Glarner Schabziger: der Würzige aus den Bergen. Stark im Geschmack
Stark im Geschmack
Seit über 1000 Jahren wird in Glarus ein einzigartiger Kräuterkäse hergestellt: der Glarner Schabziger. Für den eigenwilligen Geschmack und die grüne Farbe ist der Hornklee – das Schabzigerkraut – verantwortlich.
Grün, stinkend und konisch: Der Glarner Schabziger ist einzigartig in Farbe, Form und Geruch. Und es ist ein hartnäckiger Geruch, den er verbreitet. So hartnäckig, dass Vorsicht geboten ist, mit einem Ziger zu verreisen.
Die grüne Farbe und der eigenwillige Geschmack verdankt der Ziger dem Hornklee – und der Kirche: Die Glarner Bauern mussten im 11. Jahrhundert jeweils ein Stück ihrer Zigerproduktion dem Kloster als Zins abgeben. Die Stifts-schwestern fanden den damals weissen Käse allzu fad. Für mehr Pep sorgte eine Mischung aus Salz und Hornklee. Das grüne Kraut wächst heute am rechten Zürichseeufer. Die 2,5 Tonnen Grün-pulver werden in Glarus verarbeitet: Dort befindet sich die einzige Schabziger-produktion der Welt, die Geska AG ( Gesellschaft Schweizerischer Kräuter-käse-Fabrikanten ). 1 Jährlich produziert die Geska AG rund 400 Tonnen Schabziger aus 7 Millionen Litern Milch.
Ein magerer Käse Der Schabziger hat praktisch kein Fett: Hergestellt wird er aus Magermilch, die auf 90° erhitzt wird. In die heisse Milch wird Milchsäure hineingerührt. Dadurch wird das Milcheiweiss ausgefällt. Der flüssige Teil, die Schotte, wird abgeschöpft, und zurück bleibt der feste Teil, der Rohziger. Sobald dieser gereift ist, wird er nach Glarus zur Geska geliefert, wo er mit Salz und Hornklee zu einer brüchigen Masse vermischt wird. Die Zigermasse wird zu Stöckli, Ankeziger und Schmelzkäse weiterverarbeitet. Jährlich werden die Förmchen 2,5 Mil-
1 Weitere Infos und Rezepte unter www.geska.ch
lionen Mal gefüllt, jedes einzelne Stöckli mit dem Gütesiegel der GESKA versehen. Knapp die Hälfte davon wird exportiert. Vor hundert Jahren waren es noch doppelt so viele.
Damals brachten die Zigerproduzen-ten, im Volksmund als Zigermanndli bekannt, ihren Kräuterkäse gleich selber unter die Leute. Im Sommer produzierten sie den Ziger, packten den Käse im Herbst zusammen und zogen damit von Tür zu Tür. Auch in die weite Welt hinaus brachten sie den Ziger. Mit Ziger-schiffen ging es den Rhein hinunter nach Holland und von dort in die baltischen Staaten und bis nach St. Petersburg. Heute findet der Ziger vorwiegend in Deutschland und Holland Abnehmer.
Das Wunderkraut Das Schabzigerkraut soll ein Wundermittel sein: Heilsame Wirkungen werden dem Hornklee schon lange zugesprochen. Auch heute bekommt Ruedi Jakober, der Geschäftsführer der Geska AG, Fan-post, in der davon berichtet wird. So schreibt eine ältere Frau, dass der Genuss des Kräuterkäses ihren Blutdruck gesenkt habe. Ein 87-jähriger Mann, der jeden Tag ein Stöckli verzehrt, spare sich damit den Arztbesuch.
Die Briefe zeigen, dass die Zigerlieb-haber meistens eher älter sind. Damit auch die Jungen auf den Geschmack des Zigers kommen, wurde dem Käse ein neues Outfit überstülpt: Neu wird mit einem jungen Glarner und einer Kuh geworben. « Heute weiss man, dass der Ziger aus Kuhmilch hergestellt wird », sagt Ruedi Jakober. « Und auch die Jungen lernen ihn langsam kennen. » Die Nouvelle Cuisine hingegen hat den Ziger
Der blaue Hornklee ( Trigonella Melilotus-coerula ) ist für den einzigartigen Geschmack des Schabzigers verantwortlich. Das Schabzigerkraut stammt ursprünglich aus dem Orient.
Der Geschäftsführer der Geska AG, Ruedi Jakober, ist Garant dafür, dass der Glarner Schabziger weiterhin einzigartig bleibt.
Jährlich werden 2,5 Millionen Zigerstöckli gepresst.
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und die vielfältigen Verwendungsarten bereits entdeckt, denn wie Ruedi Jakober sagt: « Viele wissen gar nicht, wofür sie den Ziger überall gebrauchen können. » Und er fängt an zu schwärmen: « Ich esse den Ziger sehr gerne und brauche ihn ganz unterschiedlich, zum Beispiel schabe ich ihn über ein Spiegelei oder eine Banane. »
Wie schon vor 1000 Jahren... Die Geska wurde vor knapp 90 Jahren von den grossen Zigerherstellern gegründet. In den Achtzigerjahren gingen immer mehr Firmenanteile an die spätere Swiss Dairy Food über. Doch seit 1999 ist die Geska wieder eine eigenständige Glarner Firma mit dem Monopol für Kräuterkäse. Sie will den Glarner Sennereien für ihre Milch einen Absatzmarkt garantieren. Letztes Jahr sei es erstmals seit einigen Jahren gelungen, den Rückgang der Zigerproduktion zu stoppen, sagt Ruedi Jakober. « Schön wäre es natürlich, den Absatz jetzt zu steigern. » Der Geschäftsführer setzt alles daran, dass der Schabziger einzigartig bleibt. Wie er dies schon seit 1000 Jahren ist. a
Regula Sieber, Bern
Rezept:SpargelnanSchabzigersauce
Spargeln: 1 kg grüne oder weisse Spargeln ( Broccoli oder Blumenkohl ) wenig Salz 1 TL Zucker 20 g Butter Sauce: 30 g Butter 30 g Mehl 3–4 dl Milch 50 g Glarner Schabziger evtl. Salz, Pfeffer 2 EL Glarner Schabziger, gemahlen Holzige Enden der Spargeln wegschneiden. Spargeln waschen, schälen und in schwach gesalzenem Wasser unter Zugabe von Zucker und Butter weich kochen. Für die Sauce die Butter schmelzen, das Mehl zufügen und kurz dünsten, ohne Farbe annehmen zu lassen. Unter ständigem Rühren mit der Milch ablöschen und unter Rühren drei Minuten köcheln lassen. Den Schabziger darunter mischen und würzen. Spargeln gut abtropfen lassen und mit der Sauce anrichten.. " " .AmSchluss gemahlenen Schabziger darüber streuen. Rezept: Geska AG, Glarus Das Stöckli und der Glärnisch: das unverwechselbare Duo aus dem Glarnerland Die Maschine mit Baujahr 1910 presst heute noch Stöckli.
Tradition gepaart mit Technologie: Der grösste Teil der Ziger-stöckli wird vollautomatisch geformt und verpackt.
Exklusiv: Spargeln an Schabziger-sauce Fo to :R eg ul a Sie be r Fo to :R eg ul a Sie be r Fo to :R eg ul a Sie be r Foto: Archiv Geska d_22_29.qxd 15.8.2003 13:21 Uhr Seite 23 DIE ALPEN 6/2003
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