Die erste Besteigung des Huascaran 1908
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Die erste Besteigung des Huascaran 1908

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Nach dem Bericht von Annie S. Peck in „ Harper's Monthly Magazine " 1 ).

Vorbemerkung: In seinem Aufsatze « Hochgipfel in den peruanischen Anden » ( « Die Alpen » 1932, Seite 135 ) sagt der Marburger Geologe Friedrich Ahlfeld, die Miss Peck habe den Huascaran nicht bestiegen, sondern sei « nicht viel weiter gekommen als bis zum Sattel zwischen beiden Gipfeln », und habe sich dennoch nachher als Siegerin in Lima feiern lassen, das Ganze bilde « eines der traurigsten Kapitel in der Geschichte des Alpinismus ». Dieses Urteil veranlasste den Führer Gabriel Zumtaugwald in Zermatt, welcher die Peck geführt hatte, zu der kurzen Erklärung, der Nordgipfel des Huascaran sei anfangs September 1908 bestiegen worden ( « Die Alpen » 1932, Seite 218 ). Ahlfeld hat darauf nicht geantwortet. Nun schreibt Philipp Borchers in Bremen in dem Bericht « Die Forschungsreise des D. u. Ö.A.V. in die Cordillera Bianca » ( Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1933, Seite 10 ), die Bestätigung, dass die Amerikanerin auf keinem der beiden Gipfel gewesen, sei ihm und seinen Begleitern « durch die Einwohner von Yungai und durch den Arzt, der damals die erfrorenen Gliedmassen der Schweizer Führer behandelt hat », gegeben worden.

Wer weiss nun das Tatsächliche mit Sicherheit? Kaum ein Zweifel, dass das « Alpine Journal » als die im internationalen Alpinismus am vielseitigsten orientierte Zeitschrift sich darüber klar ausgesprochen hätte. Die bestimmte Erklärung Zumtaugwalds gab den Anstoss, nach dem Originalberichte der Miss Peck zu suchen. Als dieser mit Hilfe Paul Montandons gefunden war, übernahm J. W. Diriwächter, Mitglied des S.A.C. Zofingen, die mühevolle Arbeit, die Schilderung in ihren Hauptzügen zusammenzufassen und die entscheidende Stelle zu übersetzen. Da aus genau angegebenen Gründen keine Höhenmessung vorgenommen werden konnte, täuschten sich Miss Peck und ihre Führer sehr über die Höhe, der Huascaran war nicht höher als der Aconcagua. Die bekannte Bergsteigerin Frau Workman schickte « express » eine Expedition unter Leitung von M. de Larminat nach Peru, um die Höhe des Berges zu bestimmen. Diese stellte fest:

Nordgipfel 6650 m ( 21,812 Fuss ), Huascaran Südgipfel 6763 m ( 22,182 Fuss ).

Aus dem Vorwort des Herausgebers des « Magazine »: Unverzagt über ihr Misslingen im Sommer 1906, den Gipfel zu erreichen, brach Miss Peck 1908 wieder auf, um die Besteigung nochmals zu versuchen. Die Nachricht von ihrem Erfolg ist bereits rund um die Erde gekabelt worden, doch das Folgende ist Miss Pecks erster Bericht über ihre verwegene Tat.

Aus dem Bericht: Am 29. Juni fuhr Miss Peck von New York ab nach Yungai im Huailastal, diesmal begleitet von den Schweizerführern Rudolf Taugwalder und Gabriel Zumtaugwald, welche 12 Tage vorher ihr heimatliches Dorf Zermatt verlassen hatten. Sie landeten am 23. Juli im kleinen Hafen von Samanco, Peru, und langten am 3. August nach einem 90-Meilen-Ritt über einen Hochpass der Schwarzen Cordillere in der reizend gelegenen Stadt Yungai an ( 8310 Fuss ü. M. ).

Schon am 6. August wurde nach der 2000 Fuss höher gelegenen Goldmine Matarao aufgebrochen, tags darauf erreichte man die Schneegrenze. Der Aufstieg über den Schnee verschlang viel Zeit; nur sehr langsam ging es aufwärts, dazu wurde Rudolf ernstlich krank und musste umkehren. Und noch ein Missgeschick widerfuhr ihnen: In der Eile waren falsche Filmrollen eingepackt worden, so dass es unmöglich gewesen wäre, auch nur eine Aufnahme zu machen. Ein Träger sollte in Yungai unten die zum Apparat passenden holen; er kehrte wieder mit unrichtigen zurück. Kostbare Tage waren so unnütz verloren gegangen. Sollte die Expedition vorwärtsgehen oder zurückkehren? Schon so hoch, schien es besser, die Hauptsache, die Besteigung des Gipfels, auszuführen, obwohl Miss Peck untröstlich war darüber, dass es ihr versagt blieb, ihren Bericht mit Photos zu belegen, wenn diese auch nur eine schwache Idee von der gewaltigen Landschaft gegeben hätten. Nach viel Stufenarbeit war die höchste Stelle des Sattels zwischen den beiden Gipfeln endlich erreicht, und im Zelt verbrachte man eine stürmische Nacht.

Am nächsten Morgen schon um 615 Uhr traten Miss Peck und Gabriel an die Besteigung eines der beiden Gipfel heran. Der Ungeheuern Bergschründe, der gähnenden Spalten wegen kam nach des Führers Ansicht der Grat des Südgipfels als unangreifbar nicht in Frage. Der Nordgipfel dagegen schien nicht so schlecht. Also an diesen heran! Mühsam ging es aufwärts; Gabriel schlug die Stufen. Wie dieser müder und müder wurde, die Hänge immer steiler, der Wind grimmiger, die Füsse immer kälter, das kann wohl nur gefühlt, nicht beschrieben werden. Es schien fast unmöglich, den Gipfel zu erreichen. Gabriel, der schon zwei Tage vorher über Erschöpfung geklagt, hatte seither wenig gegessen, leistete nun aber Arbeit für zwei. Besser lebend nach Yungai mit « beinahe, aber nicht ganz » zurückkehren, als am Fusse des Gipfels tot liegen, verdichtete sich mit jeder Minute stärker in beider Hirn. Der Abstieg begann, und der Sattel war um 4 1/2 Uhr erreicht. Auch nach einem Ruhetag fühlte sich Gabriel unfähig, den Berg nochmals zu versuchen; zudem waren die Vorräte beinahe erschöpft. Man stieg endgültig ab. Halbwegs kam ihnen Rudolf mit Trägern und Lebensmitteln entgegen, da man in Yungai über ihre lange Abwesenheit beunruhigt gewesen war. Man hielt sie schon für verloren.

Zehn Tage später, am 28. August, waren alle Vorbereitungen zu einem neuen Versuche getroffen, der nun zum vollen Erfolge führte. Diesmal ging es ungleich rascher aufwärts. Am 1. September war der Sattel wieder erreicht. Und am nächsten Morgen brach Miss Peck mit den beiden Führern trotz des wütenden Windes zur Besteigung des Nordgipfels auf. Stundenlang ging es aufwärts. Alle, unter Kälte und Ermüdung leidend, benötigten häufige Halt e. Aber sie näherten sich dem wirklichen Gipfel. Einen scheinbaren Gipfel umgehend, fanden sie einen breiten « Weg » von geringer Neigung, der sanft zur wirklichen Höhe führte. Hier war der Wind stärker als je.

« Gabriel schlug darauf einen Halt vor, um Beobachtungen zu machen, da der Wind auf dem Gipfel selbst noch ärger sein würde. Wir schlugen den Poncho um den Höhenmesser und zündeten Zündholz um Zündholz an, aber die Kerze brachten wir nicht zum Brennen. Es war schon nach 3 Uhr. Der furchtbare Abstieg lag noch vor uns. Gabriel sagte: « Es ist nutzlos; wir müssen es aufgeben. » Mit Rudolfs Beistand hätte es vielleicht gelingen können, aber er war verschwunden. Verdriesslich packte ich das Instrument weg, da ich es für besser hielt, lebendig zurückzukehren, wenn auch ohne Kenntnis der genauen Höhe, die wir erreicht hatten; doch war es eine schreckliche Ent- täuschung, den erhofften wissenschaftlichen Beweis nicht erbringen zu können, wahrscheinlich den Weltkrekord gebrochen zu haben. Auf dem Wege zum Gipfel, obwohl die Steigung sanft war, war ich gezwungen, beim grimmigsten Winde anzuhalten und meinen Kopf auf die Eisaxt zu stützen, bevor ich zur Spitze vordringen konnte. Gabriel hielt etwas weiter unten und riet mir, wegen einer wahrscheinlichen Gwächte mich nicht zu weit vorzuwagen. Der Rand eines solchen Schneefeldes ist eine gefährliche Stelle, deshalb durfte ich nicht zu nahe hinaufgehen, um direkt hinuntersehen zu können, wie ich es getan hätte, wenn es Fels gewesen wäre. So schnell als möglich machte ich Aufnahmen in den vier Richtungen des Erdballs, indem ich Gabriel in eine einschloss; aber Wolken wirkten an einigen Stellen störend auf die Aussicht; der andere Gipfel versperrte die Sicht nach Süden. In dem starken Wind und Schneetreiben erwartete ich kaum Resultate. Es wollte sich keine Freude einstellen, hier oben zu stehen, kaum ein Gefühl des Triumphes angesichts der Enttäuschung über die misslungenen Beobachtungen und meiner Furcht vor dem langen Abstiege. Wenn ich überhaupt heil hinunterkommen sollte, dann war es Zeit, sich zu freuen. So gingen wir zurück und machten gute Fortschritte. » Die Erinnerung an den Abstieg lastete wie ein Druck auf der Bergsteigerin. Die Hänge waren meistens 40—60°, der Schnee hart wie Eis, die fast ununterbrochen geschlagenen Tritte zu klein für den Abstieg, besonders nach dem Eintreten der Dunkelheit. Sie stürzte wiederholt, doch Gabriel hielt das Seil andauernd sicher und fest. Ihr Schrecken verstärkte sich. Sie schlug vor, im Schnee zu biwakieren, die Führer aber drängten ohne Aufenthalt abwärts. Sie hatte sich für eine sichere Gängerin gehalten, doch die Kälte und Ermüdung, die Dunkelheit, die kleinen Stufen, die glatten Eishänge, wie Gabriel solche in der Schweiz, ausgenommen an ganz vereinzelten Stellen, nie gesehen hatte, schufen eine aussergewöhnliche Vereinigung von Schwierigkeiten, so dass Rudolf nachher gestand, er habe nicht mehr gehofft, das Zelt zu erreichen. Endlich, endlich nach Überwindung all der schrecklichen Abgründe konnte Miss Peck ruhig abfahren. Um 10 1/2 Uhr erreichten alle drei das Zelt. Aber wie! Rudolfs Hände und Füsse waren erfroren, und die beiden andern so hergenommen, dass keines ihm die Glieder reiben konnte. Nach einem Ruhetag wurde der Abstieg angetreten. Am 5. September war man wieder in Yungai. Hier wurde alles Mögliche getan, um Rudolfs Hände und Füsse zu retten, aber der Verlust einiger Finger schien unvermeidlich.

Beigegebene Photos in Harpers Monthly Magazine:

Die beiden Gipfel des Huascaran.Der Nordgipfel, sich eine Meile auf-Aufbruch von der Mataraogoldmine.türmend.

Eine Indianerbehausung bei obiger Mine.Das Lager auf dem Sattel.

Das erste Lager an der Schneegrenze.Gabriel Zumtaugwald, in einen senk-RudolfTaugwalder mit den indianischen recht aufsteigenden Eiswall Stufen Trägern auf dem Firn.schlagend.

Ein Halt halbwegs zum Sattel.Der Südgipfel vom Nordgipfel aus.

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