Die «charmante kleine Schwester» der Patrouille des Glaciers Patrouille des Cèdres
Die Patrouille des Glaciers fasziniert Menschen bis in den Libanon. Dort organisiert Maxime Chaya ein Rennen nach dem Vorbild des Mythos aus der Schweiz. Im Interview erzählt er, wie es dazu gekommen ist.
Das Schweizer Skitourenrennen Patrouille des Glaciers (PDG) ist so legendär, dass es sogar im Libanon Nachahmer gefunden hat. Mitten in den Bergen der «Schweiz des Nahen Ostens» ragen die Gipfel mehr als 3000 Meter in die Höhe und stellenweise hat man Ausblicke auf das Mittelmeer. Hier findet in knapp einem Jahr, am 7. März 2021, zum dritten Mal die Patrouille des Cèdres (PdC) statt. Der Bergsteiger und libanesische Nationalheld Maxime Chaya hat sie auf die Beine gestellt. Der 59-Jährige erzählt im Interview über den steinigen Weg zu einem Rennen, das er als «charmante kleine Schwester» der PDG bezeichnet.
Wie ist die Patrouille des Cèdres entstanden?
2008 war ich auf dem Breithorn in Zermatt, als ich zwei «Gehetzte» sah, die auf Ski den Gipfel hinaufstürmten. Oben zogen sie ihre Felle ab, sogar ohne die Bindung zu öffnen, und stachen sogleich wie vom Blitz getroffen wieder ins Tal hinab. Mein Bergführer erklärte mir, dass sie für «die Patrouille» trainierten. Ich hatte vorher noch nie von dem Rennen gehört und war auf der Stelle fasziniert. In mir keimte sehr bald die Idee, eine ähnliche Veranstaltung im Libanon auf die Beine zu stellen. Mein Freund François Barras, der damalige Schweizer Botschafter im Libanon, vermittelte mir den Kontakt zu Marius Robyr, der die PDG organisierte. Er beriet mich sehr wohlwollend und schickte mir sogar 100 Paar alte Armeeski in den Libanon.
Warum verging so viel Zeit zwischen der ersten und der zweiten Austragung der PdC?
Das erste Rennen fand 2008 im Beisein von François Barras und anderen Schweizer Persönlichkeiten sowie Freunden des Libanon wie dem Diplomaten Jacques de Watteville, Norbert Panatier und Staatskanzler Henry von Roten statt. Das war der Auftakt zum Skitourenrennsport in meinem Land. Aus Mangel an Sponsoren und Zeit fand die zweite Austragung jedoch erst 2019 statt. Daran nahmen mehrere Mitglieder der SAC-Sektion Diablerets und Läuferinnen und Läufer von zwölf weiteren Nationen teil. Die Idee ist jetzt, das Rennen alle zwei Jahre zu veranstalten. Der Name «Patrouille des Cèdres» soll eine respektvolle Anspielung an die PDG sein. Er ist aber auch eine naheliegende Wahl, da die majestätische Zeder den Libanon in der ganzen Welt symbolisiert.
Wie gestaltet sich der Ablauf bei Ihrem Rennen?
Das Rennen wird in Zweierteams über 24 Kilometer und 1816 positive Höhenmeter in der Libanongebirgskette zwischen den Skigebieten von Mzaar und Zaarour gefahren. Es ist nicht nötig, sich anzuseilen, da es keine Gletscher gibt. Lawinen in der Gegend sind äusserst selten. Der höchste Punkt des Rennens ist der Mount Sannine (2529 m). Es gibt drei Aufstiege und drei Abfahrten. Das entspricht etwa 51 Leistungskilometern. Die Anmeldung kostet nur 60 Dollar. Ein zweiter, kürzerer Lauf ist 20 Kilometer lang und weist einen positiven Höhenunterschied von 1189 Metern auf. Der dritte, wesentlich einfachere Lauf ist den Schneeschuhläufern vorbehalten. 2019 nahmen insgesamt 800 Athleten teil. Mit der PdC möchte ich ein anderes Gesicht des Libanons zeigen. Allzu oft hält man das Land fälschlicherweise für instabil oder denkt, es gäbe nur trockene und flache Landschaften.
Was sind die Unterschiede zwischen der PdC und der PDG?
2008 nahm ich als Athlet an der PDG zwischen Arolla und Verbier teil. 2018 hatte ich das Privileg, die Organisation der grossen Patrouille mit Kommandant Max Contesse zu verfolgen. Die beiden Rennen sind sehr unterschiedlich, wenn auch im Geiste gleich. Die PDG ist aber eine viel grössere Sache und physisch anspruchsvoller als die PdC. Aber die PdC hat auch ihren Reiz: Dass man Skifahren kann mit Blick auf ein echtes Meer, das nicht aus Wolken besteht. Oder die legendäre Gastfreundschaft der Einheimischen, die libanesische Gastronomie oder die zahlreichen archäologischen Stätten, die es zu entdecken gilt.