Bergler in modischem Outfit
Ich begann 2006 mit Trailrunning. Damals war es in der Schweiz noch völlig unbekannt. Vier Jahre später wurde ich vom Schweizer Fernsehen an den Ultra-Trail du Mont-Blanc begleitet. Es entstand eine Reportage über einen neuen «extremen» Sport. Tempi passati: Seit einigen Jahren boomt die Disziplin. In den meisten Sportgeschäften findet man eine Ecke mit Trailrunningschuhen. Der Tourismus ist mit Grossveranstaltungen wie dem Eigertrail auf den Zug aufgesprungen. Es gibt inzwischen auch einen internationalen Sportverband, der Weltmeisterschaften austrägt. Dieser Anlass vermag indes die Besten des Sports nicht anzuziehen, zum einen weil konkurrenzierende Veranstalter mit höheren Preisgeldern locken, zum anderen weil Trailrunning der Freestyle-Zweig des Laufsports ist: Die Stars der Szene wollen weiterhin ungezwungen ihre Bergbegeisterung ausleben und nicht in Nationalmannschaftskleidern herumlaufen. Trailrunner sind Bergler, die sich gerne in modischem Outfit in der freien Natur bewegen.
So wie sich die Topathleten nicht einspannen lassen, ist auch die Definition des Sports schwierig. Für mich beginnt Trailrunning beim Feierabendlauf im Bremgartenwald und endet bei Rekordversuchen am Matterhorn. Sobald sie über die Türschwelle getreten sind, folgen Trailrunner immer dem nächstschmaleren Weg. Es gibt sehr viele Parallelen zum allgemeinen Outdoorboom, der um die Jahrtausendwende eingesetzt hat. Man will während der Freizeit möglichst schnell weg vom Asphalt, raus in die Natur. Es zählen nicht die Kilometer, sondern das Naturerlebnis auf technisch anspruchsvollen Wegen. Trailrunning ist der Versuch, beim Rennen das labile Gleichgewicht irgendwie unter Kontrolle zu halten. Es ist fordernd, koordinativ anspruchsvoll und mit vielen Emotionen verbunden. Das hat auch damit zu tun, dass man sich Gefahren aussetzt, die vergleichbar sind mit denjenigen beim Skitourengehen. Einsteiger sollten sich über diese Gefahren Gedanken machen und sich von erfahrenen Trailrunnern in ihre Welt einführen lassen.