Internet statt Stammlokal
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Internet statt Stammlokal

Viele SAC-Sektionen bieten ihren Mitgliedern die Möglichkeit, sich online für Touren anzumelden. Das erfordert nur ein paar Klicks, ersetzt aber nicht das persönliche Kennenlernen.

Die Verhältnisse für die Tour bei Flassin im Aostatal sind nicht ideal. Leichte Schneefälle zusammen mit starkem Wind und tiefen Temperaturen haben den Fels mit Eis über­zogen. Angesichts der heiklen Verhältnisse setzt sich Pierre-­Emile Devanthéry an seinen Computer und informiert die Teilnehmer via Tourenportal darüber, dass die Tour geändert wird: Man trifft sich am nächsten Tag auf dem Grossen Sankt Bernhard. Der Vorgang nimmt nur ein paar Minuten in Anspruch; vor der Installation des Systems hätte die Benachrichtigung Stunden dauern können.

Wie viele andere Sektionen hat sich auch die Ortsgruppe Martigny der Sektion Monte Rosa vor einigen Jahren ein Onlineanmeldesystem zugelegt. «Zuvor verbrachten die Tourenleiter den Abend am Telefon und wiederholten zehn Mal die gleichen Informationen», sagt Pierre-­Emile Devanthéry. Für ihn ist klar: «Wir gehen sicher nicht zum alten System zurück.» Dies, obwohl auch das neue seine Schwächen habe: «Die Tourenleiter müssen sich heute mehr als früher um die Personen kümmern, die sie nicht kennen.»

Devanthéry kennt alle angemeldeten Personen - bis auf eine. Mit ihr hat er vorgängig Kontakt aufgenommen, um sich ein Bild von ihren Fähigkeiten in den Bergen zu machen. «Jeder Tourenleiter organisiert sich nach seinen Vorstellungen. Aber ohne direkten Kontakt mit den Neuen müssten wir uns in den Bergen auf Überraschungen gefasst machen», sagt er. Dies sei auch schon vorgekommen: «Darunter leidet dann die ganze Gruppe.»

Jedem eine Chance geben

Auch die Sektion Les Diablerets ist 2012 zur elektronischen Anmeldung übergegangen. Früher mussten sich die Mitglieder persönlich am Stamm einfinden, um das Anmeldeformular auszufüllen. «Allzu oft nahmen die Leute den Weg vergeblich unter die Füsse, weil die Tour bereits ausgebucht war», erinnert sich Sektionspräsident Jean Micol. Die Onlineanmeldung gebe jedem eine Chance und bevorzuge nicht jene, die in der Nähe des Clublokals wohnten, sagt er.

Wer die Website der Sektion Les Dia­blerets besucht, muss eine Reihe von Fragen beantworten, die der Tourenleiter formuliert hat. Besitzen Sie ein LVS/eine Lawinenschaufel? Haben Sie Erfahrung im Tiefschnee? Lauter Informationen, die dem Verantwortlichen helfen, die angemeldeten Personen einzuschätzen. Zudem treffen sich alle am Vorabend der Tour im Clublokal für ein letztes Briefing. «Hier erfolgt die Einschätzung der Angemeldeten, und alle bringen ihre Erwartungen vor. Dieser Austausch ist entscheidend, und deshalb behalten wir ihn bei», sagt Jean Micol.

Alle Daten online gespeichert

Für die Sektion Les Diablerets, die 4300 Mitglieder zählt, bietet das Programm noch weitere Vorteile. «Es ermöglicht den Mitgliedern, die Touren einfach nach Schwierigkeit zu sortieren, und den Verantwortlichen der Sektionen, Statistiken mit den angebotenen Tourentypen und den Teilnehmerzahlen zu erstellen», erklärt Micol. Da jede Tour in einem Bericht erfasst wird, verfügen die Tourenleiter auch über eine solide Informationsbasis, um ihre Touren vorzubereiten. «Alles ist online zentralisiert und deshalb sicherer. Wenn der Tourenleiter ersetzt werden muss, müssen die Sektionsverantwortlichen diesen Wechsel gutheissen. Nichts wird dem Zufall überlassen.»

Ins gleiche Horn stösst die Sektion Uto in Zürich, die im vergangenen Jahr 760 Touren mit 1270 Teilnehmern und 160 Tourenleitern durchgeführt hat. «Die Administration ist mit unserem Onlinesystem deutlich einfacher geworden. Die Touren müssen im Voraus akribisch geplant werden, aber die Daten sind anschliessend für alle auf der Plattform zugänglich», sagt Michael Beglinger, Vorstandsmitglied der Sektion und selbst Tourenleiter.

Das Leben beschleunigt sich

Immer gedrängtere Terminkalender und eine Welt, die sich durch die Digitalisierung beschleunigt – das zwingt auch die kleinen Sektionen dazu, sich über das traditionelle Anmelde­system Gedanken zu machen. Zum Beispiel die Sektion ­Carouge. Hier melden sich die Mitglieder noch telefonisch oder per E-Mail an. «Aber wir spüren, dass sich die Gewohnheiten ändern», sagt Sektionspräsidentin Laurence Di Florio: «Die Leute erwarten Anpassungen.» Man werde sich dies in den nächsten Jahren vornehmen.

Kommunikation hat sich verlagert

In der Sektion Moléson ist die Frage Gegenstand von Diskussionen innerhalb der Alpinismuskommission. Bislang hält sie am traditionellen System fest. Für Sektionspräsident Ale­xandre Mooser ist es wichtig, die sozialen Beziehungen und die direkten Kontakte zwischen Teilnehmern und Tourenleiter beizubehalten – vor allem bei anspruchsvollen Touren. Für die Leute, die ausserhalb Freiburgs wohnen, ist es allerdings nicht immer leicht, den Stamm zu besuchen, um sich dort anzumelden. «Ich gebe zu, dass die Lösung nicht ideal ist; die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen», sagt er.

Anders sieht man dies bei der Zürcher Sektion Uto, einer Grosssektion mit 8500 Mitgliedern. «Diese Treffen machte man vor 20 Jahren», sagt Tourenchef Michael Beglinger. Heute habe man nicht mehr die Räumlichkeiten, um alle Leute am selben Ort zusammenzubringen. «In den letzten Jahren hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Der Grossteil der Kommunikation hat sich ins Internet verlagert. Man kann den Mangel an direkten Begegnungen bedauern, aber er ist Fakt, und wir müssen damit umgehen», sagt er.

Ob die Sektionen das Onlinesystem benützen oder am traditionellen Treffen im Sektionslokal festhalten, in einem sind sich die kontaktierten Präsidenten einig: Die Verantwortung für eine Gruppe in den Bergen zu übernehmen, ist keine Kleinigkeit. Der persönliche Kontakt hilft, die Fähigkeiten des anderen einschätzen zu können.

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