Der Maler zu seinem Bild: Die Kaiseregg
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Der Maler zu seinem Bild: Die Kaiseregg

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Zur Kunstbeilage.Von Hans Nyffenegger

( Bern ).

Mein lieber Herr Oechslin! Sie haben mir mit Ihrem Wunsch, ich möchte zu meinem Bild « Kaiseregg » einige Worte schreiben, grosse Sorgen bereitet. Ich nörgele ja immer, es werde viel zu viel über Malerei geschrieben, und nun soll ich bei der ersten Gelegenheit selber sündigen? Aber... « Gelegenheit macht Diebe ».

Seinerzeit, als das Skifahren aufkam, war das Gantrischgebiet ( in der mittleren Stockhornkette gelegen ) das Hauptskigebiet der Berner Jugend. Samstag für Samstag zogen wir da in die primitiven Alphütten hinauf, genossen Romantik und Sturzflüge, wenn man die damaligen Stürze so imposant benennen darf. Neben all den Schönheiten in der Nähe imponierte mir immer und immer wieder die ferne Kaiseregg, eigentlich die Wand Kaiseregg ( rechts ) und die Widdergalm ( links ), die über die zahmen Alpweiden wie eine trutzige bessere Viertausenderwand herüberleuchtete. Es sind zwar nur armselige Zweitausender, doch die vielen Lawinenzüge im Winter und im Frühling geben dieser Kette das wilde Gepräge. Im Sommer freilich ist es vorbei mit dem Trutz. Die grünen Grasbänder, die Herdenglocken und das Jodeln der Sennen nehmen ihnen das Wilde; doch ist auch das Milde dieser Voralpenlandschaft von grosser Schönheit. Das Jodeln der Sennen übrigens wird hier schon ab und zu zum « Ranz des Vaches », die Sprachgrenze verratend.

Die Schönheit dieser fernen Kette wird heute wohl weniger bestaunt. Sie ist sozusagen rationiert für die wenigen Natur- und Schönheitsdurstigen, die gelegentlich noch ins Gantrischgebiet hinauf geraten. Die Elite der Skifahrer hat längst das Lokal gewechselt; sie zog funiwärts dem edleren Oberland zu. Und die noch Bleibenden richten ihre Augen mehr der Stoppuhr zu als den unbrauchbaren fernen Bergen, denen jedes fahrbare Schneefeld fehlt.

Oft habe ich diese schöne Kette gemalt. Mit Vordergrund, ohne — im Winter und im Frühling besonders, wenn hinten in den Krachen noch Lawinen donnern und vorn schon die ersten Blumen sich hervorwagen. Nun wollte ich einmal die Kaiseregg im Sommerkleide malen. Mit grossen Anstrengungen habe ich das Malzeug und den Proviant in die einsame Gegend unserer Skihütte « Fischbächen » am Südhang der « Pfeife » hinaufgeschleppt und ging gleich am andern Morgen mit Begeisterung an die Arbeit. Aber o weh! Bei näherem Zusehen verlor ich allen Mut. Vorne grün, hinten grün und dazwischen auch wieder grün — wie sollte das ein Bild werden. Ich hätte die Flucht ergriffen, wenn mich nicht die Anstrengungen des Schleppens gereut hätten. Und mit gemischten Gefühlen schwang ich den Pinsel. Doch je länger ich malte, um so mehr geriet ich in Eifer. Das scheinbar eintönige Grün war ja in tausendfältige Nuancen aufgeteilt. Und hinten in der Ferne hatten Die Alpen — 1941 — Les Alpes.23 Luft und Duft ein zartes Blau ins Grüne hineingemischt — wieviel davon, das war eben ein Problem. Nicht blau, nicht grün, es war ein Hin und Her — wie in einem Boxkampf. Und als ich glaubte, das Farbenspiel besiegt zu haben, nach vierzehn Tagen, stellte ich das Bild für Wochen in eine Ecke, schaute es nicht mehr an, um wieder Urteilsfähigkeit über meine Arbeit zu erlangen. Ganz zufrieden ist ja ein Maler nie. Aber: als die Alpine Ausstellung näher rückte, glaubte ich doch, dass das Bild das Mass hätte, an diese Ausstellung eingesandt zu werden.

Aber bitte! Ich sprach hier vom Bild, nicht von der vorliegenden Reproduktion. Die Maler sind ja der Schrecken der Clichefabrikanten und der Drucker, nie können diese es ihnen recht machen. So ging es auch hier, aber es soll kein Vorwurf an die Reproduktionstechniker sein. Nein!

Das Bild ist ordentlich gross — wie sollte es möglich sein, in dieser Verkleinerung alle diese erwähnten Nuancen wiederzugeben. Und auch die Kosten spielen eine grosse Rolle. Je mehr Farben verwendet werden beim Drucken, um so grösser die Möglichkeiten — aber auch um so teurer... und wie gesagt — so weit wird es ja nie kommen, dass es die Technik einem Maler recht machen kann.

Mit herzlichen Grüssen, Ihr H. Nyffenegger.

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