Dem Himmel so nah ... und doch keine Engel
Gaby Steiger, Walenstadt
Vorwort: Der Fritz und der Franz sind frei erfunden, die Begebenheiten fast wahr, und die Äusserungen sind gesammelte geäusserte Meinungen. Also: eine fast wahre Geschichte.
EIN KAPITEL Entzückend der Gladiatoren-Strauss... Ach, Gladiolen-Strauss sagt man dem. Mir ist nur eben gerade der Witz mit den Radiatoren eingefallen -Gladiolen also. Der Gladiolen-Strauss. So passend... zum Nordwand-Gesicht des stämmigen, kleinen Mannes mit den grossen Eiger-Spezial-Schuhen da vorn auf der Bühne. So passend zu den bäumigen Fäusten und den breiten Schultern. Zu den Flickplätz-besetzten Kniebundho-sen; zu den wasserabstossenden Natur-Schur-wolle-Knie-Strümpfen.
Im überhitzten Raum weiss der auf Kälte trainierte Everest-Pullover-Erdulder - als Opfer der Tenue-Frage - nicht, wohin mit ihm. Mit dem Gladiolen-Strauss. Vor lauter Verlegen- und Bescheidenheit.
Sein Lichtbilder-Vortrag « Dem Himmel so nah... » ist zu Ende. Gut gelungen. Mächtiger Applaus. Stolz, Freude, etwas Unsicherheit. Beeindruckt, jeder auf seine Art, verlässt das Publikum den zum Bersten gefüllten Saal, in welchem es während gut zwei Stunden dicke mit Alpen-Luft verwechselt hat.
Laut begeistert die einen:
« Hast Du schon so'was gesehen? Einfach unerhört! » - « Das ist ja Wahnsinn, geradezu unglaublich, diese Leistung... und dazu noch photographiert...! » - « Ja, und wie schön photographiert... Diese Gegenlicht-Aufnahme beim Spal-tensprung... !» - « Und diese Blumen, wieviel Liebe steckt doch dahinter, und welche Geduld für solche Tier-Aufnahmen !» - « Einfach einmalig, und wie der noch reden kann dazu! Nur ein von Neid Besessener könnte hier etwas auszusetzen haben! » - « Ja, so gut und doch so bescheiden. Kaum ein Wort von sich selber! » - « Du, sein Kamerad muss aber auch etwas können; hast Du gesehen, wie dieser...? » - « Und diese Kameradschaft, durch dick und dünn. Wenn dem nur überall so wäre !»-usw... usw...
Gedankenvoll still die andern:
« Wundervolle Bilder, aber sonst verrückt » -halb bewundernd, halb den Kopf schüttelnd. Oder kritisch sinnend und diskutierend. Als Kenner der Materie. Oder nicht. Ein paar « Gschtu-dierte » vergessen, dass sie nicht einer Vorlesung an der ETH beigewohnt haben: « Furchtbar primitiv! Und das Publikum freut sich noch, wenn Kraft-Ausdrücke und schwache Witze sprachliches Unvermögen ersetzen müssen! » - « Kulturelle Veranstaltung nennen sie das...! » - « Die Bilder? Ganz nett, sicher. Für Kalender und Postkarten. Vom künstlerischen Standpunkt aus aber... » usw... usw...
Da ist der Bürgermeister empfänglicher für mit Schönheit verbundene Leistung. An der nächsten Sitzung wird man beschliessen, ob die Gemeinde ihren tüchtigen Spross mit einer goldenen Uhr beschenken soll. Oder mit einem gravierten Zinn-Service. « Nein, das Ehrenbürgerrecht ist etwas verfrüht... Die Leistung des Olympiasiegers ist doch noch etwas höher zu bewerten. » - « Bleiben wir sachlich... keinen Personen-Kult... » - « So einen hervorragenden Mann aber müssen wir ehren für... für die... für das... für den... » -«Für was eigentlich? » Lionel Terray nannte es: « Die Eroberung des Unnützen ». Aber die Politiker wissen das nicht. Und den Terray kannten sie auch nicht. In der feierlichen Ansprache später wird es heissen: «... den Namen unserer Gemeinde in die ganze Welt getragen... » Was macht es da schon aus, wenn im zwölfein- halb Kilometer entfernten Dorfam Wirtstisch gewettet wird, ob der Dingsda —wie hiess er doch der Hans oder Heiri, der letzthin die Bilder von der Hintermugel-Nord-Wand - oder war es die Vordermugel-Südwandgezeigt hat, von Witzwil sei oder von Boswil. « No en Liter, Fräulein! »usw... usw...
Abseits und sehr kritisch: die Kollegen. Die meist selber, oft sogar mit dem Vortragenden zusammen « dem Himmel so nah... » und doch ( auch ) keine Engel... Immerhin, sie sind vom Fach. Haben selber eine Menge prächtiger Aufnahmen von ebenso schwierigen, vielleicht sogar von noch schwierigeren Routen.
Interesse.Vergleiche. Erinnerungen- Lächeln - Naserümpfen - Applaus. Je nach eigenem Massstab.
Ist nun dieser etwas eifersüchtig? Jener enttäuscht? Weil zu kurz gekommen? Ein andrer will es nicht recht fassen, dass er total übergangen worden ist in der Alpingeschichte, dort, wo er wirklich hingehörte. Einem weiteren ist dies « schnuppe »: « Die es wissen müssen, wissen es, und bei den andern ist 's egal. » Nur, sein Urteil hat auch er gefallt. Und dieser? Ist er zu Recht beleidigt? Oder der andere wutentbrannt, weil ihm, allerdings nur « durch die Blume » ( keine Gladiole ) und vom Publikum wohl grösstenteils unbemerkt, eins ausgewischt wurde«Ausge-rechnet unsere Route am Bünzlistock für verna-gelte Stümperei als Beispiel zu nehmen, ohne Erklärung, dass wir Erstbegeher mit der Hälfte davon ausgekommen sind. So eine Gemeinheit, er will mir den Ruf als Freikletterer verderben... dabei... dabei hält er sich selbst an jedem Nagel fest, als ob er am Versaufen war'...der... der...! » - « Überhaupt, man könnte meinen, Überhänge und Dächer wären das Schwierigste vom Aller-schwierigsten im Fels. Er sagt seinen hochverehrten Damen und Herren nichts davon, dass an schönen Tagen bald ganze Scharen von fast so guten wie er daran zappeln... während die wenigsten von all denen der Freikletterei im sechsten Grad, aber ohne A eins und zwei und drei und E... gewachsen sind. » - « Du, mit dem Namen vom Jucker belastet er das Publikum auch nicht, bei seinem Meister-Photo - das muss man ihm allerdings lassen - dem, Sprung über den Spalt ', aber die Ahs und die Ohs kassiert er für sich !» — « Was soll denn ich sagen wenn er so gross herauskommt mit meinem ,Traum-weg '?... Und mich hat er totgeschwiegen dabei. Hm! Er soll diesen nur auch'mal im Alleingang machen... !» - « Und dabei macht er ganz furchtbar auf BESCHEIDEN... Du lieber Himmel!... Gladiolen dafür! » - « Und morgen steht in der Zeitung: Gladiolen für Bescheidenheit !» - « Von Journalisten ohne jegliche Fachkenntnis, in Anbetung und im Zeilen-Akkord getippt: « Sensationelle Bescheidenheit! » — « Haha » ( möglichst dreckig«Wie nennt man denn diejenigen, die über ihre Heldentaten schweigen? » - « Auch diese schönen Worte über Naturschutz... bei der Wildfütterung hat er sich gedrückt! » - « Und dann die Alpen-Blumen, die er dem Schätzchen zum Geburtstag abgerupft hat?... Selbst gesehen! » — « Aber kommt doch schon; er hat ja nichts anderes tun wollen, als mit den schönsten von seinen Tausenden von Dias eine Menge Ahnungsloser beglücken, und das ist doch die Hauptsache. Gönnt ihm doch das gute Geschäft! Er hat dazu einen Haufen Zeit und Geld aufwenden müssen... » — Zwischenruf: « ,Müssen'ist gut! » — «... Erhatdochwederaufgeschnitten noch gelogen ». « Nein nein, das hat er nicht. Er hat nur hervorgehoben und verschwiegen. So wie die Presse es auch tut. Und die Partei-Politiker. Zur Information! » - « Gut, man könnte auch sagen, er habe ein Bild gemalt, so wie er es sieht, oder besser, wie er es sehen will, dass es gesehen werden soll! » — « Basta! Kommt Ihr am nächsten Samstag auch mit an den...? » usw... usw...
DAS NÄCHSTE KAPITEL Die Masse also hat durch das farbig auf die Leinwand projizierte Alpenleben eine Vorstellung bekommen über Alpinismus, Alpinisten und « die Kameradschaft ».
Undenkbar, dass ein Mensch nicht zumindest beinah makellos beseelt ist, der aus Liebe zur Schöpfung solch spartanisches Leben, solche Leistungen, ja heldenhafte Kämpfe in Kauf nimmt. Schon die Verklärung beim Hinaufschauen zu den himmlischen Höhen. Dann das Hinunter-blicken vom Gipfel auf die - ach so schlechte -dem Materialismus verfallene Welt. Während man selbst von Dankbarkeit für diese Gottesgaben durchströmt, mit warmer Kameradschaft im Herzen und, bestimmt nicht unberechtigt, ein ganz klein wenig stolz auf die eigene Leistung den Sinn eines befreienden Lebens erkannt hat. Eines Lebens, in dem man sich selber findet...
Wie aus dem Christentum Missionare berufen wurden, gehen aus dem Bergsteigertum Auserwählte hervor, die dem Volk mit illustrierten Reden die Welt des Berg-Erlebens und der Stille zugänglich machen möchten. Anfänglich aus Freizeit-Erfüllung, später aus selbstlosem Pflichtbewusstsein, das ganze Volk zusammen in die besinnliche Einsamkeit zu führen. ( Ähnlich wie Bergbahn-Erbauer-Wohltäter alte und invalide Leute die Stille eines Berggipfels « kosten » lassen wollen. ) So ist eine neue Art von Bergpredigt entstanden. Nur mit dem Unterschied, dass zu biblischen Zeiten Geben seliger machte als Nehmen. Heute zwingt die Überlebensfrage zumindest zu einer bescheidenen Tellersammlung. Zur Deckung der Unkosten. Wunder geschehen ja keine mehr. Nicht einmal bei Super-Alpinisten. Bezahlung aber bedingt wieder Anpassung an die Kundschaft, die eben Anforderungen stellt:
Etwas Nervenkitzel für die Sensationslüsternen.
Schöne Blümchen und Tierchen für die Zartbesaiteten.
Wetterstürze und äusserster Kampf für die Hartgesottenen.
Sonnen Auf- und Unter-Gänge, Vollmond-Sternen-Glanz-Biwak für Romantische.
Nicht zu vergessen einige Worte über: Geographie, Geologie, Zoologie und Botanik für An-spruchsvollere, und selbstverständlich einige Naturschutz-Gedanken zur Empfehlung.
Von solcher Vielseitigkeit müssen ja alle begeistert sein... wirklich alle. Ausser... Und da wären wir wieder bei den andern- eben bei denjenigen, die zwischen der Malerei von murmelnden Bächlein und Überhängen « ferner liefen » ( oder auch das nicht ) und deshalb entweder mitleidig belächelt oder überhaupt nicht beachtet werden. Obwohl doch auch sie « dem Himmel so nah... » Refrain siehe Seite 2. Zum Lied: « Die Geburt der Rivalen ».
Ventile dagegen gäbe es verschiedene. Die meisten sind unratsam. Da ist aber die Aipin-Zeit-schrift, der im schlimmsten Falle mit einem Leserbrief ein volles Herz auszuschütten ist. Die Aipin-Zeitschrift, die liebevoll die erste, zweite, bei berühmten Routen auch die vierundzwanzig-ste, männliche, weibliche, Auf- und Abgestie-gene und jede Winterbegehung fein säuberlich, mit Zeitangabe registriert, an den Mann bringt. Auch die ihren und die unsrigen. Hier wäre vielleicht der Gladiolen-Mann zu « schlagen ». Aber Vorsicht: eine Winterbegehung, auch bei sommerlichsten Verhältnissen durchgeführt, gilt nur vom 2i.Dezember bis zum 2 t .März! Eine Grenze muss schliesslich irgendwie gezogen werden. Demnach wäre eine winterliche Sommerbegehung am 20. Dezember oder am 22. März völlig nutzlos. Wenigstens im Hinblick auf den ersten Platz im Bergsteiger Himmel. Die Aipin-Zeit-schrift bietet jedoch für solche Fälle ihre Text-spalten an. Berühmte Wände und dramatische Abenteuer sind ja so leicht zu beschreiben. Mit vier Nordwänden zum Beispiel können ohne Ab-satz-Schwierigkeiten Bücher geschrieben werden. Von Männern des sechsten Grades und nicht der Feder. Nur wären solche Wände auch wirklich von Nöten, falls nicht literarische die Kletter-Kunst übersteigt.
So bringt die Aipin-Zeitschrift allerlei Gymnastik ins Denken und in die Gefühle... und eine Chance, sich im richtigen Licht zu präsentieren. Jedem steht frei, anfangs oder Mitte Monat, bei Erscheinen des Heftes, sich auf den Briefkasten oder den Bahnhofkiosk zu stürzen, um klopfen- den Herzens sich selber zu lesen ( und zu staunen, wie gut man selber ist: im Bergsteigen und im Schreiben ). Auch andere, sieht man dann, haben ihre Sorgen abreagieren dürfen, z.B. ihren Unmut über die Eigenheiten des Hüttenwartes kundgetan. Die Zustände am Matterhorn beim Namen genannt. Vielleicht hat einer aber auch eine nette kleine alpine Geschichte geschrieben, erstaunlicherweise allerhand Überraschendes, zu lesen Lohnendes neben den körperlichen Leistungen zu erzählen gewusst.
Im übrigen haben diese Blätter mit der Zeit die gesammelten Erfahrungen an lebenswichtiger körperlicher, geistiger und technischer Ausrüstung zusammengetragen. Was für ein Fortschritt auch im Bergsteigen... oder nur in der... oder wegen der... Ausrüstung? Fortschritt = Konkurrenz = Ansporn zu Höchstleistungen. Bei allem. Auch beim Bergsteigen. Konkurrenz beim Bergsteigen? Oh je! Nun entgleist der schöne alpine Zug zur engelhaften Station der Kameradschaft vollends.
DAS ANDERE KAPITEL Ein unwiderstehlicher Drang, immer wieder neue, noch schwierigere Routen zu « erschliessen » — die Grenze des Möglichen ist zwar mit dem Einsatz von Bohrhaken längst bezwungen -, fordert nicht nur tatenhungrige Junge heraus.
Alter schützt vor Torheit nicht. Und das weibliche Geschlecht wird nun auch dazu berechtigt. Auch « es » kann sich nun leisten, neben dem Bergabenteuer gewissen andern Reizen zu erliegen.
Nun, wenn der Fritz mit Gefährte in sieben-dreiviertel Stunden durch die Spinnerwand gestiegen ist, so muss es der Franz mit Gefährte mindestens in sieben Stunden fünfunddreissig schaffen. Er kann aber auch fünfzehn Meter daneben eine Direttissima im Sinne des « Vom Gipfel fallenden Tropfens » mit unzähligen Biwaks erboh-ren. Prächtig freut sich dann der Franz mit Gefährte. Grausig enttäuscht wird damit der Fritz mit Gefährte. Der Fritz muss sich nun um jeden Preis mit einem Alleingang bestätigen. Dafür muss sich der Gefährte einen neuen Gefährten suchen... und will sich aus gewissen Gründen auf Winter-Begehungen spezialisieren... Vom 21. Dezember bis zum 21. März. Die zwei könnten sich zwar in dieser Zeit mit Schranz und Killy messen. Dies ist aber weniger günstig für sie. So ziehen sie erfrorene Glieder gebrochenen Knochen vor.
Endlich, die Winterbegehungen « im Trockenen », können sich die beiden Gefährten, mit Alleingängen der Fritz, wieder zusammen mit dem Franz, in der Berg-Mythologie sehen lassen. Und zudem dürfen jetzt alle viere in « Alpinismus privat » oder als « Portrait des Monats » aus dem Heftchen ihren ehemaligen Kollegen entgegenlächeln.
Die Jahre vergehen.
Der Fritz und der Franz sind immer noch da. Sie, mit dem guten Beispiel voran, wollen es den Jungen nochmals zeigen. Der Name schliesslich verpflichtet. Für dieses Lebens-Ideal opfern sie alles: Beruf, Stelle, das ideale Heim und... die Liebsten. Sie werden trainieren wie noch nie: am Badile für den Eiger, am Eiger für den Walker, am Walker für den Himalaya. Alle Nordwände. Alle höchsten Gipfel im Winter... bei Nacht... Endstation Himmel oder Hölle.
Falls man überlebt - man denkt doch an alles -, wird man später auf Photo Jagd Yetis, Murmeltiere, Sturzbäche und blühenden Frauenschuh einfangen. Zur Ausschmückung des Buches « Nahe dem Himmel ». Denn schliesslich lebt man nicht von der Eroberung des Unnützen allein. Für den Rekordabsatz des Buches wird man gerade nochmals einen ganz besonderen Dreh drehen. Aber alle Drehs im Extrem-Repertoire sind schon gedreht... « Weisst was? Wir machen einfach die Nordwand ein drittes Mal. Das ist Rekord: einmal im Sommer, einmal im Winter. und diesmal, trainiert wie wir sind, in einer unwahrscheinlichen Zeit. Das ist nochmals Rekord. Und Veteranen sind wir auch, also ein fünffacher - Rekord. » Sie freuen sich wie zur Bubenzeit vor einem Streich. Wohl wissend, dass heute prämiert wird, wofür man früher übers Knie gelegt wurde. So geht es nun, überbordend vor Tatendrang, bis zum « schwierigen Riss », wo angeseilt wird. Wie sich 's gehört, in aller Stille, hat man nur einen Beobachter als Sicherheitsmassnahme zurückgelassen. Wenn der « Coup » gelingt... Na, der Beobachter weiss ja Bescheid. Der Fritz und der Franz haben überhaupt nichts damit zu tun. « Auf geht 's »!
Fast würde man sich zwar hier am Einstieg der alleinseligmachenden Führung der ersten Seillänge wegen die Köpfe verhauen. In Anbetracht, dass man auf Bestzeit macht, einigt man sich kameradschaftlich, zieht die verschwatzte Zeit von der Marschtabelle ab, nützt geschickt die von den Vorgängern gehackten ( einkalkulierten ) Stufen, stürmt und kämpft verbissen weiter. Zieht nochmals sieben Minuten « Rast mit Sanddorn » und dreimal fünf Minuten für je eine halbe Zitrone-Lutschen und Traubenzucker-Zufuhr ab. Die Ein-Tag-Durchsteigung ist um vierund-dreissig Minuten unterboten worden. Blind vor Freude fallen sich der Fritz und der Franz um den Hals. Die Liebe zum Berg hat gesiegt. Kann denn Liebe Sünde sein?
UND DAS LETZTE KAPITEL:
Dem Beobachter war es natürlich unmöglich gewesen, unbeobachtet zu beobachten. Vor allem gegen Ende zu.
Der Olympiasieger-Ehrenbürger hat Kollegen bekommen in der Gemeinde. Und jetzt kommen Hans und Hänschen, blutjung. Oder Hansel und Gretel. Oder gar Gret und Gretchen: « Was die können,... das wäre ja gelacht, wenn wir denen nicht « um die Ohren liefen »...
Vielleicht können sie das. Vielleicht begleitet auch sie das Glück. Was aber, wenn sie fliegen... wie die Engelchen... oder wirklich zu den Engeln?
Gibt's eine Verantwortung? Das ist die Frage.
« Schwarzmalerei », sagen Sie, «... von Neidern oder von unterdurchschnittlichen Alpenvereins-Mitgliedern ». Ansichtssache. Auch dies.
Bleiben wir beim Fritz und beim Franz. Die sonnen sich. Sie bringen sich durch, im Erfolg.
Der Fritz arbeitet mit Vorträgen mit dem Titel: « Dem Himmel so nah ». Der Franz kämpft mit den literarischen Tücken des Buches mit dem Titel: « Nahe dem Himmel ». Der Fritz hat nun schon bald zum hundertsten Male eine ornithologische oder eine kegelfreudige Vereins-Hauptver-sammlung mit Bergabenteuern bedient. Und sogar auch die Kulturfilm-Gemeinde von Vor-derhinten. Erstaunlicherweise immer mit der gleich grossen Begeisterung. Ein wahrer Künstler. Wie ein Komiker, der auch immer komisch zu sein hat.
Franz, der für das Buch Verantwortliche, beansprucht noch mehr Zeit. Ihm wohlwollende Kameraden klären ihn auf, wie der Fritz den Franz nur am Schwanz seines Seiles von der Leinwand links unten bis zur Leinwand rechts oben nachkommen lässt. Fuchsteufelswild rächt sich nun der Franz mit einem saftigen Kapitel: und doch keine Engel! » Jetzt ist der Fritz wieder dran. Am liebsten würde er dem Franz ein paar Gipfelsteine um die Ohren pfeifen lassen. Selbstverständlich unge-zielt. Genau so fair wie Whymper einst am Matterhorn dem Carrel auf diese Weise den Meister gezeigt hat.
Der Fritz und der Franz also liegen sich wieder in den Haaren... Und derjenige, der dies « vorausgesehen » hat, der beschauliche Alpinist, der seriöse, der makellose... triumphiert... engelhaft.
Hilfe! Der Alpinismus ist am Ende. Wo ist die Rettung?
Nachwort: Da kommt einer und wettbewirbt sich beim SAC...: « Dem Himmel so nah... und doch keine Engel »... mit Gift und Galle... und wird zur Hölle gefahren, obwohl doch auch kein Teufel...