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Der Klimawandel wird teuer Anpassungen bei den SAC-Hütten kosten Millionen
Erstmals hat der SAC die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel bei den Hütten geschätzt: Bis 2040 müssten jährlich fünf bis sieben Millionen Franken investiert werden. Dafür braucht es mittelfristig ein neues Finanzierungsmodell.
Die Trifthütte SAC wurde 2021 von einer Lawine stark beschädigt. Seither ist sie geschlossen. Der Rückgang der Vergletscherung oberhalb der Hütte ermöglicht Lawinen mit grösserem Ausmass, weshalb der Standort nicht mehr sicher ist. Nächstes Jahr soll die Trifthütte deshalb an einem geeigneteren Standort wieder aufgebaut werden. Ebenso wie die Mutthornhütte SAC. Auch sie ist seit 2021 geschlossen, weil Felsstürze drohen. Ursache ist die Klimaerwärmung, die auftauenden Permafrost und einen schwindenden Gletscher zur Folge hat.
Die Ersatzbauten für diese beiden Unterkünfte gehören zu den insgesamt neun aktuellen Neu- und Umbauprojekten von SAC-Hütten, für die am 23. November an der Präsidentenkonferenz Beiträge aus dem Hüttenfonds bewilligt werden sollen. «Bei sieben von neun Projekten ist die Anpassung an den Klimawandel eine Komponente», sagt Ulrich Delang, Bereichsleiter Hütten beim SAC. So müssen beispielsweise bei der Carschinahütte SAC Trockentoiletten eingebaut werden. Im Projektbeschrieb heisst es: «Mit der Verbesserung der Wasserversorgung und der Reduktion des Wasserverbrauchs durch den Einbau von Trockentoiletten wird der Hüttenbetrieb auch in Zukunft sichergestellt.»
Auch künftig werden Anpassungen an den Klimawandel wohl bei jedem Hüttenbauprojekt eine grössere oder kleinere Rolle spielen. Deshalb hat der SAC in einer Prognose für die Jahre 2024 bis 2040 nun erstmals geschätzt, was das in den nächsten Jahrzehnten finanziell bedeutet.
Insgesamt betragen die Projektkosten für SAC-Hütten 20 bis 25 Millionen Franken im Jahr. Davon entfällt bis zu einem Drittel auf jene Investitionen, die aufgrund des Klimawandels notwendig geworden sind. Konkret sind das fünf bis sieben Millionen Franken jährlich. Rechnet man diesen Betrag hoch, kommt man bis ins Jahr 2040 auf Ausgaben von über 100 Millionen Franken. «Wir sind von den Erfahrungswerten der letzten Jahre ausgegangen und haben sie anhand der zu erwartenden Anzahl Bauprojekte aufgerechnet», sagt Ulrich Delang.
Auftauender Permafrost fällt ins Gewicht
Fast die Hälfte dieser über 100 Millionen sind den gravitativen Prozessen geschuldet. Manche Hütten sind beispielsweise durch Felssturz gefährdet, oder der Baugrund ist wegen auftauenden Permafrosts instabil, wie bei der Rothornhütte SAC. Weil in solchen Fällen oft nur noch ein Ersatzneubau an einem geeigneteren Standort möglich ist, sind die Kosten entsprechend hoch. Ein Ersatzneubauprojekt kostet heute zwischen vier und fünf Millionen Franken – und die Baukosten werden in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich noch steigen.
Weniger hoch ist der Betrag pro Hütte für die Massnahmen gegen die Wasserknappheit. Aber weil das Thema so viele Hütten betrifft, sind die gesamten Kosten trotzdem hoch. Noch vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass jede fünfte Hütte mit Wasserversorgungsproblemen zu kämpfen hat. Dieses Problem habe sich akzentuiert, sagt Ulrich Delang. Ziemlich sicher sind heute also mehr Hütten davon betroffen.
Teuer wird es auch, wenn Hütten durch Lawinen zerstört werden. So wurde etwa das Mittelaletschbiwak SAC 2019 von Schneemassen weggefegt, worauf der SAC eine Grobbeurteilung der Lawinengefährdung aller Hüttenstandorte erstellen liess. Nach heutigen Erkenntnissen vermutet man, dass etwas mehr als ein Viertel der Hütten in einer Gefahrenzone liegt. Bei Bauvorhaben müssen die notwendigen Schutzmassnahmen realisiert werden.
Mittelfristig fehlt Geld
Werden SAC-Hütten, die im Besitz der Sektionen sind, neu gebaut, umgebaut oder saniert, beteiligt sich der Zentralverband laut aktuellem Hüttenreglement zu 30% bis 40% an den Kosten. Die Beiträge nimmt er aus dem Hüttenfonds, der hauptsächlich mit Umsatzausgaben aus dem Hüttenbetrieb und Spenden gespiesen wird. Daneben gibt es einen Abwasserfonds und einen Naturgefahrenfonds. Letzterer wurde geschaffen, um die Kosten für die Lawinenschutzmassnahmen zu bewältigen. Er wird ebenfalls durch Spenden finanziert.
Die geschätzten Kosten bis 2040 deuten darauf hin, dass das heutige Finanzierungsmodell dafür nicht reichen wird. «Der Hüttenfonds ist heute so aufgestellt, dass die Finanzierung von Bauvorhaben für die nächsten Jahre gesichert ist. Treten die prognostizierten Kosten ein, dann wird der Hüttenfonds ohne Anpassungsmassnahmen in rund fünf Jahren defizitär», sagt Ulrich Delang. Um dies zu verhindern, müssen entweder die Einnahmen erhöht oder die Ausgaben, also die Beiträge an Bau- und Unterhaltsmassnahmen, gesenkt werden. Auch eine Kombination beider Massnahmen oder die Unterstützung Dritter ist denkbar.
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Überweisung eines Postulats durch den Nationalrat diesen Sommer. Der Walliser Nationalrat Benjamin Roduit hatte die Petition eingereicht. Sie beauftragt den Bundesrat, «einen Katalog an Anreizen oder sogar Finanzhilfen zu erarbeiten, damit Alphütten wie die des Schweizer Alpen-Clubs fortbestehen können». Das Anliegen stiess im Nationalrat auf breite Zustimmung: In praktisch allen Fraktionen setzten sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier dafür ein.
Notruf aus Österreich
In anderen Alpenländern ist die Situation noch dramatischer. Der Verband Alpiner Vereine Österreichs hat in diesem Frühjahr eine Petition lanciert und eine Kampagne gestartet. Gemäss einer Mitteilung braucht es ein 95 Millionen Euro schweres Rettungspaket, um die Hütten und Wanderwege in Österreich zu bewahren. Mit ein Grund für die prekäre Situation sind zunehmende Extremwetterereignisse infolge des Klimawandels.