dass in Routen eingestiegen wird, in denen bereits eine Seilschaft am Klettern ist. Was dieses Hinterhersteigen anbelangt, sind sich die Mitglieder des Expeditionsteams einig. «Für mich ist es ein Tabu», sagt Sebastian Briw, und Sébastien Monney findet, dass es ein «absolut unnötiges Risiko» ist. Dies sei zudem die Gefahr, die von Anfängern am meisten unterschätzt werde, so Burdet. Nicht selten seien in bekannten Eisfällen wie Crack Baby an der Breitwangfluh bis zu sechs Seilschaften zugleich anzutreffen, weiss Hojac: «Solche Bilder geben mir zu denken.» Niemand habe ein gutes Gewissen, wenn er jemanden in der unteren Seilschaft mit einem Eisstück erschlage. Er appelliert deshalb daran, als nachsteigende Seilschaft auch an die obere Seilschaft zu denken. Briw fügt an, dass man sich als Nachsteiger auch bewusst sein müsse, dass sich beim Abseilen das Problem umkehre (siehe Kasten). Die ursprünglich obere Seilschaft befindet sich dann nämlich im Eisschlag der weiterkletternden Partie.
Kleider wechseln, essen, Arme schütteln
Auch bezüglich Material und Fortbewegung halten die Mitglieder des Expeditionsteams einige Tipps bereit. Aus eigener Erfahrung weiss Roman von Schulthess, wie man dem Problem der kalten Hände am besten vorbeugt. «Ich klettere jeweils mit relativ dünnen Handschuhen, die dicken halte ich in der Jacke warm für den Stand», erklärt er. Und ebenfalls wichtig sei, genügend zu essen. Etwas, das beim Eisklettern schnell einmal vergessen geht.
Gemäss Hojac empfiehlt es sich, am Einstieg die Kleidung zu wechseln. Denn vom Zustieg sind diese oft bereits verschwitzt und nass – und dementsprechend kühlen sie den Körper aus.
Bezüglich der Fortbewegung lautet ein wichtiger Tipp: «Nicht immer schlagen, sondern die Eisstruktur benutzen», wie Burdet sagt. Wer sich ausruhen wolle, müsse die Hände möglichst gestreckt und nicht angewinkelt am Eisgerät halten. Zwischendurch einen Arm runterzuhalten und durchzuschütteln, lockert nicht nur die Muskulatur, sondern beugt auch kalten Fingern vor. «Ich versuche, mit langen Bewegungen und möglichst wenigen Schlägen nach oben zu kommen», so Monney. Um im Eisfall ökonomisch, sicher und doch schnell unterwegs zu sein, empfiehlt Hojac zudem, gerade Anfang der Saison möglichst viele Klettermeter im Eis zu machen. Dies lohnt sich bereits als Selbstzweck. Denn schliesslich weiss man nie genau, wie lange die Eissaison andauert.