Der SAC und die Kartografie. Von der Dufourkarte bis zum interaktiven Atlas
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Der SAC und die Kartografie. Von der Dufourkarte bis zum interaktiven Atlas

Von Der Dufourkarte bis zum interaktiven Atlas

Der SAC und die Kartografie

Detaillierte Karten sind eine wichtige Informationsquelle für Bergsteiger – bei der Vorbereitung einer Tour und bei der Orientierung unterwegs. Heute ist swisstopo alleine für deren Erneuerung zuständig. Dass auch der Alpen-Club während vieler Jahre eine bedeutende Rolle in der Schweizer Kartografie gespielt hat, wissen nur noch wenige.

« Der Verein macht es sich zur Aufgabe, durch Exkursionen unsere Alpen nach allen Richtungen, namentlich in topographischer, naturhistorischer und landschaftlicher Beziehung genauer kennen zu lernen und die gewonnenen Resultate durch gedruckte Berichte zur Kenntnis des Publikums zu bringen. » Dies hielt der Schweizer Alpen-Club bei seiner Gründungsversammlung am 19. April 1863 in Olten im Artikel 1 seiner Statuten fest. Der Verband widmete sich also bereits in seinen Anfängen im « goldenen Zeitalter des Alpinismus » nicht nur dem Bergsteigen, sondern auch wissenschaftlichen Aktivitäten.

Dufour dank SAC zuoberst

Diese Entwicklung ist insofern bemerkenswert, als Albrecht von Haller mit seinem Gedicht « Die Alpen » erst 1729 den Wandel für ein neues Verständnis der Gebirgswelt einleitete. Reisen zu den Sehenswürdigkeiten kamen unter den Begüterten in Mode. Nach und nach wurden die Alpen zum « Playground » ( Leslie Stephen ), besonders die jungen Engländer betrachteten die Gipfel als sportliche Herausforderung. 1857 wurde in London der Alpine Club ins Leben gerufen, sechs Jahre später der SAC. Noch vor der Gründungsversammlung des SAC adressierten am 24. Januar 1863 einige bekannte Bergsteiger und spätere SAC-Mitglieder zusammen mit einem Nationalrat und einem Regierungsstatthalter eine Eingabe an den Bundesrat, die « höchste Spitze » der Schweiz sei « Dufourspitze » zu nennen, zu Ehren des Generals und Leiters des « Topographischen Bureaus ». Bereits vier Tage später, am 28.. " " .Januar 1863, unterschrieb Bundesrat Jakob Stämpfli die entsprechende Verfügung. Der Name wurde vom « Topographischen Bureau » auf der Karte sofort geändert. Am 5. September desselben Jahres ernannte die SAC-Generalversammlung in Glarus Guillaume-Henri Dufour zum Ehrenmitglied. Damit würdigten die Karten-nutzer seinen Einsatz für die Fertigstellung der Vermessung der Alpen mittels Triangulation und für die « Topographische Karte der Schweiz 1: 100 000 ». Die verschiedenen Kantone zur Fertigstellung der topografischen Aufnahmen zu drängen, die eigenen Ingenieure für die Aufnahmen ins Gebirge zu schicken und aus all dem eine einheitliche Karte stechen zu lassen – das hatte Dufour zeitweise an den Rand seiner Kräfte gebracht.

Vorläufer der Skitourenkarte

1864 erschien das erste Jahrbuch des SAC, mit mehreren « artistischen Beigaben ». Die zweite, 1865 vom SAC herausgegebene und von Rudolf Leuzinger gestochene Karte zeigte das SAC-Exkursionsge-biet um die Silvrettagruppe. Die feinen, gestrichelten oder gepunkteten Linien zeigen nicht Wege, sondern die vollbrachten Touren.

Quelle: SAC-Archiv/Kartenausschnitt Darunter war die « Exkursionskarte für 1863 und 1864 » des Tödigebiets, gestochen von Rudolf Leuzinger. 1865 folgte die « Karte der Gebirgsgruppe zwischen Lukmanier und La Greina », beide im Massstab 1: 50 00O. Bis 1903 ( als keine weiteren Exkursionsgebiete mehr bestimmt wurden ) brachte der SAC 36 Karten heraus, wobei meistens die eidgenössischen Aufnahmen als Grundlage dienten. Auch nachher wirkte der SAC noch als Herausgeber von Karten. « La chaîne du Mont Blanc, feuille IV, 1909 » von Xaver Imfeld war nach Ansicht von Albert Heim « vielleicht die schönste Hochgebirgskarte der Welt, von unerreichter Harmonie in Stich und Ton ». Die Skitourenkarte des Berner Oberlands, in zwei Blättern, von 1923 kann als Vorläufer der heutigen Skitourenkarten von swisstopo gelten, bei denen der SAC auch mitwirkt. Doch zurück ins Jahr 1865: Damals machte der SAC – zusammen mit der Naturforschenden Gesellschaft – eine Eingabe an die Bundesbehörden, es seien auch die Originalaufnahmen für die Dufourkarte herauszugeben. 1868 beschlossen die eidgenössischen Räte das entsprechende Gesetz. Dufours Nachfolger Hermann Siegfried leitete das neu in Bern angesiedelte « Topographische Bureau » und begann mit der Publikation der Karten in den Massstäben 1: 25 000 für den Jura und das Mittelland beziehungsweise 1: 50 000 für die Alpen. Ein interessantes Detail: Bis 1913 bezahlte der SAC laut einem Vertrag die Hälfte der Kosten für den Stich und den Druck dieser Karten. Dabei wurde er teilweise von den Kantonen unterstützt. Bis vor dem Ersten Weltkrieg kamen über 500 dieser kleinen Siegfriedblätter heraus, sie wurden erst zwischen 1938 und 1979 von den Landeskarten abgelöst.

Das Dilemma des Kartografen

Wie gingen und gehen dabei die Kartografen vor? Damit auf einer Karte überall derselbe Massstab gilt, wird das Gelände senkrecht von oben abgebildet. Auf dem flachen Papier geht dabei das Eindrücklichste der Berge verloren: die dritte Dimension. Um dieses Problem zu entschärfen, behalf sich der Berner Arzt Thomas Schöpf 1577 in seiner Karte des Berner Staatsgebiets mit Ansichten. Auch viele Panoramabilder von Kurorten zeigen die Landschaft auf diese Weise. Bei der Dufourkarte kamen sogenannte Böschungsschraffen zur Anwendung, die Siegfriedkarten zeigten die genauen Geländeformen mit Höhenkurven ( auch als Schichtenlinien bezeichnet ). Später, auf allen Landeskarten, wurde eine Reliefschummerung hinterlegt. Für diese nimmt man eine künstliche Lichtquelle an, die aus Nordwesten scheint. Seither bekommt der Betrachter einen noch rascheren Eindruck, wo Täler und wo Grate sind. Das wird unterstützt durch die schattierte Schraffur der Felsen. General Guillaume-Henri Dufour war der Erste, der die Schweizer Alpen mittels Triangulation vermass und daraus eine genaue topografische Karte erstellte. Er wurde später Ehrenmitglied des SAC.

Kartenausschnitt aus: Dufourkarte 1:100 000, Blatt XXII Domo d' Ossola/Arona, Bundesamt für Landestopografie swisstopo Dufours Nachfolger Hermann Siegfried gab als Erster Karten der Alpen im Massstab 1: 50 000 heraus. Die höchste Spitze hiess neu Dufourspitze – zu Ehren des ehemaligen Leiters des « Topographischen Bureaus ».

Kartenausschnitt aus: Siegfriedkarte 1: 50 000, Blatt 535 Zermatt Dufour stellte die dritte Dimension mittels einer « Böschungs-schraffur » in der Karte dar. Der Nachteil: Das Stockhorn ist bei einem Massstab von 1: 100 000 wegen der dicht nebeneinanderliegenden Linien praktisch ein schwarzer Fleck. Kartenausschnitt aus: Dufourkarte 1: 100 000, Blatt XXII Domo d' Ossola/Arona, Bundesamt für Landestopografie swisstopo Auf der Siegfriedkarte arbeitete man mit einer Mischung aus Neu und Alt: Höhenlinien für flacheres Gelände und eine neuartige Geländeschraffur für sehr steilen Fels. Das Stockhorn ist besser erkennbar.

Kartenausschnitt: Siegfriedkarte 1: 50 000, Blatt 355bis Stockhorn Das Stockhorn, wie es heutige Kartenlesende kennen: Die von Siegfried entwickelte und verfeinerte Felsdarstellung ist mit einer Reliefschummerung hinterlegt, die das Erkennen von Geländeformen zusätzlich erleichtert.

Karte: LK 1: 50 000, Blatt 253 Gantrisch, reproduziert mit Bewilligung von swisstopo ( BA 091564 ) Das Stockhorn ( oberer Bildrand ) um 1580: Frühe Kartenzeichner wie Schöpf lösten das Fehlen der dritten Dimension mit einer « Aufsicht ». Der Blick von Norden auf das Berner Staatsgebiet zeigt am oberen Bildrand die markante Stockhorngruppe dabei überproportional hoch. Quelle: Ausschnitt aus Schöpfkarte 1577, Universität Bern, Zentralbibliothek, Sammlung Ryhiner

Zusammen ins digitale Zeitalter

1979 konnte man die Fertigstellung der amtlichen Karten 1: 25 000 feiern, diesem Anlass widmete der SAC das Sonder-Quartalsheft « Unsere Landeskarten ». Dass der Verein später in der Reihe seiner Lehrbücher ein Handbuch « Karten lesen » herausgab, lag eigentlich auf der Hand. Es kam als Gemeinschaftsausgabe mit dem Bundesamt für Landestopografi e swisstopo zum ersten Mal 1995 heraus. Die Zusammenarbeit ging weiter. So realisierte der SAC für die Berner und die Walliser Alpen digitale Tourenführer als Kombination von Karten, Ansichtsfotos und Routenbeschreibungen auf CD. Swisstopo lud 2005 wiederum den SAC zur Vernehmlassung zum neuen Objekt-katalog und zur neuen Grafi k der künftigen Landeskarten ein. Die detaillierte Stellungnahme wurde in Wabern, dem Sitz der swisstopo, gerne entgegenge- Sie gilt als Vorgängerin der heutigen Skitourenkarten: Die wohl erste Skitourenkarte der Schweiz gab der SAC 1923 als Teil seiner Jahrbücher heraus. Sie zeigte – kaum verwunderlich – das Berner Oberland.

Quelle: Ausschnitt aus Skitourenkarte Berner Oberland. Beilage zu Jahrbuch « Die Alpen », 1923 Immer noch eine Domäne des SAC: Die heutigen Skitourenkarten gibt der SAC in enger Zusammenarbeit mit swisstopo heraus.

Karte: LK 1: 50 000, Blatt 2645 Jungfrau, reproduziert mit Bewilligung von swisstopo ( BA 091564 ) nommen und auch entsprechend verdankt.

Doch die Kartografi e entwickelte sich in der Schweiz nicht nur in Bern weiter. Das Kartografi sche Institut der ETH Zürich erhielt kürzlich für seinen Beitrag im Cartographic Journal über die Herstellung von farbigen Reliefkarten eine Auszeichnung. Das Institut ist auch verantwortlich für die Redaktion des interaktiven Atlas der Schweiz, des Nachfolgers des von Eduard Imhof geschaffenen Nationalatlas. Dieses Produkt erlaubt dem Bergsteiger, Panoramen zu berechnen. Dabei können sie beispielsweise nach einer Tour Gipfel bestimmen, die ihnen nicht bekannt waren. Zudem kann man sich virtuell auf den nächsten Gipfel versetzen lassen.

Zukunft ohne Papier?

Doch wo könnte sich die Kartografi e noch weiterentwickeln? Luftbilder werden in kürzeren Abständen aufgenommen und stehen als Auskunftsquelle zur Verfügung. Im Rahmen des topografi -schen Landschaftsmodells werden zusätzliche Informationen aufgenommen. Da die Übertragungsgeschwindigkeit zunimmt, kann der Nutzer sich immer die neuesten Daten herunterladen. Die Navigationsgeräte werden auch die Gali-leo-Navigationssatelliten empfangen und so mit dem gewohnten Kartenbild auf dem farbigen Display haargenau und jederzeit anzeigen, wie es weitergeht. Trotzdem wird wahrscheinlich die Papierkarte weiterhin Verwendung fi nden. Denn sie gibt den Überblick über eine grosse Fläche, lässt sich leicht zusam-menfalten, nimmt Notizen problemlos an, braucht keine Batterien und kann im Notfall sogar als Isolationsschicht die-nen. a Mar tin Gur tner, Wichtrach

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