Dr. C. Täuber : Die Berner Hochalpen
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Dr. C. Täuber : Die Berner Hochalpen

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Dr. C. Täuber: Die Berner Hochalpen. Verlag Polygraphisches Institut A. Gr. Zürich 1906. Preis Fr. 2.

Dr. C. Täuber: Aus den Tessiner Bergen. Verlag Art. Institut Orell Füssli. Zürich 1907. Preis brosch. Fr. 3. 50, geb. Fr. 4.

Dr. C. Täuber: Neue Gebirgsnamenforschungen ( Stein— Schutt—Geröll ). Verlag Art. " Institut Orell Füssli. Zürich 1907. Preis Fr. 8.

Ich fasse hier die drei neuesten Arbeiten unseres Clubgenossen zusammen, der sich durch seine Beiträge zu den drei letzten Bänden dieses Jahrbuchs ( siehe XL, pag. 69 — 89; XLI, pag. 23—45; XLII, pag. 16 bis 55 und 253—272 ) rasch einen guten Namen als Alpenschriftsteller und Gebirgsforscher gemacht und damit außerhalb des S.A.C. Verleger für seine Bücher gefunden hat. Wir wollen hoffen, daß Autor und Verleger bei dem Publikum, das wesentlich das nämliche ist, wie die Leser dieses Jahrbuches, auch für diese Publikationen die Anerkennung finden werden, welche sie für ihre Mühe und ihr Geld verdienen.

In dem ersten der oben genannten Büchlein, den „ Berner Hochalpen ", kehren zum Teil die Besteigungen wieder, welche Herr T. in den Jahren 1903, 1904 und 1905 mit abwechselnden Begleitern in den Berner Alpen gemacht und in der „ Alpina " und im Jahrbuch beschrieben hat, aber das hat insofern wenig zu bedeuten, als die Darstellung in dem Büchlein dem veränderten Zweck entsprechend umgearbeitet wurde, und der Stoff nach einheitlichem Gesichtspunkt und nach Gruppen, nicht nach den Jahresreiserouten geordnet zur Besprechung kommt. So folgen sich im Büchlein nach einer flott geschriebenen Einleitung die folgenden Kapitel: Der Grindelwald Fiescherfirn und das Bergli ( mit guten Bemerkungen über die Verschiedenheit der Zugänge von der Station Eismeer der Jungfraubahn oder von Grindelwald via Bäregg, Zäsenberg, Kalli und Fiescherwand, wobei die Bequemlichkeit im umgekehrten Verhältnis zu dem Reiz und Genuß der Wanderung stehtJungfrau und Mönch ( beide auf dem gewöhnlichen Wege von der Berglihütte aus erstiegender Eiger im Winter ( von der Station Eigergletscher ausder Strahleggpaß ( von Grindelwald zur Grimseldas Schreckhorn ( 21 stündige Tour, wegen ungünstiger Verhältnisse, von der Schwarzegghütte über Strahlegg und zurück zur Hüttedie Wetterhörner ( Traversierung von Wetterhorn, Mittelhorn und Rosenhorn von der Glecksteinhütte aus mit anschließendem Übergang über den Lauteraarsattel bis zum Pavillon Dollfus, eine flotte Marschleistung ); das Scheuchzerhorn ( vom Pavillon Dollfus zur Oberaarjochhütte traversiert ); das Oberaarjoch-revier ( Oberaarhorn, Oberaar-Rothorn, Vorder-Galmihorndas Finsteraarhorn ( von der Oberaarjochhütte auf dem gewöhnlichen Wegeder Große Aletschgletscher; das Aletschhorn ( von der Concordiahütte mit indirektem Abstieg zur LötschenlückeBietschhorn ( über den Westgratdas Lauterbrunner Breithorn ( von der Wetterlücke ausdie Blümlisalp ( Wilde Frau und BlümlisalphornBalmhorn ( über den Wildelsigengrat, mit Gewitterabenteuer auf dem Gipfelder Wildstrubel ( von der Gemmi aus ). Ich habe an den größtenteils zutreffenden Schilderungen nur wenige Aussetzungen zu machen, die ich dem Verfasser nicht vorenthalten will, damit er inne werde, wenn er es nicht schon weiß, daß auch auf der literarischen Seite des Bergsteigens nicht alles süß ist. Auf pag. 36 heißt es von Rev. J. M. Elliott, der 1869 an der jetzt nach ihm benannten Stelle verunglückte, „ daß ihn kurz vorher das Matterhorn verschonte ". Nun hat Mr. Elliott seine Besteigung des Matterhorns, die erste von der Nordseite nach der Katastrophe von 1866, am 25. Juli 1868 gemacht. Auch sollte ein Bergnamenforscher von Beruf ein zwar steiles, aber immerhin muldenförmiges Schneefeld nicht als Wändli, sondern, wie der Dialekt lautet, als „ Wängli " bezeichnen. Pag. 42 steht Wetterlücke statt Wettersattel, was zu Verwechslungen Anlaß geben könnte. Pag. 45 wird Agassiz ein Neuenburger Gelehrter genannt. Agassiz war aber von Geburt Freiburger, wenn er auch vor seiner Abreise nach Amerika in Neuenburg wirkte. Dollfus ist im Verhältnis zu Agassiz, Desor etc. kein „ späterer Forscher " ( p. 48 ), sondern fast von Anfang an dabei. Auf pag. 64 ist die Rolle, welche die Italiener bei der Eroberung des Matterhorns gespielt haben, nicht gerecht beurteilt. Uneingeschränktes Lob verdienen die zahlreichen Illustrationen.

Noch dankbarer als für die Schilderungen aus einem immerhin sattsam bekannten Teil der Schweizer Alpen muß der Leser für den Genuß sein, den ihm das zweite Büchlein von Dr. Täuber bietet: Aus den Tessinerbergen. Denn diese sind in der Tat zu wenig bekannt, obschon in diesem Jahrbuch in den letzten Jahren, namentlich durch die Herren L. Lisibach und G. End, manches zu ihrer Aufklärung geschehen ist. Diesen beiden war auch der Autor auf mehreren Bergtouren beigesellt, aber von diesen ist hier nicht die Rede, sondern von solchen, die im Jahrbuch noch nicht zur Sprache gekommen sind. Aus den einzelnen Abschnitten wird sich der Leser selbst ein Bild der gemachten Touren zusammenstellen können. Es sind die folgenden: 1. Die Nordwestecke, All' Acqua im Bedretto ( Pizzo Rotondo, Blindenhorn, Basodino, Cristallina ). 2. Ob Faido ( Campo Tencia und Pizzo di Molare ). 3. Im Adulagebiet ( Cramorino, Frühling am Ursprung des Rheins, d.h. Übergang von Malvaglia nach der Clubhütte Zapport und Dorf Hinterrhein am Auffahrtstage ). 4. Quer durch den Mittleren Tessin ( Ofenhorn, Albrunpaß, Antigoriotal bis Croveo, dann das Tocetal hinauf bis Foppiano oder Unterwald und über den Krameggpaß nach Bosco, Piancaccia in Valle Maggia, Vogorno-Madone in Val Verzasca, Val Cama, Molinera-Calanca-tal, P. Bombi in Mesolcina ). 5. Weihnachtsferien in Val Colla ( Garzirola ). G. Ganz im Süden ( Gradicioli, Monte Nudo, Mottarone, Torrione, Galbiga, Bisbino, Monte Generoso, S. Primo ). Diese trockene Aufzählung wird dem gutgeschriebenen und auch gut illustrierten Büchlein nur insofern gerecht, als sie zu dem im Vorwort ausgesprochenen Gedanken des Verfassers, der Leger sollte sich aus seinen Plaudereien selber die gewünschten Touren in den Tessiner Bergen kombinieren, die nötigen Winke gibt. Das Detail mag er in dem Büchlein selbst nachlesen und in der Tasche mitnehmen, bis ein „ Führer durch die Tessiner Alpen " ihn auch dieser Last enthebt.

Wenn ich den zwei vorhergehenden Büchlein des Herrn Dr. Täuber fast uneingeschränktes Lob spenden konnte, so fürchte ich dagegen, daß ich mir durch meine Kritik seiner „ Neuen Gebirgsnamenforschungen ( Stein—Schutt—Geröll ) " sein kräftiges Mißfallen zuziehen werde, wie dies schon dem Kollegen Walder passiert ist. Und doch kann ich nicht anders, als meine Opposition gegen Methode und Resultate jetzt zum Ausdruck bringen, trotzdem ich den ersten Artikel des Herrn T. im vorigen Jahrbuch ohne redaktionelle Vorbehalte abgedruckt habe, und mich dem Vorwurf der Inkonsequenz aussetze. Herr T. wird mir aber bezeugen müssen, daß ich ihn schon 1906 auf die schwachen Seiten seiner Hypothese, namentlich auf seine Überschätzung der Corssenschen Resultate aufmerksam gemacht und ihm die Verantwortlichkeit für Angriffe der philologischen Kritik überlassen habe. Diese sind nun freilich ausgeblieben, abgesehen von dem einen Artikel in der „ Alpina ". Die eigentliche Fachpresse hat bisher geschwiegen; ob aus Verblüffung oder weil ihr die zwei Abhandlungen nicht zur Kenntnis kamen, weiß ich nicht. Ich vermute das letztere. In Ermanglung einer solchen Kritik, auf die ich mich hier berufen könnte, will ich, weil ich über diese Fragen hier schon mehrmals referiert habe, mich auch über diese neuesten toponomastischen Studien mit der Reserve äußern, die sich einem mit so viel Fleiß und Konsequenz gemachten Essay gegenüber geziemt. Zunächst möchte ich konstatieren, daß die Methode und die Behandlung der einzelnen Ortsnamen besser ist, als dies seinerzeit von Pfarrer J. Studer, der in Täubers Schrift öfters zitiert und kritisiert wird, geschehen ist. Aber einwandfrei sind beide nicht. Was die erstere betrifft, so liegt eine petitio principii darin, daß alle die über 500 Wörter, die Dr. T. analysiert, als vorrömisch in unsern Alpen existierend angenommen werden; mit andern Worten, daß nicht nur die mit der Wurzel ras oder ros zusammenhangenden Flußnamen und davon abgeleiteten Bergnamen wie Roise, Reuss, Rosa, Rusein etc. einer ligurisch-etruskisch-keltischen Urbevölkerung zu vindizieren seien, und, unverstanden und oft mißdeutet oder umgeformt, die römische und germanische Besiedelung der Alpen überdauert hätten, was man mit gewissen Einschränkungen zugeben kann, sondern daß dies auch mit den von den Wurzeln mas, mar, kar ( Umformungen davon cas, cras und glar ), cam, sas der Fall sei, die alle auf Stein, Schutt, Geröll gedeutet werden. Also gerade die unkultivierbaren Partien der Alpen, die nicht nur für den römischen Soldaten und Kaufmann, sondern auch für den eingebornen Bauern und Gebirgler ihrem Nutzen nach toten und stummen Teile sollen als Beweis dienen, „ daß vor der römischen Besiedelung weit mehr Kulturelemente in der Alpenkette vorhanden gewesen sein müssen ". Diesem Prinzip zulieb werden eine Menge von Namen, die sich aus dem Deutschen, Französischen, Italienischen und Rhätoromanischen leicht und ungezwungen erklären lassen und zum Teil erst in recht später Zeit aufgekommen sind, auf Umwegen aus indoeuropäischen Sprachwurzeln abgeleitet und ihre direkte Benennung durch historisch nachweisbare Völkerstämme zu gunsten der imaginären Sprachschicht eines Urvolkes verworfen. Und während eine kahle Einheit der Benennungen gewonnen wird, geht die vielfach viel belehrendere Differenzierung und Nuancierung der Bergnamen verloren. Ein anderer methodischer Fehler ist der, daß Dr. Täuber die Beobachtungen, welche andere auf diesem Gebiete gemacht haben, nicht genügend zum Vergleich herangezogen hat. So werden die Arbeiten von Pfarrer J. Iselin in Basel, Dr. J. L. Brandstetter in Luzern nirgends zitiert und von dem Referenten nur die zum Teil veralteten Ansichten, die er in alten Bänden dieses Jahrbuchs, nicht aber die neuen, die er in seinem Büchlein über das Saastal und in manchen Rezensionen ausgesprochen hat. Ein dritter Einwand gegen die Methode, den schon Prof. Walder erhoben und Dr. Täuber in seiner Replik nicht entkräftet hat, ist der: Wenn man einmal die Methode der vergleichenden Sprachwissenschaft heranziehen will zur Lösung von Fragen, die auch ohne sie keine Rätsel der Sphinx sind, so muß man dies nach dem neuesten Stande der Forschung und konsequent tun; man muß die Ablautungen des Stammbaums dialektisch rechtfertigen und auch die Suffixe, nicht nur die Wurzeln in den Namen etymologisch deuten. So viel im allgemeinen. Ich will nun zum Beleg meiner Kritik einige Beispiele geben: pag. 15 und 19 wird die „ ketzerische " Ansicht ausgesprochen, die Mischabelhörner seien „ Steinhörner " ( von der Wurzel mas, abgelautet zu mies und einem ursprünglich etwa Missaglia lautenden Wort, das als Mischabla = Mistgabel umgedeutet wurde ). Diese Erklärung erregt zwei schwere Bedenken. Erstens ist nicht nachgewiesen, daß das linguistische Substrat im Saastal vor der Einwanderung der Deutschen italienisch war; sie war eher, wie im benachbarten Nicolaital, französisch. Zweitens kommt für Dom und Täschhorn etc., die vom Tal aus überhaupt nicht sichtbar sind, der Name Mischabelhörner nicht vor 1822, resp. 1835 vor, und ist der Notbehelf eines Führers gegenüber einem neugierigen Touristen. Auf pag. 22 wird sogar das Morgenberghorn, dessen Benennung nicht über den älteren Studer hinaufreicht, trotz der Nähe des Abendbergs auf die Wurzel mor = Stein zurückgeführt, und mindestens ebenso problematisch ist ebendaselbst die Deutung von Morgarten und Morgeten, während der von Monte Moro aus der nämlichen Wurzel ( pag. 21 ) nach Dr. Täubers eigenem Rezept die Nähe des Schwarzberggletschers entgegengehalten werden kann, welche die viel wahrscheinlichere Deutung aus ml. maurus = schwarz, wie in Maurienne nahe legt. Auf p. 34 wird Meiringen, urkundlich Magringen, ebenso alsSteinen " gedeutet, während es einer der vielen auf alemannische Personennamen mit dem Suffix -ingen zurückgehenden Ortsbezeichnungen deutscher Zunge ist. Warum ferner St. Moritz im Engadin und St. Maurice im Wallis ihres Heiligenscheins beraubt und zu „ Gandstätten " erniedrigt werden, ist nicht besser begründet. Wenn Dr. T. pag. 36 sagt: „ Das aargauische Merenschwand — deutet auf die Kulturarbeit der von Norden kommenden alemannischen Eindringlinge in die noch vielfach brach daliegenden, von Steingeröll und Wald bedeckten helvetischen Gefilde ", so heißt das die Dinge auf den Kopf stellen. Diese Gegend war, wie die Funde zeigen, in römischen Händen gut kultiviert und wurde durch die alemanische Invasion — vorübergehend — verwüstet. Vollends unbesonnen ist die Art, wie pag. 59 das Cremer-Tal auf die ( problematische ) Wurzel car = Stein bezogen wird. Erstlich lautet die Form in der ältesten Fassung in Münsters Kosmographie „ Krämertal ", zweitens ist damit nicht das französischsprechende Valtournanche gemeint, sondern das deutschsprechende Val d' Ayas und Gressoney, und der Name ist nicht autochthon, sondern von den Schweizer Humanisten aufgebracht, also für Dr. Täubers These nicht beweiskräftig. Nicht minder launenhaft ist die Deutung von Scheerhorn auf pag. 72. Es ist durch nichts bewiesen, daß „ das Scheerhorn seine Taufe von den Anstößern in der Klausenpaßgegend erhalten hat, wo die Form einer Scheere gar nicht in die Augen sprin-

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