Ein Komet am Sportkletterhimmel
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Ein Komet am Sportkletterhimmel Sportkletter-WM in Bern, 1.-12. August 2023

​1991 und 1993 fanden die ersten Sportkletter-Weltmeisterschaften statt. Zuoberst auf dem Podest stand zweimal eine Schweizerin: Susi Good aus dem sankt-gallischen Rheintal. Sie war Anfang der 1990er-Jahre die beste Kletterin der Welt.

Klettern ist immer noch wichtig in ihrem Leben. Susi Good klettert dreimal pro Woche - und das sieht man ihr auch an, die 56-Jährige ist schlank und muskulös. Meistens klettert sie mit ihrem Mann Edwin. Wenn es geht draussen, ansonsten in der etwas in die Jahre gekommenen Kletterhalle in Sargans, die für sie aber immer noch gut genug sei. «Wenn ein Klettertraining ausfällt, mache ich Klimmzüge», sagt Susi Good. Bis zu 160-mal.

Kürzlich war sie mit ihrer Tochter am Gardasee und hatte keine Klimmzugstange zur Hand, da machte sie die Kräftigungsübungen an einem Schrank. Klettern habe sie abgehärtet, hatte sie einmal gesagt. Ihre eiserne Disziplin hat sie sich bis heute erhalten.

Susi Good war genau in dem Moment, als es in den 1990er-Jahren mit den Sportkletterwettkämpfen so richtig losging, eine Topkletterin. Sie stand nicht nur bei Weltcups, die offiziell ab 1989 ausgetragen wurden, rund ein Dutzend Mal auf dem Podest, sondern gewann auch die ersten beiden ausgetragenen Sportkletter-Weltmeisterschaften 1991 und 1993 in der Disziplin Lead. 1992 wurde sie Europameisterin, und im Jahr darauf gewann sie auch das Rockmasters im italienischen Arco, das oft als inoffizielle Weltmeisterschaft bezeichnet wird. Eine Leistung, die bisher keine Schweizerin und kein Schweizer im Sportklettern wiederholen konnte.

Vom deutschen Nationaltrainer entdeckt

Es ist ein heisser Nachmittag im Garten eines Einfamilienhauses im sankt-gallischen Gams. Susi Good blättert in einem Bundesordner voll mit ausgeschnittenen Artikeln aus Zeitungen und Zeitschriften. «Welche Finken trägst du da?», fragt Edwin Good. «Die rote Hose ist super, die kommt jetzt wieder in Mode.»

Es passt, dass ihr Mann bei unserem Besuch auch da ist, denn Susi Goods Erfolgsgeschichte ist auch ein wichtiger Teil von seinem Leben. Und dass er manchmal mehr redet als sie, hat auch seine Ordnung. Sie sei ein Stummfisch, und sich selbst vermarkten sei nicht ihre Stärke gewesen. «Ich bin wirklich sehr gerne geklettert, aber Interviews mit den Journalisten war nicht meins.» Im Gegensatz zu ihrem Mann Edwin, der damals inoffiziell die Rolle des Trainers eingenommen hatte, war sie der Wettkampftyp. «Ich konnte in Anwesenheit der Zuschauer immer noch einen Zacken zulegen», sagt sie.

Angefangen hat alles, als sich Susi und Edwin Good kennenlernten. Sie war 17, er 19. Susi Good war von Kindesbeinen an in den Bergen unterwegs, ihre Familie hatte im Weisstannental eine Hütte. Mit Klettern fing sie aber erst mit Edwin an, der bereits etwas Erfahrung hatte. «Zumindest hattest du schon einen Klettergurt», sagt sie zu ihm. Mit der Zeit trainierten sie effizienter, um sich steigern zu können, richteten sie selbst schwierige Routen ein. Schliesslich war es Wolfgang Kraus, ehemaliger deutscher Nationaltrainer im Sportklettern, der Susi Good sagte, sie solle an einem Wettkampf teilnehmen.

Hanspeter Siegrist, ehemaliger langjähriger Chef Leistungssport beim SAC, unterstützte die Idee und übernahm die Anmeldung für die Wettkämpfe. Weil sie noch nie an Kunstgriffen geklettert hatte, fuhren sie vorher «extra irgendwo in die Westschweiz», wo es bereits eine Kletterhalle gab. Im ersten Wettkampf, einem Weltcup in Wien, erreichte die 25-Jährige gleich den Halbfinal. Und die Lernkurve ging weiter steil nach oben. «Im zweiten oder dritten Wettkampf kletterte ich das erste Dach. Ich wusste nicht, dass es das gibt», erzählt sie.

Im Campingbus zu den besten Klettergebieten

So kometenhaft Susi Good am Sportkletterhimmel aufgestiegen war, fast so schnell verschwand sie wieder. 1991 galt sie als überraschende Siegerin der Weltmeisterschaften und konnte den Titel zwei Jahre später verteidigen. Doch Ende 1993 zog sie sich aus dem Wettkampfgeschehen zurück. Es gibt Namen aus den Anfängen der Sportkletterszene, die bis heute berühmt sind, doch an Susi Good und ihre sportlichen Erfolge erinnern sich heute nur noch wenige.

An diesem Nachmittag schwelgen Susi und Edwin, die zusammen vier Kinder grossgezogen haben und ein Bergsportgeschäft in Grabs betreiben, in Erinnerungen. Die gelernte Hochbauzeichnerin wagte den Schritt zur Profisportlerin, neben den Siegerprämien unterstützte Mammut sie damals als Sponsor. Das junge Paar reiste mit einem Campingbus zu den besten Klettergebieten. Viel Geld brauchten sie nicht, denn in Frankreich zum Beispiel, wo sie oft im Winter waren, seien die Campingplätze jeweils geschlossen gewesen. «Doch einer in der Nähe von Marseille war offen», erinnert sich Edwin Good. «Der kostete nur vier Francs», sagen sie gleichzeitig und müssen lachen.

Autor / Autorin

Anita Bachmann

Weitere WM-Erfolge

An den Sportkletter-Weltmeisterschaften, die seit 1991 ausgetragen werden, gab es noch weitere erfolgreiche Schweizer Kletterinnen und Kletterer auf Podestplätzen. Elie Chevieux belegte 1995 den dritten Platz im Lead. Ebenfalls eine Bronzemedaille holte Cédric Lachat an den Sportkletter-Weltmeisterschaften 2007 im Bouldern. Einen weiteren Weltmeistertitel für die Frauen holte Petra Klingler 2016. Sie siegte beim Bouldern, diese Disziplin wird seit 2001 an den Weltmeisterschaften ausgetragen.

Freiwillige gesucht

Für die Sportkletter-WM 2023 in Bern werden freiwillige Helferinnen und Helfer gesucht. Die Organisatoren brauchen rund 400 Volunteers. Voraussetzung ist, das man zum Zeitpunkt der Veranstaltung mindestens 16 Jahre alt ist, drei Tage Zeit für den Einsatz hat und Motivation mitbringt. Die Einsatzgebiete sind vielfältig: Ticketing, Infostände, Welcome Desk, Auf- und Abbau, Zeremonien und vieles mehr. Die Registrierung läuft über Swiss Volunteers. Alle Infos auf bern2023.org.

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