«Bergwandern ist kein Spaziergang» | Schweizer Alpen-Club SAC
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«Bergwandern ist kein Spaziergang» Fakten und Zahlen zum Volkssport Wandern

Die Schweiz ist ein Volk von Bergwanderinnen und Bergwanderern. Leider kommt es zu immer mehr Notfällen und durchschnittlich zu über 50 Todesfällen pro Jahr. Der SAC und die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) versuchen, der negativen Entwicklung entgegenzuwirken. Wichtige Hinweise dazu geben die jährliche Notfallstatistik und eine grosse Bergwanderstudie.

Wandern ist ein Volkssport oder, besser gesagt, der Volkssport: Gemäss der letzten nationalen Studie Sport Schweiz wandern 57% der Schweizer Bevölkerung regelmässig. Hochgerechnet entspricht dies vier Millionen Menschen. Dazu kommen jährlich 300 000 Wanderinnen und Wanderer aus dem Ausland.

Neben den vielen positiven Aspekten wie der Bewegung, dem Draussensein oder dem Naturerlebnis bringt das Wandern auch Negatives mit sich, das nicht selten in reisserischen Schlagzeilen gipfelt: Pro Jahr sterben beim Berg- und Alpinwandern durchschnittlich 53 Menschen. Die Zahl der Todesfälle ist trotz wachsender Begeisterung fürs Bergwandern gemäss Bergnotfallstatistik des SAC zwar nur leicht angestiegen. Die Statistik zeigt aber auch, dass die Notfälle beim Berg- und Alpinwandern in den letzten zehn Jahren um die Hälfte zugenommen haben. Grund genug für den SAC, die BFU und andere Organisationen, genau hinzuschauen und zu versuchen, die Sicherheit in der beliebtesten Schweizer Sportart zu erhöhen und Unfälle zu vermindern.

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Die Notfälle beim Berg- und Alpinwandern haben in den letzten zehn Jahren um die Hälfte zugenommen.

Sturz und Absturz sind die häufigsten Ursachen

Aus der Bergnotfallstatistik vom letzten März lassen sich zahlreiche Informationen herauslesen. Die mit Abstand häufigste Ursachen für Notfälle im Berg- und Alpinwandern sind Stürze und Abstürze. Bei den tödlichen Unfällen wird auch erhoben, in welchem Gelände und auf welcher Wegkategorie es dazu kommt. So ereignen sich knapp die Hälfte der tödlichen Bergwanderunfälle auf dem Weg und nicht etwa in weglosem Gelände, im Schnee oder auf dem Eis.

Warum es in den Einzelfällen zum Unfall kommt, ist selten bekannt. Deshalb hat die BFU eine gross angelegte Studie realisiert, unter anderem wurden Feldbefragungen auf Bergwanderwegen durchgeführt. Dabei sind spannende Erkenntnisse herausgekommen. Rund ein Viertel der Befragten schätzte seine Fitness nur als mittelmässig oder gar als schlecht ein. Auch die Trittsicherheit – neben der Schwindelfreiheit eine der wichtigsten Voraussetzungen – bezeichneten 15% als mittelmässig oder schlecht.

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Rund ein Viertel der Befragten schätzte seine Fitness nur als mittelmässig oder gar als schlecht ein.

Interessant ist zudem, wie sich Bergwanderinnen und Bergwanderer auf ihre Tour vorbereiten und wie sie diese planen. Zwar hatten sich knapp 90% der Befragten mit dem Wetter auseinandergesetzt, aber nur rund die Hälfte hatte sich mit den aktuellen Verhältnissen befasst, zum Beispiel damit, ob mit Schneefeldern zu rechnen ist, oder Ausweich- und Umkehrmöglichkeiten eingeplant. 40% der Befragten wussten nicht, wie viele Höhenmeter es zu bewältigen gab und welcher Schwierigkeit die Bergwanderung entsprach, auf der sie sich befanden.

Tendenz zur Überschätzung

Dass sich Menschen auf eine Bergwanderung begeben, ohne die nötige Fitness oder die erforderlichen Fähigkeiten mitzubringen, erklärt sich Flavia Bürgi, wissenschaftliche Mitarbeiterin der BFU und Autorin der Bergwanderstudie, so: «Wandern ist vermutlich ein Abbild unserer Kultur und Sozialisation.» Seit Jahrzehnten werde in der Schweiz gewandert: in der Familie, in der Schule, im Militär. «Es scheint einfach tief verankert zu sein, dass Wandern ein Sport für alle ist», sagt sie. Und das sei es ja eigentlich auch. Nur sei es entscheidend, dass jede und jeder für sich den passenden Weg auswähle. Für einfache gelb markierte Wanderwege brauche es keine speziellen Fähigkeiten. «Bergwandern hingegen ist definitiv kein Spaziergang.»

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«Die Idee, dass jeder in den Bergen unvorbereitet wandern kann, ist der falsche Ansatz.»
Rolf Sägesser,
Fachleiter Ausbildung Sommer beim SAC

Rolf Sägesser, Fachleiter Ausbildung Sommer beim SAC, sieht das ähnlich. «Die Idee, dass jeder in den Bergen unvorbereitet wandern kann, ist der falsche Ansatz», sagt er. Er beobachte, dass die Menschen tendenziell etwas über ihr Können hinausgehen und das Bergwandern auf die leichte Schulter nehmen würden. «Jedes Niveau hat seine Ansprüche», sagt er. Und er empfiehlt, mit kleinen Wanderungen anzufangen. Anspruchsvolleres Wandern sei mit viel Lernen verbunden und dürfe nicht unterschätzt werden. Letztes Jahr hat der SAC ein neues Ausbildungsbuch zum Berg- und Alpinwandern herausgegeben. «Das Buch ist dick geworden, Bergwandern ist keine banale Sportart», sagt Mitautor Rolf Sägesser.

Neue Befragungen geplant

Die Bergwanderstudie hat auch gezeigt, dass die Befragten zum Teil Mühe mit der Markierung im Gelände und der Schwierigkeitsskala von Bergwanderwegen haben. So wussten 30% nicht, was die weiss-rot-weisse Markierung bedeutet. Und nur gerade ein Viertel kannte die SAC-Wanderskala, die die Wanderwege in Schwierigkeitsgrade von T1 bis T6 unterteilt. In diesen Bereichen wurde deshalb mittlerweile auch schon einiges unternommen. Die BFU hat zusammen mit den Schweizer Wanderwegen eine Kampagne lanciert, um die Anforderungen der weiss-rot-weiss markierten Bergwanderwege besser bekanntzumachen. Und der SAC hat die Wanderskala, die er 2002 entwickelt hat, im letzten Jahr für eine praxisnähere Anwendung und eine bessere Verständlichkeit überarbeitet.

Was die Massnahmen in Bezug auf das Wissen oder das Gefahrenbewusstsein gebracht haben, will die BFU unter anderem diesen Sommer wieder mit Befragungen auf Bergwanderwegen herausfinden.

https://www.sac-cas.ch/fileadmin/Ausbildung_und_Wissen/Tourenplanung/Alpinmerkbl%C3%A4tter/20230601_SAC-Wanderskala_D.pdf

Autor / Autorin

Anita Bachmann

Drei ausgewählte Tipps aus dem SAC-Ausbildungsbuch

– Vorbereitung und Planung: Eine seriöse Planung gibt Aufschluss darüber, ob die Tour grundsätzlich durchführbar ist. Sie kann unangenehme Situationen und grobe Fehlentscheidungen verhindern und Alternativen aufzeigen, falls etwas nicht nach Plan laufen sollte. Eine gute Planung beinhaltet folgende Punkte: ein Gesamtbild der Tour erhalten, Dauer und Anforderungen erkennen, Eigenschaften des Geländes verinnerlichen, Schlüsselstellen erkennen und Entscheidungspunkte festlegen, Alternativen und Varianten vorbereiten, menschliche Faktoren berücksichtigen und Risiken abschätzen.
– Eigeneinschätzung: Eine ehrliche Selbsteinschätzung und eine objektive Beurteilung hilft, zu erkennen, was man realistischerweise schaffen und welche Ziele man mit Freude erreichen kann. Für die drei Ebenen «Ich», «Wir» und «Berg» gibt es eine Reihe von Fragen zu beantworten, um zu entscheiden, ob die Tour im grünen Bereich und damit machbar ist, ob es kalkulierbare Risiken gibt oder ob das Risiko zu hoch und die Tour damit nicht durchführbar ist.
– Gruppendynamische Prozesse: Es gibt ein paar Stolpersteine, wenn man als Gruppe unterwegs ist. Demokratisch gefällte Entscheide können problematisch sein, die Gruppe kann ein trügerisches Sicherheitsgefühl vermitteln, es kann Gruppendruck entstehen, oder die Verantwortung kann unklar sein. Ist man sich dieser Mechanismen, Denkmuster und Fallen bewusst, kann man sie eher vermeiden.

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