Ein zweites Leben für Kletterfinken Fred Nicole, der Resoling-Profi
Seit fast 30 Jahren trägt Gecko Supply in Zürich mit der Neubesohlung von Kletterschuhen zur Reduzierung von CO2-Emissionen bei. Einer der überzeugten Resoler in der Werkstatt ist der Extremkletterer Fred Nicole.
Drei Wochen, drei Monate oder drei Jahre – die Lebensdauer von Kletterfinken hängt von ihrer Nutzung ab. Was aber nicht jeder weiss, ist, dass sie ganz einfach verlängert werden kann. Zum Beispiel am Sihlquai 244 in Zürich, wo jedes Jahr rund 1600 Paar Kletterfinken ein zweites Leben erhalten. In der ersten Etage einer ehemaligen Papierfabrik, die heute Hauptsitz der Werkstatt von Gecko Supply ist, arbeitet auch Fred Nicole. Dutzende Paare von Kletterfinken warten darauf, dass sie an die Reihe kommen. Weiter drüben stapeln sich Gummiplatten, aus denen von Hand Sohlen oder Spitzen zugeschnitten werden. In einem Regal sind Leistenformen in allen Grössen aufgereiht. Der Geruch von Leim überdeckt denjenigen der alten Schuhe. Fred Nicole, seit den 1990er-Jahren ein berühmter Extremkletterer, verpasst gerade einer Sohle den letzten Schliff. Ein letztes Mal pustet er energisch den Gummistaub weg. Der Kletterfinken sieht nun wieder wie neu aus.
Ein boomendes Metier
«So macht man das!», ruft der Resoling-Experte freudig aus und zeigt das Ergebnis. «Solange die Ledersocke noch gut ist, kann man fast alles reparieren», sagt er. In der Regel werden nur das vordere Drittel der Sohle und die Zehenpartie bearbeitet. Beim Wiederbesohlen löst er zunächst den beschädigten Teil ab und kopiert die Form auf eine Gummiplatte. Anschliessend klebt er die neue Sohle an und bringt den Schuh mit einem Leisten wieder in seine ursprüngliche Form. «Hier ist Erfahrung gefragt», sagt Fred Nicole, «denn der falsche Leisten kann einen Schuh sehr unbequem machen.» Für den Kletterer aus Yverdon, der 1995 «der Liebe wegen» nach Zürich gekommen ist, ergab sich der Job als Resoler wie selbstverständlich. «Ich kannte Michael Wieser bereits, als er 1992 zusammen mit Reto Tischhauser Gecko Supply gründete, nachdem er das Resoling in den USA entdeckt hatte. Es war zur Zeit von Bain de sang, meiner ersten 9a in St-Loup», erinnert sich Fred Nicole. «Michi importierte die Marke Five Ten in die Schweiz und kontaktierte mich wegen eines Sponsoringdeals.» Eins führte zum anderen, und der Wahlzürcher begann mit dem Resoling, während er weiterhin auf höchstem Niveau kletterte. «Zuerst hatten wir keine Ahnung, und dann haben wir bei Schuhmachern abgeschaut. Es war quasi Learning by Doing», sagt Fred. Heute reitet Gecko Supply auf der Erfolgswelle des Kletterns mit. Die Werkstatt beschäftigt fünf Personen, die alle leidenschaftlich gerne klettern. Wie zur Bestätigung findet man im nächsten Raum eine Boulderecke.
Wie neu, aber mit Komfort
Der 51-jährige Fred Nicole bereut es nicht, dass er sich für diesen Job entschieden hat. Denn damit kann er seiner Leidenschaft nachgehen. Seit fünf Jahren kreiert er auch Schuhe für die Marke Five Ten. «Ich mag Abwechslung, und die neue Tätigkeit erlaubt es mir, meine Kreativität anzuwenden.» Gleichzeitig klettert er nach wie vor intensiv. Seine letzte 9a schaffte er 2019. Und als grosser Verfechter des Resoling besohlt er auch seine eigenen Schuhe. «Ich besohle sie bis zu dreimal wieder. Solange der Kletterfinken ein gewisses Mass an Spannung beibehält, bekommt man die Qualität eines neuen Schuhs mit dem Komfort eines bereits eingetragenen Schuhs.» Ein überzeugendes Argument, wenn man sich zwischen einem Resoling, das 69 bis 89 Franken kostet, und dem Kauf eines neuen Paares Kletterfinken zum gleichen Preis entscheiden muss.
Dem SAC liegen aktuelle Umweltthemen am Herzen. Bereits 2019 hat er beschlossen, die Gletscher-Initiative zu unterstützen, die zum Ziel hat, dass die Schweiz bis 2050 netto null Treibhausgase mehr ausstösst. Einige von uns tragen bereits dazu bei, sei es in ihrer Freizeit oder beruflich. Ihnen ist diese Serie gewidmet.