Dr. C. Täuber: Ein uralter Flußname
Dr. C. Täuber: Ein uralter Plussname ( Aach — aqua — ava ). Sonderabdruck aus Band XCVIII, Nr. 21 des „ Globus ", ausgegeben am 8. Dezember 1910.
Immer noch scheint es mir der Verfasser methodologisch darin zu versehen, daß er zwischen der allgemeinen indogermanischen Grundlage der betreffenden Wortwurzeln und ihrer Differenzierung in den einzelnen Idiomen ( lateinisch-romanisch, keltisch-rätisch, germanisch ) und den sprachgeschichtlichen Stadien ( vorrömisch, vulgärlateinisch, mittellateinisch, alt- und mittelhochdeutsch, franco-provenzalisch und dergl. ) im einzelnen Fall oft nicht genügend unterscheidet und Urverwandtes als zeitlich voneinander Abhängiges hinstellt. Schwere Bedenken habe ich gegen fast alles, was Dr. Täuber über sein Stammwort „ Ege ", welches ihm die Verbindung zwischen germanischem Aach, Aa, Au und lateinisch-romanischem aqua, aigue usw. herstellen muß, in Anlehnung an die Gebirgsnamen Eginen, Eginer, Eiger, Allalin vorbringt. Wenn Dr. Täuber sagt, „ wir haben es mit regelrechter Walliserplural-bildung ( vergl. die Laui „ Lawine ": Lauenen, Zenlauenen: „ zu den Lawinen ", die Rüfi „ Erdrutsch ": Zenrüfenen, Seew: „ der See ", Sewinen usw. ) in Eginen, dem Namen eines von vielen Bächen durchzogenen einsamen Tales im Oberwallis bei Ulrichen, und dem einer von den Abflüssen des mächtigen Allalingletschers gespeisten Gegend Eginen im Saastal, die zwar auf der Karte nicht benannt ist, von der aber der anliegende Berg Eginer seinen Namen trägt ", so übersieht er, daß umgekehrt Laui die Verkürzung von Lauine = ml. Labina ist und Rüfi auf ml. ruina, rom. rovina zurückgeht, Rüfine also Lehnwort und Singular ist wie Lauine. Was nun den Eginer betrifft, so hat Pfarrer Iselin schon 1896 ( siehe Jahrbuch S.A.C. XXXI, pag. 397 ) die Vermutung ausgesprochen, „ dieser deutsche Name, ohne sichere Deutung, stamme vielleicht nur von einer an seinem Fuß liegenden Lokalität Egginen, wie Bantiger von Bantigen ". Diese Spur ließe sich weiter verfolgen, aber erstlich ist diese Lokalität nicht nachzuweisen und dann lautet die älteste mir bekannte Namensform, die auf Pfarrer J. J. Imseng zurückgeht ( Chronik des Tales Saas, 1851 ), konstant Egginer, was uns auf einen anderen Weg weist. Schlimmer ist, was Dr. Täuber aus der Vermutung Iselins gemacht hat. Zunächst bringt er Eginer und Eginen in Zusammenhang mit dem 2½ km weiter südlich gelegenen Allalingletscher. Diesen Namen wiederum deutet er, unter Beiziehung der urkundlichen Form Ayguelina für das Eginental und Allium für Aigle oder Aelen, und unter Ablehnung der von Iselin und Jaccard richtig vermuteten Deutung auf aquila, Adler, nach seiner Wassertheorie kühn um: „ Wenn aus aquila ( aquilum ?) Allium wurde, kann aus aquilina ( aquulina ), bezw. einem barbarisch-latinisierten allulina wohl Allalin werden. " Dergleichen sollte nach allem, was in diesem Jahrbuch schon gepredigt worden ist, nicht mehr riskiert werden, und auch die Berufung auf die „ Ailefroide, das kalte ( Gletscher- ) Wässerchen beim Pelvoux im Dauphiné " wäre besser unterblieben, da es seit den klassischen Untersuchungen von Jules Ronjat in der „ Montagne " 1908, pp. 369, 372, kein Geheimnis mehr ist, daß die Dialektform diese Deutung unmöglich macht. Weil ich an die Form Eiginer nicht glaube, denke ich auch nicht, daß es Dr. Täuber gelungen sei, den Mons Egere ( =Eiger ) von 1252 glaubhaft zu deuten. Ich wüßte auch nicht, was dieser kahle Felsberg mit Flüssen und Seen wie Eger oder Aegeri Gemeinsames hätte. Neben solchen Fehlgriffen enthält der Artikel viel beachtenswertes Material und wird, wenn mit der nötigen Vorsicht benutzt, die Ortsnamenkunde fördern.Redaktion