Cordillera Vilcanota.
Alex. v. Wanian, Wien
Südperu Die südamerikanischen Anden sind bei einer Längserstreckung von 9000 Kilometer aus ganz verschiedenen « Stücken » zusammengesetzt. Wir haben die paläozoisch gefalteten « Uranden », die - soweit noch erkennbar - an ein abgetragenes Mittelgebirge erinnern oder an eine gehobene Rumpffläche, denn im Tertiär setzten erneut gebirgsbildende Kräfte ein. Hiebei ist es besonders im Jungtertiär bei regem Vulkanismus zur Intrusion der Granodiorit-Batholithen auf einer Strecke von 1200 Kilometer gekommen, die heute das Rückgrat der von den Bergsteigern am meisten bewunderten ( und besuchten ) Cordilleras im südlichen und mittleren Peru bilden. Die Peru-Anden zeichnen sich überhaupt durch reiche Schichtfolge aus. Der grösste Gegensatz besteht zwischen benachbarten Trockengebieten und tropisch-feuchten in Peru. Bei einem Trekking durch die Sierra Vilcanota lässt sich unweit grosser Gletscherreviere, die durch eindrucksvolle Seen belebt sind, die Fazies von Trockengebieten, z.B. mesozoische rote Sandsteine auf paläozoi-schem Sockel oder Verschüttung durch Abtragung in abflusslosen Hochbecken, beobachten. Fast gleichzeitig umfasst aber der Blick die gros- sen Eiswände an den genannten Intrusivmassen, deren Entstehung mit seitlichem Druck bei vertikaler Bewegung erklärt wird. Nichts Ähnliches in den Alpen, wie ja auch der Bau der Anden - keine Decken, nur unbedeutende örtliche Überschiebungen - von dem der Alpen grundsätzlich verschieden ist.
Die Cordillera Vilcanota liegt, geschichtlich gesehen, im Kerngebiet des Grossreiches der Inka, dessen rätselhafte Geschichte ( autoritäre Strukturierung, Überwältigung durch eine Handvoll Europäer ) im Verein mit den grossartigen Zeugen der Inkakunst in Machu Picchu, Pisac und Cuzco jenen ständig steigenden Besucherstrom anlockt. Die Hotels in Cuzco sind angeblich auf Jahre durch Reisegesellschaften ausgebucht. Beste Besuchszeit - auch für Bergtouren in der Kordilleren - ist Juni/Juli, also der Winteranfang.
Mit einem kaum einstündigen Flug entflieht man von Lima dem nässenden Nebel an der Wüsten-Küste in die köstliche Frische der grünen Oase von Cuzco ( 3416 m ) im Altipiano ( Nichtalpinisten leiden oft unter Beschwerden wegen des zu grossen Höhenunterschiedes ). Niederschlag gibt es in dieser Zeit kaum, in der Hochregion aber häufig Nebel am Nachmittag, so in der Cordillera Vilcanota, die ja « nicht weit » von der feuchten Amazonasniederung entfernt ist.
Höchste Erhebung dieser Cordillera ist der Auzangate ( 6384 mschon von Cuzco aus weiss-schimmernd sichtbar, steigt er mit seinen Trabanten mauergleich aus dem Altipiano auf. Ein mit Pferden begehbarer Pass ( « Pachanta » ) von 5050 Meter leitet nordöstlich zu einer ebenfalls stark vergletscherten Kette über, die eine Art Matterhorn aufweist, aber vorher in den Nevados Cayangate ( Gallangate, 6166 m ) und im Chim-bayo ( 6o to m ) kulminiert. Ein grosses Gletschergebiet im Süden verbindet zum Massiv des stolzen Jatunhuma ( 6142 m ), an das sich im Osten ein weiterer Gletscherbezirk anschliesst. Am Cayangate waren Grenobler Alpinisten 1971 erfolgreich tätig, wogegen das Gebiet des Auzan- gate schon 1963 von Mitgliedern des DAV ( München ) ausreichend erkundet wurde - so ausreichend, dass sich der DAV entschloss, mehrfach Kleinexpeditionen hinzuschicken, an welchen seine eigenen Mitglieder und solche befreundeter Vereine teilnehmen können.
Ich war mit dem am 22. Juni 1974 in München startenden Tourenturnus mit von der Partie.Von ursprünglich vierzehn Teilnehmern - die Hälfte aus dem gemütlichen Innsbruck - mussten drei noch vor Erreichung des Basislagers wegen arger Höhenkrankheit ( Ödeme ) zurück nach Cuzco. Selbstverständlich war hier und in Lima vor Antritt der Hochtouren ausgiebig besichtigt worden. In Cuzco hatte es überdies die Nachbildung eines historischen « Sonnenfestes » gegeben mit Inkakö-nigen, symbolischem Lamaopfer, folkloristischen Tänzen und unzähligen Zuschauern. Aber dann stand eines Morgens ein landesüblicher offener LKW vor unserem Hotel. Die weniger Abgehärteten verkrochen sich zwischen den Planken, und los ging die Fahrt südwärts, mehrfach gestoppt durch Polizisten, durch Schluchten und über einen 4100 Meter hohen Pass nach Tinki ( 3700 m ). Bei dieser Indiosiedlung ist die Strasse ( eigentlich ein « Karrenweg » ) zu Ende. Eine von einem Bach durchflossene Wiese, in welche der Auzangate hineingrüsst, bot sich als guter Zeltplatz an. Bald erschien auch unsere restliche Begleitmannschaft ( ein Teil war von Cuzco mitgefahren ) samt den Packpferden, alles von einem einheimischen Büro organisiert. Da war Don Augusto, der sich später als Wegweiser bei den Hochtouren nützlich machte, während Erasmo sich um eine europäische Küche bemühte. Leider rebellierten unsere Mägen allerdings bald gegen das Hammelfett; doch kein Tadel an die Adresse der braven Leute, welche die herumstreunenden Indios von den Zelten verjagten. Wir bekamen, nebenbei bemerkt, später sogar noch einen bewaffneten Polizisten zum Schutz, denn bei der letzten DAV-Expedition waren zwei Pferde geraubt worden.
Mit dem Aufbruch am Morgen hatte es keine Eile. Man konnte warten, bis die Sonne um sieben Uhr anfing, die mit Reif bedeckten Zelte ein wenig anzuwärmen. Indessen war ein Mann namens Angelo mit zwei gesattelten Reitpferden bei den Zelten. Ich bekam den schwarzen, eine Innsbrucker Fabrikantin den braunen Hengst. Vom DAV in München hatte ich keine Auskunft erhalten über die Möglichkeit, die ausgeschriebene Vilcanota-Rundtour hoch zu Ross auszuführen. Freilich ist das Reiten hier kein ungetrübtes Vergnügen. Traben ist unmöglich. Die Pfadspuren - im Geröll undeutlich - verlaufen meist durch mit niedrigen Polster- und Büschelgräsern besetzte Bergwiesen, über denen die grossen Gletscherberge hervorlugen. Es sind meist steile Mat- ten; nur Schafe und neugierige Alpacas können da umherspringen. Die beiden Reitpferde marschierten an der Spitze des Zuges, ganz nach eigener Anschauung über den einzuschlagenden Weg. Ich hatte keine Erfahrung zu beurteilen, ob und wann^es dem Pferd zu steil würde. Mein Schwarzer legte gewöhnlich Zickzackwege an, um Steilstufen zu entschärfen. Wenn er aber einmal - wohl überlegt - gerade hinaufhüpfen musste, gab es anschliessend eine Schnaufpause. Zu dünne Luft?
Der erste Marschtag war allerdings noch harmlos. Wir lagerten schon am frühen Nachmittag am Nordfuss des Auzangate, wo merkwürdigerweise neben dem Gletscherbach eine heisse Quelle entspringt. Badegelegenheit in 4300 Meter Höhe! Der Auzangate ist Kulminationspunkt einer kilometerlangen Wandflucht, an die Besengi-Mauer im Kaukasus erinnernd. Der Auzangate wäre darnach mit der Schchara vergleichbar, wie bei dieser ein den Normalweg wei-sender Nordgrat von fast 2000 Meter relativer Höhe — eine lange und schwierige Tour. Einen Besengigletscher gibt es aber nicht: Wir standen ja vor der sonnenbeschienenen Nordseite des Gebietes. Eisflanken, aber kein Talgletscher! Es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn am Westende des Auzangate-Massivs ein trockener, beinahe bequemer Übergang, 4670 Meter hoch, auf die Westseite hinüberleitet. Hier ist die Gletscherbildung wesentlich eindrucksvoller. Einmalig und mit den Alpen unvergleichbar sind die Punkakochaseen, blaue und grüne Seen im Gletschervorfeld; jeder gewinnt Besonderheit durch die verschiedenen Reliefs, die der Auzangate-stock jeweils zukehrt, seien es der grosse Gletscherbruch, eine firngegürtete Granitwand oder schneidige Eisgipfel. Zu den Seen ging es sehr steil hinunter, und ein ungeübter Reiter musste fürchten, kopfüber vom Pferd zu purzeln. Schliesslich folgte ein Gegenanstieg auf 4600 Meter! Die Zelte wurden unter einer « Aiguille du Dru » oder « Dent du Géant » aufgestellt.
Am nächsten Tag zog unsere Karawane weiter hinauf zu einem sandigen Pass ( 4860 m ). Hier öffnete sich schlagartig ein anderes Landschaftsbild Wir blickten in ein trockenes, fast wüstes Tal mit der eingangs erwähnten Rotsandsteinformation und vereinzelten Lehmhütten der Einheimischen im Talgrund. Die Pferde hatten es hier leichter, aber in der Nacht wurden wir eingeschneit. Zu meiner Überraschung hörte ich, dass, wenn wir jetzt zum Talschluss des Acerotales ( 4800 m ) vordrängen, eine gute Weide für die Pferde zu erwarten wäre. Und dies traf zu! Die Sonne hatte wieder die Herrschaft übernommen, als wir im Talschluss, der durch den gewaltigen Jatunhuma ( 6142 m ) beherrscht wird, anlangten und auf be-grüntem ehemaligem Gletscherboden ein « Basislager » aufschlugen. Von hier sollten mehrere Gipfeltouren gemacht werden, vor allem Jatunhuma III ( 5830 m ), wie der Name besagt, die dritte deutliche Erhebung am First des steil aufragenden Massivs, das an seinem Nordende das eisige Horn des Jatunhuma I ( 6142 m ), kaum bezwingbar, herabschauen lässt. Jatunhuma III hingegen weist einen nicht sehr steilen, aber langen Firngrat auf, von dem ein riesiger, zerrissener Gletscher gegen unser Lager herabzieht. Ohne Zwischenlager kaum zu machen! Man entschloss sich also, lieber zu drei anderen Gletschertouren, und zwar in der südlich anschliessenden Kette: zum Kondorqocha ( 5320 m ), Nevado Pacco II ( 5440 m ) und dem ungefähr gleich hohen Pacco I. Dies sind Tagestouren ohne besondere Schwierigkeiten und mit schönen Nahblicken. Es gibt also hier « normale » Touren in der Nachbarschaft von weit überalpiner Eisentwicklung, wie 1000 Meter hohen Riefeeiswänden! Bei diesen Wänden soll es sich um Rhyolithfels handeln, also um eine andere Art Ergussgestein als in der gegenüberliegenden Auzangatekette.
Wir hatten jetzt noch den erwähnten 5050 Meter hohen Pachantapass zu überschreiten, um wieder auf die Nordseite des Gebirges bzw. zu unserem Ausgangspunkt zu gelangen. Man würde aus der Ferne nicht glauben, dass dieser Pass eisfrei ist. Von beiden Seiten strömen Gletscher zu und lassen nur ein schmales Felsband frei, das sich auf der Nordseite zu Moränengelände erweitert, wo schon vereinzelt Kakteen und kleine stengellose Blumen anzutreffen sind. Vom Pass sieht man auf Meeraugen-Seen; im Norden breitet sich das freundliche Altipiano aus, dahinter erheben sich wieder vergletscherte Cordilleras, nahegerückt in der klaren Luft.
Die Pferde schritten tüchtig aus; vielleicht ahnten sie den heimatlichen Stall; aber sie mussten sich noch gedulden. Von unserem Lager, 250 Meter unter dem Pass, wurden nämlich zwei stark vergletscherte Berge im Bereich des Auzangate angegangen: Campa I ( 5485 m ) und Wekeriti ( 5680 m ), letzterer aber nur von drei Kameraden. Es hatte sich eine gewisse Gletschermüdigkeit eingestellt; überdies war der Wekeriti, wie vorausgesehen, viel anstrengender als der Campa I, wenn auch eistechnisch nicht gerade schwierig.
Der Rückmarsch nach Tinki - alle freuten sich, in den langen sternklaren Nächten keine Kältegrade mehr erleiden zu müssen — hätte sich in einem Tag bewerkstelligen lassen; aber wir machten Zwischenstation bei einem auf Sinterterrassen erbauten Indiodorf. Die dortigen Schwefelquellen werden auch von den Indios zum Baden benützt. Merkwürdigerweise sind diese noch nicht auf den Einfall gekommen, die Quelle mit Steinen auszulegen, damit man beim Hineinsteigen nicht den ganzen Schlamm aufwühlt, was natürlich das Badevergnügen bislang etwas trübt.
Am übernächsten Morgen - in Tinki verbrachten wir die letzte Zeltnacht -, als der wohlbekannte LKW wieder heranschnaufte, um uns abzuholen, hiess es Abschied nehmen von unserer Begleitmannschaft, den zehn Leuten, die uns so ordentlich betreut hatten. Der Bürochef hatte verlangt, dass jeder der 14 Expeditionsteilnehmer 500 Soles ( 40 Franken ) Trinkgeld gebe, die er, der Chef, unter die Leute verteilen werde. Er war aber früher abgereist, so dass wir die 7000 Soles ( 560 sfr ) selbst hätten verteilen müssen. Vorsichtig diplomatisch stellten wir dann aber fest, dass 200 Soles pro Kopf als fürstliches Trinkgeld gewertet würden. Der Kostenpunkt betrug somit 2000 Soles. Wer hätte also die 7000 Soles bekommen? Und noch etwas zu peruanischen « Spesen »: Die Miete für ein Reitpferd kostete pro Tag 80 Soles ( 6 sfrdas Durchschnittseinkommen eines Peruaners beträgt im Jahr 90 US-Dollar!
Alles in allem muss jedoch die gute Organisation der Expedition hervorgehoben werden. Ein « Normalurlaub » ist jetzt ausreichend zum Besuch des südamerikanischen Hochgebirges! Um diesen « Fortschritt » richtig einzuschätzen, muss man den Bericht von Peter Ghiglione im Band VIII der « Berge der Welt » über die Erstbesteigung des Auzangate am 16. August 1952 gelesen haben. ( Sie erfolgte von Süden aus, und der Berg wurde mit 6550 Meter vermessen. ) Was für Schwierigkeiten gab es damals bei der Vorbereitung der Expedition! So war z.B. die Hilfe aller möglichen Präfekten und Bezirks-Unterpräfek-ten nötig! Man konnte erst im August, also zu ungünstiger Zeit, aufbrechen bei — üblicherweise — minus 20 Grad Kälte. Landkarten — heute gibt es solche im Massstab 1:100000 zu kaufen — waren damals Staatsgeheimnis. Ghiglione kann nur von unbekannten und unvermessenenGipfeln seines Forschungsgebietes, bzw. der Cayangate-und östlich anschliessenden ( Colquecruz- ) Kette berichten - sie zeigte sich uns beim Abstieg zu den Schwefelquellen von Pachanta-: lauter überaus herrliche Berge mit grossen Eisflanken und Gletschern bis zu 12 Kilometern Länge, aber - laut Ghigliones eingehender Rekognoszierung— « völlig unzugänglich ».
Die Cordillera Vilcanota gehört also zu den besuchenswertesten Hochgebirgen Perus und steht damit in Konkurrenz mit der Cordillera Blanca, Huayhuash, Raura und Vilcabamba, im Vergleich zu denen die 16 übrigen peruanischen Cordilleras bergsteigerisch zurückbleiben. Die Büros in Lima werben freilich für die Sierra Central. Begreiflich, denn hier ist ein technisches Meisterwerk zu bewundern, die - allerdings von einer englischen Gesellschaft - in 23 Jahren erbaute höchste Normalspurbahn der Welt, die am Ticliopass 4843 Meter erreicht. Dort gibt es einige schroffe, aber nicht überwältigende Gipfel mit einem kleinen Gletscher. Das wusste auch der bekannte Innsbrucker Sportkletterer Hannes Gasser, als das schreckliche Erdbeben am 31. Mai 1970, welches 50000 Tote forderte ( wir waren an diesem Tag in Lima ) die von ihm zu leitende Führungstour in der Cordillera Blanca unmöglich machte, weswegen er nun eine Ersatztour in der Cordillera Central arrangieren wollte.
Die Anden-Experten in Lima verwiesen uns ins Gebiet der Laguna Carrizal als das einzig brauchbare unter den gegebenen Verhältnissen, hatte doch das Erdbeben wichtigste Verbindungen gestört. Nach abenteuerlicher Fahrt errichteten wir also am Yerikochasee ( 4800 m ) ein Basislager; zwei massig vergletscherte Berge von 5225 bzw. 5301 Meter ( Chuchicocha und N. Carrizal ) wurden von hier aus bestiegen. Der 21. Jahrgang der Clubzeitschrift « Andinismo y glaciologia » erwähnt diese Touren als Erstbesteigungen. Im Kreis der zum Teil im eigenen Schutt versinkenden Berge unseres Arbeitsgebietes wäre eher der unseren beiden Nevados benachbarte, an die Meije erinnernde « Nevado » ( ein einsamer Gra-nit-Batholith ) eine bergsteigerische Aufgabe gewesen...
In den cordilleras de los Andes macht die Höhenkote « 5000 » noch nicht einen stolzen oder schwierigen Gipfel aus; die Schneegrenze liegt nordseitig häufig bei 5100 Meter! Als Erlebnis der grossen landschaftlichen Kontraste in Peru ist aber die Fahrt über die Sierra Central sehr zu empfehlen., Im Anschluss an die Gipfeltouren wollte Hannes Gasser seine Tiroler Landsleute in Pozuzo besuchen. Dieser Ort liegt am Huancabamba, flussabwärts der berühmten Inka-Burg Machu Picchu. Ist schon hier, 40 Kilometer entfernt vom Waldgebiet des Amazonas, etwas vom äquatorialen Wald zu spüren ( Ginster und Lianen bei der Bahnstation ), so ist man in Pozuzo bereits ganz im tropisch-feuchten « Grün ». Die Tiroler sind 1858 von der peruanischen Regierung unter Landver-gebung eingeladen worden. Es wurde ihnen der Bau einer Strasse versprochen, damit sie ihre Produkte ( Reis und Kaffee ) in die Kreisstadt Oxa-bampa, den nächsten Absatzmarkt, bringen könnten. Die Strasse existiert bis heute nicht. Ein Fahrweg von Oxabampa verliert sich im Urwald - romantisch! Meine Kameraden wanderten die ganze Nacht auf teilweise kaum kenntlichem, versumpftem Pfad in das Dorf. Zu Pferd brauchte ich am nächsten Tag fünf Stunden! Die Dorfkin-der, zum Teil wirklich tirolerisch anmutend, hiessen mich alle mit « Grüss Gott » willkommen, aber ich musste bald feststellen, dass dies das einzige deutsche Wort war, das sie kannten. Natürlich hätte sich in einer so abgeschiedenen Lage Tradition und Sitte aus der Heimat erhalten können. Hier zeigt sich die entscheidende Rolle, welche die Religion für die Bewahrung von Sprache und Kultur spielt. Wie ich vom Pfarrer hörte, ist der Zusammenbruch der heimatlichen Tradition in Pozuzo erfolgt, als der zuständige Bischof die Abhaltung von deutschsprachigem Gottesdienst und deutsche Seelsorge verbot. Die Leute stellten sich alsdann auf den Gebrauch des Spanischen um, so dass es heute wohl nurmehr 10 wirkliche « Tiroler » Familien gibt. Qooo Personen sind seinerzeit eingewandert! Die Probleme der Bewahrung des Volkstums, mit denen man in Pozuzo konfron- -. .tiert wird, gehören somit zur Bereicherung einer Fahrt in die Kordilleren.