Die Erschliessung der Blauen Berge (Blue Mountains) in Neusüdwales
Von George F. i. Bergman
Mit 3 Bildern ( 124-126 ) und 1 KartenskizzeSydney ) Nur etwa 60 Kilometer von Sydney, der Hauptstadt von Neusüdwales, entfernt, erheben sich die « Blauen Berge », eine Abzweigung der langen « Dividing Range », die das Küstenland von den ausgedehnten Tafelländern und Ebenen im Innern des Landes trennt.
Die Berge hatten diesen Namen schon bald nach ihrer Entdeckung von den Engländern erhalten. Kapitän Arthur Phillip1, der am 26. Januar 1788 mit der sogenannten « Ersten Flotte » in jene Bucht, die der Hafen von Sydney werden sollte, eingelaufen war und damit die Kolonie gegründet hatte, die viel später erst den Namen Australien bekam, hatte, als er im April desselben Jahres bei der Durchforschung des Hafens von einer Anhöhe aus dieser Berge ansichtig wurde, ihnen den Namen « Carmarthen Hills 2 » gegeben. Der Name bürgerte sich jedoch nicht ein und wurde sehr bald von der volkstümlichen Bezeichnung « Blue Mountains » abgelöst.
Wenn der Dunst aus den tiefen Schluchten und Tälern dieses Canyongebirges aufsteigt, nehmen die mit dichten Eukalyptuswaldungen bestandenen Hänge jenen seltsam blauen Schimmer an, der diesen Bergen manchmal einen geradezu unwirklich feenhaften Charakter verleiht und der zu ihrem Namen geführt hat. Die Wolkenschatten schweben in tiefblauen Massen über den Schluchten und bleiben an den steilen Sandsteinklippen der Canyons hängen, deren eisendurchsetzte Felsmassen hier und da gelb und rot in den Sonnenstrahlen aufleuchten.
Die gewaltigen, tiefen Täler haben schon früh das Interesse der Geologen erregt. Glaubte man zuerst, dass es sich um unter vulkanischem Einfluss entstandene Einbruchs-täler handelte, und später, dass das Meer die Täler ausgewaschen habe, so steht die moderne Wissenschaft bezüglich ihres Ursprunges auf einem anderen Standpunkt3.
Die Hauptformation des Gebirges ist solider Sandstein, der sich in früher Tertiärzeit zu einer Höhe von etwa 1500 m aus dem Meer erhoben hatte. Dann haben Flüsse und Wettereinflüsse, besonders Regen, der früher in Australien wesentlich stärker war als jetzt, die Täler ausgewaschen. Dieser Vorgang wurde dadurch erleichtert, dass sich unter dem Sandstein Eisen- und Kohlenschichten befanden, die leicht ausgewaschen und durch Wind und Wetter sowie durch raschen Wechsel von Hitze und Kälte zersetzt wurden. Die Auswaschung der sogenannten « Lithgow-Kohle-Schichten », die sich auch heute noch unter grossen Teilen des Sandsteinplateaus befinden, führte in vielen Fällen zum Zusammenbruch der darüberliegenden soliden Sandsteinschichten und auf diese Weise zur Bildung der mächtigen Canyontäler, die die Haupteigenart der Blauen Berge darstellen. Wo immer aber die schwachen Schichten tiefer lagen, wie z.B. im nördlichen Teil des Gebirges, konnte ein solcher Zusammenbruch nicht erfolgen, und die Auswaschung rief nur tiefe Klammen, wie z.B. den « Grand Canyon » bei Blackheath, hervor. Vulkanische Aktion hat in den Blauen Bergen eine ganz untergeordnete Rolle gespielt, und zwar nur im nördlichen Teil, wo die 1 Kapitän Arthur Phillip, der erste Gouverneur von Neusüdwales, der ersten Siedlung in Australien, wurde später Admiral. Der 26. Januar ist der australische Nationalfeiertag ( Australia Day ).
8 Nach dem Marquis de Carmarthen, damals Staatssekretär des Auswärtigen Amtes in London, benannt.
3 W.G. Woolnough, D. Sc, Beratender Ingenieur der Australischen Bundesregierung, « The evolution of the physical features of Sydney and the Blue Mountains », Sydney 1927.
Die Alpen - 1955 - Les Alpes16 Gipfel des Mt. Hay, Mt. King George, Mt.Tomah und Mt. Wilson durch Lavafluss mit einer Basaltkappe versehen wurden.
Der Tourist, der heute in wenigen Stunden mit Bahn oder Auto die auf der Kammhöhe der Blauen Berge liegenden kleinen Ortschaften und Sommerfrischen mit ihren allen Komfort bietenden Hotels und Gaststätten erreichen kann, wird sich nur schwer in jene Zeit zurückversetzen können, in der diese Bergkette für die ersten weissen Bewohner des Landes eine unüberwindlich scheinende Schranke bedeutete, welche 25 Jahre lang jedem Versuch, sie zu durchbrechen, trotzte.
Für die Strafgefangenen 1 und die ersten Kolonisten von Neusüdwales war die Welt mit den Blauen Bergen, deren Kette sie von der Küste her am Horizont liegen sahen, zu Ende.
Nicht bergsteigerischer Ehrgeiz noch Abenteuerlust waren es, die zur Überwindung und Erschliessung dieser Berge führten, sondern die Suche nach neuem Siedlungsland und grösseren Weideflächen, die in dem schmalen, vielfach von dichten « Bush 2 » bewachsenen Küstenstrich schon in der Kinderzeit der Kolonie knapp zu werden begannen. Was Wunder, dass man neugierig war, ob nicht hinter diesen Bergen dem Kolonisten sich weiteres Acker-und Weideland bieten würde.
Sehr früh begannen daher schon die Versuche, über diese Berge hinweg einen Weg ins Innere des Landes zu finden.
Im Juni 1789 hatte Kapitän Phillip den Hawkesbury-Fluss 3 entdeckt. Er liess sich alsbald diesen breiten Fluss heraufrudern, in der vergeblichen Hoffnung, einen Eingang in die Berge zu finden. Einen Monat später machte sich Kapitän Watkin Tench von Rose Hill bei Parramatta auf den Weg. Er kam nur bis zu einem breiten Fluss, den er, in Unkenntnis der Tatsache, dass es der Hawkesbury in seinem Oberlauf war, den « Nepean River » nannte 4. Im Dezember desselben Jahres folgte ihm Leutnant William Dawes mit einigen Soldaten. Er überschritt den Nepean und drang in den westlichen Teil der Berge ein. Neun Tage lang kämpfte er mit dem Dickicht, kam wahrscheinlich bis Mt. Hay, doch erschien ihm ein weiteres Vorgehen unmöglich. Ein Versuch, den Tench und Dawes, vermutlich 1790, gemeinsam unternahmen, hatte ebensowenig Erfolg wie ein anderer, den sie in 1792 zusammen mit Gouverneur Phillip angingen.
Die Schwierigkeiten der Erforschung steigerten jedoch nur das Interesse an der scheinbar unzugänglichen Bergbastion, und 1793 ruderte Oberst Paterson mit einer Gruppe Soldaten und einigen Eingeborenen den Hawkesbury hinauf und drang in den Bergen bis etwa 100 m über der See vor. Obwohl er sich mit Seilen, Leitern und Enterhaken versehen hatte, wurde er zur Umkehr gezwungen. 1794 versuchte der Marineoffizier Hacking sein Glück. Es gelang ihm, etwa 32 km weiter als Dawes zu kommen, wahrscheinlich bis zu dem Platz, an dem sich heute die kleine Ortschaft Linden befindet. Der nächste war ein bekannter Forscher, der Schiffsarzt George Bass, der 1796 nördlich des Grose-Flusses auf einer Seitenkette bis in die Gegend von Mt.Tomah vordrang. Zwei Wochen lang kämpfte 1 Die Deportierung von Strafgefangenen ( Convicts ) von England nach Neusüdwales wurde 1840 durch Beschluss des englischen Parlaments eingestellt, weil das Parlament zu der Überzeugung gekommen war, dass 1. Deportierung die Gefangenen nicht besserte, 2. die Verbrechen in England trotz Deportierung nicht abnahmen und 3%Deportierung den schlechtesten Einfluss auf die Entwicklung der Kolonie hatte. Die « freien Siedler » waren zunächst mit dem Beschluss gar nicht einverstanden, da er sie billiger Sklaven-arbeit beraubte.
2 Der australische « Wald » wird « bush » genannt, soweit es sich um einheimische Eukalyptuswälder mit meist dichtem Unterholz handelt. Erst in den letzten Jahrzehnten sind mit grossem Erfolg Nadelholz-pflanzungen systematisch vorgenommen worden.
8 Nach Mr. Hawkesbury, dem späteren Premierminister Lord Liverpool, benannt. * Nach Lord Nepean oder seinem jüngeren Bruder, einem Marineoffizier, benannt.
DIE ERSCHLIESSUNG DER BLAUEN BERGE er sich mit seiner kleinen Schar durch die Wildnis. Sie erstiegen die steilen Wände mit Hilfe von Seilen und eisernen Griff haken, von denen Bass ein paar an seinen Handgelenken befestigt hatte. Nach einem Marsch von mehr als 100 km kehrten sie um, und daheim berichtete Bass den Kolonisten, dass es « keinen Weg über die Berge gäbe ». Verworrenen Gerüchten zufolge soll 1798 ein Strafgefangener namens J. Wilson tatsächlich die Berge mit Eingeborenen in ihrem südlichen Teil überquert haben. Seinen Erzählungen wurde jedoch wenig Glauben geschenkt und, da er 1799 von Eingeborenen ermordet wurde, seine Kundfahrt rasch vergessen.
Broken Bay Hacking Die Blauen Berge von Neusüdwales ( Australien ) 1802 organisierte Francis Barallier, ein französischer Ingenieur in englischen Marine-diensten, eine Reihe von Standlagern im südlichen Berggebiet, hatte jedoch ebensowenig Erfolg wie der Staatsbotaniker Caley, der 1803 Bass's Pfaden folgte. 1805 rüstete Gouverneur King eine weitere Expedition aus, die auch kein Ergebnis zeitigte. Darnach erschien für King das Unternehmen aussichtslos, und während der folgenden fünf Jahre erfolgten keine weiteren Versuche.
Dies wurde anders, als der tatkräftige Gouverneur Lachlan Macquarie ans Ruder kam. 1810 fuhr er mit Gregory Blaxland, einem 1806 aus England eingewanderten Kaufmann, den in den Nepean mündenden Warragamba River hinauf und versuchte das Geheimnis der Berge von dieser Seite her zu lüften. Auch er hatte keinen Erfolg. Blaxland aber gab keine Ruhe. Er war an einem grossen Rinderzuchtunternehmen beteiligt und aufständiger Suche nach neuem und besserem Weideland. 1812 unternahm er einige weitere Erkundungsfahrten, die ihn zu der Überzeugung führten, dass der einzig richtige Weg zur Bezwingung der Berge der war, den Spuren von Dawes und Hacking zu folgen und einen von der Ebene am Nepean River, die man Emu Plains1 genannt hatte, aufsteigenden Kamm, der das Tal des Grose Rivers von einem anderen, später Cox River genannten Flusstal trennt, zu ersteigen und weiter zu verfolgen.
1 Der Emu ist ein schwarzbräunlicher, bis 1,7 m grosser, straussähnlicher Laufvogel aus der Familie der Kasuare. Eines der Wappentiere Australiens, ist er noch sehr häufig im Innern des Landes zu finden, war jedoch 1813 bereits völlig aus der Gegend von Emu Plains verschwunden.
Nahezu 25 Jahre waren seit den ersten Versuchen vergangen, als Blaxland am 11. Mai 1813 zu seiner epochemachenden Entdeckungsfahrt über die Berge auszog. Er war begleitet von dem damals erst 19jährigen W.Ch.Wentworth, der später einmal einer der berühmtesten Staatsmänner Australiens werden sollte, und von Leutnant W. Lawson sowie von vier Dienern, vier mit Lebensmitteln beladenen Pferden und fünf Hunden.
Nach Überschreitung des Nepean Rivers bei Emu Plains und achttägigem Marsch erreichten sie einen « pyramidenartigen Steinhaufen, offensichtlich das Werk einiger Europäer, der auf einer Seite von Eingeborenen geöffnet worden war, die irrtümlich Schätze darin vermutet hatten ». Blaxland glaubte, er habe einen von Bass errichteten Steinmann gefunden.
Die Erzählung, die Blaxland nach seiner Rückkehr von seiner Expedition gab 2, zeugt von den enormen Schwierigkeiten, mit denen die Forscher, denen man im übrigen ihre völlige Unkenntnis in derartigen Unternehmungen zugute halten muss, zu kämpfen hatten. Sie mussten sich durch das dichte Buschgestrüpp buchstäblich hindurchhacken und verbrachten den halben Tag damit, einen schmalen Pfad für die Pferde freizumachen, und den Rest des Tages, um wieder zum jeweiligen Standplatz zurückzukehren. Am nächsten Morgen zogen sie dann mit den Pferden weiter und wiederholten diesen Vorgang.
Blaxlands Bericht ist sehr trocken. Für Naturschönheiten hatte er offenbar kein grosses Verständnis, und sein ganzes Interesse war darauf gerichtet, ob die Bäume als Bauholz und die ebenen Flächen, nach denen er Ausschau hielt und deren es in den Bergen leider nur wenige gab, als Weideland benutzbar wären. Die Grossartigkeit der Landschaft berührte ihn kaum. Die Expedition hatte keine Schwierigkeiten mit den Eingeborenen 3, deren Feuer man zwar in den Tälern sah, die den Forschern jedoch auswichen.
Von der Steinpyramide verfolgten die Forscher ihrem Plan gemäss den nun breiter werdenden Kamm über seinen höchsten Punkt, der heute Mt. Boyce 4 ( 1662 m ) genannt wird, hinweg bis zu einem scharf hervorspringenden Eckgipfel, den Gouverneur Macquarie dann nach dem Duke of York: Mt.York benannte.
Was sie von hier aus sahen, erfüllte sie mit grosser Genugtuung. Weite ebene Landflächen, leicht gewellte Hochtäler dehnten sich vor ihnen aus, die, wenn einmal urbar gemacht, « noch Tausenden von Kolonisten Brot geben konnten ». Die glücklich vollbrachte Entdeckungsfahrt sollte, wie Blaxland richtig sagte, « das Gesicht der Kolonie von einem isolierten Stück Land zu einem reichen und ausgedehnten Erdteil verändern ».
Die Überquerung der Berge, zu der der Zug oder das Auto heute knappe zwei Stunden benötigen, hatte sie 18 Tage gekostet. Am 29.Mai stiegen sie vom Mt.York ins Hartley-Tal, das heute ausgedehnte Äpfelplantagen enthält, hinab und drangen noch einige Kilometer weiter durch leichten Wald zu einem Gipfel vor, den Gouverneur Macquarie dann zu Ehren von Blaxland: Mt.Blaxland taufte. « Hier sahen sie rund um sich Wald und Grasland, das 1 Lawson wurde später einer der grössten Grundbesitzer der Kolonie und Mitglied des ersten gesetzgebenden Rates der Kolonie.
2 G. Blaxland: « Journal of a tour of discovery across the Blue Mountains in N.S.W. », London 1823.
3 Die unwirtlichen Berge waren nur von wenigen Eingeborenenstämmen bewohnt, die den Kolonisten kaum Widerstand leisteten, sondern ins Innere des Landes auswichen. Dies hatte seinen Grund im wesentlichen darin, dass sie, wie alle australischen Ureinwohner, Nomadenstämme waren, die weder Ackerbau betrieben noch Haustiere kannten. In den 50er Jahren waren sie nahezu völlig aus den Bergen verschwunden. Wenige arbeiteten, vom Alkohol und den Krankheiten der Zivilisation wie Tuberkulose und Syphilis angegriffen, als Landarbeiter. Sie haben kaum Spuren in den Bergen hinterlassen, mit Ausnahme von einigen Steinzeichnungen und der sogenannten « Red Hand ( Roten Hand ) Höhle » bei Glenbrook, einem « Initia-tion»-Platz für mannbar werdende Eingeborene. Die Höhle ist mit roten Händen bemalt, deren eigentlicher Sinn bisher nicht wieder entdeckt worden ist.
* Nach Archdeacon Boyce der St. Andreas-Kathedrale in Sydney benannt.
den Herden der Kolonie für die nächsten 30 Jahre genug Futter zu liefern in der Lage war. » Hochbefriedigt machten sie sich auf den Rückweg und trafen am 5. Juni 1813 wieder an der Furt am Nepean ein. Das « Rätsel der Berge » war von ihnen gelöst worden.
Ihre Erzählungen wurden in Sydney von der Bevölkerung mit grosser Begeisterung aufgenommen, von der Regierung aber ignoriert. Noch im selben Jahr aber entsandte Macquarie den Landmesser W. Evans in die Berge, um Vermessungen für den Bau einer Strasse vorzunehmen. Evans drang im November 1813 über Mt.York und Mt.Blaxland hinweg in die dahinterliegende Hochebene, in welcher der Gouverneur die Anlage der Stadt Bathurst 1 plante, vor und vollendete somit die Überschreitung der Berge.
Evans hatte bereits mehr Verständnis für die eigenartigen Schönheiten dieser Berglandschaft, die so völlig verschieden war von denen Europas. Er stand begeistert an einer Reihe von Aussichtspunkten, deren einer, « Evans Lookout » bei Blackheath, als einer der eindrucksvollsten in den Blauen Bergen gelten kann, und bezeichnete in der von ihm nach seiner Kundfahrt gezeichneten Karte die Szenerie bei Hartley als « die malerischste und schönste Landschaft, die ich je gesehen habe ».
Das Hinterland von Neusüdwales stand nun zur Besiedlung offen. Gouverneur Macquarie befahl sofort den Bau einer Strasse, und William Cox schuf mit 28 Strafgefangenen in wenig mehr als sechs Monaten 2 einen rauhen Fahrweg über die Berge, eine Leistung, die ihresgleichen nicht nur in der englischen Kolonialgeschichte suchen kann.
Am 25. April 1815 konnte der Gouverneur mit Gattin und Stab die Reise über die Berge mit Pferd und Wagen antreten. Es war auf dem holprigen und steinigen Weg sicher keine Vergnügungsfahrt. Doch der Schönheit suchende Gouverneur und seine Begleiter waren voll Enthusiasmus. Macquarie gab einigen Bergen hinter Mt. York die Namen der Erstbegeher. Im Lager Bathurst angekommen, hisste er die englische Fahne und gründete die Stadt Bathurst.
Vom Anfang der zwanziger Jahre an begannen nun die Siedler, ihre Herden über die Berge zu treiben. Es bestand jedoch strikter Befehl an die längs des Weges stationierten Militärposten, dass niemand ohne einen vorschriftsmässigen Erlaubnisschein über die Berge reisen durfte. 130 Jahre später sollten Tausende von Autofahrern täglich über die Blauen Berge rasen...
Da der von Cox erbaute primitive Saumpfad bald nicht mehr dem immer stärker werdenden Verkehr entsprach, und ein 1823 von A. Bell entdeckter zweiter Weg von Richmond über Mt.Tomah zu rauh und umständlich war, beauftragte der Gouverneur in den dreissiger Jahren den Hauptfeldmesser, Major Sir Thomas Mitchell, der später einer der grossen Entdecker des australischen Inlandes wurde, mit dem Ausbau der Strasse. Mitchell verbesserte erst einmal die Anstiege und Abstiege von der Bergkette durch Erbauung des « Mitchellpasses » beim Aufstieg von Emu Plains, in dessen Verfolg der schottische Ingenieur David Lennox die erste nach wissenschaftlichem Plan errichtete Brücke auf dem australischen Festland, die noch heute stehende « Lennox-Brücke », erbaute. Er vermied den steilen Abstieg von Mt.York durch eine direkt nach Hartley herabführende Strasse, der er den Namen « Victoriapass » 3 gab. Das Werk war 1834 vollendet, doch arbeiteten noch in den weiteren Jahren Hunderte von deportierten Strafgefangenen an der Verbesserung der Strasse, die bis in das 20. Jahrhundert hinein im Gebrauch war, um schliesslich durch die moderne Asphaltstrasse des « Great Western Highways » ersetzt zu werden, an dessen Regulierung und Verbesserung ständig weitergearbeitet wird.
1 Nach dem damaligen Kolonialsekretär Lord Bathurst benannt.
2 Vom 7.Juli 1814 zum 14.Januar 1815.
3 Nach der damaligen Prinzessin, der späteren Königin Victoria, benannt.
Viele dieser Strafgefangenen, die am Strassenbau häufig in dem gefürchteten « Chain-gang » arbeiten mussten ( sie waren hintereinander an einen langen Baumstamm gefesselt ), liessen bei dieser Arbeit ihr Leben, und alte, verwitterte Grabsteine an der Strasse künden von ihrem - häufig unverdienten - Schicksal. Das alte Gerichtshaus in Hartley ist heute mit seinen Zellen und den Hand- und Fusseisen, die man dort zeigt, eine Touristenattraktion. Steine in der Nähe von Linden, an denen die Gefangenen gefesselt ausgepeitscht wurden, und ähnliche Erinnerungen im Museum von Bathurst erzählen von diesem traurigen Kapitel australischer Geschichte, das Anfang der vierziger Jahre seinem Ende zuging.
Schon von 1820 an wurden Gasthäuser längs der Strasse eröffnet, die, wie die « Pilgrim Inn » in Blaxland, die « Weatherboard Inn » in Wentworth Falls usw., den Kern für 22 kleine Ortschaften bildeten, die während des 19. Jahrhunderts auf dem Kamm der Berge entstanden.
Die Entdeckung der Goldfelder in der Nähe von Bathurst und der daraufhin erfolgte riesige Zustrom von Goldsuchern und neuen Siedlern sowie der immer schlechter werdende Zustand der Strasse führten Ende der fünfziger Jahre zum Bau der Eisenbahn über die Berge. Am l.Mai 1868 rollte der erste Zug von Sydney nach Mt.Victoria, und 1875 war die Linie bis Bathurst vollendet. Bis 1856 hatte man den Nepean Fluss mittels einer Fähre zu überqueren, und die in diesem Jahr erbaute erste Brücke fiel auch bald einer Flut zum Opfer. Die erste Eisenbahnbrücke wurde 1867 eröffnetx.
Zwar brachte die Bahn viele Menschen über die Berge, die Besiedlung der Berge selber aber, die wenig bebaubares Land boten, ging nur sehr langsam vor sich. Die Unterkünfte waren immer noch sehr primitiv, und man war in dieser Zeit noch weit davon entfernt, die Berge als Ausflugs- oder Erholungsplatz anzusehen.
Es waren Fremde, die die Blauen Berge als erste Touristen besuchten, und zwar die Mitglieder der französischen Südsee-Expeditionen in den Jahren 1819, 1824 und 1825. Unter ihnen befand sich der durch seine Polarforschungen berühmt gewordene Dumont d' Urville, der « von der Grossartigkeit der Landschaft tief beeindruckt war2 ».
1836 kam Charles Darwin. Obwohl er erst die Szenerie « unglaublich monoton » fand, musste er jedoch, nachdem er die Wasserfälle und Schluchten der Wentworth Falls gesehen hatte, gestehen: « Diese Art von Aussicht war für mich neu und ist wirklich grossartig 3. » 1839 wanderte der polnische Forscher ( später Sir ) E. Strzelecki als « Fusstourist » kreuz und quer durch die Berge. Er war sicher einer der ersten, der unter den grössten Schwierigkeiten in die tiefen Canyons hinabstieg, in Höhlen übernachtete und u.a. Mt. Tomah und Mt. King George bestieg. Er suchte nach Mineralien und fand Gold bei Hartley 4.
Auch Vermessungsbeamte waren, wie auch in Europa, häufig die Entdecker neuer Schönheiten. So fand der Landmesser R. Govett 1832 die Wasserfälle und Schluchten bei Blackheath, die heute als « Govetts Leap » eines der beliebtesten Ausflugsziele geworden sind.
Anfang der fünfziger Jahre wurden die grossen Tropfsteinhöhlen, erst « Fish River Caves », dann « Jenolan Caves 5 » genannt, entdeckt und schon 1866 als Naturschutzgebiet 1 Die Eisenbahnstrecke verläuft auf dem Kamm im wesentlichen neben der Strasse.
2 Dumont d' Urville: « Voyage au pôle et dans l' Oceanie sur les Corvettes L' Astrolabe et La Zélée, 1826-1829, Paris 1842.
8 Charles Darwin: « Reise eines Naturforschers um die Welt », Stuttgart 1875.
4 S. J. Bergman: « Das Leben des Forschungsreisenden Sir Paul Edmund Strzelecki », in « Der Bergsteiger », 20. Jg., Heft 6.
6 Der Name « Jenolan » entstammt der Eingeborenensprache und bedeutet « sehr hoher Berg ». Das Wort « Katoomba » kommt von dem Eingeborenenwort « Katta-oon-bah » = « Wasser fällt über Felsen », nach anderer Version von « Kadumba » = schimmernde Wasserfälle. Beides sind überaus passende Bezeichnungen, da der Ort wegen seiner wunderschönen Wasserfälle berühmt geworden ist. Australische eingeborene Ortsbezeichnungen, deren es sehr viele gibt, zeichnen sich durch scharfe Naturbeobachtung aus.
erklärt. Bis 1904 waren zehn grosse Höhlen entdeckt und elektrisch beleuchtet worden. In den letzten Jahren wurde die Erforschung wieder aufgenommen und 1954 ein neues Höhlensystem gefunden. Eine Neueinführung in diesem Gebiet sind die sogenannten « nature trails », Fusswege, an denen auf Orientierungstafeln nicht nur die Bäume und Pflanzen, sondern auch die Tiere, die gewöhnlich in diesem Teil des « Wild life sanctuary » zu sehen sind, bezeichnet wurden. Seit den achtziger Jahren schon bilden die Höhlen einen Hauptanziehungspunkt in den Bergen.
Vor der Vollendung der Eisenbahnstrecke war von richtigen Ortschaften in den Bergen kaum die Rede. Katoomba, heute eine Stadt mit mehr als 10 000 Einwohnern, war um die Mitte des 19. Jahrhunderts nur ein Steinbruch mit einem Arbeiterlager. Katoombas Aufstieg kam erst mit der Entdeckung einer 1879 in Betrieb genommenen Kohlenmine. Diese ist jedoch längst eingestellt, und die kleine Drahtseilbahn, welche nahe den rauschenden Wasserfällen einst Kohle von der in den Canyohklippen gelegenen Mine herauf beförderte, ist als « Scenic Railway » ein Touristenspielzeug geworden. Die ersten Hotels in Katoomba wurden 1880 und 1882 eröffnet. Später entstanden die ersten « Boarding Houses », und mit dem zunehmenden Wohlstand der Kolonie und ihrer Entwicklung zu einem selbständigen Staat begann auch ein Zustrom von reicheren Bürgern, die sich Landhäuser in den Bergen bauten.
Sehr bald ergab sich die Notwendigkeit, die Naturschönheiten vor Bauspekulanten und gegen Verunstaltungen zu schützen. Heute sind praktisch alle Punkte von landschaftlichem Interesse dem Naturschutz unterworfen, und Bestrebungen sind im Gange, alles unbebaute Land in den Bergen als Naturschutzgebiet zu erklären.
Der immer grösser werdende Zustrom von Touristen zu diesem mit dichtem « Bush » bewachsenen Gebirge erforderte von den neunziger Jahren an eine ständig fortschreitende « Erschliessung » in der Nähe der Kurorte durch Anlage von Wegen und kühnen drahtseil-gesicherten Klettersteigen durch die Wände der Canyons. Damals begannen auch die Treuhänder der Naturschutzgebiete ( « Reserves » genannt ) ihre Tätigkeit. Hunderte von Stufen wurden oft von den « Rangers » in die Felsklippen geschlagen, viele Leitern angebracht. So wurde der wohl kühnste Steig des Gebirges, der Pfad durch die Steilwand bei Govetts Leap in das Grose Valley hinab schon 1895 von Tom Williams und seinem Sohn erbaut. 1932 schuf der Ranger John Mackay an den Felsnadeln der « Drei Schwestern » bei Katoomba den « Giants's stairway » ( die Riesentreppe ), der in 916 Stufen ins Kedumbatal hinabführt. Bringt es doch die Eigenart der Blauen Berge mit sich, dass die Stützpunkte sich auf dem Gebirgskamm befinden, von dem man in die tiefen Schluchten hinabsteigt, um an anderen Punkten wieder emporzuklimmen. Viele dieser Steige, besonders die bei Wentworth Falls, Katoomba, Leura and Blackheath, wurden angelegt, um eine bessere Sicht auf die Hauptsehenswürdigkeiten des Gebirges, seine mächtigen Wasserfälle, zu ermöglichen. Diese werden in Katoomba und Leura auch in der Nacht « angestrahlt ».
Die starke europäische Einwanderung, die nach 1938 einsetzte, führte nach der schweren Krise der dreissiger Jahre zu einem neuen Aufschwung der « Fremdenindustrie » in den Blauen Bergen. Die « Neuen Australier », vielfach daran gewöhnt, ihre Ferien in europäischen Gebirgsorten zu verbringen, « entdeckten » sehr bald die Blauen Berge für sich. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden eine Reihe « kontinentaler » Pensionen und Restaurants. Katoomba gleicht jetzt im Sommer einem kleinen Babel, und die Blauen Berge, besonders der obere Teil zwischen Leura und Mount Victoria, sind eine einzige grosse Erholungsstätte für die Australier geworden, die zu Tausenden von ihren manchmal viele Hunderte von Meilen entfernten Städtchen und Farmen dorthin strömen. Für jeden Geldbeutel ist gesorgt, und Touristenautobusse fahren zu allen Glanzpunkten des Gebirges.
Nach europäischem Muster wurden bald nach der Jahrhundertwende Lungenheil-stätten in Wentworth Falls und Leura eröffnet, die erstklassige Erfolge aufzuweisen haben.
« Und der Bergsteiger, der Kletterer? » wird man mich fragen. Nun, der Fussgänger kommt trotz aller « Erschliessung » und dem « Fortschritt der Zivilisation » in den Blauen Bergen immer noch weitgehend auf seine Rechnung.
Die ersten « bush walker1 » = Bushwanderer, wie sich die australischen Fuss-touristen nennen, waren Studentengruppen, die Mitte der siebziger Jahre von Sydney aus, erst nur zu wissenschaftlichen Zwecken und dann vom Wandereifer ergriffen, in den Bergen wanderten. Um die gleiche Zeit etwa begannen sich « Einheimische », meist pensionierte Offiziere oder Kaufleute, die ihren Ruhestand in den Bergen verlebten, für die « Erschliessung » zu interessieren. 1870 wurde Mt. Wilson, ein Distrikt, in dem man nun eine eigenartige Mischung von « Altwelt-Bäumen » mit Wäldern von riesigen Baumfarren bewundern kann, besiedelt. Herr E. du Faur, einer der ersten Siedler in der Gegend, nahm für sich den Ruhm in Anspruch, als erster mit seinem Diener Lewis von Mt. Wilson aus durch die Tiefen des Grosetals bis in die Nähe von Blackheath vorgedrungen zu sein. Um 1890 etwa liess sich der pensionierte Schiffskapitän S. Murray an langen Seilen die Klippen längs der Wasserfälle bei Wentworth Falls hinab und begann mit der Erschliessung dieses Teiles der Berge.
Infolge der Canyonformation der Blauen Berge, gibt es nur ganz wenige ausgesprochene Gipfel, wie z.B. Mt.Hay, Mt.Tomah und Mt.King George, die alle leicht zugänglich sind. Es ist typisch, dass einer der wenigen alleinstehenden Berge: Mt.Solitary ( bei Katoomba ), der « einsame Berg », benannt wurde.
Das ganze Gebiet ist mehr ein Feld für den Wanderer als für den Kletterer. Diesen stehen immerhin eine unbegrenzte Anzahl von Canyonwänden und einige isolierte Nadeln zur Verfügung. Das Klettern ist jedoch nicht ungefährlich, da die Wände meistens überhängend sind und der durch Regen ausgewaschene und vielfach von Eisenstein durchsetzte Sandstein sehr brüchig ist. Klettern ist daher nicht sehr populär und wird nur von wenigen betrieben.
Die Klettereien sind denen im Eibsandsteingebirge in Sachsen zu vergleichen, doch meistens bei weitem nicht so lang. Bevorzugte Kletterberge sind Mt.King George, die Wände in Glen brook Gorge, Narrow Neck Bluff, Malaita Point, die Arethusa- Wasserfälle, an denen häufig Abseilübungen ( mit und ohne Dusche ) vorgenommen werden, und natürlich die viel photographierten « Drei Schwestern » bei Katoomba. Wer die Erstersteigung der letzteren, wie im übrigen auch die der anderen genannten Kletterziele vollbracht hat, ist nicht bekannt. Die « 3 Sisters » wurden schon um 1920 herum erstiegen und sind seitdem sehr oft überklettert worden. Bekannte « Blue Mountains rock climbers » waren die Herren Osmar White, Eric Lowe, Frank Walford, Allan Cropper und Herr und Frau Dr. E. P. Dark. Vor einiger Zeit wurde der « Sydney Rock Climbing Club » gegründet, der nun für eine grössere Verbreitung des Klettersports sorgt. Von der jüngeren Generation haben sich u.a. Russ Kippax, Beverley Alcorn, Enn Trumpold, D. English einen Namen gemacht. Der Fussgänger hat jedoch eine endlose Auswahl von Touren, im Gegensatz zum reinen Kletterer.
Mit der Unterkunft ist es allerdings nicht gut bestellt. Mit Ausnahme einiger Jugendherbergen gibt es im Gegensatz zu europäischen Gebirgen keine Klubhütten. Auch ist es schwer, ohne volle Pension für einen Tag wenigstens zu nehmen, in einem Hotel unterzukommen. Doch der australische Buschwanderer empfindet das nicht als störend. Er ist 1 Das Wort « bush-walker » ist eine australische Neubildung und war bis vor 30 Jahren in der englischen Sprache nicht bekannt.
ein begeisterter Freund vom « Camping ». Soweit Touren nicht an einem Tage von Sydney oder einer Bergortschaft aus gemacht werden können, führt er meistens ein leichtes Zelt und Schlafsack mit sich. Es gibt keine berufsmässigen Bergführer, und es gibt auch, mit ganz wenigen Ausnahmen, keine « Markierungen » wie in europäischen Gebirgen und Wegtafeln nur in unmittelbarer Nähe der Ortschaften an den von den verschiedenen Behörden unterhaltenen Steigen. Die Mitnahme von guter Ausrüstung, von Karte und Kompass ist daher absolut erforderlich. Die Karten, selbst die Generalstabskarten, sind nach europäischen Begriffen völlig unzureichend. Ein « Führer » ist in « Gregory's Guide to the Blue Mountains » vorhanden, beschränkt sich jedoch auch nur auf die « offiziellen » Wege und ist im übrigen auch darin nicht immer zuverlässig. Geht man vom Wege ab, so befindet man sich in dichtem Urwald.
Doch die « bush-walker » kennen die verborgenen Steige durch die Schluchten und Wälder, und sie hüten die Geheimnisse des « bush » vor den « hikern » und « picknickern », wie man « Jochwanderer » und « Talschleichen » hier nennt. Ihr Hochmut gegenüber den letzteren, die sich nicht weiter in den Urwald hineinwagen, ist nicht kleiner als der einer europäischen « Klettergilde » gegenüber dem harmlosen Bergwanderer... * Die « Bush-walking»-Bewegung hat seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen grossen Aufschwung genommen. Zahlreiche neue Klubs wurden gegründet, die sich 1932 in der « New South Wales Federation of Bush Walking Clubs 2 » zusammenschlössen. Sie wird jedoch nie eine « Massenbewegung » wie das Bergsteigen in Europa werden. Einmal ist das Buschwandern zu anstrengend - man hat bei grosser Hitze häufig viel Gepäck zu tragen -, und der Meeresstrand und der Autosport ziehen zu viele Liebhaber an.
Der die Einsamkeit suchende Wanderer aber wird diese Berge lieben. Man kann abseits von den unterhaltenen Wegen auf einsamen « tracks », die manchmal nur von den Wallabis, einer kleinen Känguruhart, ausgetreten sind, und leider rasch verwachsen, tagelang durch diese Berge wandern, ohne einem Menschen zu begegnen, denn weite Strecken des Gebirges befinden sich noch in völligem Urzustände. Da die Gefahr des Verirrens natürlich sehr gross ist, veranstalten alle Klubs wöchentliche « Führungstouren ». Es besteht auch, zusammen mit der Polizei, ein Rettungsdienst der « Federation » unter der Leitung des « Altmeisters » Paddy Pallin, eines Engländers, der das einzige fachgemässe Sportgeschäft für Bergsteiger in Sydney besitzt. Doch ist es bezeichnend, dass diese « Bergwacht » bisher fast nur von Nichtmitgliedern der Klubs in Anspruch genommen wurde.
Wer den Wegen der « Buschwanderer » folgt, wird sich in eine Märchenwelt versetzt finden, die dem Wanderer über die viel begangenen Pfade meist versagt bleibt. Sie führen durch riesige Eukalyptuswälder, durch tropischen Urwald mit haushohen Cabbagetree-Palmen 3 und mächtigen Kasuarinabäumen, an vorzeitlichen Grasbäumen vorbei, unter 1 Das Verbum « to hike » ist ein altes englisches Dialektwort, das ursprünglich bedeutete: « in müder, gebeugter und mühseliger Art zu wandern ». Das Wort ging nach Amerika und kam von dort um 1926 etwa mit geradezu der entgegengesetzten Bedeutung zurück: nämlich « Wandern zum Vergnügen ». Trotzdem hat das Wort für den australischen « bush-walker » seinen herabwürdigenden Beigeschmack behalten, so dass der in 1931 gegründete « Hiker Club of Sydney » sich in 1934 genötigt sah, seinen Namen in « Rucksack Club » umzuändern.
1 Der erste Wanderklub in Sydney war der « Oorzala Tourist Club », der 1907 gegründet wurde. Ihm folgte 1908 der « Warragamba Walking Club ». Beide Vereine existieren nicht mehr. Den ersten richtigen « Bushwalking Club » bildeten die 1927 gegründeten « Sydney Bushwalkers », heute noch der grösste Wanderklub Sydneys.
Die NSW-Federation of Bushwalking Clubs umfasst etwa 24 Clubs mit einer Gesamtmitgliederzahl von etwa 1000. Die einzelnen Clubs haben etwa 20 bis 200 Mitglieder, unter ihnen sehr viele weiblichen Geschlechtes.
8 Sogenannte « Kohlpalme » mit schönen fächerartigen zerteilten Blättern.
massiven Farrenbäumen hindurch in tiefe Schluchten mit rauschenden Bergbächen. Im Frühjahr erfreuen wir uns der Millionen gelber Mimosensträucher \ der Wappenblume des Landes, zu denen sich die vielfachen australischen Wildblumen gesellen, wie die grosse Waratah, die lilarote Boronia, die gelbe Banksia, die edelweissartige « flannelflower » und die wilden Orchideen.
In den von Farnkräutern überwucherten « glens » ( Bergschluchten ) hören wir das Pfeifen und Trillern des Leierschwanzes, den man in Europa nur von der australischen Briefmarke her kennt. Schwärme von Papageien, von schwarzen und weissen Kakadus oder von vielfarbigen « Blue Mountains Rosellas », lärmen in den Baumwipfeln, und der Kookaburra ( Lachender Jackas ) lacht gellend den schwerbepackten Wanderer aus. Wallabis kreuzen unseren Weg, und hier und da trottet ein einsamer Wombat 2 seinem Bau zu. Weniger angenehme, doch meist vermeidbare Begleiter sind die Giftschlangen, die « schwarze » und « braune » Schlange und die kleine « Todesnatter », die über den Weg huschen, und die Blutegel, die besonders nach Regengüssen im Unterholz eine Plage werden können. Dabei sind die zuletzt Gehenden einer Truppe am schlechtesten daran, da diese Blutsauger, vom Geräusch der vorangehenden Kameraden angelockt, von allen Seiten herbeieilen und in die Schuhe zu schlüpfen versuchen... Doch das muss man eben, wie auch häufig schwüle Hitze und tropische, unerwartete Regengüsse ohne Ende, mit in Kauf nehmen.
Der australische Buschwanderer ist durch seine enge Fühlungnahme mit der Natur ein grosser Naturfreund geworden und dadurch der Hauptträger der Naturschutzbewegung. Er hat in den letzten Jahren sehr wesentlich zu immer weiterer Ausdehnung der Naturschutzgebiete und zu strikter Einhaltung der Bestimmungen über Tier- und Pflanzenschutz beigetragen.
Ihm und den Naturschutzorganisationen des Landes ist es daher hauptsächlich zu verdanken, wenn sich auch noch künftige Generationen dieser Berge in voller Schönheit werden erfreuen können.