Die Berg-Föhre im Jura. Ein ständiger Begleiter der Kletterer
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Die Berg-Föhre im Jura. Ein ständiger Begleiter der Kletterer

Die Berg-Föhre im Jura

Unter den Pflanzen, die sich in einem feindlichen Milieu wie den felsigen Graten des Juras behaupten können, ist die Berg-Föhre relativ wenig bekannt. Ihre Gestalt und Schönheit bilden allerdings ein charakteristisches Merkmal der Juravegetation. Die Berg-Föhre, oft mit ihrer Verwandten, der Wald-Föhre oder Wald-Kiefer, verwechselt und in der breiten Öffentlichkeit unbekannt, ist ein treuer Begleiter der Kletterer in den schönen Routen des Juras.

Die Berg-Föhre, auch Berg-Kiefer genannt, ist eine vielgestaltige, wenig verbreitete Spezies, die in den Alpen, den Pyrenäen, den Bergen Osteuropas und eben im Jura, nicht aber in Nordeuropa, anzutreffen ist. In der Schweiz kommt sie vor allem in der subalpinen Zone vor. Der Jura bildet eine Ausnahme, denn dort wächst sie bis auf 500 m hinunter.

Zwei Unterarten Heute unterscheiden die Botaniker zwei Unterarten der Berg-Föhre, lat. Pinus mugo Turra s. l.: die Aufrechte Berg-Föhre, lat. P. m. ssp. uncinata ( DC. ) Domini, der man vor allem im westlichen Teil der Alpen, im Jura und vereinzelt im Mittelland begegnet, und die Leg-Föhre, P. m. ssp. mugo, die in der Schweiz hauptsächlich in den östlichen Alpen vorkommt.

Es gibt zwar ein paar Merkmale, an denen sich die Berg-Föhre von der Wald-Föhre unterscheiden lässt, in der Praxis aber ist dies schwierig, weil die zwei Arten viele Formen entwickelt haben und sich Hybriden bilden, wenn die beiden nebeneinander vorkommen. So gibt es zum Beispiel im Solothurner Jura mehrere Felsgebiete, wo die Wald-Föhre Merkmale zeigt, die der Berg-Föhre ähnlich sind. Karge Böden bevorzugt Im Jura trifft man die Aufrechte Berg-Föhre vor allem auf Felsgraten. Sie wächst auf verschiedenen Böden, bevorzugt aber basische – wie beispielsweise im Kalk – und eher trockene Erde. Sie stellt keinerlei klimatische Anforderungen, fürchtet weder Hitze noch Frost, widersteht dem Wind und hält Trockenheit aus, indem sie ihren Wasserverlust einschränken kann. Da sie sich dort besonders gut verbreitet, wo keine Vegeta-tionskonkurrenz herrscht, kann sie sich an extremen Standorten behaupten. Die Aufrechte Berg-Föhre findet man auf den exponierten Felsgraten, beispielsweise an der Ravellenfluh bei Oensingen ( SO ), in den Schluchten von Moutier und Court ( BE ), auf dem Schilt bei Sonceboz, auf der Hasenmatt ( SO ), auf dem Chasseral ( BE ) sowie am Creux du Van ( NE ).

In den heute geschützten Moorlandschaften, einer pflanzengesellschaftlich spezialisierten Umgebung, wächst eine Varietät, die an nasse Böden angepasst ist. Beachtliche Beispiele dafür sind die Moore von Ponts-de-Martel ( NE ) oder des Etang de la Gruère ( JU ).

Überlebender der letzten Eiszeiten Trotz der günstigen Eigenschaften der Berg-Föhre findet man sie im Jura nur in kleiner Zahl und in verstreuten Populationen. Die Wissenschaftler glauben, dass ihr Ursprung auf die Zeit vor der Würmeiszeit vor über 80 000 Jahren zurückgeht. Während der Vergletscherung konnte sie sich auf eisfreien Gebieten halten wie zum Beispiel auf gewissen Höhen des Juras. Der Rückzug der Gletscher vor 12 000 Jahren ermöglichte ihr zunächst, sich im ganzen gegenwärtigen Jura festzusetzen. Im Laufe der Zeit kehrten andere Bäume aus dem « Exil » zurück und besetzten die für sie günstigen Standorte. Als das Klima wärmer wurde, verdrängten diese konkurrenzfähigeren Arten langsam aber sicher die Berg-Föhre an entlegenere Standorte, wo sie heute noch zu finden ist. Die Berg-Föhre gilt daher wie verschiedene andere im Jura

Wie erkennt man die Berg-Föhre?

Neben den allgemeinen Merkmalen der verschiedenen Föhren ( Kiefern ) hat die Berg-Föhre eine braune bis schwarze, aus Schuppen gebildete Rinde, die in den oberen Teilen des Stammes nie orange wird. Die Nadeln sind dunkelgrün, treten immer in Paaren auf und zeigen im Querschnitt eine deutlich abgerundete Form. Die weiblichen Blüten und später die deutlich asymmetrischen Zapfen bleiben nach der Befruchtung aufrecht. Die Schuppen der Zapfen haben eine glänzende Oberfläche mit einer in der Mitte zu einem Haken umgebogenen Spitze. Diese wichtigsten makroskopischen Kriterien erlauben mit ein wenig Erfahrung die Unterscheidung zwischen Berg- und Wald-Föhre.

Detailansicht von Nadeln und einer Endknospe einer Berg-Föhre Ansicht des Zapfens einer Berg-Föhre. Die gekrümmten Schuppen ( « Haken » ) sind gut sichtbar.

Fo to :P .E sc hm ann Fo to :P .E sc hm ann DIE ALPEN 5/2003

heimische Pflanzen als Überbleibsel und Zeuge eines rauen Klimas einer vergangenen Zeit.

Im Verschwinden begriffene Spezies? Gemäss dem nationalen Waldinventar haben die drei in der Schweiz heimischen Föhren – Wald-Föhre, Berg-Föhre und Arve – einen Baumanteil von weniger als 5%. Dieser Anteil ist sogar noch im Abnehmen begriffen, denn die Föhren sind generell wenig konkurrenzfähig.

Was die Berg-Föhre anbelangt, ist sie im Jura eher selten, im Alpenraum hingegen gut vertreten. Sie scheint zwar in den extremen Milieus wie Moorlandschaft und exponiertem Fels nicht gefährdet, dafür wird sie in den Übergangszonen – am Rand der Torfmoore, im Geröll von Felsrandzonen – immer mehr von konkurrenzfähigeren Arten verdrängt. Was die Aufrechte Berg-Föhre und die Kletterer miteinander verbindet, ist der Umstand, dass sie die gleichen Gebiete bevorzugen. Bis jetzt hat noch keine Studie Auswirkungen erforscht, welche die Anwesenheit von Menschen auf diese Bäume hat. Die wichtigsten Probleme sind sicher das Zertreten der jungen Triebe und die Schäden an den gewachsenen Bäumen: Welcher Kletterer hat nicht schon die Hilfe eines Baumes in Anspruch genommen, um einen schwierigen Griff zu entschärfen! Werden Föhren ab einem gewissen Durchmesser als Sicherungspunkt oder als Abseilhilfe verwendet, scheint dies keine Schäden anzurichten, solange passende Schlingen verwendet werden. Solche für die Kletterer nützlichen Föhren finden sich in zahlreichen Routen im Jura.

Widerstandskraft bewiesen Diese Bäume halten sich oft während 200 Jahren in feinsten Rissen und widerstehen Jahr für Jahr den Unbilden der Witterung und der Hitze des Sommers. Sie verdienen höchste Anerkennung, genauso wie die jungen Bäume, die sich auf grasigen Absätzen und in Spalten festsetzen. Sicher eine der grössten Bedrohungen für die Berg-Föhre im Jura-fels sind die zahlreichen Gämsen.. " " .Werden die jungen Triebe abgenagt, sterben die Bäumchen ab.

Seit Jahrtausenden haben die Berg-Föhren erfolgreich den strengsten klimatischen Bedingungen getrotzt. Dies stimmt zuversichtlich für eine Zukunft, in der die Wald-Föhre und die Berg-Föhre weiterhin die Grate besiedeln, vorausgesetzt, man kriegt gewisse negative Auswirkungen in den Griff. Diese Bäume, die dazu beitragen, dass die Landschaft vielfältig bleibt, werden den Kletterern noch lange Gesellschaft leisten. An sie geht die Bitte, diese Bäume wahrzunehmen und Sorge zu tragen, ebenso wie zu den anderen seltenen Pflanzen, die in ihrem Umfeld gedeihen. a

Patrice Eschmann, Moutier ( ü ) Die Berg-Föhre steht in abschüssigem Fels, während verschiedene Laubbäume die besseren Böden für sich beanspruchen. Gorges de Court ( BE ) Berg-Föhren in stattlicher Grösse. Diese Kolonie ist vom Weg aus, der durch die Gorges de Court ( BE ) angelegt worden ist, gut sichtbar. Hinweisschil-der vervollständigen diesen schönen Spaziergang.

Fo to :J .C .G er be r Foto: J.C. Gerber DIE ALPEN 5/2003

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