Freudenschreck (6a)
Im Mai des letzten Jahres stiegen Thomas Senf und Martin Reber vom Schreckhorn ab und schauten – einmal mehr – vom Normalweg in den Abgrund hinunter, der rechts von ihnen zum Schreckfirn abfiel. Da beschlossen die beiden Bergführer, sich die vielversprechende Wand demnächst näher anzusehen. An einem Tag im Juli trugen sie Routenmaterial zum Wandfuss und richteten die erste Seillänge ein. Am nächsten Tag stiegen sie bis zur Schulter auf und waren begeistert: «Die Route bietet ein aussergewöhnliches Gesamterlebnis in hochalpiner Umgebung», sagt Reber. «Der Fels ist mega, fast wie in Finale.» Im unteren Teil hat Freudenschreck den Charakter einer Wand, oben ist es eher ein Pfeiler, der auf die Schulter des Südwestgrats führt. Über den schönsten Teil des Normalwegs ist es von dort nicht mehr weit auf den Gipfel des Schreckhorns.
«Es ist toll, so etwas praktisch vor der Haustür zu haben», findet Reber. «Von der Kletterschwierigkeit her ist die Route für viele machbar.» Trotzdem ist das Unternehmen anspruchsvoll: weil man die Zwischensicherungen selbst legen muss, weil in der Regel eine Gletscherausrüstung notwendig ist und weil man die Wetterverhältnisse genau beobachten muss. «Das Gesamtpaket ist interessant», findet Reber. Wer oben angekommen ist und noch nicht genug hat, könnte noch einmal etwas absteigen und die 13 Seillängen des Wegs durch die Nabe (6a+) anhängen. Er führt durch die imposante, 440 Meter hohe Südwand auf den Gipfel und ist 2001 von Thomas Wälti, Christoph Angst und Ursi Goetz eingerichtet worden.
Praktische Infos
Lage
Die Route führt vom Schreckfirn auf die Schulter des Schreckhorn-Südwestgrats.
Eckdaten
6a, 11 SL, ca. 300 m
Eröffner
Martin Reber und Thomas Senf haben die Route im Juli 2017 eingerichtet und erstbegangen.
Anreise
Mit dem Zug bis Grindelwald, dann mit dem Bus bis Grindelwald, Pfingsteggbahn. Ab da führt eine alpine Route von der Pfingstegg zur Schreckhornhütte (T4, 4 h 30, ↗ 1150 Hm). Ab Grindelwald verlängert sich die Wanderzeit um eine Stunde.
Routeneinstieg
Koordinaten: 2’651’944, 1’159’627.1. Von der Schreckhornhütte über den Normalweg auf den Schreckfirn (2 h). Vor dem Bergschrund der Normalroute zum Fuss des Pfeilers absteigen. 1a: Direkter, jedoch etwas steinschlaggefährdet ist der Zustieg von der Hütte via Schreckcouloir zum Einstieg am Pfeilerfuss (1 h bis 1 h 30).
Abstieg
Über den Normalweg aufs Schreckhorn (3). Alternativ kann über die Route abgeseilt werden (Abseillängen 50 m). Weil Querungen drin sind, geht das allerdings nicht immer ideal.
Material
50-m-Seil, zum Abseilen 2 × 50 m, Camalot 0,1–3, ein Set Keile, Gletscherausrüstung
Karten
LK 1 : 25 000, Blatt 1299 Grindelwald
LK 1 :50 000, Blatt 254 Interlaken
Anmerkungen
Alle Standplätze sind gebohrt. Die Zwischensicherungen müssen selbst angebracht werden. Der Fels ist dafür gut geeignet. Trotzdem sind Spürsinn und Erfahrung mit Klemmkeilen notwendig. Idealerweise begeht man die Route an stabilen Sommertagen bei wenig Schnee.