Die guten Seelen des Urner Fellitals | Schweizer Alpen-Club SAC
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Die guten Seelen des Urner Fellitals Hüttenbewartung ohne Entlohnung

Ohne den unermüdlichen Einsatz von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern gäbe es die Treschhütte SAC im Urner Fellital nicht mehr. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt eine Welt voller Herzblut und Herausforderung.


Der Hüttenweg zur Treschhütte führt am wilden Fellibach entlang, wo Wasserfälle über hohe Granitfluchten herabstürzen und Wandernde sich nicht nur abkühlen, sondern auch ihren Geist demütig stimmen ob der Urkraft, die ihnen entgegenkommt.
Die Treschhütte auf 1475 Metern über Meer ist die tiefst gelegene der 153 SAC-Hütten und ein kleines Paradies für Wandernde und Bergsportbegeisterte. Doch hinter der idyllischen Fassade steckt sehr viel Arbeit: Ehrenamtliche investieren ihre Zeit und Energie, um die Hütte am Leben zu erhalten. «Die ersten Kuchen sind etwas dunkel geworden», lacht Helen Dettwiler, die seit sieben Jahren zusammen mit ihrem Mann Peter als freiwillige Hüttenbetreiberin tätig ist. «Mit Holz zu backen, ist eine Herausforderung und muss gelernt sein.»

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«Wir sind nicht einfach Hüttenhelfer, wir sind Gastgeber.»
Peter Dettwiler von der Treschhütte SAC

Bis 2009 wurde die Treschhütte an den Wochenenden fest von einem Hüttenwart betreut, der unter der Woche zu 100% im Tal arbeitete. Das Modell war nicht mehr tragbar, und als sich kein Nachfolger finden liess, wollte die Sektion am Albis, die die Hütte besitzt, diese verkaufen. «Das wollte ich nicht zulassen», erinnert sich Franziska Kunz-Waser, die heutige Hüttenchefin. Zusammen mit ihrem Mann entschloss sie sich, die Hütte weiterzuführen. «Komm, wir probieren es, aber mit Freiwilligen», sagte sie damals. Die Einheimischen und die Sektion waren skeptisch, doch Franziska und ihre Teams haben sie eines Besseren belehrt.

Die Freiwilligen sind eine Mischung aus jungen Menschen, Familien und Pensionierten. Viele von ihnen sind keine SAC-Mitglieder. «Meistens sind es leidenschaftliche Hobbyköche, aber das ist kein Muss», sagt Franziska. Neben dem Kochen gibt es genügend andere Aufgaben wie Holzspalten, Gartenarbeit, Putzen oder das Instandhalten der elektrischen Anlagen. Manchen Leuten ist das Wochenende zu streng, die kommen nur unter der Woche. «Alles ist möglich», sagt Franziska. «Und irgendwie geht es immer aneinander vorbei.» Etwa 50 Freiwillige arbeiten während einer Sommersaison auf der Treschhütte. Mit den Einnahmen kann die Sektion die Lebensmittel, deren Transport und die Unterhaltskosten für die Hütte finanzieren.

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Neben dem Kochen gibt es genügend andere Aufgaben wie Holzspalten, Gartenarbeit, Putzen oder das Instandhalten der elektrischen Anlagen.

Der Reiz des Hüttenlebens

«Wir sind nicht einfach Hüttenhelfer, wir sind Gastgeber», sagt Peter Dettwiler. Dieser Gastgebergeist zieht viele an. Helen und Peter verbringen jeden Sommer zwei Wochen auf der Hütte. «Man muss eine Woche mitlaufen, bis man alles kennt», sagt Helen, die ursprünglich davon träumte, ein Café zu eröffnen. «Franziska ist eine gute Chefin. Wir haben jede Freiheit hier.»

Jedes Team bringt seine eigene Dynamik und seine eigenen Methoden mit. Manche stellen Trinkwasser und Blumen auf den Tisch, andere nicht. Diese Vielfalt erfordert viel Vertrauen und die Bereitschaft loszulassen. «Das musste ich auch lernen», gibt Franziska zu. Dabei gibt es aber Grenzen. Einmal wollte ein Team ausschliesslich veganes Essen anbieten. «Da gab es Reklamationen», erzählt sie. Und lokale Wertschöpfung sei auch wichtig. «Von den Sennen hier im Tal beziehen wir Milch, Käse und Fleisch.»

Nun müssen sich neue Freiwillige vorab in einem Gespräch vorstellen. Das hilft, die Erwartungen und Vorstellungen beider Seiten abzuklären. Vielfach sind es aber auch immer wiederkehrende Teams, die sich seit Jahren dem Fellital und der Treschhütte verschrieben haben.

Einfaches, aber erfülltes Leben

Die Freiwilligen wechseln sich ab, bleiben ein bis maximal drei Wochen. «Das ist super, die Teams kommen voller Elan und sind immer freundlich», erzählt Franziska. «Wenn sie müde werden, ist die Zeit schon vorbei.» Sie selbst ist etwa einmal pro Woche auf der Hütte, um nach dem Rechten zu sehen oder Transportflüge zu organisieren.
«Die Gemeinschaft hier oben ist etwas Besonderes», meint Helen, während sie das Abendessen herrichtet. «Es ist wie eine grosse Familie. Man hilft sich gegenseitig.» Das zeigt auch Franziskas letzte Bitte an Helen und Peter, bevor sie an diesem Abend wieder ins Tal absteigt. «Könnt ihr, bevor ihr wieder runtergeht, noch sieben Nusstorten backen? Das neue Team traut sich das noch nicht zu mit dem Holzofen.»

Autor / Autorin

Sibyl Heissenbüttel

Freiwilligenarbeit

Wie in der Treschhütte SAC ist das Know-how in der Küche wohl die grösste Herausforderung in den zehn SAC-Hütten, die von Ehrenamtlichen betreut werden. In der Binntalhütte SAC (2267 m) müssen die fünf Hüttenwarte vor Ort in der Lage sein, für 50 Gäste zu kochen. Ausserdem muss man mittags flexibel sein, wenn die Tagesgäste kommen, deren Anzahl von Tag zu Tag schwankt. «Wir bemühen uns, jedes Team um einen erfahrenen Koch zu bilden», sagt Markus Hug, ehemaliger Hüttenchef der Sektion Delémont. Auf der Cabane de Saleinaz CAS, die auf 2691 Metern Höhe 48 Personen beherbergen kann, backen die 14 Hüttenwartpaare, die sich von Juni bis September abwechseln, ihr eigenes Brot, können aber auf eine Auswahl an Tiefkühlgerichten zurückgreifen, die von einem Traiteur im Voraus zubereitet werden.
Eine weitere Herausforderung ist die Suche nach freiwilligen Helferinnen und Helfern. Während diese für die Sektion Neuenburg (über 2000 Mitglieder) kein Problem darstellt, bereitet sie der Sektion Delémont mehr Mühe. «Man muss die Freiwilligen suchen, sie kommen nicht immer von selbst», erklärt Markus Hug. Seine französischsprachige Sektion kann auch auf die Mitglieder der Sektion Hohe Winde zählen, ihrer deutschsprachigen Nachbarsektion, die keine eigene Hütte besitzt. Eine ideale Lösung, um zweisprachige Hüttenteams zu bilden.

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