Alpinisten müssen um ihre Plätze in SAC-Hütten kämpfen
Zum Artikel Einer der schönsten Urlaube,«Die Alpen» 04/2022
Der Artikel beinhaltet unabhängig vom konkreten Beispiel eine strategische Botschaft: Der SAC will mit der Förderung von Familienferien in SAC-Hütten deren Wirtschaftlichkeit verbessern. Das Ziel hat seine Berechtigung. Es gibt allerdings eine Kehrseite der Medaille, die sich nicht nur auf das Thema Familienferien bezieht. Im Artikel wird dies sogar angetönt: «So hat man doch etwas Privatsphäre und wird in der Nacht nicht von den ausrückenden Alpinisten geweckt.»
Ich habe selbst festgestellt, dass der klassische Alpinist in gewissen Hütten zum «Störfaktor» geworden ist. Er konsumiert in der Regel weniger, weil er am nächsten Tag früh aufbrechen und leistungsfähig bleiben muss. Es gibt hochalpin gelegene SAC-Hütten, die fast als reine Wanderhütten belegt werden. Am Abend fragt dann der Hüttenwart, wer ein «Wandermorgenessen» (90%) und wer ein «Bergsteigermorgenessen» will (10%). Diese Hütten sind in der Tourensaison oft schon Monate im Voraus ausgebucht. Die umliegenden Berge werden kaum bestiegen, weil die interessierten Alpinisten gar keinen Platz mehr finden. Ein Alpinist kann sich erst wenige Tage vor der Tour definitiv festlegen. Sogar Bergführer mit Gästen bekommen nicht mehr ohne Weiteres eine Unterkunft. Den Hüttenwartteams kann man keinen Vorwurf machen: Wandergäste kommen auch, wenn die Verhältnisse am Berg nicht optimal sind, und dies ist kommerziell viel attraktiver.
Ich wünschte mir, dass der SAC und seine Sektionen sich genau überlegen würden, welche Hütten sie welchem Kundensegment wann anbieten wollen. Dabei sollte nicht vergessen gehen, dass die SAC-Hütten als Ausgangspunkt für Berg- und Hochtouren gebaut wurden und nicht als Ausflugsziel. Natürlich ändern sich die Zeiten und die Bedürfnisse; nicht jede Hütte eignet sich aber als reine Wander- oder Ferienhütte, manche sollte besser eine Hütte für Alpinisten bleiben.